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{"created":"2022-01-31T14:21:13.001140+00:00","id":"lit29670","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Kiesow, F.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 9: 127-130","fulltext":[{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n127\nR. Greeff. Die Morphologie und Physiologie der Spinnenz\u00e8llen (Neurogliazellen) im Sehnerv und in der Retina. Verhandl d. physiol. Gesellseh. zu Berlin, Juli 1894, und Arch. f. Augenheilkde. Bd. XXX. S. 324\u2014339. (Selbstanzeige.)\nUnter Anwendung der Cbrom-Osmium-Silbermethode von R. y Cajal. l\u00e4fst sich nachweisen, dafs sich vom Tractus opticus an bis in die Peripherie der Retina dieselben zierlichen spinnenartigen Neurogliazellen vorfinden, wie wir sie durch die Untersuchungen und die Methoden von Golgi in weifser Substanz des Gehirns kennen gelernt haben. Es best\u00e4tigt dieser Befund die Ansicht, dafs Sehnerv und Retina echte, in die Peripherie vorgeschobene Teile des Gehirns sind.\nSchon fr\u00fcher sind von Leber, Schwalbe u. a. die kleinen ovalen Sterne, umgeben von sp\u00e4rlichem, k\u00f6rnigem Protoplasma, wie sie sich auf mit Pikrokarmin oder H\u00e4matoxilin gef\u00e4rbten Schnitten zwischen den Sehnervenfasern im Sehnerv und in der Retina zeigen, als Neurogliazellen angesehen worden. Vollst\u00e4ndig lassen sich dieselben nur nach der GoLGi-CAJALSchen Methode darstellen. Es giebt dies ganz \u00fcberraschend sch\u00f6ne Bilder. Der Zellleib ist klein, sternf\u00f6rmig und, entsprechend der Richtung der Nervenfasern, etwas in die L\u00e4nge gezogen. Von dem Zellleib gehen 15\u201425 feine, sehr lange elegante Forts\u00e4tze aus,, welche sich nach allen Seiten hin ausbreiten. Die Forts\u00e4tze verschlingen und \u00fcberkreuzen sich mit denen der benachbarten Zelle vielfach, niemals gehen sie aber Anastomosen ein. Ein Neuroglianetz existiert nirgends im Sehnerv, entgegen den fr\u00fcheren Annahmen.\nMan sieht jetzt vielfach die Spinnenzellen im Zentralorgan nicht als eine St\u00fctzsubstanz, sondern auch als einen Isolierungsapparat an, welcher mit seinen F\u00e4den die Nervenzellen und Fasern umspinnt, so wie wir mit Seidenf\u00e4den elektrische Dr\u00e4hte umspinnen, damit sie sich untereinander nicht ber\u00fchren k\u00f6nnen. Auf diese Weise wird es den Ganglienzellen in der Retina m\u00f6glich, die empfangenen Lichtreize durch die Sehnervenfasern den optischen Zentren isoliert zuzusenden.\nDie Spinnenzellen im Sehnerv gleichen im Allgemeinen den \u201eLangstrahlern\u201c (K\u00f6lliker), wie sie haupts\u00e4chlich in der weifsen Substanz des Gehirns sich vorfinden. Die Gestalt dieser Zellen ist jedoch bei den einzelnen Tierklassen sehr verschieden. Je mehr man in der Stufenleiter-der Tiere hinabsteigt, um so dicker und unvollkommener wird der ganze Apparat der Neuroglia im Sehnerv.\nDie Spinnenzellen in der Retina sind sehr verschieden gestaltet, sie kommen nur in der Nervenfaserschicht und in der Ganglienzellenschicht vor.\t*\tR. Greeff (Berlin).\nA. Mosso. Die Temperatur des Gehirns. Untersuchungen. Mit einem Titelbilde, zahlreichen Abbildungen im Text und 5 Tafeln, Leipzig,. Veit & Co. 1894. 191 S.\nDie vorliegenden Untersuchungen wurden an Murmeltieren, an Hunden, Affen und Menschen angestellt. Die Messung der Temperaturen, wurde mittelst sehr empfindlicher, nach Angabe des Verfassers von Baudin in Paris gefertigter Thermometer, welche f\u00fcr das unbewaffnete^","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"128\nLitteraturberich i.