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{"created":"2022-01-31T14:56:30.873174+00:00","id":"lit29941","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Wreschner, Arthur","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 10: 289-294","fulltext":[{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n289\nKohns aber ist unstichhaltig. Er meint, ein Gef\u00fchl, das die Aufmerksamkeit begleite, m\u00fcsse selbst mit Aufmerksamkeit wahrgenommen seinr also von der Betrachtung des aufmerksam angeschauten Gegenstandes ablenken. Die bek\u00e4mpften Forscher k\u00f6nnten erwidern, dafs gerade hierin Gef\u00fchle und Vorstellungen sich unterscheiden. Gef\u00fchle verlieren im Gegenteil, wenn eine Anspannung des Willens sich auf ihre Verdeutlichung richtet. Inder Theorieder Apperzeption n\u00e4hert sich Verfasser den Herbartianem. Das Zusammenwirken von Perzeptions- und Apperzeptionsmassen wird an einigen Beispielen recht anschaulich geschildert. Durchf\u00fchrung dieser Beispiele ist psychophysich gehalten.\nJ. Cohn (Berlin).\nWellesley College Psychological Studies. Directed by Maby W. Calkins. Cordelia 0. Nbvbbs: Dr. J astro w on community of ideas of men and women. Margaret B. Simmons: Prevalence of Paramnesia. Psychol. Rev. Vol. H. July 1896. S. 863\u2014868.\nJastbow hatte durch Versuohe zu ermitteln geglaubt, dafs Frauen bei Assoziationen mehr gemeinsame (bei verschiedenen Individuen \u00fcbereinstimmende) Worte gebrauchen, als M\u00e4nner, und dafs sie gewisse Gebiete (Haushalt, Essen) bevorzugen, abstrakte Ausdr\u00fccke seltener gebrauchen. Bei Wiederholung der Versuche an Studentinnen des Wellesley College konnten diese Resultate nicht best\u00e4tigt werden. Positive Ergebnisse wurden nicht gewonnen, vor verfr\u00fchter Verallgemeinerung wird \u2014 wohl mit Recht \u2014 gewarnt.\nDie zweite kurze Mitteilung bezieht sich auf Erinnerungst\u00e4usohungen bei Assoziationen von Zahlen an Farben, die vorher zusammen gezeigt waren. Es werden nach dem subjektiven Gef\u00fchl weit h\u00e4ufiger falsche F\u00e4lle f\u00fcr richtig (noch viel h\u00e4ufiger f\u00fcr zweifelhaft), als richtige f\u00fcr falsch gehalten.\tJ. Cohn (Berlin).\nG. K. Uphues. Psychologie des Brkennens vom empirischen Standpunkte. I. Bd. Leipzig, Engelmann, 1898. 318 8.\nIn der Absicht, eine Bewusstseins- und Wahrnehmungstheorie zu geben und dadurch die Entstehung des Weltbildes in dem gew\u00f6hnlichen Bewufstsein zu erkl\u00e4ren, bestimmt Verfasser zun\u00e4chst das \u201eVerh\u00e4ltnis der Psychologie zu den \u00fcbrigen philosophischen Disciplinent derart, dafs erstere die Voraussetzung und Grundlage der letzteren bildet. In sehr losem Zusammenh\u00e4nge mit dem eigentlichen Thema f\u00fcgt er an diesen Abschnitt eine Darlegung der \u201eEntstehung des Begriffes der Seele in der Philosophie der Griechen\u201c, wobei lediglich die vor-sokratische Zeit ber\u00fccksichtigt und dem Kenner der Geschichte der griechischen Philosophie nur wenig Neues geboten wird. Ein gr\u00f6sseres Interesse beanspruchen die n\u00e4chstfolgenden Ausf\u00fchrungen, welche \u201eUnser Weltbild\u201c betreffen. In Konsequenz des empiristischen Standpunktes, welchen Verfasser einnimmt, leugnet er die Existenz irgend welcher apriorischen Erkenntniselemente. Naturding ist das Undurchdring-\nZeitsehrift f\u00fcr Psychologie X.