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{"created":"2022-01-31T14:44:01.565352+00:00","id":"lit29775","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pilzecker, A.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 9: 413-415","fulltext":[{"file":"p0413.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n413\nso verstehen: Wann reden wir von absoluter Intensit\u00e4t oder von Intensit\u00e4tsunterschieden bei einer bestimmten Art von psychischen Zust\u00e4nden, und mit welchem Hechte und in welchem Sinne legen wir den peripherisch oder zentral erregten Empfindungen, die aus den ein* zelnen Sinnesgebieten stammen, absolute Intensit\u00e4ten oder Intensit\u00e4tsunterschiede hei? Die Methode der Beantwortung dieser Frage w\u00fcrde etwa die sein, dafs man die verschiedenen Sinnesgebiete untereinander vergliche, dafs man innerhalb der einzelnen zus\u00e4he, ob sich bei der Erkl\u00e4rung der konkreten Thatsachen mit der einen oder anderen Annahme, der Leugnung oder Billigung von Intensit\u00e4tsstufen am besten auskommen liefse, dafs man endlich nach sekund\u00e4ren Merkmalen der intensiveren Bewufstseinszust\u00e4nde suchte, etwa ihrer Beziehung zu den Gef\u00fchlen, der Aufmerksamkeit, den Behexen, um danach die Entscheidung der obigen Frage zu treffen.\nGanz anders der Verfasser. F\u00fcr ihn hat die Frage lediglich den Sinn: Was bezeichnet der abstrakte Begriff der Intensit\u00e4t eines psychischen Zustandes \u00fcberhaupt? Und die Methode seiner Beantwortung ist die der Begriffsanalyse etwa im Sinne neuhegelscher Spekulation.\nZu diesem Zwecke wird zun\u00e4chst auf 12 Seiten die Vorfrag\u00e9 er\u00f6rtert, ob psychische Zust\u00e4nde mefsbar seien, und zwar nicht nur in dem Sinne psychischer Inhalte, sondern auch in dem ihres \u201epsychischen Seins\u201c. In ersterer Hinsicht wird die Mefsbarkeit psychischer Zust\u00e4nde als bekannt vorausgesetzt, ganz besonders, soweit es die r\u00e4umlichzeitlichen Inhalte betrifft. Wenn psychische Inhalte nicht mefsbar sind, was w\u00e4re dann \u00fcberhaupt mefsbar? meint der Verfasser. Aber auch eine Mefsbarkeit des psychischen Seins m\u00fcsse in abstracto, prinzipiell angenommen werden, wenn sie auch nicht in praxi ausf\u00fchrbar sei. Denn wir k\u00f6nnen von einer verschieden grofsen \u201eArea\u201c des Bewufst-seins reden, welche ein Zustand einnimmt, und das im Sinne einer quantitativen Bestimmung. Damit ist denn auch ein vorl\u00e4ufiger Sinn des Begriffes psychischer St\u00e4rke oder Intensit\u00e4t gegeben, der st\u00e4rkere Zustand ist derjenige komplexe Bewufstseinszustand, welcher eine gr\u00f6fsere \u201eArea\u201c des Bewufstseins einnimmt oder welcher mehr psychische Einheiten oder Teile komplexer Zust\u00e4nde umfafst. Wer sich f\u00fcr derartige Abstraktionen interessiert, mag die genaueren Unterscheidungen und H\u00fclfsannahmen (insbesondere die Unterscheidung psychischer Kraft, \u201eforce\u201c, und Intensit\u00e4t, \u201estrength\u201c), mit denen der Verfasser seine Grundannahme weiter ausf\u00fchrt, im Original nachles en.\nMeumann (Leipzig).\nJohn A. Bergstr\u00f6m. Experiments upon physiological memory by means of the interference of associations. Americ. Journ. of Psychol. V. 3. S. 356-370. (1893.)\n\u2014 An experimental study of some of the conditions of mental activity.\nEbenda. VI. 2. S. 247\u2014274. 5 S. (1894).\nEinstellungserscheinungen, verwandt mit den von M\u00fcller und Schumann in ihrer Arbeit \u00fcber das Vergleichen gehobener Gewichte bereits dargelegten, sind es, denen Verfasser eine Beihe von Artikeln","page":413},{"file":"p0414.txt","language":"de","ocr_de":"414\nLitter a turberich t.