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{"created":"2022-01-31T14:32:00.389420+00:00","id":"lit29750","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Fraenkel","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 9: 313-315","fulltext":[{"file":"p0313.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht\n313\ninstinktiven Ausdrucksbewegungen preisgeben, deren ganz reflekto-risches Auftreten nicht eher bewufst w\u00fcrde, bis ihre organische Resonanz zentripetal r\u00fcckwirkte; \u201eurspr\u00fcnglich aber waren auch sie direkt expressiv f\u00fcr Bewufstseinzust\u00e4nde, unter dem Gesetze der Am passung durch Lust und Schmerz.\u201c\nB. setzt also das erst zu Erkl\u00e4rende, die emotiven Erlebnisse, als bekannt voraus, er erkl\u00e4rt die Affekte aus Lust und Schmerz, w\u00e4hrend die LAXGEsche Affekttheorie Lust und Schmerz in ihre Erkl\u00e4rung einschliefst.\tKijeella (Brieg).\nC. Rossi. Ricerche sperimentali sulla fatica dei muscoli umani sotto l\u2019azione dei veleni nervosi. Eiv. di freniatr. XX. 3\u20144. S. 442\u2014480. (1894.)\nDie aus Mossos Werk Die Erm\u00fcdung (1891) bekannte verbesserte Methode zur physiologischen Untersuchung erm\u00fcdeter Muskeln hat Veranlassung gegeben, dieselbe f\u00fcr die Pathologie und Therapie der Nervenkrankheiten zu verwerten. Derartige Arbeiten, von denen zum \u00f6fteren in diesem Blatte die Rede ist (vergl. Bd. IV. Hft. 6. S. 417, Bd. V. Hft. 5, S. 338) finden insbesondere in dem reichbegabten physiologischen Institut von Reggio-Emilia sorgsame Pflege. Aus Rossis vorliegender Arbeit, die den Einflufs der \u201eNervengifte\u201c auf die Erm\u00fcdung d\u00e9f Muskeln beim Menschen zum Gegenst\u00e4nde hat, erfahren wir, dafs schon ein Dr. Pantanetti \u00e4hnliche Versuche, wie er selbst, bei verschiedenen pathologischen Zust\u00e4nden, in specie mit dem Extrakt der Nebennieren und mit Strychnin, letzteres in f\u00fcnf F\u00e4llen von leichter Gelbsucht, angestellt und \u00e4hnliche Erfolge erhalten hat. \u2014 Rossis eigene Experimente haben allerdings nur einen beschr\u00e4nkten Wert, da er sie nur an sich und seinem Diener auszuf\u00fchren vermochte, indem andere Personen sich nicht dazu hergeben wollten. Indes sind sie mittelst des Mossoschen Ergographen unter Ausschlufs jedweder Suggestion in so exakter Weise angestellt, dafs sie das Verdienst haben, als Grundlage zu weiterer wissenschaftlicher Erforschung des Gegenstandes dienen zu k\u00f6nnen.\nZu diesem Behufe sind die dem Originale beigegebenen Zahlentabellen und bildlichen Darstellungen dort einzusehen. Dieselben sind so eingerichtet, dafs die Erhebung der Mittelfinger und ihrer in Gewichtszahlen ausgedr\u00fcckten Leistung von 10 zu 10 Minuten unter einer Belastung von 4, resp. 5 kg erst unter normalen Verh\u00e4ltnissen, dann unter dem Einfl\u00fcsse des betreffenden Nervengiftes dargestellt wird, so dafs ein Bild von der geringsten bis zur gr\u00f6fsten Erm\u00fcdung im Verlaufe einer Stunde gewonnen wird.\nWenn z. B. die Arbeitsleistung des rechten Mittelfingers unter gew\u00f6hnlichen Umst\u00e4nden am ersten Tage 3,344 kg im Beginn und nach einer Stunde nur 1,704 kg, in Summa 19,440 kg betrug, so stieg sie am zweiten Tage unter Einf\u00fchrung von Alkohol (Cognac) von 3,560 kg abw\u00e4rts auf 1,168 kg, in Summa auf 22,180 kg. Die Arbeitsleistung der linken Hand war um ca. 4, resp. 6 kg geringer, als die der rechten. Die Krafterh\u00f6hung findet aber nur im Anfang der Einwirkung statt, die Erm\u00fcdung tritt bei grofsen Gaben (25 g) rascher und dauernder, als bei","page":313},{"file":"p0314.txt","language":"de","ocr_de":"314\nLitteraturbericht.