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H. Munk: Über die Fühlsphären der Großhirnrinde. Sitzungsber. d. königl. preuß. Akad. d. Wiss. 1893. S. 759; 1894. XXXVI. S. 823; 1895. XXX. S. 595

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{"created":"2022-01-31T14:55:24.802752+00:00","id":"lit29987","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Ziehen","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 11: 55-60","fulltext":[{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"Litter a turbericht.\n55\nExstirpation des Stirnlappens treten Intelligenzst\u00f6rungen auf. Ebenso ist Sehen und H\u00f6ren durchaus intakt. Nach einseitiger Exstirpation beobachtet man:\n1.\teine St\u00f6rung des Tast-, Schmerz- und Muskelgef\u00fchls, sowie eine Parese der gegenseitigen Extremit\u00e4ten und\n2.\teine Herabsetzung der Sensibilit\u00e4t an der entgegengesetzten H\u00e4lfte des Nackens und .Rumpfes, sowie eine Parese derjenigen Muskeln, welche die Bewegungen des Kopfes und der vorderen Eumpf-h\u00e4lfte nach der entgegengesetzten Seite (unter gleichseitiger Kr\u00fcmmung der Wirbels\u00e4ule mit der Konvexit\u00e4t nach der Seite der Verletzung) bewirken.\nDie sub 1 genannten St\u00f6rungen glichen sich ziemlich rasch aus. Erheblich hartn\u00e4ckiger sind die paretischen Erscheinungen an der Wirbels\u00e4ule. Doch gehen auch diese binnen 2\u20143 Monaten v\u00f6llig zur\u00fcck. Entfernt man alsdann den zweiten Stirnlappen, so treten dieselben motorischen und sensiblen St\u00f6rungen nur auf der dem zuletzt entfernten Lappen gegen\u00fcberliegenden Seite auf, um ebenfalls allm\u00e4hlich wieder zu verschwinden. Nach L\u00e4sionen der eigentlichen motorischen Zone (Gyrus sigmoideus) hat G. niemals St\u00f6rungen der Nacken- bezw. Kumpfbewegungen beobachtet. Er schliefst sich daher im wesentlichen Munk dahin an, dafs er im Stirnlappen ein Kumpf- und Nackenzentrum annimmt,, nur glaubt er, innerhalb des Stirnlappens diese beiden nicht trennen zu k\u00f6nnen. Auch hebt er hervor, dafs die St\u00f6rungen niemals so persistent sind, wie Munk annimmt. Er schliefst aus seinen Versuchen, dafs bei der Restitution die gleichseitige Extremit\u00e4tenregion f\u00fcr den exstirpierten Stirnlappen eintritt.\tZiehen (Jena).\nH. Munk. \u00dcber die F\u00fchlsph\u00e4ren der Grofshirnrinde.\tSitz-ungsber. d.\nk\u00f6nigl. prenfs. Akad. d. Wiss. 1893. S. 759; 1894. XXXVI. S. 823; 1895. XXX. S. 595.\nDiese Mitteilungen Munks schliefsen sich an die Abhandlung vom Jahre 1892 an, welche in dieser Zeitschrift, Bd. VII, S. 212 referiert worden ist. Die erste der jetzt vorliegenden Mitteilungen behandelt die Bewegungsst\u00f6rungen nach Exstirpation der Extremit\u00e4tenregionen. Verfasser betont zun\u00e4chst, dafs bei dem Hunde keine Kontrakturen ein-treten, bei dem Affen hingegen Kontrakturen bald eintreten, bald nicht. Alsdann giebt er eine sehr ausf\u00fchrliche Schilderung der Bewegungsst\u00f6rungen der rechtsseitigen Extremit\u00e4ten bei solchen Affen, bei welchen \u2022die (linksseitige) Exstirpation nicht zur Entstehung von Kontrakturen gef\u00fchrt hat. Wir m\u00fcssen hier auf das Original verweisen und geben nur die Zusammenfassung des Verfassers wieder. Danach sind \u201eGemeinschaftsbewegungen\u201c und \u201eSonderbewegungen\u201c der Extremit\u00e4ten zu unterscheiden Erstere sind dadurch ausgezeichnet, dafs sie \u201ezusammen, in Verbindung oder in der Keihe, mit Bewegungen anderer K\u00f6rperteile erfolgen\u201c, w\u00e4hrend die Sonderbewegungen isoliert auftreten. Nur anfangs sind bei dem operierten Tiere die Gemeinschaftsbewegungen f\u00fcr kurze Zeit verschwunden, dann stellen sie sich wieder ein, zun\u00e4chst sehr ungeschickt, .allm\u00e4hlich immer besser, bis ca. sechs bis acht Wochen nach der","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\nLi it\u00e9ra turberich t.