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{"created":"2022-01-31T14:40:12.614356+00:00","id":"lit29868","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Witasek","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 10: 150-152","fulltext":[{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"160\nLi it\u00e9ra tu rberich U\nWoher diese Verschiedenheit? \u2014 Weil der Wert nicht nur ein unmittelbarer, sondern auch ein \u201eWirkungswert\u201c ist. Und dieser beruht nicht blofs auf den Wirkungen des vorhandenen Objektes, sondern auch auf denen, die ausfallen w\u00fcrden, wenn es nicht vorhanden w\u00e4re, also nicht nur auf der Existenz des Objektes, # sondern auch auf dem Urteile \u00fcber seine Nicht-Existenz. Die Nicht-Existenz aber, die eine Teilursache des Wirkungswertes, kann nicht direkt das Gef\u00fchl erregen, dem die Werthaltung genau entspricht, sondern nur in sehr indirekter Weise. Die vorgestellte Nicht-Existenz kann nur beim Schwanken zwischen sich ausschliefsenden Objekten f\u00fcr die Wahl des einen gegen das andere mit ins Gewicht fallen. Auf diese Weise, als Verst\u00e4rkung der Wahl-motive, kann ein Negatives, ein vorgestelltes Fehlen, sich zu einem Positiven, dem Werte des Vorhandenen, summieren. Das Gef\u00fchl also, durch das die Werthaltung bestimmt wird, kann nur affiziert werden durch die Existenz des Objektes. Der Intellekt aber, der den Wert bestimmt, kann affiziert werden auch durch die Nicht-Existenz des Objektes. Aus dieser Verschiedenheit ergiebt sich der Gr\u00d6fsenunterschied zwischen Werthaltung und Wert.\nAuch hier kann Referent nur den oben ausgesprochenen Wunsch wiederholen. Die ganze Kasuistik der Werthaltung der Objekte scheint ihm etwas \u00e4ufserlich, mehr eine Grundlage einer ethischen Gesetzgebung, als eine Entwickelung psychologischer Thatsachen und Gesetze. Eine solche m\u00fcfste nicht vom Objekte und vom Urteile, sondern von einfachen Vorstellungen und den sie begleitenden Gef\u00fchlen ausgehen. Denn auch, wo das Objekt wertlos ist, giebt es psychische Werte, von denen doch Meinong allein sprechen will. An einem Kartenspiel teilnehmend \u2014\u00bb auch einem solchen, das nicht um Geld oder anderen Vorteil geht \u2014, legt man dem Vorhandensein oder Fehlen einer Karte viel Wert bei. Die ganze Wert Untersuchung scheint dem Referenten nur eine Abteilung der Psychologie des Gef\u00fchles, des bisher dunkelsten Teiles des Seelenlebens. Von ihr h\u00e4tte Meinong ausgehen m\u00fcssen, von Untersuchungen \u00fcber den Gef\u00fchlston sinnlicher und reproduzierter Vorstellungen und ihrer mannigfaltigen Verbindungen, von seiner Modifikation durch Assoziation, von seinem Verh\u00e4ltnis zum Bewufstsein und Selbstbewusstsein, zum Willen u. dergl. So w\u00e4re er von der organischen Wurzel der Wertthatsachen ausgegangen und h\u00e4tte ihre mannigfache Verzweigung scharf beleuchten k\u00f6nnen, w\u00e4hrend er jetzt mitten im Ge\u00e4ste derselben sitzt. Denn das \u201eUrteilsgef\u00fchl\u201c, von dem er ausgeht, ist kein einfacher, sondern ein sehr vieldeutiger Begriff.\nP. Barth (Leipzig).\nW. Wundt. Zur Beurteilung der zusammengesetzten Reaktionen. Philos, Stud. Bd. X, 4. S. 485\u2014498. (1894.)\nE. Kraepelin und Jul. Merkel. Beobachtungen bei zusammengesetzten Reaktionen. Philos. Stud. Bd. X, 4. S. 499\u2014506. (1894.)