\nkleinen ein, so dafs der m\u00e4fsige Alkokolgenufs mit Recht ein Kr\u00e4fteersparnis des Arbeiters genannt werden darf. \u2014 Beiderlei Zust\u00e4nde, der der Erregung und der der Depression, beruhen auf Beschleunigung des molekularen Stoffwechsels im ganzen Nervensystem oder in einzelnen Teilen desselben. \u2014 Der Alkohol ist der Vertreter der erregenden hyper kinetischen Gruppe der Nervengifte, aus denen Rossi Absinth, Atropin, Koffein, Kampher, \u00c4ther und Strychnin zu seinen Experimenten benutzt hat, der er die deprimierende hypokinetische Gruppe gegen\u00fcb erstellt, welche die Muskelarbeit herabsetzt und zu der Bromkali, Chloral, Duboisin, Hyoscyamin, Morphium und Opium geh\u00f6ren.\nAbsinth, d. h. die Mischung von Alkohol mit dem \u00e4therischen Wermut\u00f6l, dessen \u00fcberm\u00e4fsiger Genufs, vor allem in Frankreich, eine eigent\u00fcmliche Form von Alkoholismus (nach Makc\u00e9 und Magnan) zuwege gebracht hat, wobei neben Stupor, Halluzinationen und vollst\u00e4ndigem Bewufst seins Verlust Konvulsionen in Form von Epilepsie auftreten, wirkt in kleinen Gaben (50 g) noch hemmender auf die Erm\u00fcdung der Muskeln, als der Rum, schl\u00e4gt aber nach Ablauf der Erregung weit schneller in das Gegenteil um als jener.\nAtropin, das, wie die \u00fcbrigen berauschenden Substanzen, direkt auf das Grofshirn wirkt, zeigt keinen merklichen Einflufs auf den Widerstand der Muskeln gegen Erm\u00fcdung. K o ff \u00eb i n dagegen erh\u00f6ht die mechanische Arbeitsleistung, wenn auch nur m\u00e4fsig, doch andauernd, indem es, innerlich in Dosen von 0,60\u20140,30 gereicht, den Tonus der Nerven und Muskeln verst\u00e4rkt.\nKampher, 1,50 g, brachte eine st\u00e4rkere Arbeitsleistung der Muskeln zuwege, als die anderen Substanzen und hatte auch den Vorzug, dafs der Abfall bei ihm allm\u00e4hlich und nicht so sprungweise geschah. Indes sind von anderer Seite ganz unvermittelt Depressionserscheinungen dabei beobachtet worden, weshalb die Dosis und die Individualit\u00e4t (der Versuchsperson) zu beachten sind. \u2014 \u00c4ther verdient wegen seiner schnellen Absorption und Wirkung den Vorzug, wo es sich um raschen Eingriff handelt. 2 g unter die Haut gespritzt, verst\u00e4rken die Arbeitsleistung, aber nur sehr fl\u00fcchtig. \u2014 Strychnin, das auch bei enthaupteten Tieren, verm\u00f6ge seiner Einwirkung auf das R\u00fcckenmark, Konvulsionen hervorruft, hat einen entschiedenen Einflufs auf die Erh\u00f6hung der Arbeitskraft der Muskeln (bei 0,001 hypodermatisch), die auf dem Widerstande derselben gegen Erm\u00fcdung, d. h. nicht auf der H\u00f6he der einzelnen Kontraktionen, sondern auf der gr\u00f6fseren Zahl der letzteren beruht.\nVon den hypokinetischen Substanzen wirkt:\nBromkali in grofsen Gaben zu 6 g sehr energisch auf die Muskelerm\u00fcdung, die schon nach V2 Stunde ihren h\u00f6chsten Grad erreicht, indes ebenso schnell wieder verl\u00e4uft, \u2014 in kleinen Gaben (1 g) fast gar nicht.\nChloralhy dr at zun\u00e4chst schlaffmachend auf die Hirnrinde, dann fast paralysierend auf die motorischen und vasomotorischen Zentren. 2 g verminderten rasch die normale Mukselkraft um die H\u00e4lfte.","page":314},{"file":"p0315.