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{"created":"2022-01-31T14:55:16.149694+00:00","id":"lit29964","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Offner, M.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 10: 445-446","fulltext":[{"file":"p0445.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n445\nund Methoden zum Studium der Bewegungen betrifft, die franz\u00f6sische Psychologie einen gewissen Vorsprung hat.\nSehr ungleich ist der Wert der ausf\u00fchrlichen Darlegungen des f\u00fcnften Kapitels \u00fcber das Ged\u00e4chtnis. Die Verfasser beschweren sich \u00fcber eine Vernachl\u00e4ssigung der Ged\u00e4chtnisph\u00e4nomene, und als Beleg wird angef\u00fchrt, dafs z. B. in Wundts Psychologie (4. Aufl.) von 1360 Seiten nur 11 dem \u201eGed\u00e4chtnis*4 gewidmet wurden. Es ist allerdings dem Beferenten nicht fraglich, dafs die vorhandenen experimentellen Arbeiten \u00fcber das Ged\u00e4chtnis in den Lehrb\u00fcchern der Psychologie bisher noch nicht die n\u00f6tige theoretische Ausbeutung gefunden haben, aber die Klage der Verfasser ist in der von ihnen erhobenen Form unberechtigt. Sie \u00fcbersehen dabei g\u00e4nzlich, dafs sie selbst sehr vieles unter den Klassen-begriff \u201eGed\u00e4chtnis\u201c bringen, was andere Psychologen unter anderen Rubriken, wie Assoziationsgesetze und -Bedingungen, Reproduktionsph\u00e4nomene, Bewufstseinsumfang u. s. w., zu er\u00f6rtern pflegen, und dafs der Klassenbegriff \u201eGed\u00e4chtnis\u201c wegen seiner zu grofsen Allgemeinheit und Unbestimmtheit \u00fcberhaupt durch speziellere Termini ersetzt zu werden beginnt. Erw\u00e4hnen wollen wir noch aus diesem Kapitel die Aufz\u00e4hlung der Ged\u00e4chtnismethoden (S. 76 ff.), die sehr beachtenswert ist. Aus dem Folgenden d\u00fcrfte ferner die Behandlung der Methoden der Beobachtung als vielfach originell zu erw\u00e4hnen sein.\nDie Schluf8bemerkungen (IX. Conclusion) \u00e4ufsern einige W\u00fcnsche nach Erweiterung der bisherigen psychologischen Praxis, die sich mancher Psychologe zu Herzen nehmen k\u00f6nnte.\nDas Werk enth\u00e4lt f\u00fcr eine \u201eEinf\u00fchrung\u201c eine zu grofse Zahl, zum Teil selbst sinnst\u00f6render Druckfehler.\tE. Meumann (Leipzig).\nJulien Pioger. La vie et la pens\u00e9e. Essai de conception exp\u00e9rimentale.\nBiblioth\u00e8que de philosophie contemporaine. Paris. F\u00e9lix Alcan. 1893. 263 S.\nUnter diesem verheifsungsvollen Titel bietet der schon durch sein Le Monde physique bekannte Verfasser eine wissenschaftliche Pr\u00fcfung und L\u00e4uterung der wichtigsten Prinzipien der Physiologie und Psychologie und suoht auf Grund derselben als einer die Summe unserer Erfahrung abschliefsenden Synthese eine L\u00f6sung der bis jetzt falsch, oder besser verfr\u00fcht, aufgestellten Frage nach dem Wesen des Bewusstseins zu geben.\nIn geistreichen und anregenden Betrachtungen f\u00fchrt er das Ph\u00e4nomen des Lebens durch eine Reihe kaum merklicher \u00dcberg\u00e4nge zur\u00fcck auf die Ern\u00e4hrung, welche selbst nur als die Resultante physikalischchemischer Vorg\u00e4nge zu betrachten ist. Diese aber haben ihr Analogon in der von Graham entdeckten Dialyse (Diffusion), der gegenseitigen Durch' dringung von Gas und Fl\u00fcssigkeit, ohne dafs sie chemisch aufeinander-wirken.\nIndem sich ihm so das Leben in letzter Linie lediglich als das Ergebnis von Wirkung und Gegenwirkung physikalisch - chemischer Molekularkr\u00e4fte darstellt, gewinnt Verfasser die Br\u00fccke vom Anorganischen zu dem nur scheinbar wesentlich verschiedenen Reiche des Organischen und findet Leben im ganzen Universum, ohne darum Hylozoist","page":445},{"file":"p0446.txt","language":"de","ocr_de":"446\nLitteraturbericht.