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Alexius Meinong: Psychologisch-ethische Untersuchungen zur Wertlehre. Graz, Leuschner & Lubensky, 1894. 232 S.

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{"created":"2022-01-31T14:35:56.563557+00:00","id":"lit29866","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Barth, P.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 10: 145-149","fulltext":[{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n145\ndrei Tagen vorgenommenen Ged\u00e4chtnispr\u00fcfung: von den durch Klangbild oder Schriftbild bewirkten Eindr\u00fccken haftete nur noch der siebente Teil dessen, was durch das Vorzeigeu der Gegenst\u00e4nde selbst ins Ged\u00e4chtnis aufgenommen worden war.\nEinige zum Schlufs ang\u00e8stellte Versuche \u00fcber das Wiedererkennen f\u00fchrten Verfasser zu dem Eesultat, die F\u00e4higkeit des Wiedererkennens f\u00fcr den Durchschnittssch\u00fcler als doppelt so grofs anzunehmen, wie die des Wiedererinnerns.\tA. Pilzecker (G\u00f6ttingen).\nA. C. Armstrong jr. The Imagery of American Students. (With the assistance of Mr. C. H. Judd.) Psychol Bev. I. 5. S. 496 \u2014505. (1894.)\nVerfasser unterzog die von Francis Galton in seinem Buche \u201eInquiries into Human Faculty\u201c \u00fcber die F\u00e4higkeit der Visualisation bei verschiedenen Personen ver\u00f6ffentlichten Untersuchungen einer Nachpr\u00fcfung an amerikanischen Studenten, welche in der letzten H\u00e4lfte ihrer Studienzeit standen und durchschnittlich 20\u201422 Jahre alt waren. Wie die statistische Methode Galtoks im allgemeinen verwandte Armstrong auch die von diesem aufgestellten und in genanntem Werke mitgeteilten Fragen. Aufserdem verwertete Verfasser eine Beihe von Resultaten, welche Prof. H. F. Osbobn, Columbia College, in gleichem Sinne gesammelt und ihm f\u00fcr seinen Zweck \u00fcberlassen hatte. Unter eingehenderer Er\u00f6rterung derjenigen Resultate, die sich auf die GAi/roNSchen Fragen 1\u20146, sowie 9 und 10 beziehen, teilt Verfasser mit, dafs er die als bekannt vorauszusetzenden Ergebnisse Galtons best\u00e4tigt fand, und f\u00fcgt nur hinzu, dafs er au\u00fcser dem auffallenden Einfl\u00fcsse, den die Aufmerksamkeit in ihren verschiedenen Stadien auf die Visualisation aus\u00fcbte, aus seinen Resultaten erkannte, dais diese F\u00e4higkeit bei seinen Versuchspersonen in st\u00e4rkerem Grade entwickelt war als bei denjenigen, an denen Galton seine Beobachtungen anstellte. A. scheint geneigt, anzunehmen, dafs eine gr\u00f6fsere Bef\u00e4higung, in mehr abstrakten Formen zu denken, eine Verringerung des Visualisationsverm\u00f6gens bedinge, und dafs das letztere aus dem gleichen Grunde mit zunehmendem Alter eine Abschw\u00e4chung erfahren k\u00f6nne. Wie weit die gefundenen individuellen Unterschiede im vorliegenden Falle auf die erstere dieser Vermutungen zur\u00fcckzuf\u00fchren sind, konnte aus einem Vergleiche derselben mit der nach den F\u00e4higkeiten der einzelnen Versuchspersonen geordneten Rangliste (\u201ethe standard of scholarship as tested by college grades11) nicht mit Sicherheit entschieden werden. Am Schl\u00fcsse der Abhandlung empfiehlt Verfasser, anscheinend aus dem gleichen Interesse, eine Wiederholung der Untersuchung an weiblichen Studenten. Einige in dieser Hinsicht angestellte Vorversuche rechtfertigten die Annahme, dafs die Visualisationsf\u00e4higkeit bei den letzteren st\u00e4rker entwickelt ist als bei M\u00e4nnern.\nFribdr. Kibsow (Leipzig).\nAlexius Meinong. Psychologisch-ethische Untersuchungen zur Wertlehre. Graz, Leuschner \u00e0 Lubensky, 1894. 