\nwidmet. In der ersten obengenannten Arbeit finden wir eine n\u00e4here Darlegung des Verfahrens, welches kurz darin bestand, dafs zwei ganz gleiche Pakete von je 80 Karten, deren jedes sich aus zehn Gruppen von je acht dasselbe Zeichen tragenden Karten zusammensetzte, nacheinander von der Versuchsperson in die zehn verschieden gezeichneten Gruppen auseinander gelegt wurde. Es war jedoch f\u00fcr das Sortieren des zweiten Paketes eine andere Lage der Kartenhaufen auf dem Tische angeordnet, als sie beim Sortieren des ersten Paketes bestanden hatte. Hierdurch entstand eine Verl\u00e4ngerung der zum Sortieren n\u00f6tigen Zeit, die Versuchsperson schien verwirrt und verriet durch \u00f6ftere falsche Armbewegungen, dafs ihr die fr\u00fchere Lage der Kartenh\u00e4ufchen auf dem Tisch noch im Ged\u00e4chtnis war und st\u00f6rend wirkte. Diesen st\u00f6renden Einflufs der zuerst einge\u00fcbten Assoziation (zwischen Kartenbild und Armbewegung) mit der nunmehr einzu\u00fcbenden neuen Assoziation nannte B. Interferenz der Assoziationen, sieht darin eine Eundamentalthatsache des Nervensystems und stellte, indem er die Pause zwischen Sortieren des ersten und zweiten Paketes von 3 bis 960 Sekunden variierte, fest, dafs die Wirkung der Interferenz um etwa zwei Drittel ihres Betrages w\u00e4hrend der ersten Minute, dann aber langsamer abnehme.\nIn der zweiten Abhandlung, in deren erstem Teil es dem Verfasser darauf ankam, die t\u00e4glichen Schwankungen im Verlaufe einfacher geistiger Prozesse zu studieren, wurden der Versuchsperson geistige Operationen, wie Addieren, Multiplizieren von Zahlen, Lesen, Lernen sinnloser Silben, Sortieren von Kartenh\u00e4ufchen zu den verschiedensten Tageszeiten aufgegeben und die Menge des Geleisteten als Mafs f\u00fcr die geistige Spannkraft aufgefafst. Es ergab sich kein nat\u00fcrlich inh\u00e4rierender Bhythmus der t\u00e4glichen geistigen Aktivit\u00e4t, diese ist vielmehr als das Resultat einer Anzahl nerv\u00f6ser und zirkulatorischer Einfl\u00fcsse den gr\u00f6fsten individuellen Verschiedenheiten unterworfen.\nDer zweite Teil der Arbeit giebt zun\u00e4chst eine Wiederholung der * oben beschriebenen Kartenversuche mit dem gleichen Kesultat. Verfasser wehrt sich dagegen, dafs die Interferenzzeit (der f\u00fcr das Sortieren des zweiten Paketes erforderliche Mehrbetrag, verglichen mit der f\u00fcr das Sortieren des ersten Paketes erforderlichen Zeit) als Kesultat der Erm\u00fcdung aufgefafst werde: w\u00e4hrend die Sortierzeit mit der \u00dcbung abnimmt~ gilt dies nicht von der Interferenzzeit ; hat ferner das zweite Paket andere Zeichen, als das erste, so ergiebt sich daf\u00fcr keine Zeitzunahme gegen\u00fcber der f\u00fcr das erstsortierte n\u00f6tigen Zeit; werden f\u00fcr das zweite Paket dieselben Pl\u00e4tze f\u00fcr die H\u00e4ufchen beibehalten, die schon die Gruppen des ersten Paketes innehatten, so tritt sogar eine Verk\u00fcrzung der Zeit ein.\nDie mit der Interferenz h\u00e4ufig eintretende Verwirrung der Versuchsperson ist bei gr\u00f6fseren Interferenzzeiten weniger deutlich, als bei k\u00fcrzeren, wo falsche Bewegungen erst, nachdem sie ausgef\u00fchrt sind, als solche erkannt werden. Verfasser glaubt daher, die Interferenz der Assoziationen als Keflex auffassen zu sollen.\nAuch mit zehnstelligen, sinnlosen Silbenreihen, von denen immer vier, durch zehn Sekunden Pause getrennte Keihen nacheinander gelernt","page":414},{"file":"p0415.txt","language":"de","ocr_de":"Littemturbericht.