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{"created":"2022-01-31T14:56:16.432576+00:00","id":"lit30032","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Meyer, Max","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 11: 177-229","fulltext":[{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus dem Psychologischen Seminar der Universit\u00e4t Berlin.)\n\u00dcber Kombinationst\u00f6ne\nund einige hierzu in Beziehung stehende akustische\nErscheinungen.\nVon\nMax Meyer.\nMit 9 Figuren im Text.\nI. Helmholtz\u2019 Theorie der Kombinationst\u00f6ne.\nDie Kombinationst\u00f6ne sind eine auf dem Gebiete der Sinnesempfindungen insofern einzig dastehende Thatsache, als hier \u2014 wenigstens dem Anscheine nach \u2014 bei gleichzeitiger Einwirkung zweier Heize auf das Sinnesorgan nicht nur die diesen beiden prim\u00e4ren Heizen entsprechenden, sondern noch eine (oder mehrere, was wir vorl\u00e4ufig dahingestellt sein lassen wollen) weitere Empfindung zu st\u00e4nde kommt. Gleich hier nun dr\u00e4ngt sich uns die Frage auf, ob denn diese hinzukommende Empfindung in der That erst durch das gleichzeitige Einwirken zweier Heize auf das Sinnesorgan zu st\u00e4nde kommt, oder ob nicht vielleicht schon in den t\u00f6nenden, d. h. schwingenden Medien, noch bevor jene prim\u00e4ren Wellenbewegungen bis zum eigentlichen Sinnesorgane gelangen, solche Bewegungen entstehen, durch deren Ein wirk en auf die Nervenendigungen die zu den prim\u00e4ren hinzukommenden sekund\u00e4ren Empfindungen ausgel\u00f6st werden. Nun hat H. von Helmholtz thats\u00e4chlich theoretisch den Nachweis gef\u00fchrt, dafs solche Bewegungen, sei es in einer schwingenden Luftmasse, sei es im Trommelfell, entstehen k\u00f6nnen. Damit scheint denn das ganze Problem der Kombinationst\u00f6ne gel\u00f6st zu sein.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie X*\n12","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"178\nMax Meyer,\nUnterzieht man aber die mannigfachen Erscheinungen auf dem Gebiete der Kombinationst\u00f6ne einer eingehenden Unter\u00bb suchung, so wird man bald Bedenken tragen, das Problem hiermit als gel\u00f6st anzusehen und zu glauben, dafs die mathematische Ableitung den Thatsachen wirklich gerecht zu werden verm\u00f6ge. Die Erscheinungen sind viel zu verwickelt, um mit einer einfachen Formel abgethan zu werden. Wir m\u00fcssen daher weiter gehen und nach einer physiologischen Erkl\u00e4rung suchen. Hier aber l\u00e4fst uns die Helmholtzsc1i6 Theorie von dem Zustandekommen der Tonempfindungen im Stich. So wertvoll diese Theorie f\u00fcr die Deutung der allgemeinen Erscheinungen auf dem Gebiete der Geh\u00f6rsempfindungen auch ist, so vermag sie doch in ihrer vorliegenden Gestalt nicht nur keine Erkl\u00e4rung f\u00fcr die Kombinationst\u00f6ne zu geben, sondern schliefst das Zustandekommen solcher T\u00f6ne vielmehr fast g\u00e4nzlich aus. Die Kombinationst\u00f6ne haben deshalb f\u00fcr die Lehre von den Tonempfindungen die allergr\u00f6fste Wichtigkeit, und es d\u00fcrfte nicht\tunrichtig sein,\tgerade\tvon\tihnen aus-\nzugehen, um die Gesetze des H\u00f6rens auf eine einigermafsen sichere Grundlage zu stellen.\nVor H\u00e4llstr\u00f6m1 war die Lehre von den Kombinationst\u00f6nen mehr\tspekulativ als\twissenschaftlich.