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{"created":"2022-01-31T14:31:51.262729+00:00","id":"lit29703","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Umpfenbach","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 9: 288-289","fulltext":[{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\nLitteraturbericht.\nderselben, ist das Produkt einer Reibe assoziativ-koordinierter Empfindungen (feelings), die wegen ihrer besonderen Lebhaftigkeit gerade das Blickfeld des Bewufstseins beherrschen. Wenn das Bewufstsein aber gerade an eine Summe von \u201ecoordinated feelings\u201c gebunden ist, so wird der Sitz desselben auch wohl in einer Region des Gehirns zu suchen sein, wo ein physiologisches Koordinationszentrum liegt. Anatomischphysiologische \u00dcberlegungen f\u00fchren den Verfasser dahin, das Corpus striatum als den Sitz des Bewufstseins anzusprechen. Der anatomische Grund ist der, dafs das Putamen und das Corpus caudatum \u00e4hnlich wie die Cortex einer Reihe von Fasern ihren Ursprung geben und daher nicht als eine Zwischenstation aufgefafst werden k\u00f6nnen. Ferner haben elektrische Reizungen denselben Effekt, als ob die ganze Hirnrinde auf einmal gereizt werde.\nDen Sitz des Bewufstseins, wie es gew\u00f6hnlich geschieht, in die Hirnrinde zu verlegen, ist nicht richtig. Die Hirnrinde ist der Sitz der Intelligenz, die nicht schlechthin mit Bewufstsein identifiziert werden darf. In der Hirnrinde spielen sich die komplexen assoziativen Vorg\u00e4nge ab, welche komplizierte Handlungen ausl\u00f6sen, die man zwar als intelligent bezeichnet, die aber nicht immer mit Bewufstsein verbunden zu sein brauchen, wie das Beispiel des Klaviervirtuosen zeigt, der, ohne mit seinen Gedanken dabei zu sein, die schwierigsten Piecen mechanisch herunterspielen kann. Andererseits gab ein von Goltz operierter Hand nach Exstirpation der Grofshirnrinde noch vollg\u00fcltige Beweise f\u00fcr die Erhaltung seines Bewufstseins, w\u00e4hrend seine Intelligenz erloschen war.\nSCHAEFER (Rostock).\nC. L. Herrick. The seat of consciousness. Journ. of comp, neurol. 1894. Vol. IV. S. 221\u2014226.\nVerfasser wendet sich ausdr\u00fccklich gegen die vorstehend referierten Ausf\u00fchrungen von Cabus. Der eigent\u00fcmliche Bau des Corpus striatum beweist noch nichts f\u00fcr eine besondere koordinatorische Funktion im Sinne von Carits, wof\u00fcr allein die Hirnrinde in Anspruch genommen werden d\u00fcrfe. \u00dcberhaupt k\u00f6nne es keinen anatomischen Ort f\u00fcr das Bewufstsein geben, da \u201eBewufstsein\u201c nur ein Begriff f\u00fcr die besondere Funktionsform der Ganglien ist.\tSchaefer (Rostock).\nForel. Nochmals das Bewufstsein. Zeitschr. f. Hypnot. Dezember 1894.\nVerfasser kommt nochmals auf seinen Wiener Vortrag \u00fcber Gehirn und Seele zur\u00fcck. Er sucht zu beweisen, dafs, sobald die ganze Qualit\u00e4t des Bewufstseinsinhaltes, der Seele, der Geistesrichtung, Verschiedenheiten zeigt, eo ipso auch das Bewufstsein verschieden ist. Forel geht dann konsequent weiter und will die Bewufstseinserscheinungen nicht nur bei h\u00f6heren Tieren, sondern bei der ganzen Skala der phylogenetischen Entwickelungsstufen als Korrelat der \u00fcbrigen entsprechenden Seelenerscheinungen verfolgen. Er l\u00e4fst aber selbst offen, ob das bez\u00fcgliche Korrelat mit dem gleichen Namen zu bezeichnen sei. Eine Bewufstseins-potenz nach unten mufs jedenfalls angenommen werden. Forels Arbeit eignet sich ihrer K\u00fcrze wegen leider nicht zum Referat. Er schreibt","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturberichl.\n289\nauch solchen Th\u00e4tigkeiten unseres Zentralnervensystems (R\u00fcckenmark, Oblongata etc.), die niemals unserem Subjekt im Wachzust\u00e4nde bewufst werden, ein, wenn auch untergeordnetes, Bewufstsein zu.\nUmpfenbach (Bonn).\nRoman Pade. Die Affektenlehre des Johannes L\u00fcDOVicus Vives. Ein\nBeitrag zur G-eschichte der Psychologie. M\u00fcnster i. W. 1898. 51 S\u00bb\nEine Dissertation, die sich als Vorl\u00e4ufer einer umfassenderen Arbeit \u00fcber die Psychologie des Vives kennzeichnet und dieser zum voraus zur Empfehlung gereicht. Seit der Zeit, worin die aristotelische Affektenlehre eine folgenreiche Gegnerschaft an der der Stoiker fand, ist f\u00fcr die Entwickelung dieses ganzen Gebietes der Psychologie bis gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts keine Periode bedeutender gewesen, als der Zeitraum, welcher durch die methodischen Versuche zur Neubegr\u00fcndung der Lehre bei Vives, Descartes und Spinoza bezeichnet wird. Vives selbst ist von Alb. Lange (in der ihm gewidmeten Darstellung in Schmids Encyclop\u00e4die des ges. Erziehungs- u. Unterrichtswesens. 1878. IX. S. 770) als der Vater der neueren Psychologie bezeichnet worden, weil er bereits mit Bewufstsein davon ausgeht, dafs es nicht sowohl darauf ankomme, zu wissen, \u201ewas die \u201eSeele\u201c sei, als vielmehr, welche Eigenschaften sie habe, und wie sie wirke\u201c. Die Darstellung des Verfassers, der in pr\u00e4ziser Knappheit und doch ausf\u00fchrlich das Charakteristische der Lehre heraushebt, l\u00e4fst allerdings diesen Umstand weniger ins Licht treten. Er h\u00e4tte nach dieser Seite hin u. a. auf die interessante Analogie aufmerksam machen k\u00f6nnen, worin die Theorie des V. zu der entsprechenden bei D. Hartley und der beiden Mill steht, in der Art n\u00e4mlich, wie jener das Herauswachsen unselbstischer Zuneigung aus dem egoistischen Grundtriebe aufzuzeigen, die \u201epsychologische Br\u00fccke zwischen Selbst er haltung und Aufgeben des Selbst\u201c (vergl. H\u00f6eeding, Psychol. 1887. S. 308) zu schlagen sucht, wobei auch, wie bei den Genannten, die \u00c4hnlichkeitsassoziation eine Rolle spielt. Der vergleichende Blick des Verfassers nimmt, aufser auf Descartes und Spinoza, namentlich Bezug auf den H\u00f6hepunkt der mittelalterlichen Psychologie bei Thomas von Aquino, und dies allerdings, nach Lage der Sache, mit guter Berechtigung. Denn V. geh\u00f6rt thats\u00e4chlich zu denjenigen Sp\u00e4tlingen der Renaissance, die das gelobte Land einer neuen philosophischen und fachwissenschaftlichen Erkenntnis mit Eifer suchten, ohne doch \u00fcber das bisher innegehabte endg\u00fcltig hinauszukommen. Diesen Charakter tr\u00e4gt auch seine bedeutendste theoretische Leistung, die Affektenlehre. Sie giebt gut beobachtete Z\u00fcge aus der Erfahrung, sucht aus dem Verhalten der Seele gegen\u00fcber dem Gut und dem \u00dcbel die grundlegenden Zust\u00e4nde, Liebe und Abneigung, und weiter aus den Modifikationen dieser die \u00fcbrigen Affekte zu bestimmen. Bei aller Selbst\u00e4ndigkeit der Methode ist dabei im einzelnen die Abh\u00e4ngigkeit vom Alten \u00fcberall zu erkennen. V. h\u00e4lt sich nicht mehr so ausschliefslich wie Thomas an den unzureichenden Begriff der Passion, sondern an den des Affekts im Sinne des Aktiven und kann daher von vorn herein der thomistischen Einteilung in konkupiszible und iraszible Zust\u00e4nde entraten. Aber auch\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie IX.\t19","page":289}],"identifier":"lit29703","issued":"1896","language":"de","pages":"288-289","startpages":"288","title":"Forel: Nochmals das Bewu\u00dftsein. Zeitschr. f. Hypnot. Dezember 1894","type":"Journal Article","volume":"9"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:31:51.262735+00:00"}