232 S.\nDer Titel des Buches erweckt falsche Vorstellungen. Unter Wertlehre versteht man nach dem allgemeinen Sprachgebrauchs die Unter-\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie X.\t10","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146\nLitteraturberichL\nBuchung der \u00f6konomischen Werte. \u00dcber diese aber will der Verfasser nicht handeln, sondern nur die psychologische Seite aller Werte, dann die ethische betrachten.\nEs wird zun\u00e4chst festgestellt, dafs die \u201eN\u00fctzlichkeit\u201c den Wert nicht bestimmt, sondern umgekehrt von ihm bestimmt wird. Auch das Begehren findet den Wert schon vor, schafft ihn nicht. Bleibt also nur das Gef\u00fchl als Quelle des Wertes \u00dcbrig. Alle Wertgef\u00fchle sind Existenzgef\u00fchle , beziehen sich nicht auf Erdichtetes. Dadurch werden die \u00e4sthetischen Gef\u00fchle und, wie sich aus einem sp\u00e4teren Abschnitte zeigt, auch alle \u201eWissensgef\u00fchle\u201c, die in dem Gefallen am logischen Prozesse und gewonnenen Ergebnisse bestehen, von der vorliegenden Untersuchung ausgeschlossen.\nWo das Wertobjekt nicht unmittelbar das Wertgef\u00fchl verursacht, ist ein Urteil \u00fcber die Existenz des Wertobjektes Ursache des Wertgef\u00fchles (S. 21); dieses, das Haupturteil, kann durch allerlei Nebenurteile \u00fcber wertvolle Beziehungen des Objektes modifiziert werden. Auch die Nichtexistenz kann Gegenstand eines Urteils und damit Ursache eines Gef\u00fchles sein. Da der Verfasser die physischen Objekte beiseite lassen und sich auf die psychischen Objekte (?!) beschr\u00e4nken will, die Wertgef\u00fchle liefern (8. 89). so kann er sagen (S. 31): Wertgef\u00fchle sind Urteilsgef\u00fchle. Das sinnliche Gef\u00fchl ist kein Wertgeftthl (S. 40).\nAls psychologische Thatsachen fallen nun die Wertgef\u00fchle unter die Kategorien: \u201eaktuell und dispositionell, egoistisch, altruistisch\u201c, oder sie sind zu unterscheiden nach ihrem Zusammenh\u00e4nge mit den vier Klassen der psychischen Thatsachen: Vorstellen, Urteilen, F\u00fchlen, Begehren, und nach ihrer Beziehung auf Gegenw\u00e4rtiges oder Zuk\u00fcnftiges. Dabei schreckt der Verfasser sogar vor dem Ausdrucke : \u201eGef\u00fchlsgef\u00fchl\u201c nicht zur\u00fcck. Er meint damit die Gef\u00fchle, die in uns durch Gef\u00fchle anderer (z. B. ihr Mitleid) erweckt werden.\nVon allen diesen Momenten hat die Unterscheidung \u201eegoistischaltruistisch\u201c eine spezielle Wichtigkeit, weil sie ethisch bedeutsam ist. M. hat sehr recht, wenn er die Gef\u00fchle, die sich auf den alter beziehen, f\u00fcr durchaus nicht mystisch oder wunderbar h\u00e4lt, sondern es f\u00fcr notwendig erachtet, dafs von allen Objekten die uns \u00e4hnlichsten, d. h. die anderen Menschen unser Werthalten besonders auf sich lenken. Er wendet sich mit Recht gegen das oberfl\u00e4chliche, immer noch popul\u00e4re Dogma, es gebe im Grunde kein anderes als egoistisches Begehren, und k\u00f6nne keins geben (S. 42, 43, 96, 97).\nEs ist also eine psychologische Thatsache, nicht wunderbarer als alle anderen, dafs unsere Wollungsziele entweder positiv altruistisch = gut, oder negativ altruistisch = b\u00f6se, oder egoistisch = moralisch indifferent sind. Aber selten sind die Ziele so rein und eindeutig bestimmt; in der Regel ist mit dem einen zugleich ein anderes, oder sind mehrere andere mit ihm verbunden. Das Faktische sind Wollungsbinome oder -polynome, die man auch, da jedes bewufste Wollen von einem Plane ausgeht, Projektbinome oder -polynome nennen kann. Die Binome, als die im Leben