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{"created":"2022-01-31T14:40:48.754869+00:00","id":"lit29760","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Heinrich, W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 9: 342-388","fulltext":[{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion\nder Sinnesorgane.\n(Die mitgeteilten Experimente wurden im physiologischen\nInstitute zu Wien ausgef\u00fchrt.)\nVon\nDr. W. Heinrich.\nErster Beitrag.\nI.\nIn der B-eihe von Fragen, welche die Psychologie besch\u00e4ftigen, nimmt die Aufmerksamkeit eine der ersten und bedeutendsten Stellen ein: sie wird als eine Vorbedingung jeder menschlichen Th\u00e4tigkeit betrachtet. Beim wissenschaftlichen Forschen und Denken, beim praktischen Handeln, beim Lernen und Lehren, immer mufs die Aufmerksamkeit vorausgesetzt werden, wenn etwas geleistet werden soll. Kein Wunder daher, dafs jeder Psychologe die Frage : wie gestalten sich die Erscheinungen, welche man mit dem Kamen Aufmerksamkeit bezeichnet, zu l\u00f6sen versucht, und dafs manche die Aufmerksamkeit sogar zu derjenigen Th\u00e4tigkeit oder Funktion gestempelt haben, welche das ganze psychologische Verhalten des Menschen bestimmt. Sie soll der Wille sein und die Handlung bestimmen, sie soll \u00fcber den Verlauf der G-edanken herrschen1 u. s. w.\nNach der Bedeutung urteilend, die der Aufmerksamkeit beigemessen wird, sollte man annehmen, dafs die moderne Psychologie, die mit besonderem Stolz den Beinamen \u201eexakte\u201c und \u201eexperimentelle\u201c tr\u00e4gt, mit allen Mitteln versuchen wird, \u00fcber die Erscheinungen der Aufmerksamkeit endg\u00fcltig ins klare\n1 Yergl. die Apperzeptionslehre von Wundt. (Phys. Psychol. IP. S. 266 f.)","page":342},{"file":"p0343.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\t343\nzu kommen. Es gilt ja als naturwissenschaftliche Regel, die Erscheinungen so lange zu untersuchen und zu diskutieren, bis man zu einer allgemein g\u00fcltigen L\u00f6sung gelangt. Und die Psychologie will vor allem eine Naturwissenschaft und keine spekulative Wissenschaft sein ! Sie hat auch die experimentelle Richtung eingeschlagen, ein Verfahren, welches die Probleme allgemein g\u00fcltig zu l\u00f6sen hoffen l\u00e4fst.\nEs ist in der That nicht lange her, dafs das Problem der Aufmerksamkeit noch allgemein auf der Tagesordnung stand. Die Mehrzahl der Untersuchungen aus dem W\u00fcNDTschen Laboratorium besch\u00e4ftigte sich mit derselben. Auch von Anderen wurden in dieser Richtung Untersuchungen angestellt. Seit einigen Jahren jedoch ist es auf diesem Gebiete beinahe ganz still geworden. Wollte man diese Stille in dem Sinne deuten, in welchem sie nach dem Vorbild der Naturwissenschaften zu deuten w\u00e4re, so m\u00fcfste man zu der Annahme kommen : man habe die Frage gel\u00f6st. Diese Annahme w\u00fcrde aber eine sehr irrt\u00fcmliche sein. Auch jetzt, wie von jeher, besitzt die Psychologie keine Theorie, aber daf\u00fcr sehr viele Theorien. Auch jetzt, wie in den \u201eguten alten Zeiten\u201c, versucht jeder Psychologe, eine eigene Anschauung zu entwickeln. Von sehr wenigen jedoch kann man behaupten, dafs sie naturwissenschaftlich sind.\nUnsere vor kurzem ver\u00f6ffentlichte Schrift1 hat sich unter anderem auch mit den verschiedenen Aufmerksamkeitstheorien besch\u00e4ftigt. Dieser Umstand entbindet uns der Pflicht, die Theorien kritisch zu beleuchten. Indem wir daher einfach auf letztere verweisen, beschr\u00e4nken wir uns hier auf die Angabe derjenigen allgemeinen Gesichtspunkte, welche uns bei der Aufnahme des Problems geleitet haben. Wie die Entstehung der Arbeit nur dem Umstande zuzuschreiben ist, dafs uns die bereits bestehenden Theorien nicht ganz befriedigt haben, so ist auch die Stellung und Fassung der Frage durch das Bestreben bedingt, eine von jener spekulativen Theorie freie Erkl\u00e4rung zu Anden. Wir haben bereits den Weg angegeben, auf welchem nach unserer Ansicht eine solche Erkl\u00e4rung zu Anden ist.2\n1\tW. Heinrich. Die moderne physiologische Psychologie in Deutschland. Z\u00fcrich 1895.\n2\tVergl. das Kapitel: Der psychophysische Parallelisms und die Aufgaben der psychologischen Forschung. S. 216 f.","page":343},{"file":"p0344.txt","language":"de","ocr_de":"344\nW. Heinrich.\nWir beschr\u00e4nken uns daher nur auf die Skizzierung der Grundz\u00fcge.\nUnsere Bedenken sind im allgemeinen durch zweierlei Erw\u00e4gungen begr\u00fcndet. Die eine ist rein erkenntnis-theoretischer Natur, die andere bezieht sich auf die Art und Weise der Untersuchung. Die erste bedingt gewissermafsen die zweite.\nDie Aufgabe jeder Naturwissenschaft ist, die Naturerscheinungen m\u00f6glichst genau und eingehend zu beschreiben. Die Erscheinungen werden als \u00c4nderungen des unmittelbar Gegebenen betrachtet. Dieser Aufgabe gem\u00e4fs werden bei jeder Untersuchung die \u00c4nderungen festgestellt und die Abh\u00e4ngigkeit der beobachteten \u00c4nderungen von den verschiedenartigen Bedingungen untersucht. In seltenen F\u00e4llen sind die \u00c4nderungen unmittelbar feststellbar. Meistens gelingt es erst auf Umwegen und mit H\u00fclfe besonderer Methoden. Noch schwieriger gestalten sich die Untersuchungen der Bedingungen der festgestellten \u00c4nderungen. Sind aber nach der Beseitigung aller Schwierigkeiten beide Teile vollst\u00e4ndig beschrieben, so ist damit auch die Erscheinung vollst\u00e4ndig bekannt.\nAls unmittelbar gegeben betrachtet jede Wissenschaft das Untersuchungsobjekt. Die einzelnen Wissenschaften unterscheiden sich je nach den Objekten und je nach den Bichtungen, in welchen die Objekte untersucht werden. So untersucht die Physiologie die Lebensfunktionen der Organismen ; die Zoologie und Anatomie ihren Bau etc. Die Organismen gelten f\u00fcr diese Wissenschaften als unmittelbar gegebene Unters uchungs obj ekte.\nDer Zusammenhang, in welchem sich die Naturerscheinungen befinden, erm\u00f6glicht es, die Vielheit der Erscheinungsformen auf die geringere Anzahl von Hauptformen zur\u00fcckf\u00fchren, die mit dem Namen der physikalischen und chemischen Gesetze, oder allgemeiner mit dem Namen der physikalischen Gesetze bezeichnet werden. Es werden mithin in gewissem Sinne alle Wissenschaften der Physik und Chemie untergeordnet.\nAuch die letzten Wissenszweige verfolgen dieselbe allgemeing\u00fcltige Methode. Diese beschreiben auch die \u00c4nderungen der Untersuchungsobjekte. Sie machen aber einen noch weiteren Schritt : das unmittelbar Gegebene zerlegend, ersetzen sie die materiellen K\u00f6rper durch die unmittelbar anschaulichen","page":344},{"file":"p0345.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\n345\nElementareinlieiten derselben, durch sieb bewegende Molek\u00fcle oder Atome. Dieser Umstand setzt als das weitere Ziel der Naturwissenschaften die Beschreibung der Naturerscheinungen als \u00c4nderungen des unmittelbar Anschaulichen \u2014 eine mechanische Beschreibung der Naturerscheinungen.\nWill daher die Psychologie den Postulaten der Naturwissenschaften gen\u00fcgen und allgemeing\u00fcltige Erkl\u00e4rungen angeben k\u00f6nnen, so m\u00fcssen diese Erkl\u00e4rungen Beschreibungen der\n\u2022\u2022\tt*\nunmittelbar gegebenen \u00c4nderungen und Anderun gs-bedingungen sein.\nUntersuchen wir von diesem Standpunkte aus die Aufmerksamkeitstheorien, so l\u00e4fst sich leicht ersehen, dafs die meisten Psychologen ein Verfahren einschlagen, welches von dem postulierten sehr weit entfernt ist.\nDer Aufgabe gem\u00e4fs sollten die mit dem Namen Aufmerksamkeit bezeichneten Erscheinungen genau beschrieben und analysiert werden. Statt dessen versucht man meistens die Aufmerksamkeit entweder durch besondere Th\u00e4tigkeiten oder durch andere Erscheinungen zu ersetzen. So ist bei W\u00fcndt 1 die Aufmerksamkeit eine nicht n\u00e4her definierbare Th\u00e4tigkeit, die neben dem Kommen und Gehen der Vorstellungen zu beobachten ist ; sie ist nach K\u00fclpe 2 ein Zustand des Bewufstseins, ein Oberbewufstsein, in welchem nur sehr \u2022wenige von den im Unterbewufstsein sich abspielenden Prozessen Eingang erhalten, und zwar nur auf Grund bestimmter Motive, die nicht als Bedingungen gelten k\u00f6nnen. Bei Ziehen 3 decken sich die Erscheinungen der Aufmerksamkeit mit denjenigen der Assoziation, bei M\u00fcnsterberg1 2 3 4 mit den Muskelempfindungen u. s. w.\nMan sieht leicht ein, dafs die Wege, welche Wundt und K\u00fclpe eingeschlagen haben, das Problem, statt es einer L\u00f6sung n\u00e4her zu bringen, unl\u00f6sbar und unerkl\u00e4rbar machen.\nDenn was hilft die Erkl\u00e4rung, dafs die Aufmerksamkeit eine undefinierbare Th\u00e4tigkeit oder ein Oberbewufstsein ist, in welches nur einige von den im Unterbewufstsein sich abspielenden Erscheinungen eine Aufnahme finden? Haben wir\n1\tPhysiol. Psychol S. 266.\n2\tGrundrifs der Psychologie. Leipzig 1893. S. 438 f.\n3\tLeitfaden der physiol. Psychol. Jena 1893. S. 164 f.\n4\tBeitr\u00e4ge. Heft II.","page":345},{"file":"p0346.txt","language":"de","ocr_de":"346\nW. Heinrich.\nbei der Bestimmung, dafs es die Erscheinungen der Aufmerksamkeit sind, wenigstens einen ann\u00e4hernden Begriff davon, um welche Erscheinungen es sich handelt, so sind die Begriffe \u201eTh\u00e4tigkeit\u201c oder \u201eOberbewufstsein\u201c vorerst nur leere \"Worte, die eine beliebige Bedeutung annehmen, je nach der speziellen Neigung desjenigen, der sie einf\u00fchrt und benutzt. Man ersetzt daher die ihren Entstehungsbedingungen nach unbekannten Erscheinungen durch, ihrem Inhalte nach, unbekannte Begriffe \u2014 ein Verfahren, dessen Zweckm\u00e4fsigkeit mehr als problematisch ist \u2014 auch dann problematisch, wenn man es mit dem Hinweis auf die Zur\u00fcckf\u00fchrung der Erscheinungen auf allgemeine Begriffe und mit dem Hinweis auf die Bolle der Definition begr\u00fcnden wollte.\nDie Aufgabe der Definition besteht bekanntlich darin, dafs die mehr komplizierten und weniger bekannten Erscheinungsformen auf die weniger zusammengesetzten und mehr bekannten zur\u00fcckgef\u00fchrt werden, indem man zugleich die distinktiven Merkmale der mehr zusammengesetzten angiebt. Wenn auf diese Weise noch keine Erkl\u00e4rung der mehr zusammengesetzten Erscheinungen gegeben ist, so kann ein solches Verfahren doch einen Nutzen bringen, indem es die Richtung angiebt, in welcher die Erkl\u00e4rung zu suchen ist. Es gilt aber dabei als Voraussetzung, dafs man die unbekannten Erscheinungen auf bekannte zur\u00fcckf\u00fchrt. Diese Voraussetzung wird aber schwerlich auf die oben angegebenen Bestimmungen der Aufmerksamkeit passen. Denn bei diesen wird vielmehr das Umgekehrte gemacht, das mehr Bekannte als Funktion eines ganz Unbekannten angegeben und folglich das mehr Bekannte zu einem ganz Unbekannten gemacht.\nEines noch k\u00f6nnte man annehmen: n\u00e4mlich, dafs die Begriffe \u201eTh\u00e4tigkeitw, \u201eOberbewufstsein\u201c nur als H\u00fclfsbegriffe gedacht werden. Es ist ja in der Geschichte der Wissenschaften ein sich immer wiederholender Fall, dafs man eine ganze Gruppe von Erscheinungen einfach als ein Ganzes einf\u00fchrt, ohne dafs man sich \u00fcber dieselben orientiert hat, um die weitere Arbeit zu erm\u00f6glichen. Man f\u00fchrt, um einen mathematischen Vergleich anzuwenden, eine unaufgel\u00f6ste Funktion in die Untersuchung und l\u00f6st die Funktion erst sp\u00e4ter auf. \u2014 Es k\u00f6nnte so sein, aber es ist in diesem Falle nicht so. Denn erstens ersieht man aus den Theorien Wundts und K\u00fclpes nicht, dafs sie die","page":346},{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\t347\nBegriffe als Hiilfsbegriffe eingef\u00fchrt haben. Es existiert f\u00fcr beide vielmehr kein Zweifel, dafs die angegebenen endg\u00fcltige Erkl\u00e4rungen sind; zweitens aber soll man solche H\u00fclfsbegriffe ' nur dann einf\u00fchren, wenn dies unbedingt notwendig ist, was auch bewiesen werden m\u00fcfste.\nAls Ausdruck einer Opposition gegen Wundt mufs man die Versuche von M\u00fcnsterberg und Ziehen auffassen. Es mufs zugestanden werden, dafs sie den Fehler, den wir soeben genannt haben, zu vermeiden gewufst haben, leider aber k\u00f6nnen wir auch diese Versuche nicht f\u00fcr gen\u00fcgend erachten. Wir wollen hier diese Behauptung nicht eingehend begr\u00fcnden.1 Eins mag hier nur angegeben werden: Versucht man, die Aufmerksamkeit auf Assoziation oder auf die Muskelempfindungen zur\u00fcckzuf\u00fchren, so ist man nicht im st\u00e4nde, f\u00fcr eine ganze Reihe von Erscheinungen auch nur ann\u00e4hernd gen\u00fcgende Antwort zu geben. Man mufs sehr viele derjenigen Erscheinungen, welche speziell als die Erscheinungen der sinnlichen Aufmerksamkeit bezeichnet werden, unber\u00fccksichtigt lassen.\nWir haben als Aufgabe jeder Naturwissenschaft die Beschreibung des unmittelbar Gegebenen bezeichnet. Wir m\u00fcssen auch die Frage zu beantworten suchen, was f\u00fcr die psychologische Untersuchung als unmittelbar gegeben zu betrachten ist. Diese Frage ber\u00fchrt sich mit der weiteren, wie untersucht werden soll.\nDie \u00e4ltere Psychologie l\u00f6ste diese beiden Fragen in dem Sinne, dafs sie annahm, die psychischen Erscheinungen des Menschen sind \u00c4ufserungen und Beth\u00e4tigungen der Seele. Die Untersuchungsmethode war die Selbstbeobachtung oder Selbstanalyse oder die Untersuchung des eigenen Bewufstseins. Die moderne Psychologie kann diesen Standpunkt nicht einnehmen; sie kann weder die Erscheinungen, die man als psychisch bezeichnet, der \u201eSeele\u201c zuschreiben, noch die passende Methode in der Selbstbeobachtung finden.