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{"created":"2022-01-31T14:16:55.392808+00:00","id":"lit29648","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Braem, F.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 9: 63-66","fulltext":[{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n63\nseitig betonte Thatsaehe des Auftretens eines \u201enegativen Nachbildes\u201c vor dem \u201epositiven\u201c nur den untergeordneten Rang einer Phase indem oszillatorischen Gesamtverlauf zu beanspruchen. Dafs das Abklingen der prim\u00e4ren Erregung je nach Art, Intensit\u00e4t und Einwirkungsdauer der Reizung von sehr verschiedener Zeitdauer sein und daher die l\u00e4ngst bekannte negative Phase in sehr verschiedener Zeit der \u201epositiven\u201c, d. h. dem Abklingen der prim\u00e4ren Erregung folgen kann, ist selbstverst\u00e4ndlich. Unerl\u00e4fslich f\u00fcr die weitere Erforschung der Netzhautoszillationen d\u00fcrfte 1. eine genaue Zeitmessung in Verbindung mit dem Studium der verschiedenen Reizungsweisen sein, und 2. nicht minder eine Einigung \u00fcber die Terminologie der einzelnen Phasen des Verlaufs. Vor allem aber wird es n\u00f6tig sein, die Ergebnisse intermittierender und station\u00e4rer Reizung strenger als bisher zu scheiden. Da die erstere die zeitlich sich folgenden Erregungsstadien r\u00e4umlich nebeneinanderreiht, d\u00fcrfte sie f\u00fcr die zeitliche Zerlegung des ganzen Vorganges den Vorzug haben. (Vergl. die Deutung, die v. Kries dem Vorgang giebt a. a. O. S. 68.\nMetjmann (Leipzig).\nWilibald Nagel. Vergleichend physiologische und anatomische Untersuchungen \u00fcber den Geruchs- und Geschmackssinn und ihre Organe mit einleitenden Betrachtungen aus der allgemeinen vergleichenden Sinnesphysiologie. Bibliotheca Zoologica. Herausg. von R. Leuckart u. C. Chun. Heft 18. Stuttgart, 1894. 4\u00b0. 207 S. 7 Taf.\nIm allgemeinen Teile (S. 1\u201466) behandelt der Verfasser zun\u00e4chst die Phylogenese spezifischer Sinnesorgane. Indem er die Sinne nicht nach der Empfindungsqualit\u00e4t, sondern nach der Ursache der Empfindung, nach der Reizform bestimmt, unterscheidet er vor allem einen mechanischen, chemischen, thermischen und Lichtsinn. Er stellt ferner den Begriff des \u201eWechselsinnesorganes\u201c dem des \u201espezifischen Sinnesorganes\u201c entgegen. Als spezifische Sinnesorgane bezeichnet er solche Apparate eines lebenden Wesens, vermittelst deren nur eine bestimmte Gattung derjenigen Reize wahrgenommen wird, welche f\u00fcr das Wesen \u00fcberhaupt wahrnehmbar sind. Wechselsinnesorgane nennt er solche, die mehreren Sinnen gleichzeitig oder wechselsweise dienen k\u00f6nnen. Der primitivste Zustand ist der, dafs \u00fcberhaupt nur einerlei Art von Sinnesorganen vorhanden ist, welche s\u00e4mtliche dem Tiere m\u00f6glichen Sinnesfunktionen verrichtet. Diese besondere Art des Wechselsinnesorganes ist das \u201eUniversalsinnesorgan\u201c, wie es sich vielfach bei Protozoen, z. B. bei den Am\u00f6ben, findet, deren ganze Oberfl\u00e4che zur Aufnahme aller \u00fcberhaupt wirksamen Reizarten bef\u00e4higt ist. Selbst bei mehrzelligen Tieren, welche Nerven und Sinneszellen besitzen, ist das Vorkommen von Universalsinnesorganen m\u00f6glich, indem hier im Bereich der Sinneszelle ein \u00e4hnlicher Zustand der Reizbarkeit herrschen kann, wie er bei der Am\u00f6be an der ganzen K\u00f6rper Oberfl\u00e4che vorliegt. Auch gewissen Entwickelungsformen h\u00f6herer Pflanzen und Tiere, wie den Schw\u00e4rmsporen und den Spermatozoen, ferner den Leukocyten des Blutes, d\u00fcrfte das Universalsinnesorgan zuzuschreiben sein.