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{"created":"2022-01-31T14:38:16.347892+00:00","id":"lit29766","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Cohnstein, W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 9: 404-406","fulltext":[{"file":"p0404.txt","language":"de","ocr_de":"404\nLitteraturbericht.\nAuch die Topographie der einzelnen Nervenzellen und der Kerne im R\u00fcckenmark hat wieder Beachtung erfahren, so u. a. in der Arbeit von Collins.1\nSehr erfreulich ist die Zunahme des Interesses an der allge meinen Morphologie und an der vergleichenden Anatomie von Gehirn und R\u00fcckenmark. Nicht weniger als 63 hierher geh\u00f6rige Arbeiten verzeichnet der Jahresbericht. Neben Studien zur vergleichenden Entwickelungsgeschichte des Gehirns, die man namentlich Kupffer2 3 4 5 6 7 8 und Bus3-4 verdankt, haben wir jetzt ganze monographische Bearbeitungen einzelner Tiergehirne bekommen, so namentlich eine vortreffliche Arbeit von Pedro Ram\u00f6n y Cajal 5 \u00fcber das Amphibien- und Reptiliengehirn und Studien von Brandis6-8 \u00fcber die Hirnnerven der V\u00f6gel, sowie von Gebuchten9 \u00fcber das Nervensystem der Knochenfische.\n1.\tH. E. Hering. Erwiderung auf Herrn Prof. Gaules Bemerkungen \u00fcber die bei gefesselten Kaninchen vorkommenden Muskelzerreifsungen.\nCentralbl. f. Physiol. 24. M\u00e4rz 1894. Heft 26.\n2.\tJ. Gaule. Die Unterscheidung der trophischen Ver\u00e4nderungen und der Muskelzerreifsungen. Centralbl. f. Physiol. 2. Juni 1894. Heft 5.\n3.\tJ. Gaule. Die trophischen Funktionen des Nervensystems. Dtseh. med. Wochenschr. 1894. No. 24 u. 25.\nDie wissenschaftliche Kontroverse zwischen J. Gaule und H. E. Hering \u00fcber die Existenz trophischer Zentren im Ggl. cervicale inf. sympathici ist erst vor nicht langer Zeit in diesen Spalten zum Gegenstand einer ausf\u00fchrlichen Besprechung gew\u00e4hlt worden. Referent glaubt sich daher verh\u00e4ltnism\u00e4fsig kurz fassen zu d\u00fcrfen, um so mehr, als wesentlich neue\n1\tJ. Collins, Contribution to the arrangement and functions of the cells of the cervical spinal cord. New York med. Journ. No. 789. 1893.\n2\tC. v. Kupffer, Studien zur vergleichenden Entivickelungsgeschichte des Kopfes derKranioten. (1. Heft: Die Entwickelung des Kopfes von Acipenser sturio, an Medianschnitten untersucht.) J. F. Lehmann. M\u00fcnchen u. Leipzig 1893.\n3\tW. His, \u00dcber das frontale Ende und \u00fcber die nat\u00fcrliche Einteilung des Gehirnrohres. Yerhandl. der anatom. Gesellsch. VII. Vers, in G\u00f6ttingen. S. 95. (Disk.: v. Kupffer, Strasser, v. Kupffer, Strasser, v. Kupffer,His, v. Kupffer, Waldeyer, Strasser. S. 100.)\n4\t\u2014 \u00dcber die Vorstufen der Gehirn- und der Kopfbildung bei\nWirbeltieren. Arch. f. Anat u. Physiol. (Adat. Abt.) S. 313.\t1894.\n5\tRam\u00f6n y Cajal (Zaragoza), Investigaciones microgr\u00e2ficos en el enc\u00e9falo de los batr\u00e2ceos y reptiles. Cuerpos geniculados y tuberculos cuadrigeminos de los mamiferos. Zaragoza. Tip. La Derecha 4. S. 380. 1 PI.\n6\tF. Brandis, Untersuchungen \u00fcber das Gehirn der V\u00f6gel. I. Teil. Das Kleinhirn. 1 Tafel. Arch. f. mikrosk. Anat. XLHI. 4. S. 787. (F\u00fcr n\u00e4chsten Bericht.)\n7\t\u2014 Untersuchungen \u00fcber das Gehirn der V\u00f6gel. I. Teil. \u00dcbergangsgebiet vom R\u00fcckenmark zur Medulla oblongata. 1 Tafel. Ebenda. XLI. 2. 4. S. 168. 623.\n8\t\u2014 II- Teil. Ursprung der Nerven in der Oblongata. Ebenda. XXHI. S. 96.\n9\tA. v. Gehuchten, Contribution \u00e0 l\u2019\u00e9tude du syst\u00e8me nerveux des t\u00e9l\u00e9ost\u00e9ens. Communication pr\u00e9liminaire. La Cellule. X. 2.","page":404},{"file":"p0405.