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{"created":"2022-01-31T14:27:58.451488+00:00","id":"lit29661","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pelman","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 9: 76-78","fulltext":[{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76\nLitter a iurbericht.\n\u00e4nderung des Allgemeingef\u00fcliles, und sie werden daher vielfach von abnormen k\u00f6rperlichen Erscheinungen begleitet, wie z. B. von Empfindungslosigkeit und besonders von dem Gef\u00fchle der Angst, die sich ihrerseits in Nahrungsverweigerung, Sprach- und Bewegungslosigkeit, Selbstmordversuchen u. dergl. mehr \u00e4ufsert.\nWenn demnach die Wahnideen der Verneinung auch keine eigene Krankheitsform bilden, sondern vielmehr nur ein Symptom sind, das sich bei den verschiedensten psychischen Erkrankungen finden kann und das an sich nichts Pathognomisch.es hat, so beziehen sie doch aus dem krankhaften Boden, dem sie entwachsen, verschiedenartige symptomatische Merkzeichen und Entwickelungsformen, die ihre gesonderte Beschreibung rechtfertigen.\tPelm an.\nHavelok Ellis. Mann und Weib. Anthropologische und psychologische Untersuchung der sekund\u00e4ren Geschlechtsunterschiede. Mit Illustrationen. Deutsch von Dr. Hans Kttrella. G. H. Wigand, Leipzig. 1894. 408 'S.\n\u2014 Verbrecher und Verbrechen. Mit 7 Tafeln und Textillustrationen. Deutsch von Dr. H. Kurella. Ebenda. 1894.\t342 S.\nDer ebenso unerm\u00fcdlichen, wie gewandten Feder Kurellas verdanken wir die Verdeutschung zweier Werke von Havelok Ellis, und wenn man auch der Ansicht sein kann, dafs die Quellen dieser hier behandelten Gegenst\u00e4nde zur Zeit besonders reichlich fliefsen, so werden wir dieser Bereicherung dennoch gern und dankbar ihre Berechtigung zugestehen. Denn wenn H. Ellis auch im grofsen und ganzen den Spuren Lombrosos folgt und dieselben Bahnen einschl\u00e4gt, die der grofse Meister vorgezeichnet hat, so enthalten seine Werke doch so viel des Eigenen und Besonderen, und das bereits Bekannte wird mit einer so umfassenden Sachkenntnis auf seinen Wert untersucht und einer so treffenden Kritik unterzogen, dafs wir uns mit seinen Schl\u00fcssen wohl einverstanden erkl\u00e4ren und den B\u00fcchern reichliche Belehrung und Anregung entnehmen k\u00f6nnen.\nDiese [Reichhaltigkeit, ja die geradezu unendliche Menge des uns hier Gebotenen macht es unm\u00f6glich, den Inhalt der B\u00fccher in einem [Referate darzulegen, und wer sich \u00fcber Frauenfrage und Verbrechertum auf eine leichte und m\u00fchelose Art unterrichten und mit einem Schlage auf die H\u00f6he der Wissenschaft stellen will, der wird die beiden B\u00fccher zur Hand nehmen und sie durchlesen m\u00fcssen, was ich zudem angelegentlichst empfehlen m\u00f6chte.\nH. Ellis will in seinem \u201eVerbrecher und Verbrechenu eine kritische Zusammenstellung der Ergebnisse der Kriminal-Anthropologie geben, und wenn er in der Vorrede das Versprechen giebt, soweit als m\u00f6glich unparteiisch zu bleiben, so hat er dies Versprechen bei aller Vorliebe f\u00fcr Lombroso dennoch redlich gehalten.\nUmfassende Belesenheit, eine klare Darstellung und milde Kritik sind die Vorz\u00fcge, die uns \u00fcberall entgegen treten und die es uns leicht","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"Li tier a turberich f.