\tErst\tvon\tH\u00e4llstr\u00f6m\nwurde die Kegel aufgestellt, dafs der erste Kombinationston durch\tdie Differenz\tder Schwingungszahlen\tder\tPrim\u00e4rt\u00f6n\u00a9\nbestimmt sei. Dieses auf Grund sorgf\u00e4ltigster Beobachtungen von ihm gefundene Gesetz ist allgemein anerkannt.2 H\u00e4llstr\u00f6m fand ferner, dafs aufser dem durch das obige Gesetz bestimmten Differenztone noch ein zweiter h\u00f6rbar ist, dessen Schwingungs\u00bb zahl der Differenz der Schwingungszahlen des tieferen Prim\u00e4rtones\tund des ersten Differenztones\tgleich\tist.\tDieser sog.\nsekund\u00e4re Differenzton ist vielfach st\u00e4rker als der eigentliche; eine leicht zu beobachtende Thatsache, die der Erkl\u00e4rung widerspricht, die H\u00e4llstr\u00f6m f\u00fcr die sekund\u00e4ren Differenzt\u00f6ne gab, indem er meinte, der erste Differenzton k\u00f6nnte mit einem der Prim\u00e4rt\u00f6ne wieder einen neuen Differenzton bilden; denn wie sollte der schwache erste Differenzton mit einem der starken Prim\u00e4rt\u00f6ne den starken sekund\u00e4ren Differenzton zu stand\u00a9\n1\tPogg. Ann. Bd. 24.\n2\tDieses Gesetz scheint aber doch kein ganz passender Ausdruck des Thats\u00e4clilichen zu sein, wie wir sp\u00e4ter sehen werden.","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"liber Kombinations t\u00f6ne.\n179\nbringen. Wenn es wirklich der Fall w\u00e4re, so w\u00fcrde es ganz im Widerspruche stehen mit der sonst allgemein beobachteten Thatsache, dafs Differenz t\u00f6ne gerade dann am st\u00e4rksten auf-treten, wenn die erzeugenden T\u00f6ne angen\u00e4hert gleiche St\u00e4rke besitzen.\nDas Problem der Entstehung der Kombinationst\u00f6ne schien in ein neues Stadium eingetreten, ja endg\u00fcltig gel\u00f6st zu sein, als Helmholtz seine mathematische Ableitung der Kombinationst\u00f6ne ver\u00f6ffentlichte. Helmholtz hat neben dem Differenztone noch den Summationston entdeckt, den man vor ihm nicht kannte. Sehen wir zu, wie es sich damit verh\u00e4lt. In der Beilage XIII seiner \u201eLehre von den Tonempfindung enLL 1 sagt Helmholtz : \u201eWenn wir nun annehmen, dafs bei den Schwingungen des Paukenfelles und seiner Annexa das Quadrat der Elongationen auf die Schwingungen Einffufs gewinnt, so geben die ausgef\u00fchrten mechanischen Entwickelungen einen vollst\u00e4ndigen Aufschlufs \u00fcber die Entstehung der Kombinationst\u00f6ne. Namentlich erkl\u00e4rt die neue Theorie ebensogut das Entstehen der T\u00f6ne [p + 9)i wie der T\u00f6ne (p \u2014 q) und l\u00e4fst einsehen, warum bei vermehrter Intensit\u00e4t u und v der prim\u00e4ren T\u00f6ne die der Kombinationst\u00f6ne, welche proportional uv ist, in einem schnelleren Verh\u00e4ltnisse steigt.64\nZun\u00e4chst haben wir \u2014 ganz abgesehen davon, dafs es eine unbewiesene und auch schwer zu beweisende Behauptung ist, dafs die wirkliche St\u00e4rke der Kombinationst\u00f6ne proportional uv w\u00e4chst \u2014 kaum Veranlassung, die von Helmholtz geforderte Annahme zu machen. Das Quadrat der Elongationen gewinnt auf die Schwingungen Einflufs, wenn die Amplitude der Schwingung ziemlich grofs ist. Den Differenzton h\u00f6re ich aber auch dann, wenn die Prim\u00e4rt\u00f6ne sehr schwach sind. Im Einkl\u00e4nge hiermit sind die Beobachtungen von Stumpe,1 2 Hermann,3 Schaefer4 und anderen. Stumpe meint hier, dafs es auch nicht notwendig sei, dafs die Prim\u00e4rt\u00f6ne gleiche St\u00e4rke untereinander besitzen. Dies ist wohl nur dahin zu verstehen, dafs die Differenzt\u00f6ne auch bei verschiedener St\u00e4rke der Prim\u00e4rt\u00f6ne zu h\u00f6ren sind, wenn auch schw\u00e4cher. Im allgemeinen ist die\n1\t4. Aufl. S. 652.