\nOperation nur gewisse Ungeschicklichkeiten in den Bewegungen \u00fcbrig bleiben, welche \u00fcberhaupt nicht wieder verschwinden. Die Sonderbewegungen der rechten Extremit\u00e4ten fehlen hingegen nach der Operation, soweit es sich nicht um Gemeinreflexe handelt, durchaus und f\u00fcr immer.\nVerfasser nimmt nun an, dafs die willk\u00fcrlichen Sonderbewegungen* soweit sie in ihrem Ablaufe identisch mit Gemeinreflexen sind, nur dadurch zu st\u00e4nde kommen, dafs die Extremit\u00e4tenregionen dieselben spinalen Reflexzentren, in welchen die Gemeinreflexe entstehen, in Erregung versetzen. Das Reflexzentrum einer Extremit\u00e4t besteht aus kleineren Gliederzentren, und zwar je einem Zentrum f\u00fcr jedes Glied der Extremit\u00e4t. Diese Gliedzentren sind durch Leitungsbahnen in derselben Reihenfolge miteinander verbunden, wie die Glieder einer Extremit\u00e4t sich aneinander schliefsen. Von der kortikalen Extremit\u00e4tenregion f\u00fchren Leitungsbahnen zu jedem einzelnen Gliedzentrum, w\u00e4hrend die sensiblen Fasern des R\u00fcckenmarkes ausschliefslich mit dem Zentrum des obersten Gliedes jeder Extremit\u00e4t in direkter Verbindung stehen. So erkl\u00e4rt es sich, dafs bei den Ber\u00fchrungsreflexen, welchen Verfasser kortikalen Ursprung zuschreibt, zun\u00e4chst die distalsten Glieder der Extremit\u00e4ten in Bewegung geraten, dafs ferner bei den willk\u00fcrlichen Bewegungen bald dies, bald jenes Glied der Extremit\u00e4ten isoliert bewegt wird, dafs hingegen bei den Gemeinreflexen stets das proximale Glied der Extremit\u00e4t zuerst in Bewegung ger\u00e4t. Soweit die willk\u00fcrlichen Sonderbewegungen Bewegungskombinationen darstellen, welche nicht auch als Gemeinreflexe Vorkommen, sind andere besondere spinale Zentren anzunehmen, welche die \u00dcbertragung der Erregung auf die vorderen Wurzeln besorgen. Da die Sonderbewegungen bei den operierten Tieren durchaus fehlen, so darf man die Extremit\u00e4tenregion auch ansehen \u201eals die Projektion derjenigen R\u00fcckenmarkszentren, deren Erregung isolierte Bewegungen an den gegenseitigen Extremit\u00e4ten zur Folge hat\u201c.\nDie Ber\u00fchrungsreflexe der Extremit\u00e4tenregion entsprechen durchaus den vom Verfasser fr\u00fcher beschriebenen Sehreflexen der Sehsph\u00e4re. Die Zahl derselben ist sehr grofs. Als Regel gilt, dafs bei schw\u00e4chster Reizung nur das ber\u00fchrte Glied der Extremit\u00e4t mit einer aktiven Bewegung antwortet. In der Extremit\u00e4tenregion geht also die den zentralen ber\u00fchrungsempfindenden Elementen zugeleitete Erregung auf diejenigen motorischen Bahnen \u00fcber, welche das gereizte Glied selbst in Bewegung, setzen. Da ferner isolierte Bewegungen der Extremit\u00e4ten bei dem unversehrten Tiere auch ohne vorausgegangene Ber\u00fchrung, z. B. auf Grund von Gesichtsempfindungen bezw. Gesichtsvorstellungen, Vorkommen, so ist zu schliefsen, dafs die Leitungsbahnen, welche von den Extremit\u00e4tenregionen zu den R\u00fcckenmarkszentren f\u00fchren, nicht unmittelbar aus den ber\u00fchrungsempfindenden Elementen entspringen, sondern aus anderen in den Extremit\u00e4tenregionen gelegenen Rindenelementen, welche ebensowohl mit den ber\u00fchrungsempfindenden Elementen, wie mit den Vor-stellungselementen in direkter Verbindung stehen.