\nzu sein. Denn einen substantiellen Tr\u00e4ger des Lebens anerkennt er nicht; es giebt nur Lebenserschein\u00fcngen. Wir haben nur lebende Materie, welche von der sog. toten Materie zwar meist deutlich, aber nicht wesentlich sich unterscheidet und gegen diese nur als Verbindung h\u00f6heren Grades mit st\u00e4ndig schwankendem Gleichgewicht der Kr\u00e4fte zu betrachten ist. Daraus ergeben sich die Hauptkennzeichen des Lebens, die Ern\u00e4hrung, das Wachstum, die Wiedererzeugung, die Fortpflanzung, die Empfindung, der Instinkt, der Gedanke. Selbst die Spontaneit\u00e4t, welche man gern als das Spezifikum des Lebens ansieht, l\u00e4fst sich auf diese einfachsten Verh\u00e4ltnisse zur\u00fcckleiten.\nAuf Einzelheiten dieser weit ausgreifenden Untersuchung kritisierend oder auch nur referierend einzugehen, ist unm\u00f6glich. Alles in allem betrachtet, erscheint das Buch als ein interessanter Versuch, das alte Problem des Lebens mit neuen Mitteln zu l\u00f6sen.\nM. Offner (Aschaffenburg).\nMinor Studies from the Psychological Laboratory of Clark University. U.\nAmeric. Joum. of Psychol. VI. 4. S. 633\u2014584. 1895.\nDer vorliegende zweite Bericht aus dem unter E. C. Sanfords Leitung stehenden Laboratorium enth\u00e4lt folgende Arbeiten:\n1. Caroline Miles: A study of individual psychology.\nDie Verfasserin bietet einen Versuch, den Fragebogen der Psychologie nutzbar zu machen; neben den auf diesem Wege zu Tage gef\u00f6rderten psychologischen Erkenntnissen will sie gleichzeitig seine Methode f\u00f6rdern. Das letztere Ziel hat sie kaum erreicht. Denn die wenigen methodischen Anweisungen, die sich hie und da in die Arbeit eingestreut und am Schl\u00fcsse derselben zusammengefafst finden, sind weder neu, noch inhaltsschwer. Dagegen zeigt die Arbeit einen schweren methodischen Fehler, der sie beinahe zum Bang einer psychologischen Spielenei degradiert: es ist weder Plan noch Ziel in dem Fragen. Alles Experimentieren wird zu einem Tappen im Finstern und kann nur ganz zuf\u00e4llig Brauchbares zu Tage f\u00f6rdern, sobald es nicht einer ganz bestimmten Fragestellung angepafst ist; so verliert auch die Fragemethode ihren wissenschaftlichen Wert, wenn sie nicht von einem klar aufgestellten Problem ausgeht und dieses vom Anfang bis zum Ende fest im Auge beh\u00e4lt. Aber daran denkt die Verfasserin nicht; da wird darauf losgefragt, einmal ein bischen GeftLhl, dann ein bischen Aufmerksamkeit, dann ein wenig Ged\u00e4chtnis, und so fort, einmal das, dann das, und nirgends eine Spur von einer Frage, der die Fragestellung dienen soll. Dabei kann nicht geleugnet werden, dafs das Einzelne gut \u00dcberlegt ist; aber was n\u00fctzt das bei dem erw\u00e4hnten Hauptmangel? So ist auch mit den in grofser Zahl eingelaufenen Antworten kaum etwas anzufangen, abgesehen davon, dafs sie sich meist so vager Ausdr\u00fccke bedienen, dafs der damit gemeinte psychische Thatbestand keineswegs eindeutig bestimmt ist. Was kann es z. B. nicht alles bedeuten, wenn auf die Frage: \u201eWoran unterscheiden Sie die linke Hand von der rechten ?\u201c die Antwort kommt: \u201eAn einem Unterschiedsgef\u00fchl\u201c, oder \u201einstinktm\u00e4fsig\u201c! Viele Fragen sind auch, weil sie sich mit zu komplizierten psychischen That-","page":446}],"identifier":"lit29964","issued":"1896","language":"de","pages":"445-446","startpages":"445","title":"Julien Pioger: La vie et la pens\u00e9e. Essai de conception exp\u00e9rimentale. Biblioth\u00e8que de philosophie contemporaine. Paris. F\u00e9lix Alcan. 1893. 263 S.","type":"Journal Article","volume":"10"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:55:16.149700+00:00"}