\t19","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nLitteraturberichL\nliehe oder im Baum Koexistierende, w\u00e4hrend mit Naturyorgang das in der Zeit Sucoedierende bezeichnet wird. F\u00fcr beide Begriffe ist das Bewusstsein der Zusammengeh\u00f6rigkeit der Teile wichtig, welches durch das wiederholte und regelmftfsige Zusammen- und Nacheinander-auftreten der Empfindungen entsteht. Als ein \u00dcberrest des Animismus ist der aus den Muskelgef\u00fchlen stammende Begriff \u201eKraft\u201c aufzufassen und durch den der Zusammengeh\u00f6rigkeit der Teile zusammengesetzter Vorg\u00e4nge unter einander und des ersten Teiles mit dem Dinge selbst zu ersetzen. Natur \u00fcberhaupt begreift das Transscendente unter sich, welches nicht fnur den Gegensatz, sondern auch Gegenstand des Bewufstseins bildet, wenn auch insofern eine \u00dcbereinstimmung zwischen beiden besteht, als das Transscendente in dem Bewufstseinsvorgange erst seinen Ausdruck findet. Diese \u00dcbereinstimmung ist zun\u00e4chst und unmittelbar nur Sache der \u00dcberzeugung und selbst mittelbar nicht durch eine sichere, sondern nur wahrscheinliche Einsicht zu erkennen, welche auf der Einrichtung des Bewusstseins, in den Vorg\u00e4ngen das Transscendente uns zu vergegenw\u00e4rtigen, beruht. Von gleichem Gesichtspunkte aus werden auch noch andere Begriffe definiert. So wird die \u201eEigenschaft\" auf den r\u00e4umlichen Zusammenhang, die \u201eErfahrun gsthatsache\u201c auf die Zusammengeh\u00f6rigkeit der Teile von Dingen oder Vorg\u00e4ngen f\u00fcr einen einzelnen Fall zur\u00fcckgef\u00fchrt* w\u00e4hrend das Naturgesetz eine derartige Zusammengeh\u00f6rigkeit f\u00fcr alle F\u00e4lle bezeichnet. Unter den Naturgesetzen ist wiederum zu unterscheiden zwischen Substanzgesetzen (Ver\u00e4nderungs-, Bewegungsund Entwickelungsgesetzen) und Kausalit\u00e4tsgesetzen, bei denen die V er\u00e4nderung oder Bewegung zweier verschiedener Dinge in Betracht kommt. Der Begriff der Ursache selbst ist mit dem der Kraft verwandt und ebenfalls durch den der Zusammengeh\u00f6rigkeit zu ersetzen. Eine wichtige Bolle in dem Zustandekommen unseres Weltbildes spielen die Hypothesen, d. h. Annahmen, welche mit den Empfindungen nicht \u00fcbereinstimmen. Berechtigt sind sie nur bei einem Widerspruche der Empfindungen oder der Vorstellungen und Gedanken. Den Schluss der 125 Seiten langen Einleitung bildet ein Abschnitt \u00fcber \u201eBegriff und Methode der Psychologie des Erkennens\u201c. Das Erkennen ist auf das Transscendente gerichtet und wird von der Psychologie in der Art seines Zustandekommens ohne R\u00fccksicht darauf, ob es nur ein vermeintliches oder wirkliches Erkennen des Transscendenten ist, untersucht. Da es eine Bewufstseinsthatsache ist, so wird es unter Ausschlufs alles Metaphysischen auf analytisch-deskriptivem Wege erforscht. Es ist somit die Psychologie zun\u00e4chst nur Individualpsychologie, infolge der empfundenen oder vorgestellten Ausdrucksbewegungen sind jedoch auch ohne metaphysische Voraussetzungen fremde Bewufstseine anzunehmen. Den Ausgangspunkt bildet die allgemeinste Eigenschaft der Bewufstheit, das Ziel besteht in der Aufstellung von Klassenbegriffen durch Aufdeckung von \u00c4hnlichkeiten und in der Konstatierung von Abh\u00e4ngigkeiten, insofern die BewufstseinsVorg\u00e4nge eine Stufenfolge bilden, bei der ein Glied h\u00e4ufig das andere bedingt. Obgleich die genetische Methode der Metaphysik eigen ist, macht auch die Psychologie von ihr","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n291\nGebrauch, wenn sie innerhalb der Bewufstseinsvorg\u00e4nge Glieder als Bedingungen postuliert, die auf analytischem Wege nicht zu finden sind.