\nJLuge eine Ablesung von 0,01\u00b0 zulassen, ausgef\u00fcbrt. Bei den Tierversuchen wurden dieselben in einer Stahlrohre befestigt, welche in die trepanierte Sch\u00e4del\u00f6fihung geschraubt war. Gleichzeitig mit der Temperatur des Gehirns wurde beim Menschen die des Bektum, bei Tieren aufserdem vielfach noch die des arteriellen und des ven\u00f6sen \u00dflutes (Carotis und Jugularvene) gemessen. Die Lage der Thermometer wurde im letzteren Falle jedesmal durch die Autopsie verifiziert.\nBei Menschen und normalen Hunden konnte Verfasser zwischen den Temperaturen des Gehirns und des Bektums im Winter einen gr\u00f6fseren Unterschied beobachten, als im Sommer. An kurarisierten Hunden konnte aufserdem festgestellt werden, dais sich das Gehirn infolge eines durch Ausstrahlung verursachten gr\u00f6fseren W\u00e4rmeverlustes schneller als das Bektum ab k\u00fchlt. Bei der Erstickung zeigte sich anfangs eine Temperaturzunahme im Gehirn. Die durch die Einf\u00fchrung der Thermometer bewirkte mechanische Beizung des Gehirns rief hier, wie auch bei den an Menschen angestellten Untersuchungen, eine kurzdauernde Steigerung der Temperatur hervor. Diese Erscheinung ist nach Verfasser jedoch nicht auf eine etwaige Verletzung von W\u00e4rmezentren zur\u00fcckzuf\u00fchren. Gr\u00f6fsere L\u00e4sionen erzeugten nur in einem einzigen Falle eine intensivere W\u00e4rme ent Wickelung im Gehirn. In einigen F\u00e4llen zeigte sich das Gehirn k\u00e4lter als das arterielle Blut. Verfasser ist der Ansicht, dafs die Menge des dem Hirne zufliefsenden Blutes nicht hin-reiche, um dasselbe auf die Eigentemperatur zu erh\u00f6hen. Infolgedessen, und weil aufserdem das ven\u00f6se Blut best\u00e4ndig W\u00e4rme entf\u00fchrt, w\u00fcrde das arterielle Blut stets w\u00e4rmer sein, als das Gehirn, wenn nicht in diesem Organe selbst durch den chemischen Prozefs in den Ganglien W\u00e4rme erzeugt werden w\u00fcrde. Der Selbst\u00e4ndigkeit der thermischen Prozesse im Gehirn schreibt Verfasser eine grofse Bedeutung zu. Sensationen, Tetanus und Konvulsionen k\u00f6nnen ohne gleichzeitige Steigerung der Gehirntemperatur verlaufen. Verfasser nimmt daher im Gehirn einen Vorrat von chemischer Energie an, deren Umsetzung in W\u00e4rme jedoch den psychischen und motorischen Funktionen des Gehirnes nicht parallel verlaufe. Verfasser unterscheidet im Gehirn einen nutriven und \u00e7inen funktionellen chemischen Vorgang. Doch stellt derselbe es auch als m\u00f6glich hin, \u201edafs die w\u00e4rme erzeugenden Substanzen nicht den trophischen Prozessen der Nervenzellen dienen, sondern dafs sie ohne Nutzen f\u00fcr die psychische und motorische Funktion des Gehirns verbraucht werden\u201c.\nDer induzierte Strom erzeugte im Gehirn auch nach Durchschneidung des B\u00fcckenmarkes eine Temperaturerh\u00f6hung, der jedoch das Bektum nur in geringem Mafse und nicht immer folgte. Im selben Sinne wirkte die elektrische Beizung der Albert ONischen Zone. Obwohl Hunde durch (fiesen Vorgang in epileptische Zust\u00e4nde versetzt wurden, so nimmt Verfasser doch mit Brow-Sequard (Comptes rendus 1892, 12. September) an, \u201edafs die Gehirnrinde nicht das autonome Zentrum der Epilepsie sei, sondern dafs vom Gehirn blofs die Beizung ausgehe, welche andere\nZentren erregt, die dann den epileptischen Anfall hervorrufen.