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{"created":"2022-01-31T12:54:57.287988+00:00","id":"lit29858","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Heller, Theodor","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 10: 124-127","fulltext":[{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\nLittcraturberich t\nsei, liefs er eine gr\u00f6fsere Anzahl (16) seiner Sch\u00fcler dar\u00fcber Versuche anstellen. Diese bestanden einfach darin, dafs die Augen geschlossen und nach g\u00e4nzlichem Verschwinden der Nachbilder der Wille andauernd und gespannt darauf gerichtet wurde, dafs das Eigenlicht eine bestimmte einfache Gestalt, gew\u00f6hnlich ein Kreuz, wohl auch von bestimmter Farbe, annehme.\nDie psychologische Bildung der Versuchspersonen sch\u00fctzte nach des Verfassers Versicherung vor MifsVerst\u00e4ndnis und T\u00e4uschung. Das Resultat war folgendes: Vier Personen konnten das gew\u00fcnschte Ziel \u00fcberhaupt nicht erreichen ; doch soll von denselben den Versuch nur eine mit der n\u00f6tigen Ausdauer angestellt haben. Neun hatten einen teilweisen, drei einen wahrhaft \u00fcberraschenden, auffallend g\u00fcnstigen Erfolg. \u00dcber diese letzten zw\u00f6lf F\u00e4lle berichtet der Verfasser ausf\u00fchrlich.\tWitasek (Graz).\nV. Hensen. Vortrag gegen den sechsten Sinn. Arch. f. Ohrenhe\u00fckde. 1894. Bd. XXXV. S. 161.\n, Hensen ist trotz der zahlreichen schwerwiegenden Indizienbeweise, welche die neueste Zeit zu Gunsten der statischen Funktion des Ohres gebracht hat, auf dem alten Standpunkte der Physiologie vor den fundamentalen Versuchen von Flourens stehen geblieben. Er wendet sich mit Sch\u00e4rfe gegen Ewalds Versuche und Schl\u00fcsse, ohne ihn jedoch zu widerlegen. Letzteres gilt um so mehr auch von den \u00dcbrigen Autoren, als dieselben kaum erw\u00e4hnt werden. Als ein gewichtiger Grund gegen den sechsten Sinn wird angef\u00fchrt, dafs taubstumme Kinder sich in Bezug auf Statik nicht so abnorm verhielten, wie sie der Theorie nach m\u00fcfsten. Diese auf blofse gelegentliche Eindr\u00fccke gest\u00fctzte Behauptung ist inzwischen durch Bruck (vgl. diese Zeitsehr. Bd. IX. S. 296.) gl\u00e4nzend widerlegt. Ferner wird unter \u00e4hnlichen Bemerkungen auch die Thatsache gegen den sechsten Sinn ins Feld gef\u00fchrt, dafs selbst Personen mit ganz normalen Geh\u00f6rorganen (als Beispiel f\u00fchrt H. sich selbst an) an steilen Gebirgspartien schwindelig werden! Vergegenw\u00e4rtigt man sich gegen\u00fcber solcher Art von Kritik die aufserordentlich m\u00fchsamen jahrelangen Forschungen, die minuti\u00f6se Vorsicht in Experimenten und Schl\u00fcssen seitens der Gegenpartei, so d\u00fcrfte schwerlich durch H.\u2019s Vortrag ein Anh\u00e4nger des sechsten Sinnes von seinem Glauben bekehrt werden.\nSchaefer (Rostock).\nHolger Mygind. Taubstummheit. Berlin und Leipzig, Oscar Coblentz,\n1894. 278 S.\nDas vorliegende Werk verdient nicht blofs in den Kreisen der Ohren\u00e4rzte, sondern auch in denen der Taubstummenp\u00e4dagogen ernste Beachtung. In der Einleitung und dem 1. Kapitel: \u201e\u00c4tiologie und Pathogenesea findet ein grofses statistisches Material eine streng kritische Bearbeitung in Bezug auf die wichtigsten Fragen der Taubstummheit, die zum Teil von eminent praktischer Bedeutung sind. Be-","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"Li tteraturbericht.