\nDie eigentliche Ausf\u00fchrung seines Themas beginnt Verfasser mit einer Festlegung des Begriffes \u201eBewufstsein\u201c, das drei verschiedene Bedeutungen annehmen kann. Zun\u00e4chst ist es als Bewufstheit das \u201eGattungsmerkmal\u201c und insofern ein \u201elogischer Bestandteil\u201c der Bewufstseinsvorg\u00e4nge. Sodann aber bezeichnet es kleinere Gruppen von zusammengeh\u00f6rigen Be wufstsei ns Vorg\u00e4ngen, welche durch Reflexion \u00fcber gegenw\u00e4rtige und Erinnerung vergangener Bewufstseinsthatsachen entstehen. Drittens giebt es auch ein Gegenstandsbewufstsein, ein Wissen um einen Gegenstand, d. h. um ein von dem Bewufstseinsvorg\u00e4nge Verschiedenes. Der Zusammenhang der Bewufstseinsvorg\u00e4nge untereinander ist das eigentlich individualisierende Merkmal.\nEine Art des Gegenstandsbewufstseins ist die Wahrnehmung, die Transscendentes in urspr\u00fcnglichen Empfindungen vergegenw\u00e4rtigt. Sie i8tl.) ein nicht namentliches, d. h. durch Vorstellungen vermitteltes Wissen, 2) ein nur eingliedriger Vorgang, da die Trennung des wahrgenommenen Gegenstandes vom Wahrnehmungsorgane und Wahr-nehmungsvorgange erst eine Folge der Reflexion \u00fcber die Wahrnehmung ist, und auch die Beziehung des Bewusstseins auf das Transscendente nur implicite vorhanden ist und der Wahrnehmung als Eigenschaft zukommt, abgesehen davon, ob etwas Transscendentes wirklich existiert oder nicht; 3.) eine Anschauung, bei der nichts vom Gegenst\u00e4nde bejaht oder verneint wird, sondern dieser geistig so erfafst wird, wie er sich in dem Anschauungsmittel darstellt. Aus der letzteren Thatsache folgt die Berechtigung des Ph\u00e4nomenalismus, von welchem jedoch der Ag nostizismus, eine metaphysische Theorie, wohl zu trennen ist. Eine Einsicht in die Wahrheit unserer Wahrnehmungen ist \u00fcberhaupt unm\u00f6glich, nur \u00fcber ihre Wahrscheinlichkeit giebt das Wahr nehmungsurteil Aufschlufs.\nDer letzte Hauptteil des Werkes behandelt die \u201eEntstehung unseres Weltbildes\u201c. Die Dingvorstellung en vermitteln zun\u00e4chst nur die Muskel- und Gelenkempfindungen; die Gesichts- und anderen Empfindungen verm\u00f6gen es nur durch ihre Assoziation mit den Tastempfindungen. Dafs auch in dem Transscendenten zwischen Ding und Nicht-Ding zu unterscheiden ist, hat einen dreifachen Grund : a) mit den Dingvorstellungen zugleich vermittelt oft das n\u00e4mliche K\u00f6rperglied Wahrnehmungen anderer Gegenst\u00e4nde; b) die Intensit\u00e4t der letzteren h\u00e4ngt oft von der N\u00e4he der Dinge ab ; c) das Bewu\u00dftsein der Zusammengeh\u00f6rigkeit der Eigenschaften mit dem zugeh\u00f6rigen Dinge ist ein ganz eigent\u00fcmliches, nicht durch Assoziation gewonnenes. Alle Dinge sind wegen ihrer Eigen\u00f6rtlichkeit, an der auch die Eigenschaften teilhaben, zun\u00e4chst individuell. Hierdurch entsteht die Vorstellung der Selbigkeit eines durch mehrere Sinne wahrgenommenen Gegenstandes. Auf der Vorstellung der Selbigkeit fr\u00fcher und jetzt wahrgenommener Gegenst\u00e4nde beruht wiederum die Vorstellung der Fortdauer, f\u00fcr welche die Erinnerung vereint mit dem Wiedererkennen n\u00f6tig ist. Voraussetzung hierbei ist nur die Fortdauer unseres\n19*","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292\nL\u00fc ter atur bericht.