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n315\nDub ois in, dessen vorz\u00fcgliche sedative Eigenschaft in den letzten 5 Jahren erkannt worden ist, verursacht sogleich nach der Injektion von 0,001 bedeutende Muskelabspannung und das G-ef\u00fchl aufser-ordentlicher Erm\u00fcdung. Wie bei Chloralhydrat liefs sich auch hier das erhaltene Minimum bei Wiederholung der Operation nicht weiter hinabdr\u00fccken.\nW\u00e4hrend das dem Duboisin verwandte Hyoscyamin fast gar keine merkliche Herabsetzung der Muskelkraft bewirkte, brachte Morphium, in Dosen von 1\u20142 cg eingespritzt, dieselbe um so deutlicher hervor, die bis auf ein Drittel der normalen nach einer Stunde sank.\nFraenkel (Dessau).\nP. J. M\u00f6bius. Neurologische Beitr\u00e4ge. III. Heft. Zur Lehre von der Tabes. Leipzig, 1895. J. A. Barth. 154 S.\nTr\u00bb diesem dritten Hefte fafst M\u00f6bius eine Eeihe von Aufs\u00e4tzen zusammen, die er in den Jahren 1880\u201495 \u00fcber die Tabes ver\u00f6ffentlicht hat, und zwar sind es besonders die verschiedenen Arbeiten \u00fcber die Entwickelung und die \u00c4tiologie der Tabes, die unser volles Interesse in Anspruch nehmen, da er in ihnen die langen Jahre des Streites in kurzen, scharf umrissenen Bildern vor unseren Augen vor\u00fcberf\u00fchrt.\nEs handelt sich dabei um den Anteil der Syphilis an der \u00c4tiologie der Tabes. Erst spielt sie gar keine Bolle, dann wird sie ein Glied in der bunten Gesellschaft der vermeintlichen Ursachen, bis sie endlich diese anderen Ursachen mehr und mehr in den Hintergrund dr\u00e4ngt und zur hervorragendsten \u00e4tiologischen Ursache heranw\u00e4chst. Wie schon hervorgehoben, ist es von besonderem Interesse, wenn wir hier auf wenig mehr als 100 Seiten die schwere Geburtsarbeit nochmals durchleben und in kurzen Stunden zu einer Anschauung gelangen, zu der wir uns fr\u00fcher in langen Jahren durcharbeiten mufsten, dafs n\u00e4mlich die Tabes und die allgemeine Paralyse nichts anderes seien, als Metasyphilis oder ein metasyphilitischer Nervenschwund, d. h. eine prim\u00e4re Atrophie nerv\u00f6ser Elemente, deren unerl\u00e4fsliche Vorbedingung eine vorher \u00fcberstandene Syphilis sei. Der unbestreitbare Wert dieser Art der Anschauung liegt in der Prophylaxe. Ist die Ursache der Tabes wirklich in der Syphilis zu suchen, und f\u00fcr die weitaus gr\u00f6fsere Zahl aller F\u00e4lle wird man dies gar nicht in Abrede stellen k\u00f6nnen, dann erw\u00e4chst f\u00fcr uns die bindende Pflicht, der Verbreitung dieser Krankheit auf jede Weise entgegenzutreten und jede dahin gehende Bestrebung mit unserer ganzen Kraft zu unterst\u00fctzen.\nF\u00fcnf Aufs\u00e4tze \u00fcber Tabes bei Weibern verfolgen im wesentlichen den gleichen Zweck und bringen weiteres Material f\u00fcr die Begr\u00fcndung der vorhin erw\u00e4hnten Ansicht bei. Den Schlufs bilden neun kleinere kasuistische Mitteilungen. Dieses dritte Heft reiht sich somit den beiden vorangegangenen in bester Weise an, und wir sind M\u00f6bius zu Dank verpflichtet, dafs er es unternommen hat, uns die l\u00e4ngst verwehten, aber noch eben so wertvollen wie zeitgem\u00e4fsen Beitr\u00e4ge in geschlossener","page":315}],"identifier":"lit29750","issued":"1896","language":"de","pages":"313-315","startpages":"313","title":"C. Rossi: Ricerche sperimentali sulla fatica dei muscoli umani sotto l'azione dei veleni nervosi. Riv. di freniatr. XX. 3-4. S. 442-480. 1894","type":"Journal Article","volume":"9"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:32:00.389425+00:00"}