\nDa die Gemeinschaftsbewegungen bei den operierten Tieren nicht aufgehoben, sondern nur gesch\u00e4digt sind, war zun\u00e4chst an die M\u00f6glich-","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n57\nkeit zu denken, dafs die rechte Extremit\u00e4tenregion f\u00fcr die zerst\u00f6rte linke eintrete. Bei den zahlreichen Kommissurverbindungen der rechten und linken R\u00fcckenmarkszentren1 w\u00e4re eine solche \u201cAnnahme an sich ganz plausibel. Indessen ergiebt die Totalexstirpation der rechten Extremit\u00e4tenregion bei fr\u00fcher links operierten Tieren, dafs die Gemeinschaftsbewegungen der rechten Extremit\u00e4ten durch diese zweite Operation keine neue Sch\u00e4digung erfahren. Verfasser nimmt daher an, dafs eine Vertretung f\u00fcr die Gemeinschaftsbewegungen in anderen Rindenpartien nicht eintritt. Er nimmt vielmehr an, dafs die Bewegungen des Gehens, Kletterns, Sichaufrechtstellens etc., welche er auch kurz als \u201ePrinzipal-bewegungen\u201c bezeichnet, nicht von einer einzelnen Partie der Grofs-hirnrinde abh\u00e4ngig sind, und dafs sie stets nur mittelbar von der Grofshirnrinde veranlafst werden. Unmittelbar werden diese Bewegungen von Zentren herbeigef\u00fchrt, welche zwischen Rinde und R\u00fcckenmark gelegen sind, und welche Verfasser als \u201ePrinzipalzentren\u201c bezeichnet. Diese Prinzipalzentren werden nicht nur von der kortikalen Extremit\u00e4tenregion aus, sondern auch von anderen Rindenregionen aus in Erregung versetzt. So wird es verst\u00e4ndlich, dafs auch nach beiderseitiger Exstirpation der Extremit\u00e4tenregion der Affe sich noch recht gut aufrecht stellt, wenn ihm Nahrung hoch vorgehalten wird, u. a. m.\nDa die nach der Operation erfolgende allm\u00e4hliche Besserung der Prinzipalbewegungen zuerst die obersten Glieder jeder Extremit\u00e4t betrifft, nimmt Verfasser weiter an, dafs die Prinzipalzentren nur mit denjenigen R\u00fcckenmarkszentren in direkter Verbindung stehen, welche die Bewegungen der obersten Glieder herbeif\u00fchren.\nDa die Gemeinschaftsbewegungen nach Exstirpation der Extremit\u00e4tenregionen niemals wieder die fr\u00fchere Geschicklichkeit vollst\u00e4ndig zur\u00fcckerlangen, so mufs doch den Extremit\u00e4tenregionen ein spezieller Ein-flufs auf dieselben zukommen. Dieser ist nach Verfasser darin zu suchen, dafs die Extremit\u00e4tenregionen \u201edie Leistung der Prinzipalzentren vervollkommnen oder regulieren\u201c. Diese Vervollkommnung selbst besteht darin, dafs die Extremit\u00e4tenregionen zu den groben Prinzipalbewegungen ihrerseits Erregungen der R\u00fcckenmarkszentren, insbesondere der unteren Extremit\u00e4tenglieder, hinzuf\u00fcgen.\nDie Gemeinschaftsbewegungen sind also ebenfalls von den Extremit\u00e4tenregionen abh\u00e4ngig, aber in viel geringerem Mafse, als die Sonderbewegungen.\nNur f\u00fcr einige wenige F\u00e4lle nimmt Verfasser an, dafs nach Vernichtung der Extremit\u00e4tenregionen noch Gemeinschaftsbewegungen der Extremit\u00e4ten dadurch zu st\u00e4nde kommen, dafs die ihrer Rindenregion beraubten R\u00fcckenmarkszentren von anderen R\u00fcckenmarkszentren in Erregung versetzt werden. Hierher rechnet Verfasser z. B. den Pall eines Affen, bei welchem nach linksseitiger Exstirpation der rechte Arm die Greifbewegungen des linken allm\u00e4hlich in unvollkommener Weise mitmachte. Verfasser bezeichnet diese Bewegungen als \u201esekund\u00e4re\n1 Direkte Verbindung einer Extremit\u00e4tenregion mit gleichseitigen R\u00fcckenmarkszAntren leugnet Verfasser.","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58\nLitter aturbericht.