\n2\tTonpsychologie. II. S. 248 f.\n3\tPfl\u00fcgers Arch. 49.\n4\tZe\u00fcschr. f. Psych. I.\n12*","page":179},{"file":"p0180.txt","language":"de","ocr_de":"180\nMax Meyer.\nWahrnehmung des Differenz bones um so leichter, je weniger die Prim\u00e4rt\u00f6ne in der St\u00e4rke voneinander abw'eichen. Versuche, die ich an Stimmgabeln machte, hatten folgendes Ergebnis: Der Differenzton wird nicht geh\u00f6rt, wenn der eine der beiden Prim\u00e4rt\u00f6ne den anderen an Intensit\u00e4t bedeutend \u00fcbertrifft, und zwar ist es hierbei gleichg\u00fcltig, ob der st\u00e4rkere Ton der h\u00f6here oder der tiefere ist. Wenn man nun den st\u00e4rkeren Ton d\u00e4mpft, so erscheint der Differenzton und nimmt an Intensit\u00e4t zu, bis die beiden Prim\u00e4rt\u00f6ne ungef\u00e4hr gleiche St\u00e4rke haben. D\u00e4mpft man den einen Prim\u00e4rton weiter, so wird der Differenzton schw\u00e4cher und verschwindet fr\u00fcher als der ged\u00e4mpfte Prim\u00e4rton, da nun dasselbe Verh\u00e4ltnis der Prim\u00e4rt\u00f6ne wie fr\u00fcher, n\u00e4mlich starkes \u00dcberwiegen des einen \u00fcber den anderen, ein-tritt, nur bei absolut geringerer Intensit\u00e4t.\nDie Bedeutung, die das St\u00e4rkeverh\u00e4ltnis der Prim\u00e4rt\u00f6ne f\u00fcr das H\u00f6ren des Differenztones hat, erkennt man auch, w~enn man den Differenzton zu h\u00f6ren sucht bei zwei an beide Ohren verteilten Gabeln. Hier h\u00f6rt man den Differenzton nur dann, wenn di\u00a9 eine Gabel leise und die andere laut t\u00f6nt, und zwar h\u00f6rt man ihn, wenn man die Aufmerksamkeit auf dasjenige Ohr richtet, an dem di\u00a9 leisere Gabel ert\u00f6nt. Dafs sich dies so verh\u00e4lt, ist auch schon von Schaefer1 angegeben worden. Die Erkl\u00e4rung hierf\u00fcr ist leicht zu geben. Der Differenzton ist eben dann zu h\u00f6ren, wenn in dem Ohre, an dem die leisere Gabel ert\u00f6nt, der schw\u00e4chere Ton und der st\u00e4rkere, der aber durch Knochen- und zum Teil auch durch die l\u00e4ngere Luftleitung auf dieses Ohr ein wirkt, in ungef\u00e4hr gleicher St\u00e4rke geh\u00f6rt werden. Auch dies ist zugleich \u00a9in Beweis daf\u00fcr, dafs grofse St\u00e4rke der Prim\u00e4rt\u00f6ne zum H\u00f6ren des Differenztones nicht erforderlich ist.\nEs ist hier noch zu bemerken, dafs es vielleicht nicht richtig ausgedr\u00fcckt ist, wenn man sagt, es sei f\u00fcr das H\u00f6ren des Differenztones am g\u00fcnstigsten, wenn die Prim\u00e4rt\u00f6ne gleiche Empfindungsst\u00e4rke haben. Die Schwierigkeit liegt darin, dafs es keine anerkannte Mafseinheit f\u00fcr die Empfindungsst\u00e4rke zweier T\u00f6ne giebt. Gegen die zur Messung angewandten Methoden l\u00e4fst sich wenigstens noch manches einwenden. Vielleicht ist es genauer, wenn wir als das g\u00fcnstigste Verh\u00e4ltnis\n1 Zeitschr. f. Psych. I. S. 93 f.","page":180},{"file":"p0181.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinationst\u00f6ne.\n181\nzum Heraush\u00f6ren der Differenzt\u00f6ne nicht gleiche Empfindungsst\u00e4rke der beiden Prim\u00e4rt\u00f6ne, sondern ein bestimmtes Verh\u00e4ltnis der in Betracht kommenden physikalischen Gr\u00f6fsen annehmen. Wenn ich daher auch im Folgenden noch davon spreche, dafs der Differenzton am besten zu h\u00f6ren sei, wenn die Prim\u00e4rt\u00f6ne gleiche Empfindungsst\u00e4rke haben, so ist dies nur eine vorl\u00e4ufige Ausdrucks weise in Ermangelung einer noch zu machenden genaueren Bestimmung der Werte der in Frage kommenden physikalischen Gr\u00f6fsen.