\nAuch eine weitere Forderung stellt man an die Psychologie: sie mufs eine physiologische sein, d. h. eine physiologische Erkl\u00e4rung f\u00fcr die Beth\u00e4tigung des Menschen angeben k\u00f6nnen. Was diese letztere Forderung besagt, bedarf wohl keiner n\u00e4heren\n1 Yergl. die oben zitierte Schrift. S. 162 f. and S. 186 f.","page":347},{"file":"p0348.txt","language":"de","ocr_de":"348\nW. Heinrich.\nBegr\u00fcndung. Ist man gen\u00f6tigt, die physiologischen Vorg\u00e4nge des menschlichen Nervensystems anzugeben, so m\u00fcssen diese das Gesetz der Erhaltung der Energie befriedigen, d. h. die \u00c4nderungen des Nervensystems m\u00fcssen restlos ineinander \u00fcbergehen, ohne einen Teil seiner Energie ins nichts umzuwandeln oder aus nichts gesch\u00f6pft zu haben. In einer solchen absolut geschlossenen Kausalreihe kann es daher keine Stelle geben, wo die \u201eTh\u00e4tigkeit\u201c oder das \u201eOberbewufstsein\u201c eingreif en k\u00f6nnte. Ein Grund, der das freie Walten der \u201eTh\u00e4tig-keit\u201c oder des \u201eOberbewufstseins\u201c \u00fcber die Vorstellungen schwer begreiflich erscheinen l\u00e4fst.\nZwingt auch der psychophysische Parallelismus zur Beseitigung aller \u201eTh\u00e4tigkeiten\u201c, so fordert weiter die Exaktheit der Methode die Beseitigung der Selb st analy s e. Die M\u00e4ngel, welche diese Methode mit sich f\u00fchrt, sind allgemein bekannt: sie kann sich nur auf die Wiedergabe der eigenen Erlebnisse beschr\u00e4nken, die von der Voreingenommenheit nicht gesch\u00fctzt werden, und die gar nicht kontrollierbar sind, weil sie sich immer unter neuen Bedingungen abspielen k\u00f6nnen. Die M\u00e4ngel dieser Methode haben auch zur Einf\u00fchrung des Experimentes, an Stelle der minderwertigen Untersuchung seiner selbst, mitgen\u00f6tigt. Die Selbstanalyse wurde durch die objektive Untersuchung Anderer ersetzt.\nBei dieser Methoden\u00e4nderung hat man jedoch eines nicht gethan; man hat nicht von neuem die Frage aufgestellt, was untersucht wird, und was als [Resultat der Untersuchung angegeben werden soll. Diesem Vers\u00e4umnis ist, glauben wir, die Vielseitigkeit der Theorien und Erkl\u00e4rungsweisen zuzuschreiben.\nHat die objektive Untersuchung Anderer die Psychologie in die Beihe der Naturwissenschaften eingef\u00fchrt, so bringt dies die Verpflichtung mit sich, den Standpunkt der Naturwissenschaften festzuhalten. Diesen Standpunkt haben wir bereits angegeben; er wird gew\u00f6hnlich als \u201enaiver [Realismus\u201c bezeichnet und gipfelt in dem Satze: die Beschreibung ist die Beschreibung des unmittelbar Gegebenen.\nDas unmittelbar Gegebene mufs daher auch in der Psychologie naiv real angenommen und beschrieben werden, ohne jede Beeinflussung durch die philosophische Anschauung des Untersuchenden, ohne jede Beeinflussung durch die Anschauung \u00fcber den Zusammenhang des","page":348},{"file":"p0349.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\n349\n\u201ePsychischen mit dem Physischen\u201c. Der ISTaturWissenschafter kann der Anschauung huldigen, dafs alle Erscheinungen nur ein Trug, dafs sie nur Erscheinungen seines Ich sind. Dies hindert ihn nicht, das Objekt der Untersuchung als vollkommen real, und zwar unmittelbar so real, wie es sich der Untersuchung darbietet, aufzufassen. Er versteht die philosophische \u00dcberzeugung von der naturwissenschaftlichen Untersuchung zu trennen. Das mufs auch der Psychologe zu thun verstehen. Er mufs sein Objekt naiv realistisch auffassen.\nDie Naturwissenschaften beschreiben die \u00c4nderungen und \u00c4nderungsbedingungen des unmittelbar Gegebenen, auch der Psychologe mufs sich nur auf die genaue Beschreibung beschr\u00e4nken und die Spekulation zu vermeiden suchen.\nVersuchen wir mit H\u00fclfe dieser Postulate das Untersuchungsgebiet der Psychologie abzugrenzen, so ergiebt sich zuerst eins: Die exper im enteile Unt ersuchung kann nicht eine Untersuchung des fremden Bewufstseins sein. Und zwar deswegen nicht, weil das fremde Bewufstsein der unmittelbaren objektiven Untersuchung unzug\u00e4nglich ist. Machen wir die Annahme, dafs die von uns beobachteten \u00c4ufserungen die \u00c4u\u00dferungen des menschlichen Bewufstseins sind, so \u00fcberschreiten wir die zul\u00e4ssige Grenze einer objektiven Beschreibung und betreten das Gebiet der spekulativen Erg\u00e4nzungen, von welchem vor allem die Psychologie befreit werden mufs.\nBleiben wir auf dem Standpunkte der streng objektiven Beschreibung, so m\u00fcssen wir als unser Untersuchungsobjekt den Menschen betrachten, oder vielmehr dasjenige Verhalten des Menschen, welches sich als die Beth\u00e4tigung desselben offenbart. Das, was unserer unmittelbaren Beobachtung zug\u00e4nglich ist, sind nur die \u00c4ufserungen des Menschen in der Form von Mitteilungen oder Handlungen, und auf die Wiedergaben dieser Mitteilungen oder Handlungen und der 'Abh\u00e4ngigkeit derselben von den variablen Bedingungen m\u00fcssen wir uns\nbeschr\u00e4nken. Wir untersuchen diese Abh\u00e4ngigkeit, indem wir\n\u2022 \u00ab\nden Menschen verschiedenen Einwirkungen, den Anderungs-bedingungen, aussetzen, diese Bedingungen beliebig \u00e4ndern und den Zusammenhang dieser \u00c4nderungen mit den Aussagen des Menschen feststellen. Mit der Feststellung dieser Zu-","page":349},{"file":"p0350.txt","language":"de","ocr_de":"350\nW. Heinrich.\nsamm en h\u00e4nge wird die Aufgabe der physiologischpsychologischen Untersuchung ersch\u00f6pft. Auf dieser Stufe gehalten, bleibt auch die Untersuchung eine allgemein-g\u00fcltige und v\u00f6llig objektive. Geht man von da aus weiter, so betritt man den Boden der spekulativen Erg\u00e4nzungen, welche nur eine individuelle Bedeutung beanspruchen k\u00f6nnen. Das Individuelle mufs aber von dem Allgemeing\u00fcltigen streng geschieden werden.\nDie ganze Aufgabe der Untersuchung kann sich daher nur folgendermafsen gestalten : Mit der Untersuchung der von aufsen kommenden Einwirkungen mufs die Untersuchung beginnen. Dann m\u00fcssen alle die objektiv beobachteten \u00c4nderungen angegeben werden, die die Einwirkungen zur Folge hatten. Als letztes Glied werden die Aussagen des beobachteten Individuums m Betracht gezogen. Bleibt diese Form der Untersuchung auf dem Standpunkte der objektiven Beobachtung, so ist man auch \u00fcber die Art der \u00c4nderungen im klaren : sie k\u00f6nnen nur physiologische \u00c4nderungen des Nervensystems und der Sinnesorgane sein. Auf die genaue Angabe dieser l\u00e4uft die Untersuchungsmethode vor allem hinaus. Dann wird die Abh\u00e4ngigkeit der Aussagen von diesen \u00c4nderungen festzustellen sein. Mit der letzten Feststellung wird auch die ganze Untersuchung ersch\u00f6pft.\nDurch diese, in teilweiser Anlehnung an Avenari\u00fcs1 gemachte, Beschr\u00e4nkung der psychologischen Untersuchung auf dieses, vielleicht nach der Ansicht vieler zu enge Gebiet glauben wir eines erreichen zu k\u00f6nnen: die allgemeing\u00fcltigen und wirklich exakten Beschreibungen des menschlichen Verhaltens. Wir m\u00fcssen uns aber verwahren, dafs wir damit eine philosophische L\u00f6sung des \u201ePsychischen\u201c angestrebt haben. Gerade vor solchen \u201eL\u00f6sungen\u201c wollen wir die Psychologie bewahren und die psychologische Untersuchung auf die Wiedergabe des that s\u00e4chlich Beobachteten beschr\u00e4nken. \u00dcber dies faktisch Beobachtete wollen wir nicht hinausgehen.\nEinen Vorwurf m\u00fcssen wir hier noch ber\u00fccksichtigen. Man wird leicht sagen k\u00f6nnen, dafs wir Physiologie und nicht Psychologie treiben. Wir halten jedoch diesen Vorwurf f\u00fcr\n1 Kritik der reinen Erfahrung. Leipzig 1888\u20141890. Vierteljahr esschr. f. uriss. Phil 1894\u20141895.","page":350},{"file":"p0351.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\n351\nunberechtigt, denn gerade unsere Begrenzung markiert den Unterschied ziemlich scharf und deutlich : er liegt in der Bedeutung, die man der Aussage giebt. Betrachtet man die Aussage als blofse Reaktion des menschlichen Organismus, ohne die Inhalte der Aussagen zu ber\u00fccksichtigen, so wird die Untersuchung wohl eine physiologische sein; betrachtet man sie aber mit Ber\u00fccksichtigung des Inhaltes, so mufs die Untersuchung als eine psychologische bezeichnet werden. W\u00fcrde aber der Vorwurf auch berechtigt sein, so w\u00e4re er es erst dann, wenn man als Aufgabe der Psychologie nicht mehr die vollst\u00e4ndige kausale Begr\u00fcndung der menschlichen Beth\u00e4tigung bezeichnet. Diese wird aber nicht eher bekannt sein k\u00f6nnen, bis man nicht die Gesamtheit der physiologischen \u00c4nderungen des menschlichen Nervensystems kennen gelernt hat.\nIn der Ber\u00fccksichtigung des Inhaltes der menschlichen Aussagen sahen wir ein gen\u00fcgendes Unterscheidungsmerkmal der Psychologie von der Physiologie. Die Ber\u00fccksichtigung der Inhalte ist es auch, welche das menschliche Leben dem unseren \u00e4hnlich und unser Leben zum \u00e4hnlichen der anderen Menschen macht. Die Ber\u00fccksichtigung der Inhalte der Menschen erm\u00f6glicht uns, die Erlebnisse Anderer zu unseren Erlebnissen zu machen, und unsere zu Erlebnissen Anderer. Erst dadurch sind uns die fremden Erlebnisse verst\u00e4ndlich und gewinnen die Bedeutung, die wir unseren eigenen Erlebnissen zuschreiben.\nDiese Beziehung darf jedoch nicht zur vollst\u00e4ndigen Setzung des eigenen Individuums an Stelle des beobachteten f\u00fchren. Die wissenschaftliche Methode fordert eine objektive Beschreibung, und eine solche mufs sich mit der reinen Konstatierung des objektiven Verhaltens begn\u00fcgen.\nNach der Feststellung des Gesichtspunktes, von welchem aus wir unsere Untersuchung unternehmen wollen, m\u00fcssen wir noch einige Worte \u00fcber die Untersuchungsmethoden der Aufmerksamkeit sagen und der Hauptsache nach gegen Wundt Stellung nehmen. Es w\u00fcrde \u00fcberfl\u00fcssig sein, die Verdienste Wundts um die experimentelle Psychologie hier hervorzuheben. Sein Name ist mit der Entwickelung des Experimentes innig verbunden und dadurch seine Bedeutung vollst\u00e4ndig charakterisiert. Trotzdem aber m\u00fcssen wir den Untersuchungsmethoden,","page":351},{"file":"p0352.txt","language":"de","ocr_de":"352\nW. Heinrich,\ndie Wundt aufgestellt hat,1 um das \u201einnere\u201c Leben des Menschen zu erforschen, diejenige universelle Anwendbarkeit absprechen, die er von denselben gehofft hat. Wenn Wundt die Beobachtungsmethoden als diejenigen bezeichnet, welche erst die Einsicht in das innere Leben des Menschen gew\u00e4hren, so hat er von seinem Standpunkt vollkommen recht. Die Apperzeption ist bei ihm eine Funktion, die selbst keiner Analyse bedarf. Wundt glaubt daher, alles erkl\u00e4rt zu haben, wenn er angiebt, wie lange jeder Th\u00e4tigkeitsakt der Apperzeption dauert: Indem wir aber die Aufgabe ganz anders stellen, so bleiben f\u00fcr uns die Zeiten nur leere Zahlen, wir glauben auch nicht, auf dem Wege der Untersuchung der Reaktionen zu der Kenntnis derjenigen Vorg\u00e4nge gelangen zu k\u00f6nnen, welche vor allem erkl\u00e4rt werden sollen. Kaeh unserer Ansicht ist es auch unm\u00f6glich, allgemeine Methoden des physiologischen Experimentes zu bestimmen. Jede Fragestellung bedingt eine besondere experimentelle Methode, und f\u00fcr jede Frage mufs auch eine passende gefunden werden. Was die Reaktionsmethode anbelangt, so glauben wir, dafs sie in einer Gruppe von Untersuchungen von Bedeutung sind, n\u00e4mlich in der Untersuchung der allgemeinen \u00c4nderungen des menschlichen Verhaltens, wie sie von Kraepelin und seiner Schule ausgef\u00fchrt werden.2 Die von dem letztgenannten Forscher gefundenen Daten liefern sehr bedeutende Resultate.\nDer,Forderung gem\u00e4fs, welche wir f\u00fcr die psychologische Untersuchung aufgestellt haben, bestand unsere Aufgabe in der Angabe derjenigen Erscheinungen, welche mit der Aufmerksamkeit bezeichnet werden, und der Untersuchung der Bedingungen, unter welchen sie stattfinden. Die Feststellung desjenigen, was man zu den Aufmerksamkeitserscheinungen rechnet, k\u00f6nnten wir aber unterlassen, die sind allgemein bekannt. Es war daher die weitere Frage, die Bedingungen zu untersuchen, und zwar zuerst die Th\u00e4tigkeit der Sinnesorgane.\nDie folgende Untersuchung wurde im physiologischen Institut zu Wien ausgef\u00fchrt.\nEs sei mir vor allem hier gestattet, dem hochverehrten\n1\tYergl. Philosoph. Stud. Bd. I. S. 1 f. und Physiol. Psychol. Bd. IL. S. 362.\n2\tYergl. Psychologische Arbeiten, herausgegeben von Kraepelin. Heft I.\nS. 1 f.","page":352},{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\t353\n\u2022\t... v\nHerrn Prof. Sigm. Exner f\u00fcr die bereitwillige Unterst\u00fctzung und vielseitigen Anregungen, die mir zu teil wurden, meinen innigsten Dank auszuspreehen.\nleb. spreche zugleich den Herren Assistenten Dr. Fuchs und Dr. Kreidl f\u00fcr die wohlwollenden H\u00fclfeleistungen meinen verbindlichsten Dank aus.\nn.