\nBewegungen\u201c. Der \u00dcbergang der Erregung findet auch liier wieder zun\u00e4chst nur auf das oberste Glied jeder Extremit\u00e4t statt.\nDie zweite Mitteilung besch\u00e4ftigt sich mit denjenigen Affen, bei welchen im Anschl\u00fcsse an die Exstirpation Kontrakturen auf-treten. Verfasser unterscheidet Fr\u00fch- und Sp\u00e4tkontrakturen. Erstere sind mit fibrill\u00e4ren oder klonischen Zuckungen verkn\u00fcpft, f\u00fchren entweder rasch zum Tode oder verschwinden bald vollst\u00e4ndig und beruhen auf noch n\u00e4her zu bestimmenden Beizvorg\u00e4ngen, welche einen abnormen Wundverlauf begleiten. Bei Heilung per primam kommen sie niemals vor. Auch beobachtet man sie nur bei partiellen Exstirpationen der Extremit\u00e4tenregion.\nDie Sp\u00e4tkontrakturen treten fr\u00fchestens drei Wochen nach der Operation auf und verlaufen ohne Kr\u00e4mpfe. Sie kommen auch bei Heilung per primam und auch bei Totalexstirpationen vor. Mitunter beschr\u00e4nken sie sich auf eine Extremit\u00e4t. Ob diese Sp\u00e4tkontraktur ein tritt oder nicht, h\u00e4ngt nicht von der Ausdehnung etc. der Operation ab, sondern lediglich von dem Verhalten des Tieres nach der Operation. Je mehr der Affe seine gesch\u00e4digten Extremit\u00e4ten bewegt, um so weniger ist Sp\u00e4tkontraktur zu f\u00fcrchten. Damit stimmt \u00fcberein, dafs gerade diejenigen Muskeln der Kontraktur verfallen, welche bei dem gew\u00f6hnlichen Sitzen verk\u00fcrzt sind, n\u00e4mlich die Ober- und Vorderarmbeuger, die Oberund Unterschenkelbeuger und die Fufsstrecker. In der That kann man auch durch gegensinnige passive Bewegungen diese Kontrakturen hintanhalten.\nVor Eintritt der Sp\u00e4tkontraktur f\u00e4llt schon eine Abnahme der Leistungen derjenigen Muskeln auf, welche Antagonisten der sp\u00e4ter in Kontraktur geratenen Muskeln sind. Die Sektionsbefunde liefern hierf\u00fcr eine ausreichende Erkl\u00e4rung. An allen Affen zeigt sich, wofern sie lange genug leben, eine Atrophie der rechten Extremit\u00e4tenmuskeln (nach linksseitiger Exstirpation). Bei den Affen ohne Kontraktur ist diese Atrophie gering: die Querstreifung ist erhalten, und es l\u00e4fst sich nicht einmal ein im Durchschnitt geringerer Durchmesser derselben mit Sicherheit feststellen.1 Bei den Affen mit Kontraktur ist die Atrophie ausgesprochener, und zwar namentlich in den Antagonisten der kontrak-turierten Muskeln. Die Fasern der kontrakturierten Muskeln sind schm\u00e4ler und kernreicher; die Querstreifung ist zum Teil verschwunden, zum Teil zeigen sich in Querreihen angeordnete K\u00f6rnchen, auch ist das Bindegewebe zwischen den Muskelfasern vermehrt. Die Fasern der Antagonisten sind sehr d\u00fcnn und zeigen einen unr e gelm\u00e4fsig k\u00f6rnigen Inhalt. Auch bei den Affen ohne Kontraktur pflegen diese Antagonisten eine st\u00e4rkere Atrophie zu zeigen. Dieses Verhalten ist um so auff\u00e4lliger, als diese st\u00e4rker atrophierenden Muskeln vorzugsweise Strecker sind und letztere sonst weniger empfindlich gegen sch\u00e4digende Einfl\u00fcsse sind, als die Beuger. Verfasser nimmt daher an, dafs die mit\n1 Bei dem Hunde nimmt, wie neuerdings Fr\u00e4ulein Stier in einer unter meiner Leitung angestellten Untersuchung festgestellt hat, nach der Bindenexstirpation der Faserdurchmesser regelm\u00e4fsig etwas ab.","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"LiUeratur bericht.