Open Access
{"created":"2022-01-31T14:35:03.264464+00:00","id":"lit29756","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Ziehen","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 9: 318-320","fulltext":[{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"318\nLitteraturbericht.\nUrsachen. Musik allein hat jedoch diesen Effekt nie zur Folge gehabt, sondern immer nur in Verbindung mit Worten. Die Details der Experimente m\u00fcssen wohl in dem Artikel selbst nachgelesen werden, und es w\u00e4re sehr zu w\u00fcnschen, dafs die Musik-\u00c4sthetiker, deren \u201ePhilosophie\u201c schon so viel mit der Wirkung und Ausdrucksf\u00e4higkeit der Musik gestritten, gedichtet und verdorben hat, sich mit den hier niedergelegten Resultaten bekannt machen w\u00fcrden. Wahrscheinlich wird das nicht der Fall sein und die dialektische Methode und Metaphysik der Musik weiterleben, aber ich glaube trotzdem, dafs diese Art der Experimente dem \u00c4sthetiker die erw\u00fcnschte (oder vielleicht nicht erw\u00fcnschte) wissenschaftliche Basis geben w\u00fcrde. Der vorl\u00e4ufige Schlufs Warthins ist: der Effekt der Musik ist emotional, aber rein individuell, indem jede Versuchsperson den Eindruck mit ihrer pers\u00f6nlichen Erfahrung verbindet (92). In die Sprache der \u00c4sthetik \u00fcbersetzt, kann man also sagen, Musik ist keine objektive Darstellung der Gef\u00fchle, die sie nicht bestimmt, begrenzt und beschreibt, sie ist auch nicht ein rein formelles Spiel ohne Gef\u00fchlswirkung, sondern sie veranlafst, dafs wir f\u00fchlen; wie wir das thun, mit welchen Vorstellungen, Erfahrungen, Scenen wir das Gef\u00fchl verbinden, das ist dem rein individuellen psychischen Leben des betrachtenden Subjekts \u00fcberlassen. Begreiflicherweise haben diese Resultate in mir auch eine rein pers\u00f6nliche Befriedigung wachgerufen, denn sie sagen in ihrer originellen Weise dasselbe, was ich seit zehn Jahren leider ohne Experiment, aber sonst auf allen m\u00f6glichen Wegen \u00fcber den Ausdruck und die Wirkung der Musik zu predigen bem\u00fcht war. Ich kann diesen Bericht nicht schliefsen, ohne f\u00fcr etwaige Wiederholungen dieser Experimente den Ruf des Verfassers nach Vorsicht zu wiederholen. Die Gef\u00fchlswirkung in der Hypnose ist eine so intensive, dafs sie in gewissen F\u00e4llen und bei manchen Personen eine derartige pl\u00f6tzliche \u00c4nderung des Pulsschlages hervorruft, dafs eine Gefahr nicht ausgeschlossen ist, wenn der Experimentator nicht sorgf\u00e4ltig beobachtet, zu grelle \u00dcberg\u00e4nge vermeidet und im Falle eintretender Gefahr den Versuch einzustellen oder herabzustimmen in der Lage ist.\nWallaschek (London).\nMeschede. \u00dcber den Entwickelungsgang der Psychiatrie und \u00fcber die Bedeutung des psychiatrischen Unterrichtes f\u00fcr die wissenschaftliche und praktische Ausbildung der \u00c4rzte. Dtsch. med. Wochenschr. 1895. No. 3 u. 4.\nIn seiner bei Er\u00f6ffnung der neubegr\u00fcndeten psychiatrischen Universit\u00e4tsklinik zu K\u00f6nigsberg gehaltenen Antrittsvorlesung giebt Verfasser einen geschichtlichen Abrifs \u00fcber die Irrenheilkunde und das Irrenanstaltswesen und begr\u00fcfst als einen erfreulichen Fortschritt der Jetztzeit die Einrichtung psychiatrischer Kliniken, durch die man im Interesse der Erkrankten und der \u00c4rzte dem Postulate eines obligatorischen Unterrichtes in der Psychiatrie n\u00e4her trete. Peretti (Grafenberg).