\nDie allgemein verbreitete Ansicht in Bezug auf die Th\u00e4tig-keit der Sinnesorgane bei der Aufmerksamkeit ist die, dafs die Erscheinungen der Aufmerksamkeit von den Sinnesorganen gewissermafsen unabh\u00e4ngig sind. Wohl giebt man zu, dafs die g\u00fcnstige Akkommodation der Sinnesorgane die Einwirkung der Beize beg\u00fcnstigt; man nimmt aber auch an, dafs die Aufmerksamkeit sich von dem Eindruck abwenden kann, ohne dafs sich an den Sinnesorganen etwas ge\u00e4ndert hat. In Bezug auf das Auge hat Helmholtz diese Ansicht folgendermafsen ausgesprochen:1 \u201eHat man komplizierte stereoskopische Photographien vor sich mit vielen Einzelheiten, so gewinnt man nur von einer deutlichen Eindruck und braucht mehrere Funken, um nacheinander das Glanze zu \u00fcbersehen. Daher ist es sonderbar, dafs, w\u00e4hrend man die beiden Nadelstiche fest fixiert und in Deckung erh\u00e4lt, man willk\u00fcrlich vor dem Funken die Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Stelle des dunklen Gesichtsfeldes richten kann, und dann w\u00e4hrend des Funkens einen Eindruck nur von den Objekten erh\u00e4lt, die in dieser Gegend des Sehfeldes erscheinen. Es ist in dieser Beziehung die Aufmerksamkeit ganz unabh\u00e4ngig von der Stellung der Akkommodation des Auges, \u00fcberhaupt von einer der bekannten Ver\u00e4nderungen in und an diesem Organe, und demgem\u00e4fs kann sie mit einer selbst-bewufsten und willk\u00fcrlichen Anstrengung auf eine bestimmte Stelle in dem absolut dunklen und unterschiedslosen Gesichtsfelde hingerichtet werden.\nDie Versuche mit momentaner Beleuchtung sind auch noch insofern f\u00fcr die Bolle, welche die Aufmerksamkeit bei den Doppelbildern spielt, interessant, als solche Bilder, wie J2\n1\tPhysiol. Optik. Leipzig 1867. S. 741 \u00a3.\n2\tS. Taf. YII der Physiol. Optik von Helmholtz.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie IX.\n23","page":353},{"file":"p0354.txt","language":"de","ocr_de":"354\nW. Heinrich.\nohne grofse Anstrengung sowohl stereoskopisch einfach, als auch mit geringer M\u00fche als Doppelbilder gesehen werden k\u00f6nnen ; leicht gelingt, beides auch beim Lichte des elektrischen Funkens zu sehen. Der erste Eindruck ist gew\u00f6hnlich der stereoskopisch einfache; wenn man aber in Pausen von etwa zehn Sekunden, in denen die Nachbilder vollst\u00e4ndig erl\u00f6schen k\u00f6nnen, die Beobachtung wiederholt, so f\u00e4ngt man an, die Doppelbilder zu sehen, trotzdem man immer denselben Punkt fixiert und jede nachfolgende Einwirkung der ersten absolut gleich ist. Ja, selbst bei solchen Figuren, wie M/ wo es mir relativ schwer wird, die Doppelbilder zu sehen, kann ich sie bei instantaner elektrischer Beleuchtung endlich sehen, wenn ich sie mir vorher lebhaft vorzustellen suche, wie sie aussehen m\u00fcssen. Der Einflufs der Aufmerksamkeit ist hier reiner zu beobachten, weil jede Einwirkung der Augenbewegungen ausgeschlossen ist.\u201c Kurz gefafst, behauptet also Helmholtz, dafs die Aufmerksamkeit von der Akkommodation und Einstellung des Auges unabh\u00e4ngig ist.\nEs ist wohl der grofsen Vertrauensw\u00fcrdigkeit, welche sich\nHelmholtz durch seine vielseitigen und genauen Angaben und\nUntersuchungen erworben hat, zuzuschreiben, dafs diese\nAufserung nicht angefochten wurde. Man ist ja mit Recht\ngew\u00f6hnt, in der physiologischen Optik das sicherste und\ngenaueste Beobachtungsmaterial \u00fcber die Physiologie des Auges\nzu finden. Trotzdem aber mufsten wir schon bei Besprechung\nder Aufmerksamkeitslehre bei Pilzecker, der sich auf diese\nBehauptung st\u00fctzt, dieselbe anfechten.1 2 Wie grofs auch unser\nVertrauen zu den Untersuchungen Helmholtzs ist, so sehen\n\u2022\u2022\nwir doch in dieser Aufserung nur ein Resultat subjektiver Wahrnehmung und nicht einer objektiven Untersuchung. Und da sich bei der Selbstanalyse jeder auch noch so ge\u00fcbte Forscher irren kann, so war f\u00fcr uns die Frage offen, ob sich der Akkommodationszustand des Auges bei denr-\u00c4nderungen der Aufmerksamkeit \u00e4ndert, oder nicht. Es^galt daher, die \u00c4nde-\nrungen der Pupille und der Linse zu studieren.\nDie angegebenen Untersuchungen wurden an Herrn cand. med. J. Urbach, und Dr. med. Beck vollst\u00e4ndig durchgef\u00fchrt; an\n1 Physiol Optik. Taf. VIII.\n? Vergl. zit. Schrift. S. 74.","page":354},{"file":"p0355.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\n355\nHerrn Sawiczewski wurde nur die Untersuchung der Pupille ausgef\u00fchrt. Mangel an Zeit gestattete letzterem Herrn nicht, die Vollendung der Experimente abzuwarten. Ich benutze diese Gelegenheit, um den Herren f\u00fcr ihre Geduld und Aufopferung meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Der Liebensw\u00fcrdigkeit des Herrn Dr. Adler verdanke ich endlich die zwei angegebenen pathologischen F\u00e4lle, f\u00fcr die ich ihm sehr verbunden bin.\nDie Untersuchung der Pupille wurde mit H\u00fclfe des Ophthalmometers gemacht, anfangs bei k\u00fcnstlicher Beleuchtung, sp\u00e4ter bei Tageslicht. Die Anordnung bestand aus einem Perimeter, der aus einem Wonsrowschen Spiegelapparat1 hergestellt worden war und auf einem breiten Tisch aufgestellt wurde. Dicht hinter dem Perimeter wurde das Ophthalmometer angebracht und zwar so, dafs die Achse des Ophthalmometers mit der Sehachse zusammenfiel. Das am vorderen Ende des Ophthalmometers angebrachte Fadenkreuz diente als Fixationspunkt. Der Abstand des Fixationspunktes von dem Auge betrug 40 cm. Bei Herrn Dr. Beck wurde der Abstand auf die Gr\u00f6fse von 32 cm reduziert. Untersucht wurde nur das linke Auge temporal in horizontalem Meridian.\nDie Untersuchung umfafste Feststellung der Gr\u00f6fse der Pupille: 1. beim zentralen Fixieren; 2. beim seitlichen Sehen und 3. beim Rechnen.\nIn allen F\u00e4llen mufste das Auge unbeweglich gehalten werden, was sehr leicht im Ophthalmometer zu kontrollieren war. Als ErkennungsObjekte beim seitlichen Sehen dienten weifse Quadrate von etwa 2V2\u20144 cm Seitenl\u00e4nge mit verschiedenen Buchstaben. Der Untersuchte mufste jedesmal angeben, was er sah. Das Rechnen war nat\u00fcrlich Kopfrechnen, und zwar wurde die Schwierigkeit der Rechnung dem besonderen \u00dcbungsgrade des betreffenden Herrn angepafst. Immer wurden auch die zul\u00e4ssig schwierigsten Mutiplikations- oder andere Aufgaben gew\u00e4hlt, um durch diese die Aufmerksamkeit der betreffenden Herren m\u00f6glichst in Anspruch zu nehmen. Es sei nebenbei bemerkt, dafs die meisten Rechnungen bei schriftlicher Nachrechnung sich als ungenau erwiesen.\nWar die Untersuchung bei k\u00fcnstlicher Beleuchtung gemacht,\n1 Yergl. Ophthalmometrische Studien. Leipzig 1876.\n23*","page":355},{"file":"p0356.txt","language":"de","ocr_de":"356\nW. Heinrich.\nso wurden im Zimmer alle Fensterl\u00e4den geschlossen und eine G-aslampe mit Auerlicht angez\u00fcndet; die Lampe wurde entweder dicht an das Perimeter gebracht (st\u00e4rkere Beleuchtung) oder auch seitlicher gestellt (schw\u00e4chere Beleuchtung), immer an der nasalen Seite des untersuchten Auges, und zwar so, dafs das Fadenkreuz gut beleuchtet war und zugleich auch das Kornealspiegelbild der Lampe etwa in der Mitte der Pupille siet abspiegelte.\nWar die Untersuchung beim Tageslicht ausgef\u00fchrt, so wurde in dem Zimmer nur ein Fenster offengelassen, und der Untersuchte safs dicht beim Fenster, nur durch etwas mehr als die Tischbreite von demselben entfernt. Man bekam dabei ein grofses Spiegelbild des Fensters; da dasselbe sich aber in der Mitte der Pupille befand und die Bandabschnitte nicht beeinflufste, so konnte die Messung leicht gemacht werden. Als Voraussetzung galt nat\u00fcrlich heiterer Himmel. Das Fenster ging auf die Nordostseite, was f\u00fcr die Grleiehm\u00e4fsigkeit der Beleuchtung g\u00fcnstig w~ar. Vor jeder Untersuchung wurde das rechte Auge f\u00fcr die ganze Zeit der Untersuchung zugebunden, eine notwendige Vorsichtsmafsregel, denn nach dem Zubinden des einen Auges \u00f6ffnet sich die Pupille gew\u00f6hnlich sehr stark und verkleinert sich dann langsam wieder. Es ist daher notwendig, einige Zeit abzuwarten und nicht gleich zur Messung \u00fcberzugehen. Indem wir diese Vorsichtsmafsregel anfangs nicht befolgten, bekamen wir bei den ersten Abmessungen immer gr\u00f6fsere Zahlen, als bei den nachfolgenden derselben Art, die erst bei der dritten oder vierten Abmessung auf das bleibende Niveau zur\u00fccksanken. Als weitere Mafsregel ist zu beachten, dafs zwischen den einzelnen Messungen nicht fortw\u00e4hrend fixiert wird, das Auge vielmehr unerm\u00fcdet bleibt, denn bei der Erm\u00fcdung akkommodiert das Auge unvollst\u00e4ndig und man bekommt gr\u00f6fsere Zahlen, ebenso f\u00fcr die Weite der Pupille, als auch f\u00fcr die Grr\u00f6fse der Kr\u00fcmmungsradien. Solche Zahlen bekamen wir anfangs bei der Messung der Pupillen\u00f6ffnung, wo der Kopf nur durch Anlegen an eine St\u00fctze fixiert ward. W\u00e4hrend der ganzen Zeit der lange dauernden Messungen, um die Lage des Auges zum Apparate unge\u00e4ndert zu erhalten, mufste der Kopf fixiert werden. Es wurde daher das einfache St\u00fctzen des Kopfes durch Einbeifsen in ein mit Siegellack \u00fcberzogenes Brettchen, das an einer mit Kienst\u00fctze versehenen und wohl","page":356},{"file":"p0357.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\n357\nfixierten Vorrichtung festgeklemmt war, ersetzt. Dies bestimmte die Lage des Kopfes vollst\u00e4ndig und erm\u00f6glichte daher die freie Bewegung desselben w\u00e4hrend der Zwischenpausen.\nDie unter diesen Bedingungen erhaltenen Besultate sind in den Tabellen I\u2014VI wiedergegeben. Wir geben in diesen Zahlen des Drehungswinkels, am Ophthalmometer abgelesen, die ausgerechnete Gr\u00f6fse der Pupille ; diese wurde bestimmt auf Grund der Annahmen:1 B-adius der Cornea q \u2014 7,6; Abstand der Pupillarfl\u00e4che von dem Scheitelpunkt der Cornea 3.630 mm. Die Konstanten des Instrumentes waren Ji = 4.821 mm, und f\u00fcr n der Platten haben wir die Mittelzahl aus den Brechungsexponenten der Linien A\u2014H genommen, n = 1.61775.\nAbk\u00fcrzungen in den Tafeln bedeuten S = Herr SawiczewskIj Dr. B. = Dr. Beck, J. U. = Herr J. Ubach, m. F. = mittlerer Fehler. Dieser wurde bestimmt, wie gew\u00f6hnlich, als Mittel aller positiv gerechneten Abweichungen von der entsprechenden Mittelgr\u00f6fse.\nTabelle I.\nDie Pupille wurde bei mehr zentral einfallendem Lampenlicht gemessen^\n(S.) Mittelzahlen aus 20 Messungen.\n\tWirkliche Gr\u00f6fse der Pupille\tGemessene Gr\u00f6fse des Pupillenhildes\tAblesung am Ophthalmometer\tm. F.\nObjekt zentral fixiert\t3.1437\t3.5745\t45\u00b0 39' 36\"\t1\u00b0 3'00\"\nObjekt seitlich unter 509\t8.6899\t4.1953\t51\u00b0 13' 12\"\t1\u00b0 49' 30\"\nObjekt seitlich unter 60\u00b0\t4.1245\t4.6896\t54\u00b0 27' 00\"\t1\u00b0 42' 00\"\nObjekt seitlich unter 70\u00b0\t3.3247\t3.7802\t47\u00b033'36\"\t1\u00b0 37' 30\"'\nBechnen\t4.3943\t4.9964\t57\u00b0 33' 00\"\t0\u00b0 12' 54\"\n1 Wir gehen absichtlich alle diese Details, um die etwaige Nachpr\u00fcfung zu erm\u00f6glichen. Wie sehr dies unter Umst\u00e4nden notwendig sein kann, davon haben wir uns \u00fcberzeugt, als uns die Nachpr\u00fcfung der Bestimmungen der Kr\u00fcmmungsradien der Linse infolge mangelnder Angaben unm\u00f6glich wurde.","page":357},{"file":"p0358.txt","language":"de","ocr_de":"358\nW. Heinrich.\nTabelle II.\nDie Pupille wurde bei mehr seitlich auffallendem Lampenlicht gemessen.\n(S.) Mittelzahlen aus 16 Messungen.\n\tWirkliche Gr\u00f6fse der Pupille\tGemessene Gr\u00f6fse des Pupillenbildes\tAblesung am Ophthalmometer\t\nObjekt zentral\t\t\t\t\nfixiert\t3.2297\t3.6772\t460 34' 12\"\t\nRechnen\t4.4149\t5.0197\t57\u00b0 9' 54\"\t\nTabelle III.\nMehr zentral auffallendes Licht.\n(J. TJ.) Mittelzahlen aus 20 Messungen.\n\tWirkliche Gr\u00f6fse der Pupille\tGemessene Gr\u00f6fse des Pupillenbildes\tAblesung am Ophthalmometer\tm. F.\nObjekt zentral fixiert\t3.0091\t3.7626\t47\u00b0 24' 00\"\t1\u00b0 38'24\"\nObjekt seitlich unter 50\u00b0\t4.9094\t5.5820\t62\u00b0 T 30\u201c\t1\u00b0 52' 30\"\nObjekt seitlich unter 70\u00b0\t3.9514\t4.4929\t53\u00b0 48'50\"\t1\u00b0 58' 30\"\nRechnen\t6.0565\t6.8895\t71\u00b013' 42\"\t0\u00b0 40' 48\"\nTabelle IV.\nMehr seitlich auffallendes Licht.\n(J. U.) Mittelzahlen aus 16 Messungen.\n. \u2014\tWirkliche\tGemessene\tAblesung\n\tGr\u00f6fse der\tGr\u00f6fse des\tam\n\tPupille\tPupillenbildes\tOphthalmometer\nZentral\t3.4681\t3.9432\t49\u00b0 1'22\" 8\nRechnen\t5.1846\t5.8950\t64\u00b057'36\" 0\nBetrachten wir das allgemeine Resultat, welches die unter I\u2014IV angegebenen Tabellen liefern, so besagt dasselbe:","page":358},{"file":"p0359.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\n359\n1.\tWendet der Untersuchte seine Aufmerksamkeit dem seitlich Gesehenen zu, so vergr\u00f6fsert sich die Pupille; die Yerg\u00f6fserung ist nicht von dem Winkel, unter welchem das seitlich betrachtete Objekt erscheint, unabh\u00e4ngig.\n2.\tWendet der Untersuchte seine Aufmerksamkeit von den Gesichtsobjekten g\u00e4nzlich ab, so vergr\u00f6fsert sich die Pupille am meisten.\nEs entsteht nun die Frage, auf welche Ursachen die Ver\u00e4nderungen der Pupille zur\u00fcckzuf\u00fchren seien. Im allgemeinen \u00e4ndert sich die Pupillen\u00f6ffnung:\n1.\tMit \u00c4nderung der Lichtintensit\u00e4t. Diese Ursache war hier vollst\u00e4ndig ausgeschlossen. Die brennende Lampe lieferte ganz regelm\u00e4fsige Beleuchtung.\n2.\tInfolge der Verschiebung des Netzhautbildes; diese war hier ausgeschlossen.\n3.\tInfolge der \u00c4nderung der Akkommodation.\n\u2022 \u2022\n4.