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{"created":"2022-01-31T14:29:11.479168+00:00","id":"lit29689","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pelman","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 9: 156-157","fulltext":[{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"156\nLitteraturhericht.\neine direkte magnetische Einwirkung auf den menschlichen K\u00f6rper besteht, und dafs es sogar den Anschein hat, dafs auch die Polarit\u00e4t des ein wirkend en Magnets nicht gleichg\u00fcltig ist. \u2014 Zur Erkl\u00e4rung der somnambulen Vorg\u00e4nge kann Gr. auch nichts beitragen. Ein endg\u00fcltiges Urteil dar\u00fcber h\u00e4lt Gr. \u00fcberhaupt noch f\u00fcr verfr\u00fcht. Das Beobachtungsmaterial m\u00fcsse noch vermehrt werden, und bed\u00fcrfe das Vorhandene noch einer wiederholten Beglaubigung durch vorurteilsfreie Forscher! \u2014 Das Werkchen liest sich glatt und enth\u00e4lt manches \u00dcberraschende.\nUmpfenbach (Bonn).\nGeorges Dumas. Les \u00e9tats intellectuels dans la m\u00e9lancolie. Paris, F. Alcan. 1895. 142 S.\nBei der Definition der Melancholie streiten sich die Gelehrten bekanntlich bis auf den heutigen Tag, ob die depressive Gem\u00fctsverstimmung oder die Hemmung des Vorstellungsablaufes das Prim\u00e4re sei. W\u00e4hrend man sich aber bei uns auf Grund der klinischen Beobachtung mehr und mehr in der Auffassung vereinigt, dafs Depression und Hemmung koordinierte Parallelsymptome und beide prim\u00e4r seien, die sich allerdings wechselseitig verst\u00e4rken k\u00f6nnen, ist Dumas mehr geneigt, sich f\u00fcr die letztere Entstehungsweise zu erkl\u00e4ren, so weit er den Begriff der Melancholie \u00fcberhaupt noch bestehen lassen will, denn eigentlich ist er der Ansicht, dafs es eine Melancholie als Krankheitseinheit gar nicht gebe, und sich das, was man bisher so genannt habe,\nin Empfindungs- und Hemmungsvorg\u00e4nge aufl\u00f6sen l\u00e4fst.\n\u2022 \u00ab\nDas ganze \u00dcbel beruht in letzter Linie auf der Ern\u00e4hrung, es ist die mangelhafte Ern\u00e4hrung des Organismus, die von dem Ich in seiner Weise synthetisch erkl\u00e4rt und als Melancholie ge\u00e4ufsert wird, sei es, dafs diese mangelhafte Ern\u00e4hrung direkt, auf Grund einer Kachexie, wobei die Infektionskrankheiten besonders zu vermerken sind, oder dadurch entstanden sei, dafs depressive Gem\u00fctsbewegungen auf den K\u00f6rper einwirkten und zu seiner Schw\u00e4chung f\u00fchrten.\nDie Abulie, die Unm\u00f6glichkeit, sich entscheiden zu k\u00f6nnen, bildet neben der Traurigkeit das Hauptsymptom der Melancholiker. Sie k\u00f6nnen nicht wollen, daher auch keine Handlung ausf\u00fchren, und dies selbst dann nicht, wenn sie den Gedanken dazu fassen k\u00f6nnen. In anderen F\u00e4llen ist auch der Entschlufs nicht mehr m\u00f6glich. Nun herrscht aber das Gesetz der Synthese, der Zwang der Logik, und das denkende Ich sucht nach einer Erkl\u00e4rung, nicht absichtlich und bewufst, sondern wie im Traum durch unbewufste Geistesth\u00e4tigkeit, und es findet einen Grund f\u00fcr die traurige Verstimmung wie f\u00fcr die Behinderung des Wollens und die Zwangsvorstellungen.\nDem Bed\u00fcrfnisse, die fremden und unerkl\u00e4rlichen Zust\u00e4nde dem Verst\u00e4ndnisse n\u00e4her zu bringen, entspringt die Vorstellung des Besessenseins, von einer \u00e4ufseren Macht, welche die Kranken zu verkehrtem Denken und Handeln zwingt. So lange das Ich besteht, unterliegt es diesem Zwange, die Leere auszuf\u00fcllen und die Breschen auszubessern, die ihm das mangelhaft ern\u00e4hrte Gehirn geschlagen.