\u201c Nar-\n1 \u2022 - __________________ *\nkotische Mittel wirkten bei k\u00fcnstlicher Erzeugung epileptischer Anf\u00e4lle im Sinne einer Abschw\u00e4ehung.","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n129\nEs wurde ferner die erregende Wirkung von Kokain, Atropin, Alkohol, Strychnin, Kaffee, Absinth\u00f6l auf die Temperatur des G-ehirns einer Pr\u00fcfung unterzogen. Um Muskelkontraktionen v\u00f6llig auszu-schliefsen, wurden die Tiere stets kurarisiert. Kurare und Chloroform beeintr\u00e4chtigten oder beseitigten die hyperthermische Wirkung des Kokains. Die Wiederkehr des Bewufstseins nach der Chloroformnarkose steigerte nur im Anfang die Gehirntemperatur. Immer wieder hebt Verfasser die Unabh\u00e4ngigkeit der Temperaturen in den einzelnen K\u00f6rperorganen hervor. Die thermische Aktivit\u00e4t, welche im Gehirn nicht den Perioden der motorischen und psychischen Aktivit\u00e4t entspricht, bezeichnet Verfasser als organische Konfiagration.\n\u201eDie organischen Konfiagration en bilden den thermischen Ausdruck der metabolischen Erscheinungen, welche in den Organen unabh\u00e4ngig von ihren spezifischen Funktionen erfolgen.\" \u201eDie organischen Kon-flagrationen erfolgen leichter, wenn die Reizbarkeit des Gehirns gesteigert ist; man kann bez\u00fcglich derselben, geradeso wie bez\u00fcglich der Epilepsie, sagen, dafs sie durch alle diejenigen Ursachen hervorgebracht werden, welche die Reizbarkeit des Gehirns steigern.^ Nach Verfasser \u201ebildet wahrscheinlich eine Molekularbewegung in den Gehirnzellen die Grundlage der psychischen Vorg\u00e4nge, und wenn sich die Spannkraft in nerv\u00f6se Bewegung umsetzt, dann wird eine gewisse Quantit\u00e4t von W\u00e4rme frei.\" An\u00e4mie, Isch\u00e4mie und Asphyxie riefen noch W\u00e4rme im Gehirn hervor. Nach dem Aufh\u00f6ren der das Absterben begleitenden Konfiagration k\u00fchlte sich das Gehirn schneller ab, als das Rektum. Willk\u00fcrliche Bewegungen hatten keine Temperaturerh\u00f6hung zur Folge. Auch schwach elektrische Bewegungen der motorischen Himregion blieben auf die Temperatur des Gehirns ohne Einflufs.\nBeim Menschen konnte Verfasser die Verh\u00e4ltnisse der Hirntemperatur an einem zweij\u00e4hrigen Idioten, an dem eine Sch\u00e4deltrepanation vorgenommen werden mufste, sowie an einem rechts mit einer Sch\u00e4delwunde behafteten zw\u00f6lfj\u00e4hrigen M\u00e4dchen, Delfina Parodi, und an einem 45j\u00e4hrigen Maurer, Cane Luigi, der an einem am hinteren Teile des Schl\u00e4fenlappens befindlichen Sch\u00e4deldefekt litt, anstellen. Im ersteren Falle konnte das Thermometer in der Richtung des Sulcus Rolandi, im zweiten bis in die Fissura Sylvii in den Sch\u00e4del eingef\u00fchrt werden. Im letzten der drei F\u00e4lle suchte Verfasser mittelst einer mit einer H\u00fcrthle-Marreysehen Trommel verbundenen, der Sch\u00e4delwunde angepafsten Guttaperchahaube unter gleichzeitiger Aufnahme des Armvolumens plethysmographisch die Volum\u00e4nderungen des Gehirns aufzuzeichnen. An dem zweij\u00e4hrigen Kinde wurde konstatiert, dafs starke Bewegungen und Schreien keine W\u00e4rmeentwickelung in der motorischen Hirnregion verursachten. Ebensowenig zeigte sich an der Delfina Parodi weder bei psychischer noch bei motorischer Erscheinung ein Einflufs auf die Gehirntemperatur. Gem\u00fctserregungen, wie z. B. die Furcht vor dem Chloroformieren, erzeugten eine Zunahme der Hirntemperatnr von 0,01\u00b0. Die Temperatur des Rektums erfolgte nicht gleichzeitig mit derjenigen des Gehirns. Die Wiederkehr des Bewufstseins nach der Chloroformnarkose war von keiner W\u00e4rmeentwickelung im Gehirn begleitet.