\n125\nsondere Sorgfalt hat der Verfasser den Abschnitten \u00fcber Erblichkeit und Blutsverwandtschaft zu teil werden lassen, deren Einflufs auf die Pathogenese der Taubstummheit \u00fcber jeden Zweifel festgestellt wird. Unter den Gehirnkrankheiten spielt die Meningitis cerebro-spinalis die Hauptrolle als Ursache der Taubstummheit. Nach den von Hartmann ver\u00f6ffentlichten Untersuchungen Wilhelmis waren in den Jahren 1874\u201475 26,8% aller in Pommern-Erfurt lebenden Taubstummen infolge des epidemischen Genickkrampfes ertaubt. Unter den akuten Infektionskrankheiten ist das Scharlachfieber als eine sehr h\u00e4ufige Ursache der Taubheit im Kindesalter bekannt. Das als Folge des Scharlachfiebers auf tretende Labyrinthleiden kann entstehen, ohne dafs eine Entz\u00fcndung der Trommelh\u00f6hle das Verbindungsglied bildet; \u201eman ist deshalb vielleicht berechtigt, das Labyrinthleiden als eine \u201eMetastase\u201c aufzufassen, \u00e4hnlich wie z. B. das w\u00e4hrend des Scharlachfiebers auftretende Nierenleiden.\u201c \u00c4hnlich verh\u00e4lt es sich mit der Pathogenese der Taubheit w\u00e4hrend der Masern. Von Interesse ist die Beobachtung, dafs die skarlatin\u00f6se Taubheit von Gleichgewichtsst\u00f6rungen begleitet sein kann, die zweifellos von einem Entz\u00fcndungsprozefs im Labyrinthe (und namentlich in den halbzirkelf\u00f6rmigen Kan\u00e4len) herr\u00fchren.\nIm 2. Kapitel : \u201ePathologie und Anatomie\u201c werden die verschiedenen Abschnitte des Geh\u00f6rorgans er\u00f6rtert, in denen durch Sektionen von Taubstummen Abnormit\u00e4ten nachgewiesen sind. Wegen der F\u00fclle des hier angesammelten Materials m\u00fcssen wir uns auf die Angabe einiger interessanter Details beschr\u00e4nken, im \u00fcbrigen aber auf das angef\u00fchrte Kapitel verweisen. Im Mittelohr finden sich am h\u00e4ufigsten pathologische Ver\u00e4nderungen am runden Fenster. Dieselben bestehen entweder in Verengungen des Fensters oder in einer Ausf\u00fcllung der Nische des Fensters durch Bindegewebe, oder endlich in Ver\u00e4nderungen der das Fenster normal verschliefsenden Membranen. Auffallend h\u00e4ufig fehlt das runde Fenster ganz oder ist durch Knochensubstanz verschlossen. Aus einem vom Verfasser untersuchten Falle geht \u00fcbrigens hervor, dafs ein Verschlufs des runden Fensters nicht an und f\u00fcr sich totale Taubheit hervorruft. H\u00e4ufig finden sich jedoch daneben bedeutende pathologische Ver\u00e4nderungen des inneren Ohres, Knochenablagerungen in den Labyrinthh\u00f6hlen und besonders in der Schnecke, welche \u00dcberreste einer von der Trommelh\u00f6hle ausgehenden und sich nach dem Labyrinth fortpflanzenden Entz\u00fcndung sind. Das bei Taubstummen wiederholt beobachtete \u201eFehlen des ganzen Labyrinths\u201c f\u00fchrt Verfasser im Gegensatz zu Schwarze und Moos nicht auf eine Hemmungsbildung, sondern auf eine Ablagerung von Knochengewebe in den Hohlr\u00e4umen des Labyrinths als Resultat einer nach der Geburt auftretenden Otitis intima (Voltolini) zur\u00fcck, wodurch die normalen Konturen vollst\u00e4ndig verschwinden k\u00f6nnen. Bei erhaltenem Labyrinth sind die Bogeng\u00e4nge am h\u00e4ufigsten der Sitz pathologischer Ver\u00e4nderungen (54% aller Taubstummensektionen) und in nicht weniger als V\u00ae s\u00e4mtlicher Sektionsberichte mit positivem Resultat die einzigen Abschnitte des Labyrinths, in denen pathologische Ver\u00e4nderungen sich vorfinden, eine Thatsache, die in merkw\u00fcrdigem Gegens\u00e4tze zu dem Ergebnis der EwALDSchen Versuche steht, dafs die Funktion der Bogen-","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"126\nLitteraturbericht.