Open Access
{"created":"2022-01-31T14:35:34.789937+00:00","id":"lit29867","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Barth, P.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 10: 149-150","fulltext":[{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"Litteratnrbericht\n149\nPers\u00f6nlichkeit des Handelnden entspricht. Das Bewufstsein davon ist von hohem ethischen Werte.\nEbensowenig, wie die Zurechnung, glaubt M., die Allgemeinheit der ethischen Gesetze aufgeben zu m\u00fcssen. Denn das eigentliche Wertsubjekt, weil Subjekt der Werthaltung, ist ja die umgebende Gesamtheit. Es giebt keine individuelle Ethik, nur eine soziale.\n\u00dcberblickt man den Gang der Ausf\u00fchrungen des Verfassers, so\n\u2022 \u2022\t*\nscheint es, als habe er etwas \u00c4hnliches geben wollen, wie die englischen Utilitarier in ihrem \u201ehedonistic calculus\u201c gethan haben. Wie diese eine Sch\u00e4tzung jeder Handlung nach der Summe der verursachten Lust anstrebten, so verlangt er eine Sch\u00e4tzung des moralischen Wertes nach dem Mafse des Verzichtes auf G\u00fcter und der \u00dcbernahme von \u00dcbeln. Vielleicht meinte er dabei, auch heute gelte noch, was Kant von seiner Zeit erz\u00e4hlt: \u201eUnter allem R\u00e4sonnieren ist aber keines, was mehr den Beitritt der Personen, die sonst bei allem Vern\u00fcnfteln bald Langeweile haben, erregt, und eine gewisse Lebhaftigkeit in die Gesellschaft bringt, als das \u00fcber den sittlichenWert dieser oder jener Handlung, dadurch der Charakter irgend einer Person ausgemacht werden soll\u201c. (Kant. Kritik der praktischen Vemnuft. Herausgegeben von Kbhbbach. S. 183.)\nM.\u2019s Buch ist ein erstmaliger wissenschaftlicher Versuch der ethischen Messung. Aber abgesehen von den bedenklichen, oben erw\u00e4hnten \u201eMilderungen\u201c, die der Verfasser an seinen Formeln vornimmt, kann der Referent zweierlei W\u00fcnsche nicht unterdr\u00fccken: 1. fehlt in der psychologischen Erkl\u00e4rung des Wertgef\u00fchles die Assoziation als mitwirkender Faktor. Wenn M. als Beispiel eines wertvollen Objektes anf\u00fchrt den \u201eBrief eines verstorbenen Freundes\u201c (S. 19), so konnte ihn dieses Beispiel darauf f\u00fchren, dafs nicht nur das Urteil, sondern auch die Mitwirkung der in verschiedenstem Grade bewu\u00dften assoziierten Vorstellungen den affektiven Wert erzeugt. Auch was er S. 58 \u201eobjektlose\u201c Furcht nennt, geh\u00f6rt hierher. Der Satz: \u201eWertgef\u00fchle sind Urteilsgef\u00fchle\u201c sagt zu viel, da M. meint: \u201enur Urteilsgef\u00fchle\u201c. \u2014 2. glaubt der Referent, der Verfasser h\u00e4tte seinem Buche gr\u00f6fsere Pr\u00e4zision, Durchsichtigkeit und Geschlossenheit verliehen, wenn er nicht, von der Peripherie ausgehend, sich der zentralen grundlegenden Thatsache n\u00e4herte, sondern von dem Elementarph\u00e4nomen, dem Gef\u00fchl, ausgehend, die abgeleiteten Thatsachen in stetigem Zusammenh\u00e4nge entwickelte. Gerade eine genaue Psychologie des Gef\u00fchls vermifst man. Das \u201eUrteilsgef\u00fchl\u201c ist keine so einfache psychologische Erscheinung, dafs man sie nicht nach allen Seiten abgrenzen m\u00fc\u00dfte. Indessen der Verfasser bezeichnet selbst sein Buch als Anfang und Versuch ; m\u00f6ge er bald die Fortsetzung folgen lassen.\tP. Barth (Leipzig).\nA. Mein ONO. \u00dcber W erthaltung und Wert. Arch. f. systemat. Philos. Bd. I.\nHeft 3. S. 327-346. (1895.)\nIn diesem Aufsatze hat A. Mein on o zu seinem oben angezeigten Buche eine Erg\u00e4nzung gegeben.