h\u00e4ufigste Komplikation, unterzieht M. einer besonderen Untersuchung, bei der er algebraische Symbolik anwendet: g = eigenes","page":146},{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n147\nGut, y \u2014 fremdes Gut, u = eigenes \u00dcbel, v = fremdes \u00dcbel. Da beide Paare vom egoistischen (e, j7), altruistischen (a, a) oder neutralen (\u00ab, v) Standpunkte gewollt werden k\u00f6nnen, so ergeben sich zw\u00f6lf fundamentale moralische Werte: ge, ga, gn, y*i, ycc, yv, ue, ua, un, vy, vcc, vv. Die h\u00e4ufigsten Projektbinome sind yu, d. h. der Fall, in dem ioh fremdes Gut mit eigenem \u00dcbel oder Opfer verbinden mufs, und \u2014 g v, d. h. der Fall, wo ich, um ein eignes Gut zu erreichen, ein fremdes \u00dcbel herbeiftthren mufs. (\u2014 ist Zeichen des Negativ - Altruistischen.) Den moralischen\nWert der Wollung des nach yu Handelnden erh\u00e4lt man = C\u2014, wobei\nC \u201edie unbekannte, durch die Beschaffenheit der Einheiten bedingte Proportionalit\u00e4ts - Konstante\u201c bedeutet, d. h., je gr\u00f6fser das meinerseits geopferte, je geringer das dem anderen dadurch zu teil gewordene Gut ist, desto h\u00f6her der moralische Wert der Handlung. F\u00fcr \u2014gv erh\u00e4lt\nman in derselben Weise \u2014 C'A d. h., je geringer das eigene Interesse ist,\n9\ndas ich nicht zum Opfer bringe, und je gr\u00f6fser das fremde, das auf dem Spiele steht, desto gr\u00f6fser wird der Unwert meiner Handlung.\nWenn dem Beferenten noch \u201edie durch die Beschaffenheit der Einheiten bedingten unbekannten Proportionalit\u00e4ts-Konstanten\u201c neben den\nProportionen und ~ verst\u00e4ndlich sind, da qualitative Unterschiede darin stecken k\u00f6nnen, so ist ihm doch eine weitere Zugabe unverst\u00e4ndlich.\nW.\u201e .touch ta d\u00ab obig\u00ab Formel W (Wert) _ cf \u201e - \u00ab\nwird, so wird der Wert = 0, d. h., wenn ich eines anderen Gut ohne Opfer meinerseits f\u00f6rdere, ist die Handlung nicht verdienstlich; dies ist, wie dem Beferenten scheint, vollkommen richtig, die Handlung kann physikalisch, gewissermafsen zuf\u00e4llig verdienstlich sein, aber nicht moralisch, in dem Sinne, wie M., wesentlich mit Kant \u00fcbereinstimmend, die Moralit\u00e4t auffafst. M. aber meint: \u201ebei Einf\u00fchrung der Grenzwerte von g zeigen sich unsere Formeln in ihrer rechnerischen Konsequenz zu streng .. . und wir m\u00fcssen darauf bedacht sein, sie zu mildern\u201c. Die Milderung geschieht nun, indem zu g ein konstanter Summand, ein c,\nQ .1 . \u00a3\nhinzugef\u00fcgt wird, so dafs wir f\u00fcr y u erhalten : W = C------. Wenn dann\nu, das erlittene \u00dcbel, und also auch g, das aufgegebene Gut, = 0 wird,\nc\nist der Wert doch immer noch C\u2014: ebenso wird die zweite Formel\n7\ndurch Zuf\u00fcgung von c' zu g \u201egemildert\u201c, damit nicht, wer selbst, wo er ohne jedes Opfer seinerseits es k\u00f6nnte, dem anderen nicht hilft, f\u00fcr unendlich unmoralisch erkl\u00e4rt werde. Diese Erkl\u00e4rung w\u00e4re aber nach des Beferen ten Ansicht durchaus berechtigt und im Sinne des Verfassers konsequent. Es w\u00e4re ein Beispiel dessen, was Kant die b\u00f6se Willk\u00fcr nennt. (Beligion innerhalb der Grenzen der blofsen Vernunft ed. Kibchmann, S. 23.)\nEine weitere, dem Beferenten willk\u00fcrlich scheinende \u201eMilderung\u201c tritt ein f\u00fcr den Fall, dafs g = y angenommen wird und beide mit-\n10*","page":147},{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"148\nLitteraturbericht.