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{"created":"2022-01-31T12:43:42.811108+00:00","id":"lit29654","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Giessler, M.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 9: 68-69","fulltext":[{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"68\nLitteratnrberi dit.\nachtern ergiebt keine deutlichen Resultate. Interessant ist, dafs fast stets das Ausgangswort auf alle f\u00fcnf assoziierten einwirkte. Nur etwa 5% der F\u00e4lle zeigten keinen Einflufs desselben, sondern ausschliefsliche Beziehung zum vorangehenden Worte.\tJ. Cohn (Berlin).\nE. A. Kirkpatrick. Mental Images. Science. Bd. XXII. S. 227\u2014280. (Oct. .\t1893.)\nK. will die Eigenschaften unserer Vorstellungsbilder dadurch feststellen, dafs er eine grofse Zahl von Sch\u00fclern und Studenten, m\u00e4nnlichen und weiblichen, niederschreiben l\u00e4fst, welche Vorstellungen in ihnen durch das H\u00f6ren gewisser Worte (\u201eKirche\u201c, \u201eBaum\u201c, \u201eBuch\u201c etc.) erweckt werden. Es ergab sich unter anderem, dafs in 3A aller F\u00e4lle die Vorstellungen einen deutlichen, visuellen Charakter haben, dafs die Deutlichkeit der Vorstellungsbilder abh\u00e4ngig ist vom Geschlecht (bei weiblichen Individuen gr\u00f6fser, als bei m\u00e4nnlichen) und vom Alter (bei beginnender Reife gr\u00f6fser, als vorher und nachher). Was die individuellen Differenzen betrifft, so tritt insbesondere der Unterschied zwischen dem visuellen und dem nicht-visuellen Typus hervor; zu jenem geh\u00f6ren die in Anschauungen, zu diesem die in Begriffen denkenden Individuen. Im ganzen stehen die Resultate, weder auf ihre Zuverl\u00e4ssigkeit, noch auf ihre Neuheit hin betrachtet, im Verh\u00e4ltnis zu der daf\u00fcr aufgewandten M\u00fche.\tW. Stern (Berlin).\nO. Kraus. Das Bed\u00fcrfnis. W. Friedrich, Leipzig 1894. 72 S.\nDas Bed\u00fcrfnis ist der oberste Grundbegriff der National\u00f6konomie. Kraus definiert: \u201eBed\u00fcrfnis ist ein Unlustgef\u00fchl mit dem Streben, es zu beseitigen.\u201c \u00bbEin Bed\u00fcrfnis im technischen Sinne des Wortes ist nur dort vorhanden, wo entweder ein Wille vorliegt oder ein Wunsch, der nur deshalb darauf verzichtet, sich durchzusetzen, weil die Durchsetzung nicht f\u00fcr m\u00f6glich gehalten wird.\u201c \u201eJeder Wille, gerichtet auf Erlangung oder Bewahrung der eigenen Lust oder auf Abwehr oder Vernichtung eigener Unlust, ist ein effektives Bed\u00fcrfnis: ein latentes Bed\u00fcrfnis liegt da vor, wo der Wunsch deshalb nicht zum Willen wurde, weil der Bed\u00fcrfende an 'seiner Realisierbarkeit verzweifelte.\u201c Diese engere Gruppe der egoistischen Bed\u00fcrfnisse bezeichnet Kraus als \u201ehedonistische\u201c.\n\u201eDiese Gruppe von Bed\u00fcrfnissen ist die wichtigste f\u00fcr die Erhaltung des Individuums; denn Schmerz und Lust haben bekanntlich die sehr zweckm\u00e4fsige Tendenz, dem Individuum daseinshemmende, bezw. daseinsf\u00f6rdernde Einfl\u00fcsse zu signalisieren; daher sind die hierhergeh\u00f6renden Bed\u00fcrfnisse entwickelungsgeschichtlich die ersten und zugleich die verbreitetsten und h\u00e4ufigsten.\u201c \u201eDieser Umstand hat dazu beigetragen, dafs fr\u00fchere National\u00f6konomen diese Gruppe f\u00fcr die einzige gehalten und die Wirtschaft \u00fcberhaupt als Dom\u00e4ne des Egoismus angesehen haben, wie gezeigt werden soll, mit Unrecht.\u201c\n\u201eJeder Wille, gerichtet auf Verwirklichung und Bewahrung fremder Lust oder Vernichtung und Abwehr fremder Unlust ist ein effektives Bed\u00fcrfnis.