\nBekanntlich hat Wundts Theorie der zusammengesetzten Reaktionen von mancher Seite Einwendungen erfahren, die, ohne sich von deren","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"lAtUraturbericht\n151\nGeiste erheblich zu entfernen, immerhin einige der wichtigsten Punkte betreffen. W. giebt nun, von Kraepelin und Merkel nachdr\u00fccklichst unterst\u00fctzt, eine zusammenfassende Entgegnung darauf. Der Versuch einer kritischen W\u00fcrdigung derselben, sollte er nur einigermafsen mit dem der Sache und dem Verfasser geb\u00fchrenden Ernst unternommen werden, m\u00fcfste den Babmen eines Keferates weit \u00fcberschreiten; ich will mich also der Zustimmung und des Widerspruchs g\u00e4nzlich enthalten und auf \u00fcbersichtliche Wiedergabe des wesentlichen Inhalts der beiden Artikel beschr\u00e4nken.\nA. Erkennungsreaktionen. Erster Einwand: Eine Vergleichung der bei den Erkennungsreaktionen gewonnenen Besultate mit denen einer einfachen sensoriellen Beaktion ist unzul\u00e4ssig, weil die sensorielle Vorbereitung in beiden F\u00e4llen eine wesentlich verschiedene ist; von den Unterschiedswerten zwischen beiden Akten wird ein unbestimmbarer Teil auf die Verschiedenheit der sensoriellen Adaptation kommen. \u2014 Da-* gegen sucht W. nachzuweisen, dafs der Unterschied der gefundenen Zeiten nicht auf eine dem Eindruck des Objektes vorausgehende Verschiedenheit der Vorbereitung, sondern nur auf die Verschiedenheit des dem Eindruck folgenden Vorganges zur\u00fcckgef\u00fchrt werden k\u00f6nne.\nZweiter Einwand: Bei einem einfachen sensoriellen Reaktions-versuch folgt dem einfachen, zuvor bekannten Eindruck die \u201eAuffassung* desselben, und bei einer Erkennungsreaktion folgt dem unbekannten und eventuell mehr oder weniger zusammengesetzten Eindruck ebenfalls eine \u201eAuffassung* desselben; warum in beiden F\u00e4llen Auffassung und Auffassung wesentlich verschieden seien, ist nicht einzusehen. \u2014 W\u00fcndts Entgegung: \u201eDafs ... der psychische Vorgang, der sich nach der Einwirkung eines bestimmten erwarteten Eindrucks von bekannter Qualit\u00e4t, und derjenige, der sich nach der Einwirkung eines nicht zuvor gegebenen Eindruckes entwickelt, einer und derselbe sei, \u2014 von dieser Behauptung kann ich, wenn sie sich auf Selbstbeobachtung beruft, nur sagen, dafs sie nach dem Zeugnis meiner eigenen Selbstbeobachtung falsch ist, und dafs es, wie ich glaube, im ganzen Bereich psychologischer Beobachtung wenig Dinge giebt, von denen sich ein unbefangener Beobachter leichter \u00fcberzeugen kann, als davon, dafs Auffassung und Auffassung sehr ver* schiedene Vorg\u00e4nge sein k\u00f6nnen..\u201c \u2014 An dieser Stelle kann ich mir eine kurze Zwischenbemerkung eben um ihrer K\u00fcrze willen, nicht versagen, da sie vielleicht geeignet ist, den Unterschied zwischen diesen beiden \u201eAuffassungen\u201c sachlich sowohl als terminologisch deutlich zu charakterisieren : Die einfache, sensorielle Reaktion verlangt blofs ein Existenzial-, die Erkennungsreaktion aufser diesem noch das Benennungsurteil. Man vergleiche dazu folgende \u00c4ufserung Kraepelins, die \u00fcbrigens in dem den Unterschiedsreaktionen gewidmeten Abschnitte seiner Mitteilungen enthalten ist: \u201eDarum glaube ich auch, nach dem Eintritte des \u00e4ufseren Eindruckes in das Bewufstsein noch einen besonderen Akt des Wi ede r er kennen s, eben die Unterscheidung, annehmen zu m\u00fcssen. Bei den Versuchen habe ich deutlich das Gef\u00fchl, dafs ich mir gewissermafsen erst dar\u00fcber Rechenschaft gebe, welcher Reiz es eigentlich gewesen ist, w\u00e4hrend ich bei","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nLitter a turbericht.