\ng\u00e4nge haupts\u00e4chlich mit dem \u201eTonuslabyrinth\u201c, weniger oder vielleicht gar nicht mit dem \u201eH\u00f6rlabyrinth\u201c verkn\u00fcpft ist. Dieses eigent\u00fcmliche Verh\u00e4ltnis sucht Verfasser dadurch zu erkl\u00e4ren, dafs aus irgend einem Grunde, z. B. wegen der Enge der Kan\u00e4le, \u201eBeste labyrinth\u00f6ser Ent* z\u00fcndung in diesem Abschnitte sich am leichtesten organisieren und sich, mikroskopisch nachweisen lassen, ferner dafs eine sehr grofse Anzahl der Sektionen von Taubstummen aus \u00e4lterer Zeit, wo die mikroskopische Untersuchung noch wenig entwickelt war, stammen\u201c. Da \u00fcbrigens hei Taubstummen h\u00e4ufig Gleichgewichtsst\u00f6rungen Vorkommen, so sieht Verfasser in den oben angef\u00fchrten Thatsachen keinen Widerspruch mit der bekannten EwALDSchen Theorie. Die verschiedenen pathologischen Ver\u00e4nderungen der Schnecke, darunter am h\u00e4ufigsten Ausf\u00fcllung derselben mit Knochen- oder Kalkgewebe, sind nur in einer kleinen Anzahl der F\u00e4lle auf diese allein begrenzt, zumeist sind gleichzeitig Abnormit\u00e4ten in den \u00fcbrigen Abschnitten des Labyrinths zu konstatieren. Wichtig ist der Umstand, dafs hierbei h\u00e4ufig auch Spuren oder \u00dcberreste von Entz\u00fcndungen im Mittelohr gefunden wurden. Das vollst\u00e4ndige Fehlen des H\u00f6rn erven ist in zwei F\u00e4llen unzweifelhaft festgestellt. Andere Abnormit\u00e4ten betreffen den Ursprung des Acusticus, vollkommenes Fehlen oder schwache Entwickelung der Striae acusticae, endlich als die h\u00e4ufigste pathologische Ver\u00e4nderung des H\u00f6rnerven Atrophie oder Degeneration seines Stammes oder der Endzweige. Da pathologische Ver\u00e4nderungen des Zentralnervensystems, von rein zuf\u00e4lligen Leiden abgesehen, sehr selten durch Sektionen Taubstummer nachgewiesen sind, so wenden wir uns sogleich dem n\u00e4chsten Kapitel : \u201eSymptome und Folgezust\u00e4nde\u201c zu. Hier interessiert zun\u00e4chst die Angabe, dafs ungef\u00e4hr die H\u00e4lfte s\u00e4mtlicher Taubstummen als Totaltaube angesehen werden m\u00fcssen, w\u00e4hrend sich bei den anderen Geh\u00f6rsfragmente nachweisen lassen. Totaltaube sind bei Taubgewordenen h\u00e4ufiger, als bei Taubgeborenen, Was speziell die Stummheit anbelangt, so sieht sich Verfasser veranlafst, dieselbe in vielen F\u00e4llen als ein der Taubheit koordiniertes Symptom aufzufassen; gelingt es, wie Verfasser im folgenden Kapitel an einigen F\u00e4llen nachweist, die scheinbar totale Taubheit [durch otiatrische Behandlung zu heben, so stellt sich die Sprache normalerweise von selbst ein. Die g\u00fcnstigen Besultate, welche durch rechtzeitige \u00e4rztliche Eingriffe bei Taubstummen erzielt worden sind, veranlafsten Verfasser am Schl\u00fcsse seiner Arbeit zu der Forderung, \u201ealle Kinder mit Taubheit, welche Taubstummheit hervorrufen kann oder schon hervorgerufen hat, einer methodischen Untersuchung des Ohres und der angrenzenden Schleimh\u00e4ute zu unterziehen und eventuell die konstatierten Krankheiten einer Behandlung zu unterwerfen.\u201c D\u00fcrfte sich schon durch diese Mafsregel eine nicht unbedeutende Verringerung der Taubstummheit ergeben, so will Beferent nicht vers\u00e4umen, auf die wichtigen Heilerfolge Urbants chits CHS bei hochgradig Schwerh\u00f6rigen, Direktors S. Heller in F\u00e4llen \u201epsychischer Taubheit\u201c hinzuweisen. Gerade zu einer Zeit, in welcher die bisherige Methodik des Taubstummenunterrichtes so vielfache Anfechtungen erf\u00e4hrt, w\u00fcrden die Taubstummenlehrer ihrer Sache den gr\u00f6fsten Dienst erweisen, wenn sie sich mit den oben angef\u00fchrten","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"IAtteraturberichk\n127\nMethoden genau vertraut machten und dieselben, wo immer m\u00f6glich, bei ihren Z\u00f6glingen in Anwendung br\u00e4chten.