\tEs k\u00f6nnte die \u00c4nderung eine selbst\u00e4ndige, von der Akkommodation unabh\u00e4ngige, sein.\nDie Frage, ob die \u00c4nderungen der 3. oder 4. Kategorie angeh\u00f6ren, konnte nur durch direkte Messung der Kr\u00fcmmungsradien der Linse ermittelt werden.\nDie angegebenen Zahlen machen weiter noch auf eines aufmerksam:\tDie \u00c4nderung der Pupille ist nicht konstant,\nsondern sie \u00e4ndert sich mit der Gr\u00f6fse des Winkels, unter welchem das Objekt gesehen wird. Um das Gesetz dieser \u00c4nderung zu ermitteln, haben wir bei der Untersuchung der Pupille beim Herrn Dr. Beck und auch nachtr\u00e4glich beim Herrn J. Ubach die Messung in je zehn Grad des Ophthalmometers gemacht; diese Messungen wurden bei Tageslicht ausgef\u00fchrt und geben die in Tabelle V enthaltenen Resultate.\nDiese Zahlen zeigen also, dafs eine Abh\u00e4ngigkeit zwischen dem Winkel, unter welchem sich das Objekt befindet, und der Pupillenweite existiert. Im Vergleich mit den \u00c4nderungen auf der Tabelle I\u2014IV sind die einzelnen \u00c4nderungen beim Herrn Dr. Beck kleiner.\nWir f\u00fcgen noch hier die Resultate hinzu, welche auch nachtr\u00e4glich an Herrn J. Ubach gefunden wurden, obwohl wir dieselben aus weiter angegebenen Gr\u00fcnden nicht f\u00fcr normal halten.","page":359},{"file":"p0360.txt","language":"de","ocr_de":"360\nW. Heinrich.\nTabelle V.\nTageslicht.\n(Dr. B.) Mittelzahlen aus 16 Messungen.\n\u25a0\tWirkliche Gr\u00f6fse der Pupille\tGemessene Gr\u00f6fse des Pupillenbildes\tAblesung am Ophthalmometer\tm. F.\nObjekt zentral fixiert\t2.8956\t3.2924\t42\u00bb 57' 00\"\t0\u00b0 54' 45\"\nObjekt seitlich unter 30\u00b0\t3.0545\t3.4731\t44\u00bb 42' 00\"\t0\u00b051' 00\"\nObjekt seitlich unter 40\u00b0\t3.1697\t3.6040\t45\u00b0 56' 12\"\t0\u00b0 54' 00\"\nObjekt seitlich unter 50\u00b0\t3.1015\t3.5310\t45\u00bb 15' 00\"\t0\u00b0 51' 56\"\nObjekt seitlich unter 60\u00b0\t3.0463\t3.4626\t44\u00b036'00\"\t0\u00b0 57' 00\"\nObjekt seitlich unter 70\u00b0\t3.0362\t3.4522\t44\u00bb 30' 00\"\t0\u00b055'50\"\nKechnen\t3.2707\t3.7189\tO \u00a9 \u00f6 \u00a9 o\t0\u00b0 81* 30\"\nTabelle VI.\nTageslicht.\n(J. TJ.) Mittelzahlen aus 8 Messungen.\n\tWirkliche Gr\u00f6fse der Pupille\tGemessene Gr\u00f6fse des Pupillenbildes\tAblesung am Ophthalmometer\tm. F.\nObjekt zentral fixiert\t2.8636\t3.2560\t42\u00b0 36' 00\"\t0\u00b0 50'24\"\nObjekt seitlich unter 30\u00b0\t2.9216\t3.3219\t43\u00b014' 24\"\t2\u00b0 3' 34\"\nObjekt seitlich unter 40\u00b0\t2.9541\t3.3588\t43\u00b0 36'00\"\t2\u00b0 40' 12\"\nObjekt seitlich unter 50\u00b0\t2.9722\t3.3795\t43\u00b0 48* 00\"\t2\u00b0 17' 24\"\nObjekt seitlich unter 60\u00b0\t2.9632\t3.3691\t43\u00b0 42' 00\"\t1\u00b0 26' 26\"\nObjekt seitlich unter 70\u00b0\t2.9722\t3.3795\t43\u00b0 48' 00\" I\t1\u00b0 27'36\"","page":360},{"file":"p0361.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\n361\nVergleicht man die Gr\u00f6fse der Differenzen zwischen der \u00d6ffnung der Pupille beim direkten und indirekten Sehen auf den Tabellen III, IV und auf der Tabelle VI, so zeigt die letzte ein auffallend anderes Bild, dabei auch einen sehr grofsen mittleren Fehler. Die Erkl\u00e4rung dieser Eigent\u00fcmlichkeit k\u00f6nnen wir nur in folgendem Umstande suchen: Die Messungen auf der Tabelle III wurden anfangs des Semesters gemacht, die Messungen der Tabelle VI erst am Schl\u00fcsse, und zwar infolge der vorger\u00fcckten Zeit an einem Vormittage. Vor der Untersuchung hat sich Herr J. Ubach einer Pr\u00fcfung unterzogen. Wir glauben daher, hier einfach die Resultate einer Aufregung, die durch die Pr\u00fcfung verursacht wurde, zu sehen. Diese Aufregung hat sich vor allem in einer relativ grofsen Verengung der Pupille und einer grofsen Tr\u00e4gheit in der Reaktion der Pupille manifestiert. Im Zusammenh\u00e4nge damit steht auch der grofse mittlere Fehler. F\u00fcr diesen Umstand spricht noch folgendes: Gleich nach dem Abschlufs der Messungen, die auf der Tabelle III angegeben sind, haben wir probeweise, um die M\u00f6glichkeit der Messungen bei Tageslicht \u00fcberhaupt zu konstatieren, einzelne Messungen, die in den Tabellen nicht angegeben sind, ausgef\u00fchrt. Diese, die entsprechenden Ablesungen im Mittel aus vier Messungen, ergeben:\nObjekte zentral fixiert.........47\u00b0\t18' 00\"\n\u201e seitlich unter 50\u00b0 . . . 50\u00b0 54' 00\"\n\u201e Rechnen....................54\u00b0\t24'00\"\nalso durchweg gr\u00f6fsere Differenzen. Der allgemeine Charakter der \u00c4nderungen bleibt aber auch auf Tafel VI erhalten, weshalb wir sie auch angegeben haben.\nBetrachtet man das Ergebnis der Tabellen I\u2014VI, so ergiebt sich, dafs die maximale \u00d6ffnung der Pupille beim seitlichen Beobachten in denjenigen F\u00e4llen zu konstatieren ist, wo das seitlich gesehene Objekt unter einem Winkel zwischen 40\u00b0\u201460\u00b0 sich befindet ; bei S. war bei Winkel 60\u00b0 die \u00d6ffnung am gr\u00f6fsten, bei J. Ubach bei 50\u00b0, bei Herrn Dr. Beck bei 40\u00b0.\nBevor wir zu den Ergebnissen der weiteren Untersuchung \u00fcbergehen, wollen wir noch einige allgemeine Bemerkungen \u00fcber das Beobachtete sagen. Die erste auffallende Beobachtung, die man bei Messungen der Pupillen\u00f6ffnung macht, ist vor allem die, dafs sich die Pupille nie in Ruhe befindet.\nSie \u00e4ndert ihre Gr\u00f6fse best\u00e4ndig. Dieses kann man sehr\n' - -","page":361},{"file":"p0362.txt","language":"de","ocr_de":"362\nTF. Heinrich.\nleicht beobachten, wenn man die beiden Bilder der Pupille, die man im Ophthalmometer zu sehen bekommt, so einstellt, dafs sie sich nur mit einem sehr kleinen Teil decken. Dann sieht man leicht, wie sich der zur Deckung gebrachte Streifen in seiner Breite \u00e4ndert. Diese \u00c4nderung w\u00e4chst beim seitlichen Sehen, verringert sich beim Nachdenken oder Rechnen. Diese Wirkung kann man auch an dem mittleren Fehler unmittelbar beobachten: bei Sawiczewski, Tabelle I, \u00e4ndert sich die Differenz von 1\u00b0 3' \u00fcber 1\u00b0 49'; 1\u00b0 42' und 1\u00b0 37' zu 0\u00b0 12' 54\" beim Rechnen. Bei J. Ubach, Tabelle III, ist sie beim zentralen Sehen 1\u00b0 38' 24\", w\u00e4chst beim seitlichen Sehen und sinkt auf 0\u00b0 40' 48\" beim Rechnen; dasselbe bei Dr. Beck. Hier ist sie beim zentralen Sehen und Tageslicht 0\u00b054'45\" und beim Rechnen 0\u00b031'30\". Individuell fallen die Schwankungen verschieden aus. Bei Dr. Beck waren sie viel geringer, als bei den beiden anderen beobachteten Personen. Dr. Beck zeigte auch in seinen Bewegungen eine gewisse Ruhe, w\u00e4hrend das allgemeine Verhalten der beiden anderen Herren viel lebhafter war.\nDie Ursache dieser kleinen Schwankungen ist ohne weiteres in den kleinen Schwankungen der Akkommo-d ati o n zu s eh en. Dar\u00fcber geben die immer zu beobachtenden Schwankungen der Bilder, die durch Spiegelung von der vorderen Linsenfl\u00e4che entstehen, den besten Aufschlufs. Bei der Messung der Kr\u00fcmmungsradien macht man sehr leicht die Wahrnehmung, dafs die Spiegelbilder bei der Akkommodation und zentralem Fixieren nicht ruhig sind, sondern dafs sie immer schwankend Diese Schwankungen k\u00f6nnen keinen anderen Grund haben, als die Schwankungen der Kr\u00fcmmung der Linse.\nWir haben die kleinen Ausschl\u00e4ge der Pupille dadurch in den Zahlen eliminiert, dafs wir immer den gr\u00f6fsten Wert der Pupille bei gegebener Lage gemessen haben. Diese wurde dadurch erreicht, dafs man die Pupillenbilder so zum Tangieren brachte, dafs sie sich w\u00e4hrend der positiven Richtung des Ausschlages ber\u00fchrten. Auf solche Weise wurden alle Messungen gemacht. Es ist auch notwendig, die Messung m\u00f6glichst rasch zu machen. Geschieht dies nicht, so erm\u00fcdet das Auge,\n1 Analoge Beobachtung hat auch_JM.ANDELSTAM gemacht. Arch. f. Ophtha\u00efnTBdTTVHT-~~\t~\t~~\t~\n","page":362},{"file":"p0363.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\t363\nwas die Abspannung der Akkommodation und Vergr\u00f6fserung der Ungenauigkeit jeder Messung zur Folge hat.\nAufser den normalen Untersuchungen haben wir auch Untersuchungen an anomalen Augen angestellt. Der eine Patient T. war ein ca. 45j\u00e4hriger Mann, der an Retinitis pigmentosa litt und infolgedessen die F\u00e4higkeit verloren hatte, seitlich zu sehen. Die zentrale Sehsch\u00e4rfe normal. Die von uns gemachte perimetrische Aufnahme im horizontalen Meridian zeigte die G-r\u00f6fse des Gesichtsfeldes nur von 7\u00b0 nasal und temporal. Es mufste daher eine Untersuchung der \u00c4nderungen beim seitlichen Sehen ausfallen. Die Untersuchung der Gr\u00f6fse der Pupille beim zentralen Fixieren und Rechnen gaben folgende Resultate als Mittelzahlen aus vier Messungen:\nW. Gr\u00f6fse d. Papille G. Gr\u00f6fse d. Pupillenbildes Ablesung am Ophthalm.\nZentral fixiert 3.6308\t4.1283\t50\u00b0 43' 30\"\nRechnen........ 3.8860\t4,4185\t53\u00b0 6' 00\".\nDas allgemeine Resultat kam daher auch hier zum Ausdruck: beim Rechnen eine Erweiterung der Pupille. Es ist hier noch die interessante Mitteilung des Patienten wiederzugeben, dafs der gr\u00f6fse Strafsenl\u00e4rm ihm die Orientierung auf der Strafse unm\u00f6glich macht ; in solchen F\u00e4llen m\u00fcsse er Halt machen und abwarten, bis es ruhiger geworden ist.\nEinen zweiten Fall bildete eine Patientin, die infolge einer Hetzhautabhebung zentral nicht sehen konnte. Die Untersuchung ergab keine Resultate, und zwar deswegen, weil die Patientin auch die F\u00e4higkeit verloren hatte, das Auge in einer Stellung ruhig zu halten. Aus diesem Umstande haben die versuchten Messungen kein sicheres Resultat geliefert.\nWir haben im allgemeinen uns des Kopfrechnens als eines Mittels zur Ablenkung der Aufmerksamkeit bedient, weil dies das sicherste und zweckm\u00e4fsigste war. Dieselbe Erscheinung, wie beim Kopfrechnen, haben wir \u00fcbrigens an Herrn Sawiczewski beim H\u00f6ren auf das Ticken der Uhr beobachtet; die entsprechende Zahl der Ablesung am Ophthalmometer war 56\u00b0.9', d. h. dem mittleren Werte der Zahlen, die beim Kopfrechnen erhalten wurden, sehr nahe.\nEine andere zuf\u00e4llige Zahl haben wir an Herrn J. Ubach erhalten, als ihm bei einer w\u00e4hrend des zentralen Fixierens gemachten Messung die Z\u00e4hne aus dem Abdruck ausrutschten.","page":363},{"file":"p0364.txt","language":"de","ocr_de":"364\nW. Heinrich.\nEs war eine unmittelbare Vergr\u00f6fserung der Pupille zu beobachten. Die gemachte Messung giebt die Zahl 51\u00b0. Diese Zahl, die um 3\u00b0 kleiner ist, als die entsprechende Zahl beim Kopfrechnen, ist jedenfalls auch zu klein gemessen, denn die Messung hat nicht in demselben Momente stattgefunden, wo die Pupille am meisten vergr\u00f6fsert war.\nWir sahen, dafs die Untersuchungen der Pupille, welche\nwir nur als \u00fcber den Sachverhalt orientierende Vorversuche\n\u2022 \u2022\nbetrachteten, die Frage offen gelassen haben, ob die \u00c4nderungen der Pupille durch einen Akkommodationsimpuis bedingt, oder ob sie ganz selbst\u00e4ndiger Natur sind.\nDie Frage konnte nur durch die Messungen der Kr\u00fcmmungsradien der Linsenfl\u00e4che ermittelt werden, und zwar gen\u00fcgte die Messung an der vorderen Fl\u00e4che. Die Anordnung, der wir uns bedienten, war folgende: Als Lichtquelle diente eine elektrische Bogenlampe mit schwarzem Metallgeh\u00e4use. Die Lampe sendete durch eine breite \u00d6ffnung, in welcher sich eine Sammellinse befand, einen starken Lichtkegel nach aufsen. Durch die Verschiebung der Linse konnte man die Breite des Kegels und mithin auch die St\u00e4rke des Lichtes in gewissen Grenzen beliebig \u00e4ndern. Wir haben immer die St\u00e4rke des Lichtes bedeutend abgeschw\u00e4cht. Mit H\u00fclfe des Woixowschen Spiegelapparates1 wurde das Licht in das xAuge des Untersuchten reflektiert. Das durch zwei Spiegel des Apparates reflektierte Licht lieferte zwei sehr deutlich sichtbare Spiegelbilder der vorderen Linsenfl\u00e4che, deren Entfernung mit H\u00fclfe des Ophthalmometers gemessen wurde. Um die Beeinflussung des Auges durch das grell einfallende Licht m\u00f6glichst abzuschw\u00e4chen, und um zugleich m\u00f6glichst deutliche Bilder zu bekommen, haben wir den Winkel, unter welchem das Licht ins Auge einfiel, m\u00f6glichst grofs gemacht. Wir bekamen dadurch sehr deutliche Bilder, was uns wiederum gestattete, die Beleuchtung abzuschw\u00e4chen. Die gegenseitige Lage der Apparate war folgende: Der Woixowsche Spiegelapparat war an ein besonderes Tischchen angeschraubt. Die Horizontalstange, an welcher sich die beiden Spiegel befanden, stand senkrecht\n1 Die n\u00e4heren Angaben \u00fcber denselben in Ophthalmometrische Studien, Leipzig 1876.","page":364},{"file":"p0365.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\n365\nzur Axe des Auges. Der Untersuchte safs an einem besonderen kleinen Tisch, der Kopf war mittelst Einbeifsens fixiert. An diesem Tische wurde mittelst eines Zirkels ein Perimeterbogen gezeichnet und eingeteilt. Auf einem dritten, sehr schmalen Tische befand sich das Ophthalmometer. Die beiden Spiegel, das Auge, die Fixierfl\u00e4chen und das Ophthalmometer befanden sich in einer Ebene. Alle drei Tische wurden fest an den Boden und der kleine Apparat zum Einbeifsen fest an den Tisch angeschraubt. Die Anordnung blieb daher f\u00fcr die ganze-Zeit fixiert.