\nIm Wege fortschreitender Differenzierung des Universalsinnesorganes","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"64\nLitteraturberickt.\nk\u00f6nnen Wechselsinnesorgane von beschr\u00e4nkter Reizbarkeit ihre Entstehung nehmen. Es k\u00f6nnen dann neben einem Wechselsinnesorgane beim gleichen Tiere noch spezifische Sinnesorgane oder auch noch weitere Wechselsinnesorgane Vorkommen. So dienen z. B. die Hautsinnesorgane der Blutegel und Regenw\u00fcrmer nicht blofs als Geschmacksknospen, sondern sie besorgen zugleich die Funktionen des Tast- und Temperatursinnes. Die Lichtempfindung, die beim Regenwurm noch an die indifferenten Hautsinnes zellen gekn\u00fcpft erscheint, hat beim Egel besondere Organe, Augen, erhalten, womit nicht ausgeschlossen ist, dafs auch noch die Knospen der Egelhaut Licht wahrzunehmen verm\u00f6gen, die Augen also nur Stellen gesteigerter Lichtempfindung sind.\nDie h\u00f6chste, durch einen phylogenetischen Funktionswechsel angebahnte Entwickelung des Sinnesapparates stellt sich in den spezifisch differenzierten Sinnesorganen dar.\nDas zweite Kapitel des allgemeinen Teiles behandelt den Nachweis von Riech- und Schmeckverm\u00f6gen. In dieser Beziehuog gen\u00fcgt es nicht, bei einem Organe die Empfindlichkeit f\u00fcr chemische Reize \u00fcberhaupt festzusteilen, sondern es kommt darauf an, dafs das Organ im Stande sei, verschiedene Stoffe zu unterscheiden. Chemische Sinnes-th\u00e4tigkeit mufs der Zweck des Organes sein. Der Verfasser er\u00f6rtert die daraus entstehenden Schwierigkeiten der Untersuchung und legt dar, durch welche Mittel er denselben begegnet ist. In der Mehrzahl der F\u00e4lle wird ausgepr\u00e4gte Empfindlichkeit gegen schwache chemische Reize auf das Vorhandensein spezifisch-chemischer Sinnesorgane hindeuten. Ein wichtiges H\u00fclfsmittel bei der experimentellen Untersuchung ist die vergleichende Anatomie. Wenn z. B. bei einem gewissen Tiere das Riechverm\u00f6gen eines Organes mit Sicherheit konstatiert worden ist, so wird man bei einer anderen Gattung meist schon auf Grund des blofsen Nachweises chemischer Reizbarkeit dem Organe die gleiche Funktion beimessen d\u00fcrfen, falls der anatomische Bau des Organs \u00fcbereinstimmt.\nVon besonderer Bedeutung ist das dritte Kapitel, wo vom Riechen im Wasser gesprochen wird. Entgegen der von vielen Zoologen gehegten Anschauung, dafs Wasser tier e zu riechen verm\u00f6gen, vertritt der Verfasser die Ansicht, dafs das Riechverm\u00f6gen an die Gegenwart von Luft gebunden sei. Riech- und Schmeckverm\u00f6gen sind die beiden Teile eines Sinnes, der als chemischer Sinn bezeichnet werden kann. Ein Teil der Organe des chemischen Sinnes (Riechorgane) wird verm\u00f6ge seiner anatomischen Lage nur von gasf\u00f6rmigen Reizstoffen getroffen, ein anderer nur von fl\u00fcssigen (Schmeckorgane). Weder die Ansicht, dafs Geruchsorgane immer an der M\u00fcndung des Atmungsapparates liegen m\u00fcfsten, noch die, dafs ihnen eine befeuchtete Schleimhaut mit einem eigenartigen Dr\u00fcsensekret wesentlich sei, ist haltbar. Ebensowenig kann man eine absolute Verschiedenheit der durch Geruchs- und Geschmacksorgane vermittelten Empfindungen anerkennen. Eine grofse Zahl derjenigen Eindr\u00fccke, die f\u00fcr gew\u00f6hnlich als Geschmacksempfindungen aufgefafst und bezeichnet werden, werden in Wirklichkeit durch den Geruch perzipiert (Vanille, Naphthalin). Durch Versuche, die der Verfasser an sich selbst angestellt hat, wird erh\u00e4rtet, dafs nur der","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbei'icht.