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n405\nGesichtspunkte in den drei in Hede stehenden Abhandlungen nicht enthalten sind.\nIn Abhandlung 3, welche einen auf dem XL internationalen medizinischen Kongrefs gehaltenen Vortrag enth\u00e4lt, giebt Gaule noch einmal eine Gesamt\u00fcbersicht seiner Anschauungen, betreffend die trophischen Nerven. Gaule ist der Ansicht, dafs jeder lebende Organismus in stetem Kampf mit den zerst\u00f6renden Kr\u00e4ften der Aufsenwelt begriffen ist, und dafs das Verh\u00e4ltnis zwischen bildenden und zerst\u00f6renden Kr\u00e4ften geregelt und geleitet wird durch besondere nerv\u00f6se Apparate, trophische Fasern und trophische Zentren. Die Existenz solcher glaubt er \u2014 wie bekannt \u2014 fr\u00fcher bez\u00fcglich der Cornea, jetzt bez\u00fcglich der quergestreiften Muskulatur und des Bindegewebes nachgewiesen zu haben. Verfasser schildert in eingehender Weise die nach Verletzung des oben genannten sympathischen Ganglions sich abspielenden Ver\u00e4nderungen in den Muskeln (Biceps, Psoas, Hautmuskel), welche oft so schnell einsetzen, dafs man sie im Laufe von Minuten unter den eigenen Augen entstehen sieht, und deren eigenartiger, makroskopischer, einem Ulcus nicht un\u00e4hnlicher Habitus sich durch merkw\u00fcrdige histologische und chemische Ver\u00e4nderungen erkl\u00e4rt. Verfasser zweifelt nicht, dafs diese Degeneration, diese trophische St\u00f6rung durch Vermittelung nerv\u00f6ser Bahnen, ohne Beteiligung des Gef\u00e4fsapparates und oft in direktem kontinuierlichen Zusammenh\u00e4nge mit nerv\u00f6sen Endapparaten (VATER-PACiNische K\u00f6rperchen) sich entwickelt.\nHering (1) steht im Gegensatz zu Gaule auf dem Standpunkte, dafs alle Erscheinungen, welche letzterer beschreibt, auch ohne L\u00e4sion des Ganglion cervicale inferius gelegentlich gesehen werden k\u00f6nnen und nur die Folge willk\u00fcrlicher, abnorm kr\u00e4ftiger, durch den Heiz des Auf-bindens ausgel\u00f6ster Muskelbewegungen des Versuchstieres seien. Er schliefst dies daraus, dafs es ihm gelungen ist, an Tieren, welche die Tracheotomie, die Vagotomie oder auch nur langdauemde Chloroformnarkose in gefesseltem Zustande zu ertragen hatten, die charakteristischen Zerreifsungen in Biceps, Psoas u. s. w. zu finden. Auch beschreibt er, wie es ihm gelungen ist, durch einen kr\u00e4ftigen Druck der Hand die Scapula dem Humerus derartig zu n\u00e4hern, dafs der Biceps einrifs. Er glaubt, durch einen derartigen mechanischen Eingriff die maximale willk\u00fcrliche Innervation des gefesselten Kaninchens zu imitieren.\nGaule sagt in seiner Erwiderung (2), dafs es ihm nicht gelungen sei, durch irgend welche schmerzerregende Manipulationen ein gefesseltes Kaninehen zu einer Muskelkontraktion von solcher Intensit\u00e4t anzuregen, dafs der Biceps einrifs. Er leugnet ausdr\u00fccklich, dafs ein \u201etrophisch intakter\u201c Biceps durch willk\u00fcrliche Kontraktion der Schultermuskeln zum Einreifsen gebracht werden kann. \u2014 Dem HERiNGschen Chloroformkaninchen spricht er jede Beweiskraft ab, weil die betreffenden Muskeln nicht vor dem Aufbinden untersucht worden seien. Muskelzerreifsungen nach Operationen an der Trachea oder dem Vagus k\u00f6nnten vielleicht durch einen Heflex von jenen Nerven auf die trophischen Bahnen zu erkl\u00e4ren sein. \u2014 Schliefslich betont Gaule, dafs er in den HERiNGschen Mitteilungen jedes Eingehen auf die Histologie und den Chemismus der","page":405},{"file":"p0406.txt","language":"de","ocr_de":"406\nLitter aturbericht.