\n59\ndem Sitzen verbundene Dehnung das Absterben der Ober- und Unterschenkelstrecker, der Ober- und Yorderarmstrecker und der Fufsbeuger beschleunigt. Aus der besonders raschen Atrophie dieser Muskeln erkl\u00e4rt sich auch die oben erw\u00e4hnte fr\u00fche Abnahme ihrer Leistungsf\u00e4higkeit. Eine Zur\u00fcckf\u00fchrung der Kontrakturen auf die Atrophie der Antagonisten h\u00e4lt Verfasser nicht f\u00fcr statthaft, er betrachtet vielmehr beide als koordinierte Erscheinungen. H\u00f6chstens kann die Atrophie der Antagonisten die Entwickelung der Kontrakturen beg\u00fcnstigen.\nDie letzte Mitteilung betrifft die Folgen der doppelseitigen Totalexstirpation der Extremit\u00e4tenregionen bei dem Hunde. Meist vermag das operierte Tier erst am dritten Tage nach der Operation sich durch Strampeln zu erheben und einige Schritte zu gehen, doch st\u00fcrzt es alsbald wieder hin, weil die Beine zu weit oder zu wenig ausschreiten. Vorderbeine wie Hinterbeine sich \u00fcberkreuzen, die Pfoten abgleiten u. dergl. m. Stehen wird ihm wegen der abnormen Stellungen der Beine erst recht unm\u00f6glich. Acht Tage nach der Operation vermag der Hund bereits eine bis zwei Minuten zu laufen. Nach drei Wochen vermag er eine kurze Weile frei zu stehen; auch erhebt er sich momentan auf den Hinterf\u00fcfsen nach vorgehaltenen Fleischst\u00fcckchen. Etwa acht Wochen nach der Operation ist das h\u00f6chste, definitive Mafs der Besserung erreicht, Wenn der Hund lange geruht hat, so zeigt er anfangs im Gang nur wenig Abnormit\u00e4ten. Erst nach l\u00e4ngerem Laufen nehmen letztere zu. Anderthalb Stunden und mehr k\u00f6nnen vergehen, ehe der Hund zum ersten Male beim Gehen hinst\u00fcrzt. Dann nimmt das Umfallen langsam an H\u00e4ufigkeit zu. Schliefslich vermag er sich nicht mehr aufzurichten. Nie setzt sich der Hund; bringt man ihn k\u00fcnstlich in sitzende Stellung, so gleiten die Vorderf\u00fcfse ab, so dafs er zu liegen kommt. Auch Springen und Aufrechtstellen, die nach langer Buhe sich normal vollziehen k\u00f6nnen, werden, je l\u00e4nger der Hund in Bewegung war, immer ungeschickter. Zu keiner Zeit legt der Hund, wenn er. sich am Tisch etc. aufstellt, in normaler Weise die Vorderbeine an, sondern bewegt diese nur rhythmisch abwechselnd auf- und abw\u00e4rts.\nWie bei dem Affen, schreibt M. auch bei dem Hunde auf Grund dieser Versuche den Extremit\u00e4tenregionen einen verfeinernden Einflufs auf die Prinzipalbewegungen des Gehens, Laufens, Aufrichtens etc. zu. Die mehrere Wochen fortschreitende Besserung derselben Bewegungen beruht auf der Erregbarkeitszunahme, welche die spinalen Extremit\u00e4tenzentren infolge der Isolierungsver\u00e4nderungen erfahren. Eine Abweichung bietet der Hund nur in Bezug auf die soeben angef\u00fchrten Erm\u00fcdungserscheinungen.\nDie Prinzipalbewegung des Scharrens ist dem Hunde eigent\u00fcmlich. Bei dem operierten Tiere stellt sie sich allm\u00e4hlich wieder ein, bleibt aber stets unvollkommen, insofern die Zehen allermeist gar nicht mitwirken. Dafs der regelm\u00e4fsige Wechsel beider Vorderbeine im Scharren hin und wieder durch isolierte Scharrbewegungen eines Beines unterbrochen wird, findet M. nicht auffallend, da auch das reflektorische Taktschlagen der Hinterbeine sich zuweilen f\u00fcr kurze Zeit auf ein Bein beschr\u00e4nkt.","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\nLitter aturbericht.