\nZum Fixieren des Auges bediente ich mich f\u00fcr die N\u00e4he eines schwarzen Quadrates von der Seitenl\u00e4nge von ca. 3,5 cm, auf welches ein weifses Kreuz gezeichnet wurde, f\u00fcr das Fixieren in gr\u00f6fserer Entfernung eines weifsen Quadrates an der Wand, f\u00fcr das seitliche Sehen weifser Quadrate mit Buchstaben. Das Fixierzeichen ebenso, wie auch die zum seitlichen Sehen benutzten Quadrate wurden an kleinen Stativen befestigt und konnten leicht verschoben werden.\nIm Zimmer wurden alle L\u00e4den aulser einem geschlossen. Das eine offene Fenster befand sich hinter dem Untersuchten, etwas seitlich, und beleuchtete das Fixierzeichen, und die bei seitlichem Sehen benutzten Quadrate.\nDie fixen Distanzen bei unserer Anordnung betrugen:\n1.\tDie Entfernung des ersten, von der Augenaxe weiter entfernten Spiegels des Womowschen Apparates von dem Auge 147.55 cm.\n2.\tDie Entfernung des anderen, n\u00e4heren Spiegels 129.8 cm.\n3.\tDie Entfernung der Spiegel voneinander 24.6 cm.\n4.\t\u2019 Die Entfernung des Fixierzeichens f\u00fcr die N\u00e4he 32.2.\n5.\tDaraus berechnet der Winkel, den die Strahlen von dem ersten Spiegel mit der Axe des Objektes, d. h. mit der Stange, an welcher die Spiegel befestigt waren = 51\u00b0 24' 30\" 8 und die Entfernung des als Ganzes betrachteten leuchtenden Objektes g = 115,921.\n6.\tDer Winkel, welchen die Ophthalmometeraxe mit der Gesichtslinie bildete, war 50\u00b0.\nBevor wir zur Wiedergabe der unter diesen Bedingungen erhaltenen Resultate \u00fcbergehen, m\u00fcssen wir noch die Formel angeben, nach welcher wir die Kr\u00fcmmungsradien berechnet haben. Es war vor allem klar, dafs wir uns nicht derjenigen","page":365},{"file":"p0366.txt","language":"de","ocr_de":"366\nW. Heinrich.\nbedienen konnten, welche, durch Knapp1 aufgestellt, bis jetzt allgemein gebraucht wurde, und zwar deswegen nicht, weil die Formel Knapps unter der Voraussetzung der parallel einfallenden Lichtstrahlen aufgestellt wurden. Da wir aber das Objekt m\u00f6glichst seitw\u00e4rts aufgestellt hatten, so bildeten die Strahlen, die durch die Spiegel hineingeworfen wurden, mit der Normalen zum Objekt, d. h. der Gesichtslinie des Auges, sehr grofse Winkel, und wir w\u00fcrden einen grofsen Fehler gemacht haben, wenn wir diesen Winkel nicht ber\u00fccksichtigt h\u00e4tten. Ein weiterer Umstand, der uns zur Aufstellung neuer Formeln n\u00f6tigte, war der, dafs wir die Formeln, welche Knapp aufgestellt und benutzt hat, nicht f\u00fcr genau halten. Wir werden dies an den Differenzen, welche bei der Berechnung mit unseren Formeln und mit denjenigen Knapps resultierten, leicht begr\u00fcnden k\u00f6nnen.\nBei der Ableitung der Formeln gingen wir von der Erw\u00e4gung aus, dafs die Bilder, welche mit dem Ophthalmometer unmittelbar gemessen wurden, in folgender Weise entstehen. Die Strahlen von dem Objekte (Sj \u2014 in unserem Falle zwei Spiegel des WoiNOWschen Apparates \u2014 werden durch die Cornea gebrochen und geben nach der Berechnung ein Bild (S2). Dieses Bild spiegelt sich in der vorderen Linsenfl\u00e4che ab; dadurch entsteht ein neues Bild ($3), welches die Strahlen nach aufsen sendet. Diese, durch die Cornea gebrochen, geben erst das Bild ($4), welches gemessen wird. Bezeichnet man die Gr\u00f6fse des Objektes mit St, die Gr\u00f6fse des Abstandes des Objektes von dem Zentrum der Cornea in der Augenaxe gemessen mit <7, die Gr\u00f6fse des Abstandes des ersten Spiegels vom Kr\u00fcmm\u00fcngsmittelpunkt der Hornhaut mit y ; den Berechnungs index der Cornea und des Kammerwassers mit n, denjenigen der Luft mit 1 und den Kr\u00fcmmungsradius der Cornea mit q, so ist nach der Formel von Helmholtz\nwo g2 Abstand des Bildes von dem Kr\u00fcmmungsmittelpunkt bedeutet und der Berechnungsindex der Luft gleich 1 gesetzt wird.\n1 Arch. f. Ophthalm. Bd. VI. Abt. II.","page":366},{"file":"p0367.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\n367\nDaraus ist\n09i\n(n \u2014 1) gt \u2014 fig\nDa aber ^ sin ^ und ^2 = g2 sin wo mit >9 der Winkel bezeichnet wird, welchen der einfallende Grrenzstrahl mit dem Objekt bildete, so ist\nqr\u00b1\n(n \u2014 1) y\u00b1 sin \u00df \u2014 nq\nFerner ist S1: S2= g1: g2\n2\nNimmt man an, wie wir es gethan haben, dafs die Cornea eine Kugelfl\u00e4che mit ^ = 7.6 ist und f\u00fcr n den Wert 1.3376, so ist\ng2 = 23.1127,\tS2 = 23.1121\nund\ny2 = 29.5698.\nF\u00fcr weitere Betrachtung ist daher nur S2 als Bild in dem Abstande g2 von dem Zentrum der Hornhaut in Betracht zu ziehen.\nBezeichnet man ferner\n1.\tden Abstand des Bildes S2 von dem Scheitel der Hornhaut mit f2,\n2.\tden Abstand desselben vom Scheitel der Linse mit <ply\n3.\tden Abstand des Spiegelbildes von S21 welches wir mit S3 bezeichnen, von dem Linsenscheitel mit (jp2,\n4.\tden Abstand des Linsenscheitels vom Hornhautscheitel mit a,\n5.\tden Kr\u00fcmmungsradius der vorderen Linsenfl\u00e4che mit r7\nso ist\n== 9% ~f~ Q\t<Pi ==:\t.............G)\nDie Gleichung zur Bestimmung der Lage des gespiegelten Objektes ist1 2\n1 Eigentlich lautet die Gleichung\nr\n(r +\tr\n2 (r \u25a0+\u25a0 <fj) cos B \u2014 r","page":367},{"file":"p0368.txt","language":"de","ocr_de":"368\nW. Heinrich.\n (** + g>i) r\nT\t2 (r+\t\u2014 r\nDie Gr\u00f6fse des Objektes wird berechnet aus\n$2 : ^3 \u2014 (r + 9l) : (r- SP2)............\nWie bereits gesagt, wird das Bild Sd nicht unmittelbar gemessen, sondern erst sein durch die Cornea entworfenes Bild.\nSind tp2 und tyi die Brennpunkte des Bildes Sz und des gemessenen Bildes SA1 so ist\n*p2 \u2014 (SP2 \"4\u201c \u00b0)..................&)\nund es entstehen die Gleichungen\nund\nn\t1\tn \u2014 1\n+ e ^ ^>2 \u2014 e~ e st : s3 = [ip1 + q) : (1p.2 \u2014 q)\n5)\n6)\nAus den Gleichungen 1, 2, 3, 4, 5, 6 und a, b, c, d kann man die Beziehung zwischen r, q, Sv /j ohne weiteres ableiten Aus 5) ist\n1\tnQ(*p2 \u2014 Q)\n\u00bb\u25a0 + '-(\u00bb-1 )(ft-c)-c\noder mit H\u00fclfe von d\n( ya \u2014 q \u2014 g)\n^ e (w\u2014 1) (y2 + a)\u2014 W\u00c7\ng _____ (w \u2014 f) (y2 ~t~ a) \u2014\t\u00a3\n3\tw 0\t4\nwo mit B der Winkel bezeichnet wird, den der Radins, welcher zu demjenigen Punkt der Kugeloberfl\u00e4che gef\u00fchrt ist, auf welchen der Strahl fallt, mit der Verbindungslinie des leuchtenden Punktes mit dem Zentrum der Kugeloberfl\u00e4che bildet. Sieht man aber von den sehr seitlich fallenden Strahlen ab, f\u00fcr welche der Winkel grofs ist, welche sich aber nicht in einen Punkt vereinigen, sondern eine Rotationsfl\u00e4che bilden, die durch Drehung einer Epicykloide entsteht, so ist\ncos B = 1\nzu setzen, und man hat die allgemein bekannte obige Grleichung. F\u00fcr unseren Fall ist der Winkel noch zu vernachl\u00e4ssigen.","page":368},{"file":"p0369.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\n369\naus 4 ist\ns = - + li (n~1) ($3 + a) \u2014 ne \u00df\n2 r \u2014 cp2\tng\nund aus 3\nso ist\ndaraus\nWir haben uns bei der Berechnung dieser Formeln bedient. Will man nun diese noch mit H\u00fclfe der Gleichungen 1 und 2 g)1 und S2 eliminieren, so bekommt man\nr=\t\u2014 [g A {n Q- (n - 1) a) + a g] [(n - 1) a -ng] __________\nMan sieht, dafs es leichter ist, die Werte und S2 einzeln zu berechnen, da sie f\u00fcr jedes Auge bei fester Anordnung konstant sind, und dann mittelst der Formel 7 das r, als es unmittelbar mit H\u00fclfe der Formel 8 zu thun.\nWir haben bereits hervorgehoben, dafs die bis jetzt allgemein benutzte und von Knapp aufgestellte Formel nicht ganz genau ist. Der Grund liegt in den Annahmen, welche Knapp gemacht hat. Die erste, welche nur einen relativ geringen Fehler verursachte, war die Annahme, dafs die Strahlen von dem Objekte parallel ins Auge hineinfallen. Diese Annahme kann mit geringem Fehler dann gemacht werden, wenn das Objekt symmetrisch zur Axe des Auges liegt. Sie war schon bei unserer Anordnung, wo das Objekt m\u00f6glichst seitlich hinausgeschoben wurde, nicht zul\u00e4ssig. Knapp hat aber noch weitere Annahmen gemacht. Er hat bei Berechnung des Wertes f\u00fcr Gleichung 2 angenommen, dafs die Strahlen durch die Cornea hindurchgehen, ohne gebrochen zu werden-Auf Grund dieser Annahme hat er den Abstand des Linsenscheitels von dem Corneascheitel als eine im Vergleich zum ganzen Abstand sehr geringe Gr\u00f6fse vernachl\u00e4ssigt. Daraus\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie IX.\t24\nT\n9 2\nSPi\nr +\n(n \u2014 1) (r<p1 -f- a r -j- 2 a y*) \u2014 n (r -f- 2 yx) g\nnr\nS'\nr\n2<Pi \\{n \u2014 l)ft \u2014 nq) S4\nn Q ($2 + $l) {n 1) (\u00bb -f~ (jpj $4\ni \u2022\t\u2022\t\u2022\t\u00bb\t* f T|","page":369},{"file":"p0370.txt","language":"de","ocr_de":"370\nW. Heinrich.\nwurde der Wert f\u00fcr die Haupt weite der spiegelnden Fl\u00e4che der Linse aus der Gleichung 2\n h\u00df ~ B\nbestimmt, wo h den Abstand des Objektes yon dem Auge, \u00df die gemessene Gr\u00f6fse des Spiegelbildes und B die Gr\u00f6fse des Objektes bezeichnet. Die Gr\u00f6fse wurde dann f\u00fcr weitere Berechnungen benutzt. Diese Annahme ist aber nicht zul\u00e4ssig, weil man 1. aufser acht l\u00e4fst, dafs zur Spiegelung erst dasjenige Bild gelangt, welches nach der ersten Brechung durch die Cornea entsteht. Der Abstand dieses Bildes von der Linsenfl\u00e4che wird aber in Millimetern und nicht in Metern ausgedr\u00fcckt. Infolgedessen ist die vernachl\u00e4ssigte Gr\u00f6fse nicht unendlich klein im Vergleich zu dem Abstande und mufs in Berechnung gezogen werden. 2. Knapp nimmt an, dafs das gemessene Bild seiner Gr\u00f6fse nach dem von der Linsenfl\u00e4che reflektierten gleich ist. Dies ist aber auch nicht der Fall, denn gemessen wird, wie wir auseinandergesetzt haben, das Bild nicht unmittelbar nach der Reflexion, sondern nach einer nochmaligen Brechung durch die Cornea.\nDie Bestimmung des Wertes von q ist daher falsch. Die weitere Korrektur, die dadurch bedingt wird, dafs man den Wert f\u00fcr r nicht aus q direkt, sondern mittelst q berechnet, kann den Fehler nicht ausgleichen.\nBerechnen wir in unserem Falle1 die Werte f\u00fcr r mit den Formeln von Knapp, so ist\nF1 = 22.515 ; F2 = 30.112, bei der Gr\u00f6fse des Bildes \u00df = 1.0797\naus\nq = \u2014 5.0878\n\ng (F, - a)2 \u00cfF1F2 \u2014 1 (fi \u2014 \u00ab)\n1 Der Y ersuch, die fremden Resultate mit unseren Formeln zu berechnen, mufste aufgegeben werden, da nirgends gen\u00fcgende Angaben zu finden waren, die die Nachpr\u00fcfung gestatteten; die umfangreichsten Angaben macht Mandelstam (Arch. f. Ophthalm. Bd. XVIII), doch auch\ndiese sind nicht ausreichend.","page":370},{"file":"p0371.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\n371\nist\nwir haben gefunden Ist das Bild\nso ist und\nWir haben gefunden\nr = 7.6305 ; r = 10.6898. \u00df = 1.9226,\nq = 9.0597\nr= 11.106.\nr \u2014 19.1006.\nAuf einen weiteren Umstand m\u00fcssen wir noch aufmerksam machen. Nach den Brechungsgesetzen mufs man annehmen, dafs das Bild immer parallel zum Objekt bleibt. Es ist daher nicht gleichg\u00fcltig, unter welchem Winkel zu der Normalen auf das Objekt das Ophthalmometer aufgestellt ist. Die Grr\u00f6fse, welche man mit dem Ophthalmometer mifst, ist durch die Strecke bestimmt, welche der parallel zu sich selbst verschobene Strahl von einem Endpunkt des Objektes bis zu dem anderen durchl\u00e4uft. Diese Strecke ist auf der Senkrechten zu dem verschobenen Strahl gemessen. Sie f\u00e4llt mit der Grr\u00f6fse des Bildes nur dann zusammen, wenn der verschobene Strahl senkrecht zu dem Bilde steht; in allen \u00fcbrigen F\u00e4llen wird sie k\u00fcrzer, und zwar ist die wirkliche Grr\u00f6fse des Bildes gleich der gemessenen, dividiert durch den Cosinus des Winkels, den die Axe des Ophthalmometers mit der Senkrechten zu dem Objekte, die zugleich auch die Senkrechte zum Bilde ist, einschliefst. Bei unserer Anordnung war der Winkel der Axe des Ophthalmometers mit der Senkrechten zu der Stange, auf welcher die Spiegel befestigt waren, 50\u00b0. Wir haben daher die direkt durch Messung bestimmten Grr\u00f6fsen noch durch Cos. 50\u00b0 dividiert.\nEs war uns unm\u00f6glich, die Nachpr\u00fcfung fremder Resultate mit Ber\u00fccksichtigung dieses Umstandes durchzuf\u00fchren, da wir nirgends eine Erw\u00e4hnung von diesem Winkel gefunden haben. Wir glauben dadurch aber erkl\u00e4ren zu k\u00f6nnen, warum Reuss,\n24*","page":371},{"file":"p0372.txt","language":"de","ocr_de":"372\nW. Heinrich.\nder bei seiner Anordnung einen sehr kleinen Winkel gehabt hat, durchweg gr\u00f6fsere Zahlen bekommen hat.1\nDie von uns bekommenen Zahlen unter den schematischen Annahmen f\u00fcr q = 7.6, f\u00fcr a \u2014 3.430 und f\u00fcr n= 1.3376 liefern Zahlen, die in den Tabellen YII und VIII zusammengestellt sind.\nTabelle VII.\n(J. U.) Auge schwach hypermetr opiseh. Jede Zahl im Mittel aus 30 Messungen.\n-\tr der Linse\tWirkliche Gr\u00f6fse des Bildes\tGemessene Gr\u00f6fse des Bildes\ti Ablesung am Ophthalmo- meter\tm. F.\nZentral\t\t10.6898\t1.0797\t0.69401\t10\u00b0 42' 00\"\t0\u00b0 30' 00\" 0\nSeitlich 40\u00b0...\t12.3401\t1.2455\t0.80062\t12\u00b016'12\"\t0\u00b0 46' 55\" 2\nSeitlich 70\u00b0...\t120440\t1.2158\t0.78151\t11\u00b0 58\" 48\"\t0\u00b0 36' 7\" 2\nRe\t\t12.0984\t1.2208\t0.78471\t12\" 1'48\"\t0\u00b0 48' 00\u00b0 0\nCj\u2022\u2022\u2022\u2022\u2022\u2022\u2022\u2022\u2022\u00bb\u00bb\t15.4830\t1.5608\t1.00330\t15\u00b0 15' 00\"\t0\u00b0 47' 45\" 6\nC2\t\t17.0620\t1.7188\t1.09750\t16\u00b0 42' 54\"\t0\u00b0 48' 25\" 2\nRe!