\nder einfachen Reaktion die besondere sinnliche Qualit\u00e4t des Reizes nicht weiter beachte, sondern mich zufrieden gebe, dale es eben \u201eder ReizM gewesen ist.\u201c\nB.\tUnterscheidungsreaktionen. Ein wand : Bei den Unter-\nscheidungsreaktionen liegt gar keine \u201eUnterscheidung\u201c im Sinne des gew\u00f6hnlichen Sprachgebrauches vor. Wundts Entgegnung: \u201e... da es sich bei der angedeuteten Versuchsanordnung offenbar um Bedingungen* handelt, die in einem wesentlichen Punkt von den bei den Erkennungsreaktionen obwaltenden abweichen, so weifs ich nicht, wie ich mir anders helfen soll, als durch die Wahl dieses, wenn auch unzul\u00e4nglichen Wortes.... Dafs es sich \u00fcbrigens bei den sog. Unterscheidungs-\nreaktionen lediglioh um Erkennungsreaktionen unter erleichternden Bedingungen handelt, ist einleuchtend.\u201c\nC.\tWahl versuche. Erster Einwand: Der Zustand der Vorbereitung ist bei den Wahl versuchen ein von dem bei allen anderen Reaktionen v\u00f6llig verschiedener, da in die vorausgehende Erwartung die Vorstellung der Verkn\u00fcpfung des Eindruckes mit der auszuf\u00fchrenden Bewegung eingeht. \u2014 W. entgegnet, dafs diese St\u00f6rung bei Unge\u00fcbten wohl ein tritt, bei Ge\u00fcbten aber, wie er auf Grund eigener Erfahrung weifs, vollst\u00e4ndig \u00fcberwunden wird. Damit stimmt auch die ebenfalls auf Selbstbeobachtung gegr\u00fcndete Mitteilung Merkels \u00fcberein.\nZweiter Einwand: Wahlreaktion ist \u00fcberhaupt ein unzul\u00e4ssiger Begriff, weil es einen Vorgang der Wahl gar nicht giebt; ein Schwanken zwischen verschiedenen Bewegungsm\u00f6glichkeiten kann nur auf einem augenblicklichen Versagen des Ged\u00e4chtnisses beruhen, nicht auf einem wirklichen Wahlakt; sobald die zureichende \u00dcbung eingetreten ist, kann vollends von Wahl nicht mehr die Rede sein, denn dann m\u00fcssen alle Reaktionen automatisch werden. \u2014 Wundts Entgegnung: Diese Behauptung \u201eentspricht nicht den wirklichen Erfahrungen, wie sie bei der sorgf\u00e4ltigen und fortgesetzten Ausf\u00fchrung der Versuche gemacht werden .... dafs jede einge\u00fcbte Wahlhandlung notwendig zu einer automatischen Bewegung wird, das mufs ich auf Grund meiner eigenen Beobachtung auf das entschiedenste bestreiten, und gerade den Wahlversuchen entnehme ich die Erfahrungen, die dies beweisen.\u201c \u2014 Auch in diesem Punkte wird Wundts Berufung auf die Selbsbeobachtung durch die Mitteilungen Kraepelins und Merkels aufs kr\u00e4ftigste unterst\u00fctzt.\nD.\tAssoziationsversuche. Einwand: Die Reaktion kann in sehr\nverschiedenen Stadien der Entwickelung der Reproduktion erfolgen, so dafs man keine Gew\u00e4hr hat, bei diesen Versuchen wirklich die Zeit bis zum Auftreten der assoziierten Vorstellung zu messen. \u2014 Auch dem widerspricht W. auf Grund der Selbstbeobachtung entschieden: \u201eDie Reaktion erfolgt ... sofort nach der Apperzeption der reproduzierten Vorstellung.\u201c Und auch in diesem Punkte hat er die Aussagen Kraepelins auf seiner Seite.\tWitasek (Graz).","page":152}],"identifier":"lit29868","issued":"1896","language":"de","pages":"150-152","startpages":"150","title":"W. Wundt: Zur Beurteilung der zusammengesetzten Reaktionen. Philos. Stud. Bd. X, 4. S. 485-498. 1894 / E. Kraepelin und Jul. Merkel: Beobachtungen bei zusammengesetzten Reaktionen. Philos. Stud. Bd. X, 4. S. 499-506. 1894","type":"Journal Article","volume":"10"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:40:12.614362+00:00"}