\nK\u00f6rpers, nicht die unseres Bewufstseins. Dafs Andere und wir denselben Gegenstand wahrnehmen, wissen wir bei T\u00f6nen, Ger\u00fcchen und Temperaturen daher, dafs diese Wahrnehmungen an einen bestimmten Baum gebunden sind. Schwierigkeit bieten nur die Gesichtsempfindungen, bei denen man auf die Stellung der Augen B\u00fccksicht nehmen mufs, welche wir an Anderen mit den Greifbewegungen verbunden wahr nehmen und bei uns selbst daher vorstellen. Eine Obereinstimmung zwischen den an Anderen wahrgenommenen und an uns vorgestellten Augenstellungen belehrt uns nun dar\u00fcber, dafs die Anderen und wir den n\u00e4mlichen Gegenstand sehen. \u2014 Ausdehnung ist \u201eeine Summe gleichartiger, gleichzeitiger, wechselseitig zusammenh\u00e4ngender, aber nicht einander bedingender Teile, die wir uns in Empfindungen vergegenw\u00e4rtigen\u201c. Die Verschmelzung der Teile in eine einheitliche Empfindung verhindern die f\u00fcr jeden Teil charakteristischen Muskel- und Gelenkempfindungen, welche beim Tasten mit bewegter Hand, bezw. beim Sehen mit bewegtem Auge mit den Druck-, bezw. Gesichtsempfindungen verbunden und daher auch bei \u00fcbender Hand und ruhendem Auge noch wirksam sind. Tastbilder haben drei Dimensionen, da sich die Gelenkempfindungen je nach der Beugung der Finger unterscheiden ; Gesichtsbilder erlangen sie erst durch die Assoziation mitjden Tastempfindungen, namentlich bei Greif bewegungen. Das Bewufstsein des der Ausdehnung eigenen Zusammenhanges der Teile kommt daher, dafs die zugeh\u00f6rigen Muskel- und Gelenkempfindungen ein kontinuierlich abgestuftes System bilden. Zu der Vorstellung der Gestalt und der gegenseitigen Entfernung der Dinge gelangen wir durch die Griffe ins Leere beim Um tasten des Gegenstandes. Die Entfernung der Gegenst\u00e4nde von uns nehmen wir wahr durch Tastempfindungen beim Ausstrecken der Hand, die Dichtung der Entfernung ist bedingt durch die Verschiedenheit der Gelenkempfindungen, je nachdem der Gegenstand oben oder unten, rechts oder links etc. sich befindet; f\u00fcr die Gesichtsempfindungen kommt wieder die Assoziation mit den Tastempfindungen bei Greifbewegungen in Betracht. Die Wahrnehmung der Bewegung ist ein einheitlicher, in einem Zeitmomente sich vollziehender Vorgang ; es wird n\u00e4mlich der \u00dcbergang von einem Orte in den anderen wahrgenommen, da die mit den Tast- und Gesichtsempfindungen assoziierten, den Hand- und Augenbewegungen entsprechenden Empfindungen ein kontinuierlich abgestuftes System von Bewegungen bilden. Auch bei ruhendem Auge und ruhender Hand werden Bewegungen wahrgenommen infolge der Assoziation der hierbei entstehenden Tast- und Gesichtsempfindungen mit denen bei bewegter Hand und bewegtem Auge. Die Bewegungen des eigenen K\u00f6rpers werden in gleicher Weise wahrgenommen, wie die anderer Gegenst\u00e4nde.\nDa Empfindungen und Gegenst\u00e4nde unl\u00f6slich miteinander verbunden sind, so werden erstere an den Ort letzterer verlegt (Projektionstheorie). Indes geschieht dieses nur in Gedanken, indem sich die Vorstellung von dem Vorhandensein der Empfindungen in dem eigenen K\u00f6rper einstellt und dann dieser an den Ort der Gegenst\u00e4nde versetzt wird. Gegen die Obj ektivations- und Belativit\u00e4tstheorie, welche beide letzten Endes eine Theorie bilden und mit der Projektionstheorie","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"Literatur bericht,\n293\nverwandt sind, ist einzuwenden, d&fs weder eine \u00dcbertragung der Empfindung auf die Gegenst\u00e4nde, noch eine Verwechselung beider in der Wahrnehmung selbst vorgenommen wird.