\n65\nAggregatzustand des Reizstoffes dar\u00fcber entscheidet, ob wir eine Geruchs-oder Geschmacksempfindung haben. Aber selbst die Verschiedenheit des Aggregatzustandes trennt beide Sinne nicht scharf, da auch fl\u00fcssige Stoffe den Riechnerven und gasf\u00f6rmige (Chloroformdampf) den Geschmacksnerven erregen k\u00f6nnen. Da dies jedoch experimentell erzeugte Vorg\u00e4nge nicht nat\u00fcrlicher Art sind, so haben wir dieselben nicht zu ber\u00fccksichtigen, sondern nennen Riechen: die F\u00e4higkeit, dampff\u00f6rmige Stoffe wahrzunehmen und zu unterscheiden, Schmecken : dieselbe Eigenschaft fl\u00fcssigen Stoffen gegen\u00fcber. Auch die mit Wassertieren angestellten Versuche best\u00e4tigen, dafs es nicht gerechtfertigt ist, bei Wassertieren neben dem Geschmackssinn noch einen besonderen Geruchssinn am zunehmen. Geruchsempfindliche Stellen bei Wassertieren waren stets auch f\u00fcr Geschmackseindr\u00fccke empf\u00e4nglich. Riechende Stoffe wirken im Wasser nicht in Gasform, sondern als Fl\u00fcssigkeiten. Stark riechende, aber im Wasser nicht oder ganz wenig l\u00f6sliche Stoffe, wie Kampfer oder Naphthalin, wirken nur bei direkter Ber\u00fchrung, eine Fern Wirkung ist nie zu bemerken. Aus der Unm\u00f6glichkeit, zwischen Riechen und Schmecken der Wassertiere zu unterscheiden, zieht der Verfasser den Schlufs, dafs die verschiedenen Organe des chemischen Sinnes bei Wassertieren nicht als Riech- und Schmeckorgane, sondern als \u00e4ufsere und innere Schmeckorgane aufzufassen sind. Die inneren Schmeckorgane liegen im Munde, alle \u00fcbrigen sind \u00e4ufsere.\nIm vierten Kapitel wird die Bedeutung des chemis chen Sinnes f\u00fcr die Wass er ti e r e im Vergleich zu den Lufttieren er\u00f6rtert. Diese Bedeutung ist bei den Wassertieren im allgemeinen eine geringere; als bei Lufttieren. Eine so feine chemische Unterscheidungsf\u00e4higkeit, wie wir sie bei einzelnen Lufttieren beobachteten, kommt bei keinem Wassertiere vor. Der Verfasser unterscheidet drei Phasen der Th\u00e4tig-keit des chemischen Sinnes im Wasser. Die erste Phase ist die, dafs ein von der Nahrung ausgehender Extraktivstoff die Schmeckorgane des Tieres trifft, wodurch dieses von der Existenz des Stoffes erf\u00e4hrt, aber noch nichts \u00fcber die Richtung, in der es den letzteren aufzusuchen hat. Dies ist Sache des Gesichts- und des Tastsinnes. Die zweite Phase ist die, wo das Tier einen bestimmten vor ihm liegenden Gegenstand als Ursache des Geschmackseindruckes erkennt. In der dritten Phase gelangt der Gegenstand in den Mund, wobei das Tier feststellt, ob es wirklich die vermeintliche Nahrung gefunden hat, oder ob eine T\u00e4uschung vorlag; Den Landtieren eigent\u00fcmlich ist das Suchen mittelst des Geruches: das vom Riechreiz erregte Tier nimmt auch die Richtung wahr, aus welcher der Geruch herkommt. Der Grund dieser Verschiedenheit zwischen Wasser- und Landtieren liegt in dem verschiedenen Widerstande, welchen die beiden Aufenthaltsmedien, Wasser und Luft, der Verbreitung der schmeckbaren, bezw. riechbaren Extraktivstoffe der Nahrung entgegensetzen.\t-\nIn dem speziellen Teile (S. 67\u2014192) werden besonders eingehend die. Sinnesorgane der Insekten, am ausf\u00fchrlichsten die von Dytiscus marginalis behandelt. Weiterhin teilt der Verfasser seine Versuche bei Krustaceen; W\u00fcrmern, Mollusken, Echinodermen und Zoophyten mit, wobei jeder\n5\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie IX.","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"66\nLitteraturbericht.