\n9\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie IX.","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\nLitteraturberich t.\nAn der dritten der oben erw\u00e4hnten Versuchspersonen konnte u. a. nachgewiesen werden, dafs eine angenehme psychische Erregung eine reichlichere Blutzufuhr zum Gehirn zur Folge hatte, als einfaches Sprechen. Geringe Apnoe rief eine starke Volumsteigerung d\u00e9s Gehirns hervor. Die \u00c4nderungen im Kreisl\u00e4ufe des Gehirns und der Extremit\u00e4ten waren nicht immer entgegengesetzter Art. Die plethysmographische Kurve des Gehirns braucht nach Verfasser nicht immer mit Notwendigkeit den Druck\u00e4nderungen im arteriellen Gef\u00e2fssysterne zu folgen.\nWeitere Versuche beziehen sich auf den normalen und k\u00fcnstlichen Schlaf beim Menschen und bei Hunden, sowie auf den Winterschlaf der Murmeltiere. In letzterem Falle, in dem das Gehirn eine geringere Temperatur besafs, als das betreffende Arbeitszimmer, konnte nachgewiesen werden, dafs \u201edie chemischen Prozesse im Gehirn auch im lethargischen Zustande aktiver sind und die Temperatur h\u00f6her ist, als in anderen Organen\u201c. Es zeigte sich auch hier W\u00e4rmeentwickelung im Gehirn bei mechanischer, wie bei elektrischer Heizung desselben.\nDie Arbeit enth\u00e4lt neben der graphischen Wiedergabe von Pulsbildern und vielen Darstellungen von Temperatur kurven in Holzschnitten die Abbildungen der Delfina Parodi und des Cane Luigi, sowie diejenigen der haupts\u00e4chlichsten bei den Untersuchungen gebrauchten Instrumente.\nF. Kiesow (Leipzig).\nF. Smith. Refractive character of the eyes of horses. Broc. of the London Boy. Soc. Vol. 55. S. 414\u2014422. (1894.)\nIm Gegens\u00e4tze zu Berlik, der bei der Mehrzahl der Pferde Hyperm\u00e9tropie fand, ergiebt eine von dem Verfasser an 100 Pferdeaugen ausgef\u00fchrte Untersuchung :\n1 Mal Emmetropie,\n1\t\u201e\tHyperm\u00e9tropie,\n39\t\u201e\tMyopie,\n51\t\u201e Myopie und Astigmatismus,\n2\t\u201e Hyperm\u00e9tropie und Astigmatismus,\n6\t\u201e\tgemischten Astigmatismus.\nDer Betrag der Anomalie ist immer gering; nur ein einziges Mal wird eine Myopie von 3 Dioptrien erreicht.\tArthur K\u00f6nig.\nRisley, S. D. The Results of the optical Correction of Ametropia in Arresting the Increase of Myopia. Arch, of Ophthalm. Vol. XVIII p. 247\u2014257.\nTrotzdem in den Schulen seit einer Reihe von Jahren viele Reformen eingef\u00fchrt sind, um bessere hygienische Verh\u00e4ltnisse f\u00fcr die Augen der Sch\u00fcler zu schaffen, wie z. B. gutes Licht, gute Luft, Schulb\u00e4nke, guten Druck der B\u00fccher etc., lehrt uns die Statistik, dafs die Myopie in solchen Schulen keineswegs nachl\u00e4fst. Es mufs deshalb noch ein anderer Faktor bei der Entwickelung der Myopie mitsprechen. Verfasser findet diesen","page":130}],"identifier":"lit29670","issued":"1896","language":"de","pages":"127-130","startpages":"127","title":"A. Mosso: Die Temperatur des Gehirns. Untersuchungen. Mit einem Titelbilde, zahlreichen Abbildungen im Text und 5 Tafeln. Leipzig, Veit & Co. 1894. 191 S.","type":"Journal Article","volume":"9"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:21:13.001146+00:00"}