\neinander parallel variieren, so dafs in der ersten Wertformel herausk\u00e4me I\nC------. Aus dieser Formel w\u00fcrde dann folgen: je gr\u00f6fser das dem\nanderen zugewendete Gut y} desto geringer der moralische Wert der Handlung. Weil dem die Erfahrung widerspricht, wird auf einmal ein\nunbekanntes und durchaus unbegr\u00fcndetes k als Potenz-Exponent f\u00fcr g\n* -- | ^ eingef\u00fchrt und die Wertformel nochmals umge\u00e4ndert in C - \u2014 \u2014.\nWas w\u00fcrde man in der Physik zu einer Formel sagen, die, nachdem sie auf Grund des thats\u00e4chlichen Verhaltens aufgestellt ist, fortw\u00e4hrend fremder, durch nichts begr\u00fcndeter Werte als neuer Zus\u00e4tze bed\u00fcrfte, um die Thatsachen zu decken? Etwa, wenn die Formel der lebendigen Kraft =\tpl\u00f6tzlich, ohne das neue Moment zu erkl\u00e4ren, in )m*v%\numgewandelt w\u00fcrde? Die ersten beiden \u201eMilderungen\u201c sind \u00fcberfl\u00fcssig. Die Werte f\u00fcr den Grenzfall (g = 0) scheinen dem .Referenten, wie schon bemerkt, ganz richtig. Die zweite Milderung durch den Exponenten k ist auch \u00fcberfl\u00fcssig, wenn das Binom yu konsequent den Sinn beh\u00e4lt, den es nach der ihm zu Grunde gelegten Wirklichkeit hat, n\u00e4mlich: dafs ein fremdes Gut mit eigenem \u00dcbel erkauft wurde. Dafs g =\u00bb y, ist dann eine unm\u00f6gliche Voraussetzung, da eben nicht g, sondern u that-s\u00e4chlich vorhanden ist, und y nicht = g, sondern = \u2014g etwa gleich einem Minus eigenen Gutes sein kann.\nIn analoger Weise, wie die Binome yu und \u2014gv, werden die Binome g y und \u2014 vu behandelt.\nDas, was psychologisch der Wert- oder Unwertgr\u00f6fse entspricht, ist die Gesinnung, das Wohlwollen oder die Gleichg\u00fcltigkeit des Handelnden gegen den \u00e4lter. Neben dem Wohlwollen wird, wie dem Referenten scheint, ohne gen\u00fcgende Ankn\u00fcpfung auch die Gerechtigkeit behandelt und als Anteilsgleichheit, d. h. Gleichheit des Interesses f\u00fcr die Fremden, bestimmt.\nWer ist aber das Subjekt der Werthaltungen, das die Werturteile ausspricht? \u2014 Nicht ego, noch alter, die handeln, sondern die ganze umgebende Gesamtheit. Damit erhalten die sittlichen Handlungen einen neuen Wert, als Antriebe zur Nachahmung. Dieser ihr \u201eWirkungswert\u201c wird auch noch zum Teil mit algebraischen Symbolen behandelt. Einen solchen Wirkungswert hat auch das \u201eSollen\u201c, das, gegen\u00fcber dem \u201eDispositionswert\u201c der Gesinnung im allgemeinen, den Aktualit\u00e4tswert der einzelnen Wollung bildet, und wird von diesem Gesichtspunkte aus, also in seiner sozialen Bedeutung, beleuchtet.\nVon der Bestimmung der ethischen Werte und Unwerte gewinnt M. die Mittel, um das Problem der Anrechnung und Zureohnung zu l\u00f6sen. Die Anrechnung fragt, wie die Gesinnung des Handelnden beschaffen, die Zurechnung fragt, in welchem Mafse die Handlung Ausdruck der Gesinnung war. Mit Recht bemerkt M., dafs die Freiheit f\u00fcr die Zurechnung nicht unentbehrlich ist. \u201eWo ein Wertvolles (ethische Gesinnung) fehlt, besteht Mangel, nicht Freiheit.\u201c Denn die metaphysische Willensfreiheit hebt zwar das \u201eIch kann nicht\u201c auf, aber damit eigentlich auch das \u201eIch kann\u201c. Vorhanden ist nur die Freiheit, die man besser Spontaneit\u00e4t nennen m\u00f6chte, nur das zu thun, was den Neigungen, der","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"Litteratnrbericht\n149\nPers\u00f6nlichkeit des Handelnden entspricht. Das Bewufstsein davon ist von hohem ethischen Werte.\nEbensowenig, wie die Zurechnung, glaubt M., die Allgemeinheit der ethischen Gesetze aufgeben zu m\u00fcssen. Denn das eigentliche Wertsubjekt, weil Subjekt der Werthaltung, ist ja die umgebende Gesamtheit. Es giebt keine individuelle Ethik, nur eine soziale.