\nTierkreis durch mehrere Repr\u00e4sentanten vertreten ist. Zuletzt werden die Beobachtungen \u00fcber die chemische Reizbarkeit der Fische und Amphibien, sowie des Amphioxus lanceolatus dargelegt.\nDie trefflich ausgef\u00fchrten Tafeln, welche die wertvolle Arbeit begleiten, beziehen sich auf den feineren Bau der Sinnesorgane der Insekten.\tF. Braem (Breslau).\nBarth, W. Untersuchungen \u00fcber den Ortssinn und \u00fcber das Ged\u00e4chtnis desselben. Dissert. Dorpat (Jurjew), 1894.\nDie Arbeit, die auf Veranlassung des Referenten ausgef\u00fchrt wurde, stellt eine Fortsetzung und Erg\u00e4nzung der Untersuchungen Loewentons (\u25a0Versuche \u00fcber das Ged\u00e4chtnis im Bereiche des Baumsinnes der Haut) dar. Der Autor unterzog das Sch\u00e4tzungsverm\u00f6gen beim Ortssinn einer nochmaligen Pr\u00fcfung, und zwar auf folgende Weise: der linke Vorderarm lag unbeweglich auf einem Gipsnegativ; der Beobachter f\u00fchrte die Ber\u00fchrung mit einem zugespitzten Kopierstift aus; die Versuchsperson bezeichnete mit eben solch einem Stift denjenigen Punkt, der ihrer Empfindung nach vom Stift des Beobachters ber\u00fchrt worden war. Beide so erhaltenen Punkte wurden vermittelst eines Zirkels auf ein Blatt Papier, welches einen genauen Umrifs des Vorderarmes enthielt, aufgetragen und hierauf die Entfernung der Punkte voneinander gemessen. Es erwies sich, dafs das Sch\u00e4tzungsverm\u00f6gen beim Ortssinn um einiges gr\u00f6fser war, als dasjenige im Bereich des Raumsinnes, d. h. an ein und derselben Stelle war die Distanz, bei welcher die Spitzen des WEBERschen Zirkels als zwei Ber\u00fchrungen empfunden wurden, gr\u00f6fser, als die Entfernung zwischen den auf die obengeschilderte Weise erhaltenen Punkten. Zur Bestimmung des Ged\u00e4chtnisses dieser Entfernungssch\u00e4tzung wurden die Zeitintervalle zwischen der Ber\u00fchrung des Beobachters und der Bestimmung dieses Ber\u00fchrungspunktes von seiten der Versuchsperson verschieden grofs genommen. Es zeigte sich, dafs bereits nach 30 Sekunden die Gr\u00f6fse des Fehlers, d. h. die Gr\u00f6fse der Entfernung zwischen beiden Punkten, zunahm; so z. B. betrug die Distanz statt der anf\u00e4nglichen 8,2 mm jetzt 11,1mm; bei einem Zeitintervall von zwei Minuten stieg sie fast aufs Doppelte; bei einem Zeitunterschied von mehreren Stunden hielt sich die Gr\u00f6fse des Fehlers fast in denselben Grenzen, wie bei zwei Minuten.\tv- Tschisch.\nTh. L. Bolton. On the discrimination of groups of rapid clicks. Americ, Journ. of Psychol V. S. 294\u2014310. (1893.)\nB. machte erg\u00e4nzende Versuche zu den Untersuchungen, welche Dietze zuerst \u00fcber die unmittelbare Vergleichung von Gruppen gleicher und in gleichen Intervallen aufeinanderfolgender Schalleindr\u00fccke ausgef\u00fchrt hat, indem er mit minimalen Intervallen von 0,011, 0,0075 und 0,0065 Sekunden operierte, w\u00e4hrend bei Dietze das kleinste Intervall 0,3 Sekunden betragen hatte. Es ergab sich, dafs wir auch bei diesen raschesten Aufeinanderfolgen noch mit gr\u00f6fser Genauigkeit eine Ver-","page":66}],"identifier":"lit29648","issued":"1896","language":"de","pages":"63-66","startpages":"63","title":"Wilibald Nagel: Vergleichend physiologische und anatomische Untersuchungen \u00fcber den Geruchs- und Geschmackssinn und ihre Organe mit einleitenden Betrachtungen aus der allgemeinen vergleichenden Sinnesphysiologie. Bibliotheca Zoologica. Herausg. von R. Leuckart u. C. Chun. Heft 18. Stuttgart, 1894. 4\u00b0. 207 S. 7 Taf.","type":"Journal Article","volume":"9"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:16:55.392814+00:00"}