\nZum Schlufs sucht Verfasser die Thatsachen der Generalisation, Abstraktion und Reflexion zu erkl\u00e4ren. Die ersten allgemeinen Vorstellungen sind die den Gesichts-, Geh\u00f6rs-, Geruchs-, Geschmaoks-und Temperaturwahmehmungen entsprechenden, bei welchen wir von den mit ihnen verbundenen, ihre Gegenst\u00e4nde individualisierenden Dingvorstellungen absehen. Die allgemeinen Vorstellungen von einem Dinge und seinem Orte kommen dadurch zu st\u00e4nde, dafs einerseits die Zeit-Vorstellung bei den Tastwahmehmungen keine Rolle spielt, andererseits die Gegenst\u00e4nde in einer Entfernung vorgestellt werden, in der sie bequem gefafst werden k\u00f6nnen, so dafs auch von den \u00f6rtlichen Verschiedenheiten abstrahiert wird. Die abstrahierende Th\u00e4tigkeit selbst aber, welche in einem Fehlen oder in einer einseitigen Richtung der Aufmerksamkeit besteht, r\u00fchrt daher, dafs die Vorstellungen unbestimmter und verschwommener Wahrnehmungen \u00fcber die gr\u00f6fsere Bestimmtheit gegenw\u00e4rtiger Wahrnehmungen hinwegsehen lassen und so die Vergegenw\u00e4rtigung verschiedener Gegenst\u00e4nde durch die gleiche Wahrnehmung erm\u00f6glichen. Mit jeder Wahrnehmung ist bereits eine zwiefache, nat\u00fcrliche Abstraktion verbunden: a) von der Empfindung als einem Bewufstseins vorgange, b) von einigen Seiten des Inhalts. Eine k\u00fcnstliche Abstraktion tritt beim Bilden der Individual- oder Allgemeinbegriffe ein, wo eine Reflexion, und zwar eine ontologische, auf das Transscendente bez\u00fcgliche n\u00f6tig ist. Eine andere Art der Reflexion ist die psychologische, welche die BewufstseinsVorg\u00e4nge betrifft Man kann n\u00e4mlich von der Zusammengeh\u00f6rigkeit aller Bewufstseins-vorg\u00e4nge absehen, wie dies regelm\u00e4fsig bei der einfachen Kenntnisnahme geschieht. Auf diese Weise entstehen allgemeine Vorstellungen von Bewufstseins Vorg\u00e4ngen, deren Individualisierung ja gerade in der Zusammengeh\u00f6rigkeit besteht.\nDies sind die haupts\u00e4chlichsten Ergebnisse des vorliegenden Werkes, da die als Anhang beigegebenen Ausf\u00fchrungen \u00fcber die \u201eBewufstseins-und Wahrnehmungstheorien des Platon und Aristoteles\u201c fast ausschliefslich in das Gebiet der Geschichte der Philosophie geh\u00f6ren. Es ist ohne weiteres zuzugeben, dafs Verfasser in sehr sorgf\u00e4ltiger und exakter Weise bestrebt war, seiner Aufgabe gerecht zu werden. Schon \u00e4uiserlich erkennt man dies an der recht ausf\u00fchrlichen und die einschl\u00e4gige Litteratur ziemlich eingehend, wenn auch nicht ersch\u00f6pfend ber\u00fccksichtigenden Anmerkungen, welche hinter jedem Abschnitte folgen. Ganz besonders anerkennenswert in dieser Beziehung ist das geradezu musterg\u00fcltige \u201eNamen- und Sachregister\u201c. Neben der Sorgfalt und dem Fleifse mufs auch hervorgehoben werden, dafs Verfasser in scharfer, konsequenter und selbst\u00e4ndiger Weise seine Probleme durchdenkt. So bildet namentlich der Abschnitt \u00fcber die \u201eEntstehung unseres Weltbildes\u201c mancherlei Interessantes und Anregendes. Leider ist nur dieses nicht immer der Fall. Gar oft gef\u00e4llt sich Verfasser in unfruchtbaren Definitionen, in der Erfindung neuer Termini f\u00fcr l\u00e4ngst bekannte That-","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\nLdttera turbericht.