\nDie Gesundheit ist f\u00fcr den normalen Menschen von grofsem Werte, das Gef\u00fchl davon ist gering, infolgedessen auch die Werthaltung. Also ist der Wert eines Objektes keineswegs proportional seiner Werthaltung.","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"160\nLi it\u00e9ra tu rberich U\nWoher diese Verschiedenheit? \u2014 Weil der Wert nicht nur ein unmittelbarer, sondern auch ein \u201eWirkungswert\u201c ist. Und dieser beruht nicht blofs auf den Wirkungen des vorhandenen Objektes, sondern auch auf denen, die ausfallen w\u00fcrden, wenn es nicht vorhanden w\u00e4re, also nicht nur auf der Existenz des Objektes, # sondern auch auf dem Urteile \u00fcber seine Nicht-Existenz. Die Nicht-Existenz aber, die eine Teilursache des Wirkungswertes, kann nicht direkt das Gef\u00fchl erregen, dem die Werthaltung genau entspricht, sondern nur in sehr indirekter Weise. Die vorgestellte Nicht-Existenz kann nur beim Schwanken zwischen sich ausschliefsenden Objekten f\u00fcr die Wahl des einen gegen das andere mit ins Gewicht fallen. Auf diese Weise, als Verst\u00e4rkung der Wahl-motive, kann ein Negatives, ein vorgestelltes Fehlen, sich zu einem Positiven, dem Werte des Vorhandenen, summieren. Das Gef\u00fchl also, durch das die Werthaltung bestimmt wird, kann nur affiziert werden durch die Existenz des Objektes. Der Intellekt aber, der den Wert bestimmt, kann affiziert werden auch durch die Nicht-Existenz des Objektes. Aus dieser Verschiedenheit ergiebt sich der Gr\u00d6fsenunterschied zwischen Werthaltung und Wert.\nAuch hier kann Referent nur den oben ausgesprochenen Wunsch wiederholen. Die ganze Kasuistik der Werthaltung der Objekte scheint ihm etwas \u00e4ufserlich, mehr eine Grundlage einer ethischen Gesetzgebung, als eine Entwickelung psychologischer Thatsachen und Gesetze. Eine solche m\u00fcfste nicht vom Objekte und vom Urteile, sondern von einfachen Vorstellungen und den sie begleitenden Gef\u00fchlen ausgehen. Denn auch, wo das Objekt wertlos ist, giebt es psychische Werte, von denen doch Meinong allein sprechen will. An einem Kartenspiel teilnehmend \u2014\u00bb auch einem solchen, das nicht um Geld oder anderen Vorteil geht \u2014, legt man dem Vorhandensein oder Fehlen einer Karte viel Wert bei. Die ganze Wert Untersuchung scheint dem Referenten nur eine Abteilung der Psychologie des Gef\u00fchles, des bisher dunkelsten Teiles des Seelenlebens. Von ihr h\u00e4tte Meinong ausgehen m\u00fcssen, von Untersuchungen \u00fcber den Gef\u00fchlston sinnlicher und reproduzierter Vorstellungen und ihrer mannigfaltigen Verbindungen, von seiner Modifikation durch Assoziation, von seinem Verh\u00e4ltnis zum Bewufstsein und Selbstbewusstsein, zum Willen u. dergl. So w\u00e4re er von der organischen Wurzel der Wertthatsachen ausgegangen und h\u00e4tte ihre mannigfache Verzweigung scharf beleuchten k\u00f6nnen, w\u00e4hrend er jetzt mitten im Ge\u00e4ste derselben sitzt. Denn das \u201eUrteilsgef\u00fchl\u201c, von dem er ausgeht, ist kein einfacher, sondern ein sehr vieldeutiger Begriff.\nP. Barth (Leipzig).\nW. Wundt. Zur Beurteilung der zusammengesetzten Reaktionen. Philos, Stud. Bd. X, 4. S. 485\u2014498. (1894.)\nE. Kraepelin und Jul. Merkel. Beobachtungen bei zusammengesetzten Reaktionen. Philos. Stud. Bd. X, 4. S. 499\u2014506. (1894.)\nBekanntlich hat Wundts Theorie der zusammengesetzten Reaktionen von mancher Seite Einwendungen erfahren, die, ohne sich von deren","page":150}],"identifier":"lit29867","issued":"1896","language":"de","pages":"149-150","startpages":"149","title":"A. Meinong: \u00dcber Werthaltung und Wert. Arch. f. systemat. Philos. Bd. I. Heft 3. S. 327-346. 1895","type":"Journal Article","volume":"10"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:35:34.789943+00:00"}