\nDie Gemeinreflexe sind auch bei dem operierten Hunde erhalten, die Ber\u00fchrungsreflexe erloschen. Das von Goltz nach Abtragung einer ganzen Hemisph\u00e4re beobachtete Hinf\u00fchren der gegenseitigen Yorder-pfote zur Kopfwunde ist nach M. ein Abwehrreflex der Oblongata. Das von Goltz angegebene Festhalten eines Knochens mit beiden Vorderpfoten (bei halbseitig operierten Tieren) ist als \u201esekund\u00e4re Bewegung\u201c zu deuten. Ob diese sekund\u00e4ren Bewegungen willk\u00fcrlich sind oder nicht, l\u00e4fst sich nicht entscheiden. Keinesfalls handelt es sich um eine \u201eSonderbewegung\u201c. Das Yorstrecken der gegenseitigen Pfote durch das Gitter ist, da es stets alternierend mit der gleichseitigen Pfote erfolgt, eine Prinzipalbewegung. Die Angabe von Goltz, dafs das links operierte Tier noch mit der rechten Pfote Fleischst\u00fcckchen herausscharrt, wenn man die linke festh\u00e4lt, beweist uns willk\u00fcrliche Bewegungen, aber keine Sonderbewegungen des rechten Vorderbeins, da bei den Scharrbewegungen der rechten Pfote die festgehaltene linke Pfote, wie man direkt f\u00fchlt, mit innerviert wird: es handelt sich also um eine sekund\u00e4re Bewegung. \u00dcbrigens hat M. selbst beobachtet, dafs das Tier diese und \u00e4hnliche rechtsseitige sekund\u00e4re Bewegungen immer st\u00e4rker und geschickter ausf\u00fchren und die linksseitigen gleichzeitigen Bewegungen immer mehr unterdr\u00fccken lernt. Er nimmt daher an, dafs die rechten Extremit\u00e4ten* regionen in dem Mafs, wie sie an Herrschaft \u00fcber die rechte Vorderextremit\u00e4t gewinnen, die \u00fcberfl\u00fcssigen Bewegungen der linken durch Innervation antagonistischer spinaler Zentren unterdr\u00fccken. So w\u00fcrde es auch verst\u00e4ndlich, dafs, wie Goltz angiebt und M. best\u00e4tigt, das einseitig operierte Tier schliefslich auch die gegenseitige Pfote wieder geben lernt. Auch hierbei handelt es sich um die allm\u00e4liche Vervollkommnung einer sekund\u00e4ren Bewegung, Schliefslich ist sogar \u00f6fters die Mitbeteiligung der gleichseitigen Pfote nicht mehr nachzuweisen.\nDa endlich auch das Heben des gegenseitigen Hinterbeines beim Harnen, welches Goltz bei zwei Tieren beobachtet hat, stets \u2014- auch bei dem normalen Tiere \u2014 mit einer Innervation des anderen Hinterbeines verbunden ist, so behauptet M., dafs auch bei dem Hunde nach der einseitigen Totalexstirpation der Extremit\u00e4tenregionen alle isolierten Bewegungen der gegenseitigen Extremit\u00e4ten, soweit sie nicht Gemeinreflexe oder B\u00fcckenmarksreflexe sind, f\u00fcr die Folge durchaus fehlen.\nZiehen (Jena).\nF0 W. Mott. Experimental enquiry upon the afferent tracts of the central nervous system of the monkey. Brain, Spring 1895. Part LXIX. S. 1\u201420.\nM. hat bei 14 Affen die sekund\u00e4ren Degenerationen, welche sich nach experimentellen L\u00e4sionen des B\u00fcckenmarkes einstellten, untersucht. Es ergiebt sich aus seinen Befunden namentlich, dafs der direkte \u00dcbergang von Hinterwurzelfasern in die langen Bahnen der Seitenstr\u00e4nge oder in den gekreuzten Hinterstrang, wie er von L\u00f6wenthal, Berdez, und Oddi und Bossi behauptet worden ist, nicht stattfindet. M. fand vielmehr aufser der Degeneration des GoLLschen Stranges nach einseitigen Lumbalwurzeldurchscheidungen nur ab und zu einige degenerierte Fasern","page":60}],"identifier":"lit29987","issued":"1896","language":"de","pages":"55-60","startpages":"55","title":"H. Munk: \u00dcber die F\u00fchlsph\u00e4ren der Gro\u00dfhirnrinde. Sitzungsber. d. k\u00f6nigl. preu\u00df. Akad. d. Wiss. 1893. S. 759; 1894. XXXVI. S. 823; 1895. XXX. S. 595","type":"Journal Article","volume":"11"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:55:24.802757+00:00"}

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