\nW. Lloyd Andrlezex. On some of the newer aspects of the pathology of insanity. Brain. Part. LXVIII. Winter. 1894. S. 548\u2014692.\nVerfasser giebt einen \u00dcberblick \u00fcber die Umw\u00e4lzungen, welche dank den motorischen Ergebnissen der GoLoischen Silbermethode in der","page":318},{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n319\nallgemeinen Psychopathologie zu erwarten sind. Neu und bemerkenswert sind im einzelnen folgende Angaben. Bei der neugeborenen Katze hat A. im Hinterhorne zahlreiche Strangzellen gefunden, welche ihren Achsencylinderfortsatz in den Hinterstrang abgeben. Hier teilt sich der Fortsatz \u00f6fter in eine auf- und eine absteigende Faser. \u2014 Sehr ansprechend ist die Einteilung der Zellen des medull\u00e4ren Systems S. 566:\nI. Extramedull\u00e4re sensible bipolare Zellen.\nII. Intramedull\u00e4re Zellen : a. motorische Zellen,\nb. Assoziationszellen\n( 1. Interganglionale (mit langem Achsen-1\tcylinderfortsatz).\n( 2. Intraganglionale (GoMische Zellen).\nc. Kommissurenzellen.\nIn der Grofshirnrinde unterscheidet A. vier Schichten (molecular, ambiguous, long pyramidal und polymorphic) und acht Zelltypen. Die histologische Beschreibung der einzelnen Schichten ist sehr ausf\u00fchrlich und bringt vieles Neue. Namentlich ist die sorgf\u00e4ltige Beschreibung der Gliazellen hervorzuheben. Dafs Verfasser so oft myelinlose Fasern gefunden hat, ist wohl darauf zur\u00fcckzuf\u00fchren, dafs er die PALSche Methode nicht ausgiebig verwandt hat.\nViele Fasern der medialen Olfactoriuswurzel vermochte A. bis in den ExNERSchen \u201ePlexus\u201c der Molekularschicht des Gyrus fornicatus (vor dem Balkenknie) zu verfolgen. Er nimmt an, dafs sie hier mit den Endausbreitungen der Spitzenforts\u00e4tze von Pyramidenzellen in Kontakt treten. Auch im unteren Abschnitt des Gyrus hippocampi fand A. \u00e4hnliche 'Verh\u00e4ltnisse. Doch sind hier aufser Pyramidenzellen auch Zellen der zweiten Schicht (ambiguous cells) in \u00e4hnlichem Kontakt mit Kiechfasern. Er ist geneigt, ganz allgemein in der Molekularschicht den Ort der \u00dcbertragung sensorischer Erregungen auf Kindenzellen (long pyramidal und ambigual cells) zu suchen. \u2014 Bez\u00fcglich der zweiten Schicht (ambiguous layer) betont A. namentlich den chromophoben Charakter der meisten Ganglienzellen. \u2014 Die basalen Protoplasmaforts\u00e4tze der Pyramidenzellen des Ammonshorns werden nach A. von den Kollateralen, bezw. Endb\u00e4umen feiner, aus dem Alveus aufsteigender Fasern umsponnen. Der Zellleib derselben Pyramidenzellen steht aufserdem mit den Endb\u00e4umen von Zellen des zweiten GoLGischen Typus in Kontakt. Sonach empfangen die Pyramidenzellen von drei Seiten Erregungen. A. ist geneigt, auch in anderen Teilen der Hirnrinde einen \u00e4hnlichen Zusammenhang anzunehmen. \u2014 Den Vicq D\u2019AzYRSchen Streifen hat A. namentlich bei dem Kaninchen untersucht. Er findet, dafs er im wesentlichen von den GRATioLETSchen Sehfasern gebildet wird, und dafs deren Endb\u00e4ume die basalen Forts\u00e4tze der Ganglienzellen