\u201c Diese Gruppe nennt Kraus die \u201esympathischen\u201c Bed\u00fcrfnisse.","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n69\n\u201eSind die hedonistischen Bed\u00fcrfnisse die wichtigsten f\u00fcr die Erhaltung des Individuums, so sind die sympathischen von nicht geringerer Bedeutung f\u00fcr die Erhaltung der Gattung.\u201c\n\u201eJeder Wille, gerichtet auf Verwirklichung oder Bewahrung der Erkenntnis oder auf Vernichtung oder Abwehr des Irrtums, ist ein effektives Bed\u00fcrfnis.\u201c Dies sind die idealen Bed\u00fcrfnisse. Sie sind genetisch die sp\u00e4testen und \u00fcberhaupt die seltensten. Sie setzen Abstraktionsverm\u00f6gen voraus, und soweit unsere Erfahrung reicht, vermag daher unter allen lebenden Wesen der Mensch allein sie zu empfinden. Unter den idealen Bed\u00fcrfnissen sind die auf Vervollkommnung der eigenen Individualit\u00e4t gerichteten wiederum \u00e4lter und verbreiteter, als die auf universelle Verwirklichung der Ideale gerichteten Bestrebungen.\nEs folgen die gewohnheitsm\u00e4fsigen Bed\u00fcrfnisse, welche ohne Bewufstsein des urspr\u00fcnglichen Zweckes existieren, z. B. die Geldgier des Geizigen. Diese Bed\u00fcrfnisse geh\u00f6ren zu den egoistischen.\nAufser den hedonistischen und gewohnheitsm\u00e4fsigen, den sympathischen und idealen Bed\u00fcrfnissen giebt es keine. Alles, was sonst den Schein erweckt, ein Bed\u00fcrfnis zu sein, ist eine Instinkthandlung, n\u00e4mlich eine solche Handlung, bei welcher nichts Gewolltes vorgestellt wird. Von einem effektiven Bed\u00fcrfnisse unterscheidet sich ein latentes Bed\u00fcrfnis dadurch, dafs letzteres vorliegt, \u201ewo ein Wunsch unbedingt zum Willen w\u00fcrde, falls der Glaube an die Verwirklichung des Geliebten durch die Liebe selbst hinzutreten w\u00fcrde\u201c.\tM. Giessler (Erfurt).\nP. Soleier. Recherches sur les rapports de la sensibilit\u00e9 et de l\u2019\u00e9motion\nRev, philos. Bd. 37. S. 241\u2014266. (M\u00e4rz 1894).\nSollier sucht die Gef\u00fchlstheorie von Lange und James experimentell zu begr\u00fcnden. Er sagt sich: Wenn die Gef\u00fchle sich aus den Empfindungen zusammensetzen, welche die Ausdrucks be wegungen (besonders auch die vasomotorischen) begleiten, so mufs bei Aufhebung der Empfindlichkeit auch die Gef\u00fchlserregbarkeit schwinden.\nEin Kranker mit ungew\u00f6hnlich ausgedehnter An\u00e4sthesie, den er in Bic\u00eatre beobachten konnte, sagt, dafs er niemanden liebe oder hasse, selbst die Aussicht auf Heilung erregt ihm keine Gef\u00fchle, nur der Besuch seiner Frau scheint ihn einigermafsen aufzur\u00fctteln. Nach dieser interessanten, aber in ihrer Vereinzelung nichts beweisenden pathologischen Beobachtung (Verfasser verspricht eine ausf\u00fchrlichere pathologische Arbeit) beschreibt er eine Anzahl an zwei Hysterischen in der Hypnose angestellter Versuche. Er suggeriert denselben An\u00e4sthesie, bald totale, bald periphere, d. h. der Haut, Muskeln, Gelenke und der spezifischen Sinne exkl. des Ohres, bald viscerale, d. h. aller anderen K\u00f6rperteile. Bei totaler oder visceraler An\u00e4sthesie wirken nun Eindr\u00fccke, die sonst starke Lust oder Unlust erregen, fast gar nicht auf das Gef\u00fchl, was sich auch bei Vergleichung der Atemkurven mit und ohne An\u00e4sthesie unter sonst gleichen Bedingungen zeigt. Es geh\u00f6rt nicht viel \u00dcberlegung dazu, um einzusehen, wie v\u00f6llig un-","page":69}],"identifier":"lit29654","issued":"1896","language":"de","pages":"68-69","startpages":"68","title":"O. Kraus: Das Bed\u00fcrfnis. W. Friedrich, Leipzig 1894. 72 S.","type":"Journal Article","volume":"9"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:43:42.811113+00:00"}