\n415\nwurden, sowie mit Zahlenreihen hat Verfasser an sich seihst Versuche angestellt und ein grofses Anwachsen der Lernzeit der an zweiter Stelle erlernten Reihe gegen\u00fcber der an erster Stelle erlernten konstatiert, w\u00e4hrend die Lernzeiten f\u00fcr die dritte und vierte Zeitlage nur noch m\u00e4fsig anwuchsen. B. glaubt auch, das von Ebbinghaus schon beobachtete leichtere Erlernen der an ungeradzahliger Zeitlage erlernten Silbenreihen gegen\u00fcber den an geradzahliger Stelle befindlichen Reihen durch Interferenz erkl\u00e4ren zu k\u00f6nnen, eine Annahme, die er durch weitere Versuche, bei denen abwechselnd sinnlose Silben- und Zahlenreihen hintereinander gelernt wurden, und wobei sich wegen fehlender Interferenz der Assoziationen keine Verl\u00e4ngerung der Lernzeit f\u00fcr die geradzahligen Reihenstellen ergab, glaublich zu machen sucht.\nEine letzte Versuchsreihe gilt noch der Beseitigung der Annahme, die Interferenz beruhe auf einer lokalen Assoziation der Zentren f\u00fcr Auge und Hand. Es zeigte sich n\u00e4mlich die Interferenzzeit auch f\u00fcr den Fall, dafs das erste Kartenpaket nicht wirklich von der Veruchs-person sortiert wurde, sondern dieselbe die Karten in sortiertem Zustande nur vorher gezeigt bekam, oder auch die Lage der verschiedenen Kartengruppen ihr einige Male vorgesagt wurde. Verfasser glaubt daher, in der Interferenz der Assoziationen einen mehr zentralen geistigen Prozefs sehen zu m\u00fcssen, dessen Tendenz im Gegensatz zum zeitverk\u00fcrzenden\n\u2022 m\nEinflufs der \u00dcbung auf kurze Zeit hemmend wirkt.\nA. Pilzecker (G\u00f6ttingen).\nC. Wernicke. Grundrifs der Psychiatrie in klinischen Vorlesungen.\nTeil I: Psychophysiologische Einleitung. G. Thieme, Leipzig, 1894. 80 S.\nDer vorliegende I. Teil des Grundrisses der Psychiatrie zerf\u00e4llt in acht Vorlesungen. W. definiert die Geisteskrankheiten als Allgemeinerkrankungen des Gehirns ohne Herdsymptome oder auch als verbreitete Erkrankungen des Assoziationsorgans. Sie sind aufserdem dadurch gekennzeichnet, dafs sie die Assoziationsbahnen in einer durch die Verschiedenheit der Funktion bedingten Auswahl allenthalben befallen. An der Hand des Aphasieschemas gewinnt W. ein Schema f\u00fcr die gesamte Symptomatologie der Geisteskranken. Letztere besteht in letzter Linie nur aus Besonderheiten des motorischen Verhaltens. Die Bewegungen, insoweit sie Funktionen des Bewufstseinsorganes sind, teilt W. in Ausdrucksbewegungen, Reaktivbewegungen und Initiativbewegungen ein. Das Wieder erkennen eines Wortes als solchen bezeichnet W. als prim\u00e4re Identifikation, das Verst\u00e4ndnis des wiedererkannten Wortes als sekund\u00e4re Identifikation. Der letzteren subsumiert er weiterhin auch alle Assoziationen, welche von Vorstellung zu Vorstellung stattfinden, und auch die Assoziation der Reaktivbewegung selbst. Auf Grund seines Schemas gelangt er dann zu der weiteren Einteilung der St\u00f6rungen aller sekund\u00e4ren Identifikationen in psychosensorische (An\u00e4sthesie, Hyper\u00e4sthesie, Par\u00e4sthesie), psychomotorische (Akinese, Hyperkinese,","page":415}],"identifier":"lit29775","issued":"1896","language":"de","pages":"413-415","startpages":"413","title":"John A. Bergstr\u00f6m: Experiments upon physiological memory by means of the interference of associations. Americ. Journ. of Psychol. V. 3. S. 356-370. 1893 / An experimental study of some of the conditions of mental activity. Ebenda. VI. 2. S. 247-274. 5 S. 1894","type":"Journal Article","volume":"9"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:44:01.565358+00:00"}