\n77\nmachen, mit ihm und seinen Ansichten im Einverst\u00e4ndnisse zu sein. Nach ihm ist der Gewohnheitsverbrecher ein ethisch schwachsinniger Mensch, dessen Eigent\u00fcmlichkeiten ihn unf\u00e4hig machen, in \u00dcbereinstimmung mit den gerade g\u00fcltigen Gesetzen zu leben.\nIn dieser Beziehung glaubt er von einem Yerbrechertypus sprechen zu d\u00fcrfen, wenn dieser auch keineswegs etwas so Bestimmtes und Abgegrenztes sei, wie etwa der Bassentypus in der Anthropologie, und er studiert daraufhin den Verbrecher in k\u00f6rperlicher und geistiger Beziehung, in der Form und Bildung des Sch\u00e4dels, der Gesichtsz\u00fcge, in Moral, Empfinden, Denken und Wollen.\nGanz besonders m\u00f6chte ich die Darstellung der gegen den Verbrecher einzuschlagenden Mafsnahmen hervorheben.\nStrafe ist die Beaktion der Gesellschaft gegen antisoziale Handlungen, und wenn man am Ende auch einen Menschen nicht blofs deshalb h\u00e4ngen wird, weil er zuf\u00e4llig eine Galgenphysiognomie hat, so d\u00fcrfte es sich doch empfehlen, Individuen einer dauernden Aufsicht zu unterstellen, die sich gegen die Gesellschaft vergangen haben und welche sich durch entsprechende k\u00f6rperliche und geistige Defekte als in den Bereich des Verbrechertypus fallend kennzeichnen.\nDie \u00dcberzeugung gewinnt immer\u00bb mehr an Kraft und St\u00e4rke, dafs es eine Klasse von Verbrechern giebt, bei denen es mit kurzen Freiheitsstrafen nicht gethan ist, und ebenso, dafs unsere heutigen Gef\u00e4ngnisse eher eine Pflanzschule des Verbrechens, als eine St\u00e4tte der Besserung seien.\nEllis entwirft eine begeisterte Schilderung des Gef\u00e4ngnisses von Elmira im Staate New York, und er ist der Ansicht, dafs der Verbrecher innerhalb enger Grenzen einer gewissen Besserung f\u00e4hig sei, falls er einer so zweckentsprechenden Behandlung unterzogen werde, wie es in Elmira geschieht.\nDen gleichen Vorz\u00fcgen begegnen wir in dem Buche \u201eMann undl Weib\u201c.\nEin gewaltiges Material, \u00fcberall zerstreut in B\u00fcchern und Zeitschriften, ist hier zusammengetragen und von kundiger Hand gesichtet, und im Gegens\u00e4tze zu anderen Ver\u00f6ffentlichungen \u00e4hnlicher Natur werden wir durch die ruhige Abw\u00e4gung und den wissenschaftlichen Geist der Untersuchung auf das angenehmste ber\u00fchrt. Ein Beispiel und zugleich ein Muster f\u00fcr diese Art der Behandlung ist die Untersuchung \u00fcber das Gehirn. Dafs das Gehirn des Mannes in Europa dem der Frau an absolutem Gewichte \u00fcberlegen ist, steht eben so fest, wie es f\u00fcr das relative Gewicht fraglich ist, oder sich vielmehr zu Gunsten. der Frau entscheidet. Zum mindesten ist im Verhalten des Gehirnes kein Grund zu der Annahme gelegen, dafs ein Geschlecht dem anderen an Verstand \u00fcberlegen sei. Selbst Broca hat seine urspr\u00fcngliche Ansicht von der h\u00f6heren Stellung des Mannes sp\u00e4ter aufgegeben, und ebensowenig hat man am Gehirn wichtigere Geschlechtsunterschiede aufgedeckt.\nSicherlich giebt es eine ganze Anzahl von Unterschieden zwischen Mann und Weib. Der Mann ist nach vielen Bichtungen hin ver\u00e4nderlicher, das Weib konservativer, der Verstand des Weibes ist mehr","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nLitter a turberi eh t.\nkonkret, der des Mannes mehr abstrakt, und was dergleichen Verschiedenheiten mehr sind. Immer aber wird sich unsere \u00dcberzeugung mit weit mehr Becht auf dem Wege der Erfahrung, als durch wissenschaftliche Schl\u00fcsse gewinnen lassen, und was wir Natur nennen, ist oft genug nur eine Folge der Erziehung. W\u00fcrde man beide G-eschlechter r\u00fcckhaltlos ihren Neigungen \u00fcberlassen, so w\u00fcrden sie sich voraussichtlich in einer weit gr\u00f6fseren \u00c4hnlichkeit zusammenfinden, als dies jetzt der Fall ist.