Open Access
{"created":"2022-01-31T15:01:40.407128+00:00","id":"lit30019","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Giessler, M.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 11: 162-163","fulltext":[{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\nLitter aiurbericht.\nsich ergab, auf irgend eine Weise hinweggedeutet wurde. Zwei von diesen Tr\u00e4umen kehrten mehrmals wieder. Sehr richtig erkl\u00e4rt der Verfasser derartige f\u00fcr die Entstehung des Unsterblichkeitsglaubens h\u00f6chst wichtige Tr\u00e4ume damit, dafs zwei Ketten von Vorstellungen, die vom lebenden Bekannten und die von seinem Tode, miteinander in Widerstreit geraten; die \u00e4ltere, tiefersitzende siegt und zwingt die j\u00fcngere, sich ihr irgendwie anzupassen. \u00c4hnlich wirkt dieser sozunennen logische Trieb im Paranoiker, der f\u00fcr seine halluzinatorische Empfindung ebenfalls objektive Ursachen sucht. Einen selbst erlebten derartigen Traum hat Referent berichtet bei Besprechung einer gleichfalls das Traumleben behandelnden Arbeit in dieser Zeitschrift. Bd. VIII. S. 141.\nM. Offner (Aschaffenburg).\nDauriac. Etudes sur la psychologie du musicien. La m\u00e9moire musicale.\nRev. philos. Bd. 39. S. 400\u2014422. (April 1895.)\nD. behandelt das musikalische Ged\u00e4chtnis, wie es sich erstens in der Wiedergabe, zweitens im Wiedererkennen des Geh\u00f6rten \u00e4ufsert. Im allgemeinen gilt die Thatsache, dafs man, je mehr man verstanden hat, um so mehr sich erinnert.\nDie Auffassung der Tonintensit\u00e4ten ist verschieden von der der Tonh\u00f6hen, der Kl\u00e4nge und der Rhythmen. Bez\u00fcglich der Tonintensit\u00e4ten bereitet es Schwierigkeiten, z. B. die Intensit\u00e4tsfolge der Crescendos, Diminuendos, Sforzandos zu behalten. Das Ged\u00e4chtnis daf\u00fcr h\u00e4ngt vom Intellekt ab. Das Ged\u00e4chtnis f\u00fcr Tonh\u00f6hen, d. h. f\u00fcr die Lage der T\u00f6ne innerhalb der Tonleiter, ist unabh\u00e4ngig vom Ged\u00e4chtnis f\u00fcr das Ton-angeben. Wo das erstere fehlt, da mufs man einen Fehler des Geh\u00f6rs konstatieren. Letzteres ist eine Eigenschaft des Ohres und ist gebunden an die nat\u00fcrliche Richtigkeit der Stimme des Tonangebenden. Das Ged\u00e4chtnis f\u00fcr Kl\u00e4nge ist auch sensitiver Natur. Seine Treue h\u00e4ngt von der Feinheit des Ohres ab; so z. B. ist es schwierig, Oboe und Klagget-horn zu unterscheiden. Bei den meisten Menschen ist diese Art des Ged\u00e4chtnisses unzuverl\u00e4ssig. Die Erinnerung f\u00fcr manche Kl\u00e4nge erh\u00e4lt sich infolge ihrer Fremdartigkeit, f\u00fcr andere infolge ihres h\u00e4ufigen Vorkommens. Beim Ged\u00e4chtnis f\u00fcr Rhythmen ist mehr die Sinnes-th\u00e4tigkeit beteiligt, je einfacher der Rhythmus ist, mehr die Synthese, je komplizierter er ist. Der Rhythmus bildet gleichsam einen integrierenden Bestandteil des musikalischen Tonsatzes. Eine Ver\u00e4nderung des Rhythmus ver\u00e4ndert auch die Melodie. Die Auffassung des Rhythmus ist unabh\u00e4ngig von der Auffassung der Tonfolge. Das Ged\u00e4chtnis f\u00fcr Rhythmen \u00fcbertrifft an Treue das f\u00fcr Melodienfolgen. So z. B. erkennen Kinder eine musikalische Weise schon, wenn man ihnen den Rhythmus schl\u00e4gt, ohne dafs man gen\u00f6tigt ist, ihnen die Melodie vorzusingen.