\t\t19.1006\t1.9226\t1.23580\t18\u00b0 34' 30\"\t1\u00b0 13' 12\" 0\nDie Abk\u00fcrzungen bedeuten: Z entrai=Fixieren des Zeichens in 32,2 cm, Cx = Fixieren eines Punktes in 384 cm Entfernung, C2 = Fixieren eines Punktes in der Entfernung von etwa 15 m, Re = Rechnen beim Fixieren des Punktes in 32.2 cm, Re! Rechnen beim Fixieren des Punktes in 382 cm Entfernung.\nTabelle VIII.\n(Dr. B.) Auge 3 D Myopie.\nJede Zahl im Mittel aus 20 Messungen.\n\tr der Linse\tWirkliche Gr\u00f6fse des Bildes\tGemessene Gr\u00f6fse des Bildes\tAblesung\tm. F.\nZentral\t\t10.5908\t1.0697\t0.68762\t10\u00b0 34' 48\"\t0\u00b0 13' 48\" 8\nSeitlich 40\u00b0...\t11.8107\t1.1923\t0.76644\t11\u00b0 45' 40\"\t0\u00b0 31' 48\" 0\nSeitlich 70\u00b0...\t11.7218\t1.1834\t0.76070\t11\u00b0 40' 30\"\t0\u00b0 24' 00\" 0\nox\t\t12.2090\t1.2324\t0.79216\t12\u00b0 8'42\"\t0\u00b0 26' 2\" 4\nR\t\t12.5585\t1.2675\t0.81472\t12o 28' 48\"\t0\u00b0 36' 36\" 0\nDer Fernpunkt ist beim Fixieren des Punktes in 382 cm erhalten.\n1 Yergl. Arch. f. Ophthalm. Bd. XXIII u. XXVI.","page":372},{"file":"p0373.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\n373\nWie der Vergleich mit den Zahlen, welche in den HELMHOLTZschen Laboratorien gefunden wurden, zeigt, sind unsere Zahlen durchweg gr\u00f6fser. Der Grund daf\u00fcr liegt in der von uns f\u00fcr n\u00f6tig gehaltenen Korrektur. W\u00fcrden wir diese nicht gemacht haben, so w\u00fcrden, wie man aus dem Vergleich der Gr\u00f6fsen der Bilder leicht ersehen kann, die Werte f\u00fcr r bei J. Ubach etwa zwischen 6.8 mm und 12.2 mm, und dieselben Werte f\u00fcr r bei Dr. Beck etwa zwischen 6.7 mm und 8.0 mm schwanken.\nEigent\u00fcmlich sind die Werte f\u00fcr das Auge bei J. Ubach, dessen Auge beim Untersuchen mit dem Augenspiegel schwach hypermetropisch gefunden wurde. Sie k\u00f6nnen zwar nicht auf a b-solute Genauigkeit Anspruch erheben, und zwar aus dem Grunde, weil wir f\u00fcr q und a die Werte angenommen und nicht f\u00fcr das Auge besonders berechnet haben. Dieser Fehler wird aber sehr gering sein und alle Zahlen in demselben Mafse beeinflussen, so dafs die allgemeinen Resultate nicht ge\u00e4ndert werden. Vor allem sind die Werte f\u00fcr die Kr\u00fcmmungsradien bei Fernsehen sehr grofs. Das Auge akkommodierte auf die Entfernung von 182 mm und vermutlich auf die Entfernung von 15 m. Die entsprechenden Zahlen \u00fcbersteigen aber auch die gr\u00f6fsten von Reuss. Die Zahlen von Reuss, die mit den Formeln von Knapp berechnet wurden, werden aller Wahrscheinlichkeit nach auch gr\u00f6fser ausfallen, wenn man sie mit unseren Formeln berechnet. Der geringe mittlere Fehler zeigt weiter auf die gr\u00f6fsere Genauigkeit der Messungen als die bisher allgemein erreichte ; der Beobachtungsfehler \u00fcbersteigt nicht 5%, w\u00e4hrend derselbe Fehler bei den Untersuchungen im HEEMHOLTZschen Laboratorium 11% war.\nBei der Untersuchung der Pupille mufsten wir die Frage: was bedingt die \u00c4nderungen der Pupille beim seitlichen Sehen? offen lassen. Die jetzt angegebenen Tabellen beantworten diese Frage unzweideutig: Es \u00e4ndert sich der Akkommodationszustand des Auges, wenn nicht der zentral gesehene Punkt fixiert, sondern die Aufmerksamkeit einem seitlich gelegenen zugewendet wird. Das Auge akkommodiert \u00fcberhaupt nicht mehr, wenn die Aufmerksamkeit durch Rechnen beansprucht wird, trotzdem die Sehrichtung unver\u00e4ndert geblieben ist.\nDa wir an einzelnen Beispielen* die an der Pupille beob-","page":373},{"file":"p0374.txt","language":"de","ocr_de":"374\nW. Heinrich.\nachtet wurden, gesehen haben, dafs dieselbe Vergr\u00f6fserung der Pupille zu beobachten war, wenn der Untersuchte dem Ticken der Uhr zuh\u00f6rte oder durch Abrutschen der Z\u00e4hne in Anspruch genommen war, so k\u00f6nnen wir im allgemeinen sagen: wird die Aufmerksamkeit durch nicht-optische Eindr\u00fccke in Anspruch genommen, so verliert das Auge seinen Akko mm o dations zustand.\nVon besonderem Interesse ist noch eine Beobachtung, welche an Hrn. J. Ubach gemacht wurde. Vergleichen wir die Gr\u00f6fse des Kr\u00fcmmungsradius beim Rechnen, w\u00e4hrend das Auge auf das Fixierzeichen in der Entfernung von 32.2 cm gerichtet wurde, so ist die Zahl kleiner als beim seitlichen Sehen, und bedeutend kleiner als diejenige, welche beim Rechnen gefunden wurde, wenn das Auge auf den Punkt in 382 cm Entfernung gerichtet war. Die relative Kleinheit der Zahl wird durch die Angabe des Hrn. J. Ubach erkl\u00e4rt, dafs er bei den schwierigen Rechnungen sich die Zahlen auf dem Fixierpapier aufgeschrieben dachte, um sich auf solche Weise das Behalten der einzelnen Zahlenreihen im Kopfe zu erm\u00f6glichen. Dies konnte bei dem nahen Fixierpunkt infolge der kleinen Distanz, welche die Entfernung des Buches beim Lesen oder des Papieres beim Schreiben nicht viel \u00fcberstieg, sehr leicht geschehen. Bei der zweiten Gruppe der Rechnungen war dies infolge der grofsen Entfernung schwer zu machen. Die Rechnungen wurden ohne das H\u00fclfsmittel gemacht, und deswegen sind die letzten Zahlen durchwegs gr\u00f6fser. Vergleicht man die entsprechenden Zahlen der Pupillen\u00f6ffnung, so sieht man auch, dafs dort \u00fcberall die gr\u00f6fsten Werte beim Rechnen zu beobachten waren, d. h. dafs die Abflachung der Linse w\u00e4hrend des Rechnens auch dort immer die gr\u00f6fste war. Es bleibt noch die Frage zu beantworten, ob die Linse w\u00e4hrend des Kopfrechnens in denjenigen Ruhestand zur\u00fcckkehrt, welcher dem Fernsehen entspricht. Auf Grund der gegebenen Daten mufs man annehmen, dafs die Abflachung der Linse noch gr\u00f6fser als beim Fernsehen ist, dafs also die Linse diejenige Form annimmt, welche k\u00fcnstlich bei der Behandlung mit Atropin zu erhalten ist.1 Vergleicht\n1 Fuchs (Lehrbuch der Augenheilkunde, Leipzig-Wien 1893) sagt folgendes : \u201eDie Eintr\u00e4ufelung von Atropin li\u00e2t nebst der L\u00e4hmung der Akkommodation auch noch eine leichte \u00c4nderung der Refraktion zur Folge. Die-","page":374},{"file":"p0375.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\n375\nman n\u00e4mlich die Gr\u00f6fse des Kr\u00fcmmungsradius bei Br. Beck bei der Fixierung des Punktes in 382 \u00a9m Entfernung mit demjenigen beim Bechnen, so ist der zweite etwas gr\u00f6fser. Da aber Dr. Beck Myope von 3 D ist, so liegt sein Fernpunkt in 33.33 cm. Er mufs daher den Punkt in 382 cm schon akkommodationslos sehen. Die Gr\u00f6fse des Kr\u00fcmmungsradius beim Bechnen ist aber noch gr\u00f6fser als beim Fixieren auf 382 cm Entfernung.\nGanz dieselbe Erscheinung ergiebt sich bei Hrn. J. Ubach w\u00e4hrend des Bechnens, wenn das Auge auf den Punkt in der Entfernung von 382 cm gerichtet ist. Hier bekommen wir die auffallend gr\u00f6fse Zahl 19,1 mm, eine Zahl, die auch diejenige \u00fcbersteigt, welche erhalten wurde, wenn das Auge einen Punkt in 15 m Entfernung fixierte, und wo Hr. J. Ubach angab, dafs er keine Akkommodationsspannung f\u00fchle.\nVergleicht man den mittleren Fehler bei den einzelnen Gruppen von Beobachtungen, so sieht man, dafs er am geringsten beim Fixieren des Punktes in 32.2 cm ist, und dafs er bei den anderen Zahlen w\u00e4chst. Die Zunahme des Fehlers ist erstens durch die Zunahme der Gr\u00f6fse und der Undeutlichkeit der Spiegelbilder bei wachsendem Kr\u00fcmmungsradius bedingt. Besonders grofs und verwaschen waren die Bilder bei Hrn. J. Ubach in der letzten Gruppe. Daher auch trotz der relativen Buhe, in der das Auge sich befand, der sehr gr\u00f6fse B e ob a chtungsf ehler.\nDie kleinen Bewegungen der Bilder bei Akkommodation haben wir schon beschrieben ; zu erw\u00e4hnen sind noch die kleinen Boilungen des ganzen Augapfels von oben nach unten, die beim seitlichen Sehen zu beobachten waren, und die bei Hrn. J. Ubach st\u00e4rker zum Ausdruck kamen als bei Hrn. Dr. Beck.\nEiner weiteren Untersuchung wurde die \u00c4nderung der Konvergenz der beiden Augen unterworfen. Um mich \u00fcber die allgemeine Tendenz der Konvergenz zu orientieren, habe ich, durch Hrn. Prof. Exneb, veranlafst, folgenden Versuch angestellt: In vollst\u00e4ndig dunklem Zimmer wurde, 40 cm von\nselbe wird n\u00e4mlich etwas niedriger. Bestand z. B. vorher Emmetropie, so ist das Auge nach der Atropinisierung in leichtem Grade hyper-metropisch.\u201c (S. 746.)","page":375},{"file":"p0376.txt","language":"de","ocr_de":"376\nW. Heinrich.\nmeinen Augen entfernt, ein schmaler Papierstreifen von 6 mm Breite und bis 30 mm L\u00e4nge so aufgestellt, dafs er von der Seite mittelst eines elektrischen Funkenapparates beleuchtet werden konnte. Letzterer wurde mit H\u00fclfe eines kleinen schwarzen Papier Schirmes vor dem Auge verdeckt, so dafs das Auge den Funken nicht zu sehen bekam. Hinter dem Streifen befand sich ein schwarzer Pappenschirm ; das Stativ, auf welchem der Streifen befestigt wurde, war auch mit einem solchen Schirm verdeckt. Um mich \u00fcber die Lage der Doppelbilder, die ich zu sehen bekam, zu orientieren, legte ich eine zweifarbige Brille aus Plangl\u00e4sern an. Nachdem ich mich von der Lage des Streifens bei Kerzenlicht orientiert hatte, l\u00f6schte ich das Licht aus und bem\u00fchte mich, den Streifen im Dunklen zu fixieren. Wenn ich die richtige Konvergenzstellung erreicht zu haben glaubte, liefs ich den Funken \u00fcberspringen. Bei allen Versuchen habe ich immer gekreuzte Doppelbilder von etwa 3\u20144 mm Entfernung bekommen. Ich \u00e4nderte die Entfernung des Kopfes vom Streifen auf die Entfernung von 30 bis 60 cm, bekam immer dasselbe Resultat. Die Doppelbilder vereinigten sich zu einem Bilde erst dann, wenn die Funken so rasch aufeinander-folgten, dafs ich mit H\u00fclfe der Nachbilder konvergieren konnte.\nNun wurde der Streifen mit einer Hand festgehalten und dann fixiert. Auch in diesem Falle bekam ich Doppelbilder, aber in einer geringeren Entfernung. Bald tangierten sie sich, bald deckten die beiden Bilder einander teilweise, bald waren sie in einer Entfernung von etwa 0,5 mm voneinander zu sehen.\nDie einfachen Bilder bekam ich erst dann zu sehen, wenn ich den Streifen mit beiden H\u00e4nden festhielt. Erst dann gelang es mir, bei sehr angestrengtem Sehen, keine Doppelbilder zu bekommen. Es mufste dabei der Streifen festgehalten werden. Versuchte ich denselben in den H\u00e4nden zu drehen, so bekam ich sich teilweise deckende Doppelbilder.\nAus den erhaltenen Resultaten geht hervor, dafs die Konvergenz beim Fixieren im Dunklen eine ungen\u00fcgende war; die beiden Augenaxen schnitten sich hinter dem fixierten Punkte. Man ist also nicht im st\u00e4nde, die Augen ohne die Mitbestimmung des Objektes oder anderer H\u00fclfsmittel in eine bestimmte Konvergenzstellung","page":376},{"file":"p0377.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\n377\nzu bringen. Die Augenaxen weichen dann immer in der Richtung der Parallelstellung voneinander ab.\nDie subjektiven Eindr\u00fccke, die ich dabei gehabt habe, sind folgende: Beim einfachen Fixieren habe ich immer das Gef\u00fchl gehabt, als ob ich einen Punkt fixierte, der n\u00e4her war, als der Papierstreifen. Dieses Gef\u00fchl war nicht zu unterdr\u00fccken, wenn ich auch von dem Entgegengesetzten durch Beobachtung \u00fcberzeugt war.\nBeim Halten des Streifens mit einer Hand entstand ein Gef\u00fchl, als ob jetzt die eine Richtung, in welcher sich der Streifen befand, gegeben w\u00e4re. Das Auge konnte aber nicht den Punkt in dieser Richtung bestimmen. Eine volle Bestimmtheit trat beim Halten des Streifens mit beiden H\u00e4nden ein; hierbei f\u00fchlte man, dafs der Punkt durch zwei sich schneidende Richtungen vollkommen fest bestimmt ist.\nZur Untersuchung des Verhaltens der Konvergenz beim Rechnen habe ich die Messung direkt an den Herren J. Ubach und Dr. Beck gemacht. Die Messung wurde mit einem Fernrohr mit Skala gemacht. Die beiden Herren fixierten zuerst einen Punkt in 32,2 cm Entfernung mit beiden Augen. Es wurde die Lage des einen Auges auf der Skala des Fernrohrs bestimmt, dann ein Rechnungsexempel gegeben und beobachtet, inwiefern sich das Auge verschiebt. An einem sp\u00e4ter an die Stelle des Auges gestellten Mafsstabe wurde dann die lineare Verschiebung des Augapfels bestimmt: sie betrug in beiden F\u00e4llen 0,5 bis 1 mm. Nimmt man daher an, dafs der Drehpunkt des Auges sich in einer Entfernung von etwa 14 mm vom Hornhautscheitel befindet, so ergiebt dies eine Drehung um 2\u20144\u00b0 temporalw\u00e4rts.\nFassen wir alle Resultate der Untersuchung zusammen, so lautet diese:\n1. Die Akkommodation des Auges ist nicht unabh\u00e4ngig davon, ob der zentrale oder periphere Teil des Gesichtsfeldes angeschaut wird. Bei der Anschauung der Objekte in den seitlichen Teilen des Gesichtsfeldes \u00e4ndert sich die Akkommodation, trotzdem der Abstand der angeschauten Objekte derselbe bleibt, wie der der zentral gesehenen. Die \u00c4nderung offenbart sich in der Abflachung der Linse und in der Vergr\u00f6fserung der Pupille.","page":377},{"file":"p0378.txt","language":"de","ocr_de":"378\nW. Heinrich.\n2.\tWird die Aufmerksamkeit nicht-optischen Eindr\u00fccken zugewendet, so wird das Auge akkommodationslos, es kann sogar eine noch st\u00e4rkere Abflachung der Linse eintreten, wie beim Fernsehen.\n3.\tDer Kr\u00fcmmungsradius nimmt beim seitlichen Sehen mit dem Winkel, unter welchem sich das Objekt zur Axe befindet, anfangs zu, von dem Winkel 50\u00b0 an ab. Diese \u00c4nderungen sind relativ gering.\n4.