der zweiten Schicht umgeben. \u2014 Die polymorphe Schicht ist die phylogenetisch j\u00fcngste. A. glaubt, behaupten zu k\u00f6nnen, dafs ihre Zellen noch gegen Ende des intrauterinen Lebens und selbst bei neugeborenen Tieren wandern und sich erst allm\u00e4hlich in der polymorphen Schicht ansammeln. Die relative Dicke der polymorphen Schicht w\u00e4chst mit dem Aufsteigen in der Tierreihe. So macht sie bei dem Kaninchen V\u00ab, bei dem Menschen \u20141h der ganzen Hirnrinde aus.","page":319},{"file":"p0320.txt","language":"de","ocr_de":"320\nLitteraturbericht.\nSehr bemerkenswert sind weiterhin die Auseinandersetzungen \u00fcber das rasche Wachsen der Protoplasmaforts\u00e4tze gegen Ende des Intrauterin-und im Beginne des Extrauterinlebens. \u2014 Die Lehre von der Entwickelung des Seelenlebens bei dem Kinde (Psychogenesis), welche A. in Anlehnung an seine anatomischen Ergebnisse und Annahmen versucht, ist sehr d\u00fcrftig ausgefallen. Zur Erkl\u00e4rung der Vorstellungsth\u00e4tigkeit glaubt A. eine besondere \u201espontane oder rhythmische Th\u00e4tigkeit\" der Ganglienzellen annehmen zu m\u00fcssen. \u2014 Die Neurogliascheiden der Blutgef\u00e4fse haben nach A. namentlich auch den Zweck, abnormen Gefafs er Weiterungen vorzubeugen. Zugleich bieten sie verm\u00f6ge ihrer ganzen Struktur der Lymph- und Ern\u00e4hrungsfl\u00fcssigkeit bequeme Bahnen. \u2014 Vasomotorische Nervenfasern vermochte er nur bis zu den freien Piagef\u00e4fsen nachzuweisen. \u2014 Die protoplasmatischen Gliazellen, welchen A. schon fr\u00fcher (Brit. Med. Joum. 1893. July) eine besondere Stellung einger\u00e4umt hat, sollen die Lymphfl\u00fcssigkeit sezernieren.\nIn den Schlufskapiteln versucht A. f\u00fcr die allgemeine Pathologie einer speziellen Psychose, des alkoholistischen Irreseins, seine Resultate zu verwerten. Dieser Versuch ist leider im wesentlichen gescheitert, und zwar namentlich infolge der sehr unklaren psychologischen Anschauungen des Verfassers.\nDie anatomischen Abschnitte der Abhandlung verdienen ein eingehendes Studium.\tZiehen (Jena).\nBerichtigung.\nBei der Durchsicht des auf S. 126 des vorliegenden Bandes besprochenen Buches von P. Schenk, Physiologisches Praktikum, habe ich leider vers\u00e4umt, das Druckfehlerverzeichnis zu beachten. In diesem ist angegeben, dafs die von mir kritisierten Worte: \u201eElektrizit\u00e4t, d. i. eine besondere Form der Wellenbewegung, also Kraft\u201c umzu\u00e4ndern seien in: \u201eElektrizit\u00e4t, d. i. eine besondere Form der Energie, also Kraft\". Hierdurch fallt zwar dasjenige fort, wogegen sich der scharfe Tadel im letzten Abschnitt meiner Rezension richtet, aber mit dem, was an seine Stelle getreten, kann ich mich ebenfalls nicht einverstanden erkl\u00e4ren, denn Elektrizit\u00e4t ist weder Energie noch Kraft, und auf jeden Fall ist Energie nicht mit Kraft identisch.\tArthur K\u00f6nig.","page":320}],"identifier":"lit29756","issued":"1896","language":"de","pages":"318-320","startpages":"318","title":"W. Lloyd Andriezen: On some of the newer aspects of the pathology of insanity. Brain. Part. LXVIII. Winter. 1894. S. 548-692","type":"Journal Article","volume":"9"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:35:03.264470+00:00"}