\n\u00dcberblickt man den Gang der Ausf\u00fchrungen des Verfassers, so\n\u2022 \u2022\t*\nscheint es, als habe er etwas \u00c4hnliches geben wollen, wie die englischen Utilitarier in ihrem \u201ehedonistic calculus\u201c gethan haben. Wie diese eine Sch\u00e4tzung jeder Handlung nach der Summe der verursachten Lust anstrebten, so verlangt er eine Sch\u00e4tzung des moralischen Wertes nach dem Mafse des Verzichtes auf G\u00fcter und der \u00dcbernahme von \u00dcbeln. Vielleicht meinte er dabei, auch heute gelte noch, was Kant von seiner Zeit erz\u00e4hlt: \u201eUnter allem R\u00e4sonnieren ist aber keines, was mehr den Beitritt der Personen, die sonst bei allem Vern\u00fcnfteln bald Langeweile haben, erregt, und eine gewisse Lebhaftigkeit in die Gesellschaft bringt, als das \u00fcber den sittlichenWert dieser oder jener Handlung, dadurch der Charakter irgend einer Person ausgemacht werden soll\u201c. (Kant. Kritik der praktischen Vemnuft. Herausgegeben von Kbhbbach. S. 183.)\nM.\u2019s Buch ist ein erstmaliger wissenschaftlicher Versuch der ethischen Messung. Aber abgesehen von den bedenklichen, oben erw\u00e4hnten \u201eMilderungen\u201c, die der Verfasser an seinen Formeln vornimmt, kann der Referent zweierlei W\u00fcnsche nicht unterdr\u00fccken: 1. fehlt in der psychologischen Erkl\u00e4rung des Wertgef\u00fchles die Assoziation als mitwirkender Faktor. Wenn M. als Beispiel eines wertvollen Objektes anf\u00fchrt den \u201eBrief eines verstorbenen Freundes\u201c (S. 19), so konnte ihn dieses Beispiel darauf f\u00fchren, dafs nicht nur das Urteil, sondern auch die Mitwirkung der in verschiedenstem Grade bewu\u00dften assoziierten Vorstellungen den affektiven Wert erzeugt. Auch was er S. 58 \u201eobjektlose\u201c Furcht nennt, geh\u00f6rt hierher. Der Satz: \u201eWertgef\u00fchle sind Urteilsgef\u00fchle\u201c sagt zu viel, da M. meint: \u201enur Urteilsgef\u00fchle\u201c. \u2014 2. glaubt der Referent, der Verfasser h\u00e4tte seinem Buche gr\u00f6fsere Pr\u00e4zision, Durchsichtigkeit und Geschlossenheit verliehen, wenn er nicht, von der Peripherie ausgehend, sich der zentralen grundlegenden Thatsache n\u00e4herte, sondern von dem Elementarph\u00e4nomen, dem Gef\u00fchl, ausgehend, die abgeleiteten Thatsachen in stetigem Zusammenh\u00e4nge entwickelte. Gerade eine genaue Psychologie des Gef\u00fchls vermifst man. Das \u201eUrteilsgef\u00fchl\u201c ist keine so einfache psychologische Erscheinung, dafs man sie nicht nach allen Seiten abgrenzen m\u00fc\u00dfte. Indessen der Verfasser bezeichnet selbst sein Buch als Anfang und Versuch ; m\u00f6ge er bald die Fortsetzung folgen lassen.\tP. Barth (Leipzig).\nA. Mein ONO. \u00dcber W erthaltung und Wert. Arch. f. systemat. Philos. Bd. I.\nHeft 3. S. 327-346. (1895.)\nIn diesem Aufsatze hat A. Mein on o zu seinem oben angezeigten Buche eine Erg\u00e4nzung gegeben.\nDie Gesundheit ist f\u00fcr den normalen Menschen von grofsem Werte, das Gef\u00fchl davon ist gering, infolgedessen auch die Werthaltung. Also ist der Wert eines Objektes keineswegs proportional seiner Werthaltung.","page":149}],"identifier":"lit29866","issued":"1896","language":"de","pages":"145-149","startpages":"145","title":"Alexius Meinong: Psychologisch-ethische Untersuchungen zur Wertlehre. Graz, Leuschner & Lubensky, 1894. 232 S.","type":"Journal Article","volume":"10"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:35:56.563563+00:00"}

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