\tWird die Aufmerksamkeit von den optischen Eindr\u00fccken abgewendet, so \u00e4ndert sich die Konvergenz der Augenaxe n. Diese n\u00e4hern sich der Parallelstell ung.\nIII.\nUnsere Untersuchung hat die \u00c4nderungen, welche bei dem Auge zu beobachten sind, festgestellt. Es mufs nun die physiologische Bedeutung der beobachteten Resultate ermittelt und das Verh\u00e4ltnis des Ermittelten zu denjenigen Angaben, welche \u00fcber die Erscheinungen der Aufmerksamkeit gemacht werden, festgestellt werden.\nDie Bedeutung der genauen Akkommodation ist bekannt und bedarf keiner n\u00e4heren Begr\u00fcndung. Die Strahlen, welche ein Objektpunkt entsendet, vereinigen sich nach den Brechungen durch das dioptrische System des Auges zu einem Bilde des Punktes. Die Akkommodation bewirkt, dafs dieses Bild mit der Retinafl\u00e4che zusammenf\u00e4llt. Dadurch wird die Wirkung des Reizes eine m\u00f6glichst grofse sein, denn alle Strahlen, die von einem Punkte des Objektes ausgegangen sind, werden in einem Punkte auf der Retina vereinigt, d. h. auf einen Punkt der Retina wirken. Es wird dadurch auch die m\u00f6glichst grofse Deutlichkeit erzielt, denn die einzelnen Punkte wirken distinkt auf die Retina ein. Der allgemeine Effekt einer genauen Akkommodation l\u00e4fst sich daher dahin aussprechen: die Einwirkung der Lichtstrahlen geschieht unter den m\u00f6glichst g\u00fcnstigsten Bedingungen. Ziehen wir noch das Sehen mit beiden Augen in Betracht, so schneiden sich die Augenaxen in dem fixierten Punkte. Infolgedessen fallen die Strahlen auf die korrespondierenden Punkte der Netzhaut, was die Gesamtwirkung noch erh\u00f6ht. Das genaue Konver-","page":378},{"file":"p0379.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\n379\ngieren der Augen vergr\u00f6fsert in sehr hohem Grade die G\u00fcnstigkeit der Bedingungen, unter welchen der Eindruck wirkt.\nBetrachten wir die Bedingungen der Einwirkung der zentral einfallenden Strahlen bei einer ungenauen Akkommodation, wie in den F\u00e4llen, wo das Objekt seitlich betrachtet wurde. In diesem Falle war der Kr\u00fcmmungsradius der Linse gr\u00f6fser, die Linse flacher. Infolgedessen r\u00fcckt das optische Bild des unver\u00e4ndert gebliebenen Objektes nach r\u00fcckw\u00e4rts. Las Bild kommt nicht auf die Retina zu liegen. Jetzt wird einem Punkte des Objektes nicht ein Punkt, sondern ein Zerstreuungsbild auf der Retina entsprechen. Die Strahlen, die von einem Punkte ausgehen, wirken nicht auf einen Punkt der Retina, sondern auf eine Fl\u00e4che derselben, auf diejenige Fl\u00e4che, auf die der Zerstreuungskreis f\u00e4llt. Lie Einwirkung der Strahlen auf je einen Punkt der Retina wird daher abgeschw\u00e4cht. Werden die Strahlen nicht von einem Punkte, sondern von einem Objekte ausgesandt, so ist das Verhalten dasselbe. Jeder Punkt des Objektes liefert einen Zerstreuungskreis. Las Bild verliert an Leutlichkeit. Lie Zerstreuungskreise werden jetzt nicht mehr so genau voneinander abgegrenzt, wie es fr\u00fcher die Punkte waren. Lie R\u00e4nder greifen vielmehr ineinander \u00fcber, und das Ganze wird nicht nur abgeschw\u00e4cht, sondern auch undeutlich. Mit der \u00c4nderung der Linse vergr\u00f6fsert sich zwar gleichzeitig auch die Pupille, was die Anzahl der auffallenden Strahlen vergr\u00f6fsert. Lieses Moment tr\u00e4gt aber nur zur Vergr\u00f6fserung der Zerstreuungskreise bei und nicht zur St\u00e4rkung der Einwirkung auf die distinkten Punkte der Retina.\nNimmt die Abflachung der Linse noch weiter zu, so ver-gr\u00f6fsern sich die Zerstreuungskreise, das Licht eines Punktes wirkt auf noch gr\u00f6fsere Retinafl\u00e4chen, und es wird daher die charakteristische Reizung eines Retinapunktes noch mehr abgeschw\u00e4cht. Lie Verschwommenheit des Bildes nimmt stetig zu.\nEs entsteht die Frage, die wir vorl\u00e4ufig nicht beantworten k\u00f6nnen : Wie grofs wird der Zerstreuungskreis des Lichtes, das von einem Punkte in 32.2 cm Entfernung kommt, wenn die Linse eine Abfla\u00e7hung angenommen hat, wie die, welche beim Kopfrechnen bei den beiden untersuchten Herren zu beobachten war? Lafs sie eine sehr betr\u00e4chtliche ist, ergiebt sich aus der","page":379},{"file":"p0380.txt","language":"de","ocr_de":"380\nW. Heinrich.\nbedeutenden Differenz in der Gr\u00f6fse der Kr\u00fcmmungsradien. Die genaue Bestimmung k\u00f6nnte man nur auf Grund der genauen Kenntnis aller Kr\u00fcmmungsradien und Entfernungen des Auges machen. Wir haben w\u00e4hrend der Untersuchung geglaubt, die fr\u00fcheren Daten benutzen zu k\u00f6nnen. Nachdem aber die Berechnungen der Kr\u00fcmmungsradien der vorderen Fl\u00e4che die bereits hervorgehobenen Differenzen zwischen unseren und fremden Resultaten zu Tage gef\u00f6rdert hatten, und nachdem dieselben Unterschiede aller Wahrscheinlichkeit nach auch bei den Messungen der Kr\u00fcmmungsradien der hinteren Fl\u00e4che analoge Differenzen zur Folge haben werden, m\u00fcssen wir vorl\u00e4ufig auf eine Beantwortung dieser Frage verzichten.\nUnsere Untersuchungen geben an, dafs die Kr\u00fcmmung der Linse beim seitlichen Sehen kleiner als beim zentralen Fixieren ist. Wir m\u00fcssen die Bedeutung dieser Erscheinung nicht nur f\u00fcr das zentral einfallende Licht, sondern auch f\u00fcr das von der Seite kommende untersuchen.\nNimmt man im allgemeinen an, dafs ein Strahl durch eine Anzahl brechender Medien hindurchgeht und summiert die Produkte der L\u00e4ngen der Wege, die der Strahl in jedem Medium zu durchlaufen hat, mit dem entsprechenden Brechungsexponenten, so bekommt man nach Helmholtz1 die optische L\u00e4nge des Strahles.\nDas allgemeine Brechungsgesetz besagt dann, dafs die Lichtstrahlen, welche von einem Punkte ausgehen und durch beliebig viele Fl\u00e4chen von kontinuierlichen Kr\u00fcmmungen gebrochen werden, sich so zu einem Bilde vereinigen, dafs die Strahlen des Bildes senkrecht zu derjenigen Fl\u00e4che stehen, f\u00fcr welche s\u00e4mtliche optische L\u00e4ngen der Strahlen einen konstanten Wert haben. Die Fl\u00e4che ist die Wellenfl\u00e4che. Wenn die Strahlen zentral auffallen und das brechende System durch ein System kugeliger, kontinuierter Fl\u00e4chen abgegrenzt ist, so bildet die Wellenfl\u00e4che eine Kugelfl\u00e4che, und die Strahlen, die dann normal zu einer Kugelfl\u00e4che stehen, vereinigen sich in einem Punkt. Ist eine der Abgrenzungsfl\u00e4chen der brechenden Medien etwa eine Zylinderfl\u00e4che, so wird das System ein astigmatisches genannt, und man bekommt Bilder, wie sie beim astigmatischen Auge auch beim zentral auffallenden Licht\n1 Physiol. Optik. S. 238 ff.","page":380},{"file":"p0381.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\n381\nzu finden sind, d. h. die Strahlen schneiden sich nicht in einem Punkte, sondern in zwei Linien, die senkrecht zu einander stehen.\nEin astigmatisches Bild liefern auch die seitlich einfallenden Strahlen bei Medien, die durch kugelige, zentrierte Fl\u00e4chen getrennt sind.\nMit der Untersuchung der Brechung der seitlich auffallenden Strahlen hat sich L. Hermann eingehend besch\u00e4ftigt1 und die allgemeinen Formeln f\u00fcr die Brennweite aufgestellt.\nF\u00fcr unsere Angaben werden wir uns aber nur auf die Formeln beschr\u00e4nken, die unter besonderen Annahmen gemacht sind, und zwar aus dem Grunde, weil die Untersuchung mit vollst\u00e4ndigen Formeln keine so \u00fcbersichtlichen Resultate liefert, wie mit den gek\u00fcrzten. Das Resultat bleibt in beiden F\u00e4llen, wie wir uns \u00fcberzeugt haben, dasselbe.\nWir heben daher nur diejenigen Formeln heraus, die unter der Annahme gefunden wurden, 1. dafs die Strahlen durch den optischen Mittelpunkt der Linse hindurchgehen, und 2. dafs die Strahlen parallel auffallen. Unter diesen Voraussetzungen bekommt man f\u00fcr die Abst\u00e4nde der beiden Brennlinien folgende Ausdr\u00fccke :\ng 9 no cos2 ip\u2014 d\u00a3\nP\u00b1 = ^ COS J cp \u2014,-7-r-\u25a0r~K\u2014i-T-r*\n\u00a3\tn (r. -f- (?) cos2 ip \u2014 \u00f4 \u00a3\n__ Q ng\u2014 d\u00a3\nt n(r + Q)-\u00e4t\nHierbei sind pt und p2 die Entfernungen der beiden\nBrennlinien, r Kr\u00fcmmungsradius der vorderen Linsenfl\u00e4che,\nq Kr\u00fcmmungsradius der hinteren Linsenfl\u00e4che, \u00f6 das zwischen\nbeiden Linsenfi\u00e4chen eingeschlossene St\u00fcck des Strahles, cp der\n\u20ac\nEinfallswinkel des Strahles auf die vordere, ifj der Einfallswinkel des gebrochenen Strahles auf die zweite Linsenfl\u00e4che, \u00a3 \u2014 n cos xfj \u2014 cosy und n der Brechungsindex der Linse.\nDen optischen Wert des Systems dr\u00fcckt die Entfernung der beiden Bildlinien p1\u2014 p2 aus; es bleibt daher zu unter-\n1 Die Gratulationsschrift der medizinischen Fakult\u00e4t der Universit\u00e4t Z\u00fcrich zum 25j\u00e4hrigen Professorjubil\u00e4um C. Ludwigs. Z\u00fcrich 1874. Ferner drei\nAufs\u00e4tze in Pfl\u00fcgers Arch. Bd. XYIII. Bd. XX. u. Bd. XXVII.","page":381},{"file":"p0382.txt","language":"de","ocr_de":"382\nW. Heinrich.\n\u2022 \u2022\nsuchen, wie sich der Wert p2\u2014px \u00e4ndert mit der \u00c4nderung\nder Kr\u00fcmmungsradien und des Einfallswinkels.\nUm diese Untersuchung m\u00f6glichst zu vereinfachen, nehmen\nwir an, dafs die \u00c4nderung der zweiten Linsenkr\u00fcmmung pro-\n\u2022\u2022\nportional den \u00c4nderungen der ersten ist, und setzen daher q \u2014 ar1 wo a der Proportionalit\u00e4tsfaktor ist. Dieselbe Annahme machen wir in Bezug auf die Dicke der Linse. Auch von dieser nehmen wir an, dafs sie sich in gewissem Verh\u00e4ltnis zu dem vorderen Kr\u00fcmmungsradius \u00e4ndert, und setzen S = \u00df r, es wird dann\np\ta [an \u2014\t\u25a0\u00dft)\ta cos2 <jp (n a cos2 ip -\t-\u00abh\nh {\u00bb (i + \u00ab)\t1 Li)\t\u00a3 In ( 1 -)- a) cos2 ip -\t- \u00df rjJ\nDa der Ausdruck in den Klammern von r unabh\u00e4ngig ist, so ergiebt sich, dafs der Wert p2\u2014p1 dem Werte f\u00fcr r (beigegebenen Einfallswinkel und gegebenen Index) proportional ist. Er w\u00e4chst und f\u00e4llt mit r.\nDie Abh\u00e4ngigkeit des Wertes p2 \u2014px von dem Einfallswinkel hat Hermann bereits abgegeben und mit einer experimentellen Untersuchung bei einer Linse von der Brennweite 175 mm und bei Entfernung des Lichtpunktes von 500 mm best\u00e4tigt. Das Resultat war, dafs die Gr\u00f6fse des Wertes f\u00fcr p2 \u2014 p1 bis zum cp = 50\u00b0 best\u00e4ndig zunimmt und sehr langsam f\u00e4llt, wenn der Winkel vergr\u00f6fsert wird.\nBei der Bestimmung der G\u00fcte des Systems nimmt Hermann an, dafs die G\u00fcte umgekehrt proportional der Gr\u00f6fse der Entfernung beider Brennweiten ist. Dieser Bestimmung k\u00f6nnen wir uns nur anschliefsen, wenn man mit der optischen G\u00fcte nicht zugleich die physiologische Bedeutung derselben in Betracht zieht. Denn f\u00fcr die letztere ist vor allem von Bedeutung, wie sich die Punkte auf der Netzhaut vereinigen. In dieser Hinsicht ist zuerst von Bedeutung, ob eine der Brennlinien auf die Retina f\u00e4llt oder, wenn dies nicht der Fall ist, wie sich die Zerstreuungsellipsen mit den \u00c4nderungen des Wertes^\u2014p1 \u00e4ndern. Es liegt die Annahme nahe, dafs in diesem Falle die grofse Entfernung der beiden Brennlinien physiologisch vorteilhafter ist, als eine geringe. Die Beantwortung dieser und der damit verkn\u00fcpften Fragen m\u00fcssen wir hinausschieben.\nDie Frage, ob eine Art der Akkommodation des Auges auf","page":382},{"file":"p0383.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\n383\ndie Entfernung auch bei seitiichem Sehen stattfinden kann, m\u00fcssen wir offen lassen. Genaue Akkommodation wird wohl ausgeschlossen sein, eine approximative ist denkbar.\nNachdem wir die Art und Bedeutung der \u00c4nderungen, die am Auge zu beobachten sind, festgestellt haben, bleibt nur noch \u00fcbrig, den Zusammenhang dieser \u00c4nderungen mit den Aussagen, welche \u00fcber die Aufmerksamkeit gemacht werden, festzustellen. Diese sind am genauesten bekannt und mitgeteilt worden.\nBer\u00fccksichtigen wir nur diejenigen Mitteilungen, welche in Zusammenhang mit unseren Untersuchungen gebracht werden k\u00f6nnen, so besagen diese zuerst, dafs die zentral gesehenen Objekte undeutlich und schwach werden, wenn die indirekt gesehenen Teile des Objektes beschaut werden. Diese Angaben stehen in unmittelbarem Zusammenh\u00e4nge mit dem bereits Auseinandergesetzten. Die zentral gesehenen Objekte werden undeutlich, weil die Form der Linse eine derartige wird, dafs sie das deutliche Sehen nicht zul\u00e4fst.\nAuch die Angabe, dafs bei dem direkten Sehen das seitw\u00e4rts sich Befindende unbemerkt bleibt, steht mit den gefundenen .Resultaten in einer direkten Beziehung. Nimmt man an, dafs die beobachtete \u00c4nderung der Linse f\u00fcr das indirekte Sehen vorteilhaft ist, so mufs man auch annehmen, dafs die optischen Bedingungen, unter welchen der von der Seite kommende Strahl einwirkt, weniger vorteilhaft werden, wenn diese \u00c4nderung nicht stattfindet. Die genaue Untersuchung hier\u00fcber werden wir n\u00e4chstens mitteil en.