\nbetreffenden zerrissenen Muskeln vermifst, w\u00e4hrend ja gerade in den charakteristischen Ver\u00e4nderungen histologischer und chemischer Art das Typische der trophischen St\u00f6rung beruhe.\nW. Cohnstein (Berlin).\nH. E. Hering. \u00dcber die nach Durchschneidung der hinteren Wurzeln auftretende Bewegungslosigkeit des R\u00fcckenmarkfrosches. Pfl\u00fcgers Arch. Bd. 54. S. 614.\nVerfasser ventiliert in der vorliegenden Abhandlung die Erage, oh die M\u00f6glichkeit einer Bewegung an das Fortbestehen zentripetaler Fasern gebunden ist, oder ob auch ohne die letzteren durch alleinige, spontane Th\u00e4tigkeit des Zentralorgans Bewegungen hervorgerufen werden k\u00f6nnen. Die Physiologen stehen im allgemeinen auf dem letzteren Standpunkt und bezeichnen diejenigen Bewegungen, welche das Zentralorgan spontan, etwa infolge von Stoffwechsel\u00e4nderungen in seinem Inneren, ausl\u00f6st, als automatische. Als automatisch wirksam wird z. B. das Atemzentrum, das Herzhemmungszentrum, das vasomotorische Zentrum etc. angesprochen. \u2014 Verfasser erhebt nun den gewifs berechtigten Einwand, dafs m\u00f6glicherweise die Zentralorgane nur insofern von Einflufs f\u00fcr das Zustandekommen von Bewegungen seien, dafs ihre Erregbarkeit schwanke, w\u00e4hrend der eigentliche Bewegungsreiz sehr wohl von den peripherischen Enden der zentripetalen Fasern ausgel\u00f6st werden k\u00f6nne. \u2014 Um diese Frage experimentell zu pr\u00fcfen, w\u00e4re es notwendig, einem Individuum s\u00e4mtliche zentripetal leitende Fasern zu durchschneiden und dann zu pr\u00fcfen, ob von dem Zentralorgan aus spontan Bewegungen ausgel\u00f6st werden k\u00f6nnen. Eine derartige Operation ist nun mit technisch kaum zu \u00fcberwindenden Schwierigkeiten verkn\u00fcpft, und daher hat Verfasser die Frage vereinfacht, indem er nur die angebliche Automatie des R\u00fcckenmarks zu studieren sich anschickte.\nTrennt man einem Frosch das R\u00fcckenmark vom G-ehirn, so beobachtet man, dafs der zun\u00e4chst platt auf dem Bauch liegende Frosch sich allm\u00e4hlich aufrichtet und eine sitzende Stellung einnimmt. (Beugeph\u00e4nomen. Robert Whytt). \u2014 Aber auch aufser dieser Bewegung sieht man an dem betreffenden Frosch oft Bewegungserscheinungen (Kriech-, Springbewegungen etc.).\nVerbindet man aber nun \u2014 wie Verfasser es gethan hat \u2014 mit der R\u00fcckenmarksdurchschneidung die Abtrennung s\u00e4mtlicher sensibler Wurzeln, so bleibt jetzt jede spontane Bewegung des Frosches aus, er liegt wie tot v\u00f6llig unbeweglich da, und nur der Reflex, den man durch Reizung des zentralen Stumpfes der durchschnittenen Wurzel auszul\u00f6sen vermag, beweist, dafs in dem bewegungslosen K\u00f6rper noch Leben vorhanden ist. Es folgt hieraus, dafs beim Frosch das R\u00fcckenmark und der nahe bis zum Abgang des zehnten Hirnnerven reichende Theil der Medulla oblongata, wenn deren Zusammenhang mit den peripheren Endorganen der zentripetalen Nerven aufgehoben ist, selbst\u00e4ndig keine Bewegungen ausl\u00f6st.\nEs lag nun der Einwand nahe, dafs bei den so operierten Fr\u00f6schen","page":406}],"identifier":"lit29766","issued":"1896","language":"de","pages":"404-406","startpages":"404","title":"1. H. E. Hering: Erwiderung auf Herrn Prof. Gaules Bemerkungen \u00fcber die bei gefesselten Kaninchen vorkommenden Muskelzerrei\u00dfungen. Centralbl. f. Physiol. 24. M\u00e4rz 1894. Heft 26 / 2. J. Gaule: Die Unterscheidung der trophischen Ver\u00e4nderungen und der Muskelzerrei\u00dfungen. Centralbl. f. Physiol. 2. Juni 1894. Heft 5 / 3. J. Gaule: Die trophischen Funktionen des Nervensystems. Dtsch. med. Wochenschr. 1894. 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