\nSachen und in der Aufstellung unbewiesener Behauptungen. Auch kann man ihn nicht von dem Vorwurfe freisprechen, hier und da allzu einseitig vorgegangen zu sein. So sind bei der \u201eEntstehung unseres Weltbildes*1 vielfach die Tastwahrnehmungen in ihrer Bedeutung \u00fcbersch\u00e4tzt und einseitig ber\u00fccksichtigt worden. Oft ist auch der Empirismus in allzu gek\u00fcnstelter und gewaltsamer Weise durchgef\u00fchrt und zu einem wenig \u00fcberzeugenden Sensualismus ausgeartet. So scheint es mir schon recht unzul&nglich, wo nicht gar oberfl\u00e4chlich, wenn Verfasser die Annahme apriorischer Erkenntnismomente als eine \u201e\u00fcberfl\u00fcssige Verdoppelung\u201c bezeichnet, weil doch \u201edie besondere Beschaffenheit der Empfindungen in den einzelnen F\u00e4llen die f\u00fcr diese F\u00e4lle passenden Ideen in uns wecken m\u00fcfete\u201c. Ebensowenig befriedigt aus dem angegebenen Grunde die Art und Weise, in der die Entstehung der Generalisierung, Abstraktion und Reflexion erkl\u00e4rt wird. Indes w\u00fcrde es \u00fcber den Rahmen einer kurzen Besprechung hinausgehen, mit dem Verfasser \u00fcber all die einzelnen S\u00e4tze, welche angriffsf\u00e4hig sind, zu rechten. Es sei daher nur noch auf einen Mangel seiner Arbeit hingewiesen, der f\u00fcr den Leser \u00e4ufserst st\u00f6rend ist, n\u00e4mlich die Darstellungsweise. Es kostet nicht geringe M\u00fche, sich mit dem Gedankengange des Verfassers vertraut zu machen. Selbst seine einfachsten Ideen werden sehr schwer fafslich, teils wegen eines eigent\u00fcmlichen Satzbaues, teils wegen der Sucht, die sonst \u00fcblichen psychologischen Termini zu meiden. Es mufis dies um so mehr auffallen, als Verfasser sagt: \u2018\u201eMeine Absicht war, ein Buch zu schaffen, das auch meinen Zuh\u00f6rern schon in den ersten Semestern von Nutzen sein k\u00f6nnte.\u201c Da Verfasser noch einen zweiten Band, in dem eine Urteilstheorie und auf Grund derselben eine Erkl\u00e4rung der Entstehung unseres Sprachbewufstseins versucht werden soll, und eine Psychologie des Willens ank\u00fcndigt, so halte ich es f\u00fcr meine Pflicht, eine klarere und leichter verst\u00e4ndliche Ausdrucksweise im Interesse der\nf\nLeser zu w\u00fcnschen.\tArthur Wrbschner (Berlin).\n\u00bbMund Montgomery. The integration of mind. Mind. S. 306-319. (Juli 1895.)\nN. S. Vol. IV.\nDer anregende Aufsatz besch\u00e4ftigt sich mit der \u201eFrage der Fragen\u201c. Alle unsere geistigen Erlebnisse haben nur momentane Existenz. Sie vergehen, ohne je wiederzukehren. K\u00f6nnen wir aus ihnen rechtm\u00e4fsig auf das schliefsen, was ihnen als dauerndes Substrat zu Grunde liegt? K\u00f6nnen wir einen g\u00fcltigen Begriff der aufserbewufsten Existenz bilden, in der die zeitlich vor\u00fcberrauschenden BewufstseinsVorg\u00e4nge in einer verborgenen Art und Weise aufbewahrt bleiben? Von fremdem Bewufst-\u00f6ein haben wir keine direkte Kenntnis. Was wir von anderen Wesen erfahren, erscheint toto genere verschieden von der inneren Existenz des Bewufstsein8. Mit der L\u00f6sung des fein gestellten Problems macht es sich der Verfasser aber doch etwas leicht. Er l\u00e4fst das k\u00f6rperlichgeistige Substrat und die organische Entwickelung einspringen. Damit ist aber nach Ansicht vieler Denker die Frage umgangen, nicht gel\u00f6st. Die verschiedenen Modifikationen der Annahme eines eigenen geistigen Substrats, die auch von Anh\u00e4ngern des Parallelismus unternommenen","page":294}],"identifier":"lit29941","issued":"1896","language":"de","pages":"289-294","startpages":"289","title":"G. K. Uphues: Psychologie des Erkennens vom empirischen Standpunkte. I. Bd. Leipzig, Engelmann, 1893. 318 S.","type":"Journal Article","volume":"10"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:56:30.873180+00:00"}