\nTheodor Heller (Wien).\nFr. Kib8ow.. Beitr\u00e4ge sur physiologischen Psychologie des Geschmackssinnes. (Fortsetzung.) Philos, Stud, X. S. 523\u2014562. (1894.)\nDie vorliegende Fortsetzung behandelt als Kapitel IH \u201eDie Qualit\u00e4t der Geschmacksempfindungen\u201c. Die Feststellung der reinen Gesohmacksqualit\u00e4ten wird dadurch erheblich erschwert, dafs sich den meisten Geschmackssensationen Tasteindr\u00fccke, vielen auch Geruchseindr\u00fccke beimischen, die oft nicht ganz leioht von jenen zu trennen sind. K. gelangte zu dem Ergebnis, dafs alle unsere Geschmacks-eindr\u00fccke von Tastsensationen begleitet sind, am ausgepr\u00e4gtesten der saure Geschmack, bei welchem schon unterhalb der Geschmacksschwelle schwach adstringierende Wirkung sich bemerken l\u00e4fst, welche mit steigender Konzentration zunimmt, schliefslich schmerzhaft brennend wird und den Geschmackseindruck \u00fcbert\u00f6nt. Beim Salzigen tritt die Tastempfindung erst diesseits der Geschmacksschwelle als schwach brennende Begleitempfindung auf; sie vermag die Geschmacksempfindung hier nie ganz zu \u00fcbert\u00f6nen. Auch das S\u00fcfse und Bittere findet K. regelm\u00e4fsig von .Tastsensationen begleitet und f\u00fchrt als Beispiel den schl\u00fcpfrigen glatten Eindruck starker Zuckerl\u00f6sungen an. Auch \u00e4tzende, reizende Empfindungen kann Zucker ausl\u00f6sen. Beim Bitteren sind nach K. die Schwellenwerte deutlich von einer Sensation des Fettigen begleitet, h\u00f6here Konzentrationen von Chininverbindungen k\u00f6nnen wiederum brennend empfunden werden.\nDie Frage, ob das Alkalische eine besondere Geschmacksqualit\u00e4t sei oder nicht, l\u00e4fst der Verfasser vorl\u00e4ufig noch offen, stellt aber Mitteilung der Ergebnisse einer planm\u00e4fsigen Untersuchung hier\u00fcber in Aussicht, womit in der That einem dringenden Bed\u00fcrfnisse entsprochen w\u00fcrde.\nVop erheblichem Einfl\u00fcsse auf die Geschmacksempfindungen sind Assoziationen und eine gewisse Eigent\u00fcmlichkeit des Geschmacksorganes, infolge deren schwache Geschmacksein dr\u00fccke von einem den einzelnen Begionen des Mundes eigent\u00fcmlichen Beigeschm\u00e4cke begleitet werden, wodurch die vom Verfasser sog. \u201eDoppelempfindungen\u201c zu st\u00e4nde kommen. Schon Beizung mit destilliertem Wasser pflegt von Geschmackseindr\u00fccken begleitet zu sein, die an der Zungenbasis \u00fcbereinstimmend bei mehreren Personen den Charakter des Bitteren trugen, w\u00e4hrend der gleiche Beiz an der Zungenspitze einzelner Personen als s\u00fcfs, am Zungenrande als s\u00e4uerlich erschien (auch der Beferent befindet sich in diesem Falle). Die den einzelnen Zungenteilen spezifischen Geschm\u00e4cke treten auch neben den abklingenden, durch den ad\u00e4quaten Beiz ausgel\u00f6sten Geschm\u00e4cken auf und wirken als Nachgeschmack fort, wenn jene bereits verschwunden sind.\nMechanische Beizung der Zungenbasis mit einem Glasstabe erregt","page":127}],"identifier":"lit29858","issued":"1896","language":"de","pages":"124-127","startpages":"124","title":"Holger Mygind: Taubstummheit. Berlin und Leipzig, Oscar Coblentz, 1894. 278 S.","type":"Journal Article","volume":"10"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:54:57.287994+00:00"}