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{"created":"2022-01-31T14:21:31.122043+00:00","id":"lit29698","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Schaefer","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 9: 283-284","fulltext":[{"file":"p0283.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\nE. Tardieu. Etudes de psychologie professionelle: le m\u00e9decin. Revue philos. 1894. No. 12. S. 611\u2014623.\nVerfasser erblickt in dem Arzt nur eine Art von Kunsthandwerker. Zur Aus\u00fcbung der Heilkunst sind weder philosophische, noch ethische, noch k\u00fcnstlerische Anlagen notwendig. Die G-aben, welche ein Arzt zur Aus\u00fcbung einer gedeihlichen Praxis durchaus besitzen mufs, sind manuelle Geschicklichkeit, k\u00f6rperliche und moralische Energie, Ausdauer, Beobachtungsgabe und ein gutes Ged\u00e4chtnis f\u00fcr das Beobachtete. Im Gegensatz zu den Wissenschaften, deren Vertreter rein theoretisch arbeiten, ist die Medizin zum moralischen Nachteil ihrer J\u00fcnger allzu einseitig auf das Praktische, Mechanische, Technische gerichtet. \u2014 Wir wollen zu Gunsten der \u00c4rztewelt annehmen, dafs auch Verfasser zu seiner Auffassung mehr auf rein theoretischem Wege als durch praktische Beobachtungsgabe gekommen ist.\tSchaefer (Bostock).\nG. Le Bon. Les bases psychologiques du dressage : \u00c9tude de psychologie compar\u00e9e. Revue philos. 1894. No. 12. S. 596\u2014610.\nVerfasser w\u00e4hlt zu seiner Besprechung der Psychologie der Dressur das Pferd als Beispiel. Die wesentlichen Charaktereigenschaften desselben sind geringe Intelligenz, grofse Geduld, Folgsamkeit, Ehrgeiz, Furchtsamkeit, grofse F\u00e4higkeit zur Nachahmung, Gelehrigkeit, Konsequenz in Zuneigung und Antipathien. Die drei letzten Eigenschaften, namentlich die Gelehrigkeit, verdankt es seinem hervorragenden Ged\u00e4chtnis. Dieses ist auch das Fundament der Dressur, deren Wesen der Verfasser an einem Beispiel erl\u00e4utert. Gesetzt, der Beiter wolle das Tier abrichten, auf einen Beitgertenschlag gegen die rechte Schulter pl\u00f6tzlich still zu stehen. Er wird dann oftmals hintereinander dem trabenden Pferde erst den \u00a7chlag versetzen und unmittelbar darauf die Z\u00fcgel scharf zur\u00fccknehmen, bis das Pferd stehen bleibt. Dieses Man\u00f6ver ist so oft zu wiederholen, bis sich die Assoziationsreihe: Schlag \u2014 Z\u00fcgelanziehen \u2014 Stehenbleiben dem Pferde derartig fest eingepr\u00e4gt hat, dafs die erste Wahrnehmung schon allein gen\u00fcgt, um die Handlung des Haltmachens auszul\u00f6sen. Alsdann hat sich gewissermafsen ein psychischer Beflex-bogen gebildet, und auf seiner Festigkeit, auf dem Maschinenm\u00e4fsigen beruht die Sicherheit der Dressur. Beil\u00e4ufig bemerkt, kann die H\u00e4ufigkeit der \u00dcbung unter Umst\u00e4nden durch grofse Intensit\u00e4t der Beize oder, wie der Beiter sich ausdr\u00fccken w\u00fcrde, der H\u00fclfen ersetzt werden. \u2014","page":283},{"file":"p0284.txt","language":"de","ocr_de":"284\nLitteraturbericht.\nVon dem Begriff der Dressur auf den Begriff der Erziehung, im besonderen der Erziehung des Menschen \u00fcbergehend, kommt Verfasser zu dem Resultat, dafs auch diese mutatis mutandis auf denselben Prinzipien beruhe, mag es sich nun um Erziehung zu milit\u00e4rischer Disziplin oder etwa um die Erlernung gesellschaftlicher Manieren handeln. Immer kommt es darauf an, bestimmte Assoziationen uns so fest einzupr\u00e4gen, dafs wir auch ohne, ja gegen unseren Willen auf bestimmte Veranlassungen von aufsen mit bestimmten Handlungen reagieren.