\nDie weiteren Angaben \u00fcber die Aufmerksamkeit lauten dahin, dafs sie gleichzeitig nur von einer Art von Eindr\u00fccken beansprucht werden kann. Bilden die optischen Eindr\u00fccke den Gegenstand der Erlebnisse, so weifs man von den akustischen nichts u. s. w. Die gelieferten Resultate geben uns die M\u00f6glichkeit, auch dieser Erscheinung n\u00e4her zu treten. Wir haben gesehen, dafs beim Kopfrechnen die Linse die gr\u00f6fste Abflachung erlitten hat, die Augenaxen der Parallelstellung sich n\u00e4herten. Zieht man noch die hervorgehobene Ruhe der Linse in Betracht, so ersieht man leicht, dafs durch passende Stellung des Kopfes dem Auge eine Richtung gegeben werden kann, welche das Auge gewiss ermafsen vor der Licht ein Wirkung sch\u00fctzt. Auch hier also bewiesen die beobachteten \u00c4nderungen","page":383},{"file":"p0384.txt","language":"de","ocr_de":"384\nW. Reinrich.\ndie Zur\u00fccksetzung der Beizeinwirkung. Wie grofs diese ist, mufs unentschieden bleiben.\nIm allgemeinen also: Die \u00c4nderungen, die man an den Augen beobachtet, stehen im direkten Zusammenh\u00e4nge mit den Angaben \u00fcber die Erscheinungen der Aufmerksamkeit. Wo die physiologischen Bedingungen die Einwirkung des Beizes beg\u00fcnstigen, dort ]auten auch die Angaben dahin, dafs der Eindruck bemerkt resp. deutlicher wird; wo dieselben Bedingungen die Einwirkung des \u00e4ufseren Beizes herabsetzen, dort giebt man an, den Eindruck nicht bemerkt resp. undeutlich gesehen zu haben.\nZu den weiteren Erscheinungen, die wir noch besprechen m\u00fcssen, geh\u00f6ren die sog. Schwankungen der Aufmerksamkeit.\nDiese bestehen in der Periodizit\u00e4t, welcher die schwachen Eindr\u00fccke unterliegen. Die Periode besteht aus dem Abschnitt, wo der Eindruck gar nicht bemerkt wird, dann scheint er sehr schwach zu sein, nimmt an St\u00e4rke zu, um weiter wieder schw\u00e4cher zu werden und zu verschwinden.\nDiese Perioden wurden eingehend von Urbantschitsch,1 N. Lange,2 Pace,3 Eckner,4 Marbe,5 Lehmann6 und M\u00fcnsterberg7 studiert. Die Begr\u00fcndung dieser Erscheinungen haben unter Anderen Wtjndt,8 Lange, M\u00fcnsterberg und Exner9 zu geben versucht. Wir wollen hier nur auf den Gegensatz zwischen Wundt und Schule, Lange und M\u00fcnsterberg eingehen. 1ST. Lange meint in Anlehnung an W\u00fcndt, dafs sie im allgemeinen Eindruck der rhythmischen Th\u00e4tigkeit der Apperzeption ist. M\u00fcnsterberg, der sp\u00e4ter durch Lehmann, Eckner, Pace, Marbe bek\u00e4mpft wurde, nimmt an, dafs es die Schwankungen in der Akkommodation sind, und f\u00fchrt diese auf den Bhythmus der Atmung zur\u00fcck.\n1\tCentralU. f. d. med. Wiss. 1875. Pfl\u00fcgers Arch. Bd. XXVII.\n2\tPhilos. Stud. Bd. IV.\n3\tPhilos. Stud. Bd. VIII.\n4\tPhilos. Stud. Bd. VIII.\n5\tPhilos. Stud. Bd. VIII.\n6\tPhilos. Stud. Bd. IX.\n7\tBeitr\u00e4ge. Heft II.\n8\tPhysiol. Psychol. S. 295 f.\n9\tEntivurf zur physiologischen Erkl\u00e4rung der psychischen Zust\u00e4nde.","page":384},{"file":"p0385.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\t385\nTreten wir der ersten Begr\u00fcndung n\u00e4her, so kann von derselben nur gesagt werden, dafs sie nicht als eine Erkl\u00e4rung betrachtet werden kann. Denn man nimmt einfach an, dafs die Apperzeption, welche ja eine \u201ebesondere\u201c Th\u00e4tigkeit bildet, die Eigenschaft hat, dafs sie rhythmisch wirkt; da man aber dieser Th\u00e4tigkeit nicht n\u00e4her treten kann, so l\u00e4fst sich auch weiter nicht streiten, ob sie eine ryhthmische oder keine solche ist. Ber\u00fccksichtigung m\u00fcssen nur die Motive verdienen, mit welchen N. Lange darzulegen versucht, dafs die Schwankungen zentraler Natur und keine Erm\u00fcdungserscheinungen sind. Seine Gr\u00fcnde formuliert N. Lange folgendermafsen: \u201eErstens haben wir gar keinen experimentellen Grund, anzunehmen, dafs die sensiblen Nerven so rasch und bei einem so schwachen Beize erm\u00fcden. Im Gegenteil, soviel wir nach Analogie mit den motorischen Nerven urteilen k\u00f6nnen, kommt die Erm\u00fcdung bei schwachen Beizen nur nach einer sehr langen Wirkung vor. Zweitens: w\u00e4re die oben erw\u00e4hnte Annahme der Beizschw\u00e4che eine Folge der Erm\u00fcdung der peripherischen Nerven, so w\u00fcrde es absolut unbegreiflich, wie diese Erm\u00fcdung von neuem verschwinden k\u00f6nnte, obgleich der \u00e4ufsere Beiz fortdauert..........Endlich drittens: h\u00e4tten wir es hier mit einer\nErscheinung peripherischer Erm\u00fcdung zu thun, so w\u00e4re es unbegreiflich, weshalb sie besonders und sogar ausschliefslich bei schwachen Beizen zu beobachten ist, obgleich der Nerv bei denselben am wenigsten leidet.\u201c Man kann nun alle drei Motive mit Lange teilen, ohne doch zu dem Schl\u00fcsse zu kommen, die Schwankung m\u00fcsse unabh\u00e4ngig von der Beizschwankung sein. N. Lange zieht eben die Bedeutung und Bolle der Akkommodation gar nicht in Betracht.1\n1 Eine Bemerkung Langes wollen wir noch ber\u00fccksichtigen. Die\nBeobachtung Urbantschitschs wiedergebend, dafs die Schwankungen der\nAufmerksamkeit bei jeder Anspannung des Trommelfelles zu beobachten\nsind, f\u00fcgt Lange hinzu: \u201eWir haben diese ebenfalls mit H\u00fclfe eines\nkleinen Manometers beobachtet.\u201c Diese Bemerkung l\u00e4fst glauben, dafs\n\u2022 * *\nLange die \u00c4nderungen in der Anspannung des Trommelfelles mit dem Manometer beobachtet hat, und wenn man die Theorie Langes ber\u00fccksichtigt, m\u00fcfste man wohl schliefsen, dafs er auch keine Schwankungen, die etwa den Schwankungen der Aufmerksamkeit entsprechen w\u00fcrden, beobachtet hat. Wir m\u00fcssen daher hier bemerken, dafs wir versucht haben, die Spannungs\u00e4nderungen des Trommelfelles mit dem Manometer zu untersuchen. Die Versuche wurden zuerst an Herrn J. Ubach, Dr. Beck\n25\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie IX.","page":385},{"file":"p0386.txt","language":"de","ocr_de":"386\nW. Heinrich.\nM\u00fcnsterberg hat bei den Erkl\u00e4rungen, welche er f\u00fcr die Erscheinung aufgestellt hat, den richtigen Gedanken gehabt, dafs die Ursache in einer Schwankung der Genauigkeit der Akkommodation zu suchen ist. Diesen \u2022 durchaus richtigen Gedanken hat er mit einem zweiten verbunden, welcher sich keineswegs als stichhaltig gezeigt hat und welcher der Anschauung M\u00fcnsterbergs \u00fcber die Aufmerksamkeit entsprach. M\u00fcnsterberg hat bekanntlich die Aufmerksamkeit auf die Muskelspannung, besonders aber auf die Spannung der Brust-und Halsmuskulatur zur\u00fcckgef\u00fchrt. Die Muskelspannungen sah er durch die Atmung beeinflufst und hat daher aus derselben Ursache die Schwankungen der Akkommodation ableiten wollen. Sp\u00e4ter pr\u00fcfte Lehmann die Abh\u00e4ngigkeit der Schwankungen der Aufmerksamkeit von der Atmung nach und gelangte zu Resultaten, die im allgemeinen den Angaben M\u00fcnsterbergs widersprachen.\nAuf Grund der Beobachtungen, die wir gemacht haben, glauben wir uns der Anschauung M\u00fcnsterbergs insofern an-schliefsen zu m\u00fcssen, als wir auch behaupten, die Schwankung in der Genauigkeit der Akkommodation bedinge die Schwankungen der Aufmerksamkeit bei optischen Eindr\u00fccken. Wir k\u00f6nnen\nund Prof. Exner gemacht. In allen F\u00e4llen war absolut keine \u00c4nderung der Manometerfl\u00fcssigkeit zu. beobachten. Bei Versuchen, die an mir angestellt wurden, konnte man nur regelm\u00e4fsige Ausschl\u00e4ge beobachten, die mit dem Puls vollkommen \u00fcbereinstimmten. Daher keine Beaktion, die auf die Trommelfellspannung zur\u00fcckgef\u00fchrt werden konnte. Es wurden dabei allerlei Schallreize versucht: Pfeifen, H\u00e4ndeklatschen, Orgelpfeifen u. s. w. Nur in einem Falle bekam man Ausschl\u00e4ge, n\u00e4mlich beim Schiefsen aus dem Bevolver. Diese Ausschl\u00e4ge haben aber die allgemeine Zuckung des K\u00f6rpers zur Ursache gehabt. Es mufs daraus der Schlufs gezogen werden, dafs diese Methode f\u00fcr derartige Untersuchungen unbrauchbar ist, weil sie \u00fcberhaupt keine Besultate lieferte. Von den in der Litteratur befindlichen mir bekannten Angaben hat Pinne keine Ausschl\u00e4ge beobachten k\u00f6nnen. {Prag. Vierteljahresschr. f. prakt. HeilJcde. 1855. Bd. II. S. 71.) Politzer stellte zuerst Versuche an Pr\u00e4paraten mit g\u00fcnstigen Erfolgen an. Er allein giebt auch an, dafs er an normalen Ohren Ausschl\u00e4ge beobachtet hat. (Berichte d. Alcad. d. Wiss. zu Wien, 1861.) Die Untersuchungen von Lucae {Arch. f. Ohrenhe\u00fckde. Bd. I.) k\u00f6nnen nicht in Betracht gezogen werden, da er an anomalen Ohren die Schwankungen bei der Atmung beobachtet hat. Wir glauben, dafs die ung\u00fcnstigen Besultate daraus herzuleiten sind, dafs das Trommelfell infolge der Verstopfung des \u00e4ufseren Geh\u00f6rganges gar nicht th\u00e4tig wird.","page":386},{"file":"p0387.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane.\n387\njedoch nicht weiter schliefsen, die Atmung sei die Ursache der Akkommodationsschwankung, und zwar aus dem einzigen, aber vollkommen gen\u00fcgenden Motive, dafs wir keinen Grund haben, eine solche Beeinflussung der Akkommodation von seiten der Atmung anzunehmen Die Brust- und Halsmuskulatur kann in ihrer Spannung, wie es Mttnsterberg will, durch Heben und Senken der Brust beeinflufst werden, weil hier ein Zusammenhang vorhanden ist. Nichts kann aber den Schlufs erlauben, dafs auch die Spannung der Akkommodationsmuskulatur des Auges durch die Hebung der Brust beeinflufst werden kann.\nAuf die Frage, was die Schwankung der Akkommodation bedingt, k\u00f6nnen wir keine sichere Antwort geben. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden hierf\u00fcr die Erm\u00fcdung und Ern\u00e4hrung der Muskeln mafsgebend sein.\nWie sich die Ursache der Abspannung der Akkommodation auch gestaltet, ist die Thatsache selbst ganz zweifellos. Wir haben schon bei Beschreibung der Versuche auf die kleinen Schwankungen, die bei der Untersuchung ebenso der Pupille, wie auch der Linse zu beobachten waren, aufmerksam gemacht. Schon diese Beobachtung zeigt deutlich, dafs die Akkommodation der Linse nie eine stabile ist. Auch die Linse des homa-tropinisierten Auges ist nicht ganz ruhig. Bei den Versuchen \u00e4ufserten sich auch die untersuchten Herren immer, dafs ihnen eine l\u00e4ngere Fixierung unm\u00f6glich ist. Wir haben deshalb darauf aufmerksam gemacht, dafs es notwendig ist, die einzelnen Messungen rasch zu machen, wenn man sichere Resultate haben will. Diese Daten berechtigen vollkommen zu der Annahme, dafs die Schwankungen in der Genauigkeit der Akkommodation die alleinige Ursache der Schwankungen der Aufmerksamkeit bei optischen Eindr\u00fccken sind. Diese auf direkte Beobachtung gest\u00fctzte Annahme beseitigt die bis jetzt r\u00e4tselhaft erscheinenden Umst\u00e4nde. Erstens wird man die Frage der Erm\u00fcdungserscheinungen der Nerven gar nicht in Betracht zu ziehen brauchen; weiter ist es klar, warum die Erscheinung nur bei den schwachen Reizen zu beobachten ist. Die schwachen Reize bed\u00fcrfen eben der gr\u00f6fsten Sch\u00e4rfe der Akkommodation, der g\u00fcnstigsten Aufnahmebedingungen. Sobald die Akkommodation eine auch nur etwas unvollst\u00e4ndige ist, wird dadurch der Eindruck in seiner Wirkung abgeschw\u00e4cht, er sinkt unter\n25*","page":387},{"file":"p0388.txt","language":"de","ocr_de":"388\nW. Heinrich.\ndie Reizschwelle und \u00fcbt keine gen\u00fcgende Wirkung aus. Bei st\u00e4rkeren Reizen ist die Abschw\u00e4chung derselben durch ungenaue Akkommodation nicht von solcher Bedeutung. Die Reize besitzen auch dann noch die geh\u00f6rige St\u00e4rke, um die Nerven zu erregen, auch wenn die Akkommodation nicht vollst\u00e4ndig genau ist. Man beobachtet dann auch kein Yerschwinden und Auftauchen des Eindrucks.\nEine weitere Best\u00e4tigung findet diese Annahme auch in den Untersuchungen, welche Marbe angestellt hat. Diese haben n\u00e4mlich gezeigt, dafs die Gr\u00f6fse des Verh\u00e4ltnisses in der St\u00e4rke des Grundes und des auf demselben sich befindlichen Reizes f\u00fcr das Auftreten der Schwankungen von wesentlicher Bedeutung ist.\nMarbe res\u00fcmiert seine Untersuchung folgendermafsen :\n\u201eDie Schwankungen der Gesichtsempfindungen sind abh\u00e4ngig vom Verh\u00e4ltnis der Intensit\u00e4t des Unterschiedsreizes zur Intensit\u00e4t des Grundreizes, bezw. von den Intensit\u00e4tsunterschieden der entsprechenden Empfindungen.0\nDie Schwankungen finden in der N\u00e4he der Schwelle innerhalb einer bestimmten Grenze statt. Das Verh\u00e4ltnis der Reize mufs einen bestimmten Wert \u00fcberschritten haben, wenn das Ph\u00e4nomen eintreten soll; bei einer bestimmten Gr\u00f6fse des Verh\u00e4ltnisses h\u00f6ren die Schwankungen auf.1\nVergleichen wir dieses Resultat mit der von uns angegebenen Anschauung, so befindet sich dieses mit derselbenin vollst\u00e4ndigem Einkl\u00e4nge. Der Unterschied zwischen der genauen und ungenauen Akkommodation besteht eben darin, dafs in letzterem Palle das Bild verwaschen ist. Das Bild des Unterscheidungsreizes fliefst mit dem Bilde des Grundreizes zusammen. Dieses Zu-sammenfliefsen ist desto schwieriger, je gr\u00f6fser der Unterschied beider Reize.\nDiese Anschauung erkl\u00e4rt auch die f\u00fcr Marbe r\u00e4tselhaft gebliebene Erscheinung, warum die Schwankungen im seitlichen Teile des Gesichtsfeldes noch bestehen, w\u00e4hrend sie beim Pixationspunkt nicht mehr zu beobachten sind. Die seitlich gelegenen Objekte werden astigmatisch, d. h. abgeschw\u00e4cht gesehen.\n1 Phil. Stud. VIII. S. 636.","page":388}],"identifier":"lit29760","issued":"1896","language":"de","pages":"342-388","startpages":"342","title":"Die Aufmerksamkeit und die Funktion der Sinnesorgane: Erster Beitrag","type":"Journal Article","volume":"9"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:40:48.754874+00:00"}