\nDie intellektuellen Zust\u00e4nde bauen sich auf den k\u00f6rperlichen auf","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n157\nauf Grund des Gesetzes der Synthese, deren Assoziation eine unbewufste ist. Es ist der Zwang der Logik, der den Melancholiker zwingt, einen Grund daf\u00fcr anzugehen, warum er weint, und er thut dies mit derselben Unbewufstheit wie im Traume, wo der Traum zur Erkl\u00e4rung einer Empfindung oder eines Ger\u00e4usches wird. Daher auch die gleiche Unm\u00f6glichkeit, \u00fcber den Wert der Erkl\u00e4rung zu urteilen und das Unzul\u00e4ngliche oder Unwahre derselben einzusehen.\nDumas entwickelt seinen Ideengang an der Hand einiger bestimmten Beispiele. So einfach aber, wie er sich die Sache zurechtgelegt hat, ist sie am Ende doch nicht, und jedenfalls reicht die Annahme einer Hirnan\u00e4mie zur Erkl\u00e4rung der Erscheinungen in der Melancholie nicht \u00fcberall und in allen F\u00e4llen aus.\tPelman.\nLiepmann. \u00dcber die Delirien der Alkoholisten und \u00fcber k\u00fcnstlich bei ihnen hervorgerufene Visionen.\tArch. f. Psychiatr. u. NervenJcranJch.\nXXVII. Bd. S. 172-232. 1895.\nDas reichhaltige Material der K\u00f6niglichen Charite in Berlin hot dem Verfasser Gelegenheit, die Alkoholdelirien eingehend zu beobachten, und er hat die Gelegenheit in fruchtbringender Weise wahrgenommen und so zur Aufkl\u00e4rung des noch immer nicht ausstudierten Krankheitsbildes des Delirium tremens beigetragen. Einige seiner Schlufs-folgerungen m\u00f6gen hier Platz finden: Der vorherrschende Affekt im Delirium tremens ist die Angst, und zwar ist ihr prim\u00e4rer Charakter wahrscheinlich, sie f\u00fchrt nicht zur Selhstbezichtigung, sondern zu Handlungen der Selbsterhaltung. Elementare Empfindungsanomalien wurden in mehr als der H\u00e4lfte der F\u00e4lle beobachtet, meistens Gesichts-, Geh\u00f6rsund Gef\u00fchlsempfindungen: Flimmern, Flocken, Streifen, Nebel, Feuer vor den Augen, Sausen und Klingen in den Ohren, Gef\u00fchl von Brennen und Kitzeln am K\u00f6rper. F\u00fcr das Zustandekommen von eigentlichen Illusionen wirkt alles beg\u00fcnstigend, was ein unscharfes Netzhautbild bedingt, Entfernung des Gegenstandes, verschwommene Formen und unzureichende Refraktion des Auges; der D\u00e9lirant ermangelt der Aufmerksamkeit, durch welche ein Gesunder sich vor falscher Auffassung der unscharfen Netzhautbilder sichert, und so kommt es zur Illusion. Die Illusionen haben meistens Schreckliches zum Inhalt; Tiervisionen konnten hei 70% der Untersuchten nachgewiesen werden, Geh\u00f6rt\u00e4uschungen hei 40%, besonders hei solchen, die schon in halluzinationsfreien Zeiten an subjektiven Geh\u00f6rsempfindungen gelitten hatten.\nIm zweiten Teile seiner Arbeit berichtet Verfasser von seinen Versuchen \u00fcber k\u00fcnstlich ausgel\u00f6ste Sinnest\u00e4uschungen, Druckvisionen bei Deliranten; bei 40 von 52 Untersuchten liefsen sich durch einen anhaltenden sanften Druck auf die Aug\u00e4pfel (mit oder ohne Augenschlufs) Visionen erzeugen ; es traten an erster Stelle, offenbar in krankhafter Deutung der bekannten PuRKiNJESchen Druckfigur, \u201emeteorische\u201c Erscheinungen, Himmel, Sonne, Mond, Sterne, Blitze, auf, an zweiter Stelle Erscheinungen von Gedrucktem oder Geschriebenem in grofsen Buchstaben, an dritter Stelle menschliche Gestalten, Geb\u00e4ude und Gebrauchsgegenst\u00e4nde. Das Gesehene war plastisch, nicht fl\u00e4chenhaft, es fehlte","page":157}],"identifier":"lit29689","issued":"1896","language":"de","pages":"156-157","startpages":"156","title":"Georges Dumas: Les \u00e9tats intellectuels dans la m\u00e9lancolie. Paris, F. Alcan. 1895. 142 S.","type":"Journal Article","volume":"9"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:29:11.479174+00:00"}