\nWas die Menschheit von der Kultur der Zukunft zu erwarten hat, ist die Entwickelung einer gleichen Freiheit f\u00fcr beide Elemente des Lebens, f\u00fcr das m\u00e4nnliche und weibliche; was wir jedoch zur Zeit mit Sicherheit dar\u00fcber wissen, ist nur dazu angethan, uns in der Verwertung der Thatsachen eine gr\u00f6fsere Zur\u00fcckhaltung aufzuerlegen, als es leider vielfach geschieht.\tPelman.\nCesare Lombroso. Entartung und Genie. Neue Studien. Mit 12 Tafeln. Gesammelt und unter Mitwirkung des Verfassers deutsch herausgegeben von Dr. Hans Ktjrella. G. H. Wigand, Leipzig, 1894\n308 S.\n_ \u2022 \u2666\nKeine \u00dcbersetzung, sondern ein von Kurella deutsch herausgegebenes Werk Lombrosos , das im wesentlichen die zahlreichen Zus\u00e4tze des Meisters zur sechsten Auflage seines \u00fcomo di Genio enth\u00e4lt, durch Kurellas Kunst und Geschicklichkeit sich aber auch in diesem lockeren Gef\u00fcge zu einem leidlich einheitlichen Ganzen gestaltet hat.\nKtjrella ist der \u00dcberzeugung, die vorliegende Arbeit werde mit zu einem besseren Verst\u00e4ndnisse und zu einer gerechteren Beurteilung Lombrosos beitragen, eine Ansicht, die, wie ich bef\u00fcrchte, auf lebhaften Widerspruch stofsen ward. Ich wenigstens, der ich mich dreist zu den Bewunderern des italienischen Gelehrten rechnen darf, h\u00e4tte viel lieber manches von dem ungeschrieben oder doch unver\u00f6ffentlicht gesehen, was uns hier und in anderen Schriften vorgesetzt wird.\nDie bekannten und oft ger\u00fcgten Fehler Lombrosos, sein kritikloses Zusammentragen aller m\u00f6glichen Kuriosit\u00e4ten, das Generalisieren vereinzelter Beobachtungen und die oft jeder Logik hohnsprechenden Schl\u00fcsse, die \u00fcbrigens schon seinem Uomo di Genio anhafteten, treten uns hier noch unverbl\u00fcmter entgegen, und ich weifs wirklich nicht, ob Ktjrella seinem Freunde und Meister durch die Ver\u00f6ffentlichung dieser Studien einen Dienst erwiesen hat. Vielleicht w\u00fcrde Martials: one, jam satis est, ohe libelle! eher am Platze und den Werken Lombrosos etwas mehr Buhe und Vertiefung zu w\u00fcnschen sein.\nAber das Genie wandelt nun einmal seine eigenen Wege, und es geh\u00f6rt zu seinen Eigent\u00fcmlichkeiten, dort Vergleichungspunkte herauszufinden und Verwandtschaften zu entdecken, wo sie das Auge des minder begabten Normalmenschen nicht erblickt. Wir werden daher manche von den Behauptungen Lombrosos beanstanden und eines weiteren Beweises bed\u00fcrftig erkl\u00e4ren; sie jedoch ohne weiteres abzulehnen, w\u00fcrde der Bedeutung des Forschers nicht die ihr geb\u00fchrende Bechnung tragen. Er selber steht fester zu seiner Ansicht, als je zuvor, und wer","page":78}],"identifier":"lit29661","issued":"1896","language":"de","pages":"76-78","startpages":"76","title":"Havelok Ellis: Mann und Weib. Anthropologische und psychologische Untersuchung der sekund\u00e4ren Geschlechtsunterschiede. Mit Illustrationen. Deutsch von Dr. Hans Kurella. G. H. Wigand, Leipzig. 1894. 408 S. / Verbrecher und Verbrechen. Mit 7 Tafeln und Textillustrationen. Deutsch von Dr. H. Kurella. Ebenda. 1894. 342 S.","type":"Journal Article","volume":"9"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:27:58.451493+00:00"}