\nDas musikalische Ged\u00e4chtnis ist im allgemeinen kurz, fragmentarisch. Von einer zum ersten Male geh\u00f6rten Oper beh\u00e4lt man zun\u00e4chst nur einige Takte. Das Behalten h\u00e4ngt hier mit der Intelligenz zusammen. Selten merkt sich das,Individuum eine ganze musikalische Weise. Meist","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n163\nerfafst das Ged\u00e4chtnis mindestens vier Takte. Das Ged\u00e4chtnis schneidet ans einer Melodie nicht willk\u00fcrlich St\u00fccke heraus, um sie festzuhalten, sondern es zergliedert die Melodie organisch. Am ersten entsinnt man sich des hervorragendsten Teiles einer Melodie, wo sich das Gesetz der Melodie gleichsam kondensiert findet.\nDie hei mangelhaftem Ged\u00e4chtnis hervorgerufenen Dissoziationen innerhalb eines musikalischen Ganzen werden oft von Assoziationen begleitet, so dafs die betreffenden Individuen herausgerissene Teile aus verschiedenen Musikst\u00fccken zu einem Ganzen vereinigen.\nVon der Beschreibung der reproduzierenden Th\u00e4tigkeit wendet sich D. der Th\u00e4tigkeit des Wieder er kennens zu. Zum Wiedererkennen geh\u00f6rt eine geringere Anstrengung, als zum Reproduzieren. Das Ged\u00e4chtnis f\u00fcr das Wiedererkennen ist best\u00e4ndiger und treuer. Wie oft kommt es vor, dafs jemand falsch spielt oder singt, ohne es zu bemerken, w\u00e4hrend er beim Anh\u00f6ren desselben St\u00fcckes sogleich die Inexaktheiten eines Anderen herausfindet! Das Ged\u00e4chtnis f\u00fcr das Wiedererkennen bewirkt das Herausfinden von \u00c4hnlichkeiten zwischen verschiedenen Musikst\u00fccken. Der Eindruck der \u00c4hnlichkeit wird leichter hervorgerufen durch die \u00dcbereinstimmung des Rhythmus, als durch die Analogie der melodischen Fragmente.\nAus dem Gesagten erhellt die Kompliziertheit des musikalischen Ged\u00e4chtnisses und die Tendenz seines Materials, sich zu dissoziieren.\nM. Giessler (Erfurt).\nArthur Allin. \u00dcber das Grundprinzip der Assoziation. Diss. Berlin,\nMayer & M\u00fcller. 1895. 81 S.\nDie bekannte Uneinigkeit \u00fcber die Grundformen der Vorstellungsverbindung hat den Verfasser, wie schon so manchen Anderen, ver-anlafst, die Frage wieder aufzugreifen. Vom psychophysischen Parallelismus ausgehend, betont er zun\u00e4chst, dafs .Wahrnehmen kein Wiedererkennen auf Grund der \u00c4hnlichkeitsassoziation ist. Der diesem entsprechende physiologische Prozefs ist vielmehr der gleiche, wie bei der Ber\u00fchrungsassoziation. \u201eDer mit den Eigenschaften abed versehene Gegenstand wird oft wahrgenommen; eine funktionelle Disposition im Gehirn wird erworben, dafs beim Wahrnehmen von a b die Erregung sich von ihren Mervenzentren AB in die Zentren C D fortpflanzt. Die psychische Erscheinung aber ist ein einheitliches Ganze, der Gegenstand {ab c d).u Den durch \u00e4ufsere Reize entstandenen Teil, a b, bezeichnet Verfasser als das Sinnliche, den durch innere, cd, als Pr\u00e4senta-bilienel ement der Wahrnehmung. \u201eWas das Bewufstsein betrifft, sind beide Elemente gleichwertig Empfindungen. Die Inhalte der beiden Elemente werden als wirklich betrachtet, eine der Haupteigenschaften der Wahrnehmung.\u201c \u201eDer Unterschied der Wahrnehmung von der Sinnest\u00e4uschung besteht demnach in etwas sehr \u00c4ufserlichem, n\u00e4mlich dem thats\u00e4chlichen Vorhandensein desjenigen Teiles des \u00e4ufseren Gegenstandes, der dem Pr\u00e4sentabilienelement entspricht.\u201c Als Bewufstseins-thatsachen sind Sinnest\u00e4uschung und Wahrnehmung gleichwertig; darum nennt A. erstere unvollst\u00e4ndige Wahrnehmung (Illusion). In\n11*","page":163}],"identifier":"lit30019","issued":"1896","language":"de","pages":"162-163","startpages":"162","title":"Dauriac: Etudes sur la psychologie du musicien. La m\u00e9moire musicale. Rev. philos. Bd. 39. S. 400-422. April 1895","type":"Journal Article","volume":"11"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:01:40.407133+00:00"}