\nSchaefer (Rostock).\nGr. Heydxer. Beitr\u00e4ge zur Kenntnis des kindlichen Seelenlebens. Leipzig, Richter. 1894. 96 S.\nDer erste Abschnitt dieses f\u00fcr die Kinderpsychologen beachtenswerten Buches behandelt den Leseunterricht. Jeder Leser, nicht zum wenigsten der kindliche, vermag das Gelesene nur dann mit bleibendem Vorteil geistig zu verarbeiten, wenn er mit Interesse liest und eine zum Verst\u00e4ndnis der Lekt\u00fcre gen\u00fcgende psychische Grundlage besitzt. Soll daher der Leseunterricht wahrhaft fruchtbar sein, so m\u00fcssen die Kinder mit Lust und mit Vertrauen zum Lehrer ihre eigenen Gedanken \u00fcber das Gelesene mitteilen. Verfasser giebt eine grofse Zahl besonders charakteristischer Ausspr\u00fcche dieser Art wieder und fordert dringend dazu auf, dafs dies auch von anderen geschehe. Solche Sammlungen w\u00fcrden einen doppelten Zweck haben. Einmal liefsen sie sich zu einer sehr beachtenswerten Kritik f\u00fcr die Brauchbarkeit oder Unbrauchbarkeit von Leseb\u00fcchern verwerten, welche noch allzu oft ohne gen\u00fcgendes Verst\u00e4ndnis der kindlichen Psyche geschrieben werden. Zweitens w\u00fcrde dadurch ein wichtiges Material zu einer Psychologie des Kindes geschaffen werden : und es w\u00e4re an der Zeit, dafs auch Lehrer endlich die von Preyer und anderen gezeigten Wege der experimentellen Forschung einschl\u00fcgen.\nDem ersten Abschnitt \u201eWie Kinder lesen\u201c folgt ein Abschnitt dar\u00fcber, \u201eWas Kinder sehen\u201c. Auch hier stellt Verfasser dieselben Forderungen bez\u00fcglich des Anschauungsunterrichtes, der Heimatkunde. Die jetzt \u00fcblichen Lehrpl\u00e4ne und Leitf\u00e4den f\u00fcr den Unterricht ermangeln in ihrer Disposition einer gen\u00fcgenden Kenntnis dessen, was dem Kinde notthut, und zwingen den kindlichen Geist oft genug in eine ihm g\u00e4nzlich inad\u00e4quate Schablone des Unterrichts. Zu einer wissenschaftlichen Basis f\u00fcr den Lehrplan der Heimatskunde in den unteren Volksschulklassen wird man nur durch eine Statistik eigner Offenbarungen der Kinder \u00fcber das, was im Vordergr\u00fcnde ihres Interesses steht, gelangen. Auf dieser Entwickelungsstufe des Geistes mufs sich der Unterricht durchaus nach der nat\u00fcrlichen Wifsbegier der Kinder richten. Deswegen ist Verfasser auch f\u00fcr den (an den Stoff der gerade durchgenommenen Lesest\u00fccke oder an zuf\u00e4llig gegebene Situationen, wie st\u00fcrmische Witterung, Schneetreiben u. dergl.) angelehnten Unterricht.\nAlle Ausf\u00fchrungen des Verfassers zeugen von einem bemerkenswerten, weil keineswegs allen Schulm\u00e4nnern durchweg eigenen, physiologischen Takt in der psychischen Behandlung seiner Sch\u00fcler. Es m\u00f6gen","page":284}],"identifier":"lit29698","issued":"1896","language":"de","pages":"283-284","startpages":"283","title":"G. Le Bon: Les bases psychologiques du dressage: \u00c9tude de psychologie compar\u00e9e. Revue philos. 1894. No. 12. S. 596-610","type":"Journal Article","volume":"9"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:21:31.122052+00:00"}