\nSo wenig, wie die bereits behandelte, von Helmholtz gemachte Voraussetzung berechtigt ist, ist es auch die andere, dafs die Differenzt\u00f6ne bedingt seien durch den unsymmetrischen Bau des Trommelfelles, der f\u00fcr Helmholtz5 mathematische Theorie der Kombinationst\u00f6ne wesentlich ist. Zun\u00e4chst ist die Ansicht zur\u00fcckzuweisen, dafs die lebhafte Tastempfindung im Trommelfell beim H\u00f6ren eines Differenztones Grund zu der Annahme gebe, dafs der Differenzton im Trommelfell entstehe. Man findet in der Litteratur die Empfindung des Differenztones h\u00e4ufig so ausgedr\u00fcckt, als f\u00fchle man ihn als Tastempfindung im Trommelfell. Aus der h\u00e4ufig vorkommenden Gleichzeitigkeit zweier Empfindungen ist man jedoch noch nicht berechtigt, zu schliefsen, dafs sie in einem urs\u00e4chlichen Zusammenh\u00e4nge st\u00e4nden. Bei der Einwirkung mehrerer gleichzeitiger Wellen macht das Trommelfell verwickelte Bewegungen von ziemlich grofser Amplitude, so dafs es weiter nicht verwunderlich ist, wenn hier Tastempfindungen entstehen. Dafs diese aber mit dem Differenztone nichts zu thun haben, kann man daraus ersehen, dafs man bei Verschlufs des \u00e4ufseren Geh\u00f6rganges nicht die geringste Empfindung im Trommelfell hat, den Differenzton aber doch h\u00f6rt. Preyer1 behauptet zwar, \u201edafs der Verschlufs des \u00e4ufseren Geh\u00f6rganges mit dem Finger oder mit Watte die Wahrnehmung des Differenztones unm\u00f6glich macht, auch wenn die beiden prim\u00e4ren T\u00f6ne deutlich h\u00f6rbar bleiben\u201c. Ich kann diese Beobachtung jedoch in keiner Weise best\u00e4tigen, h\u00f6re vielmehr bei festem Verschlufs der \u00e4ufseren Geh\u00f6rg\u00e4nge den Differenzton deutlich, und zwar bei Pfeifen sowohl wie bei Gabeln, wenn nur die Prim\u00e4rt\u00f6ne so stark sind, dafs sie \u00fcberhaupt geh\u00f6rt werden. Ebenso sagt Hermann:2 \u201eViele Personen\n1\tWiedemanns Ann. 38. S. 131.\n2\tPfl\u00fcgers Arch. 49. S. 512.","page":181},{"file":"p0182.txt","language":"de","ocr_de":"182\nMax Meyer.\nferner h\u00f6ren, wie ich zuerst an mir selbst bemerkte, bei Stimmgabeln auf Resonanzk\u00e4sten, bei Pfeifent\u00f6nen und erst recht bei der Doppelsirene (welche aber aus dem S. 501 angegebenen Grunde weniger beweisend ist) die Differenzt\u00f6ne ausgezeichnet, auch wenn beide Geh\u00f6rg\u00e4nge mit Baumwolle verstopft sind, die Trommelfelle also jedenfalls mehr in ihrer Mitwirkung beeintr\u00e4chtigt sind, als andere Teile des Geh\u00f6rorgans.u Hierdurch ist das Hauptargument Preyers f\u00fcr die Behauptung, dafs die Differenzt\u00f6ne im Trommelfelle entst\u00e4nden, hinf\u00e4llig geworden. Ebensowenig stichhaltig sind die \u00fcbrigen Beweise, die Preyer anf\u00fchrt. Er untersuchte einen sehr intelligenten J\u00fcngling, dem beiderseits das Trommelfell fehlte, und fand, dafs dieser keine Differenzt\u00f6ne h\u00f6rte. Beweisend w\u00e4re dieser Pall f\u00fcr Preyers Ansicht nur dann, wenn Preyer h\u00e4tte darlegen k\u00f6nnen, dafs jeder andere Grund f\u00fcr das Nichth\u00f6ren der Differenzt\u00f6ne ausgeschlossen war. Interessant ist an dieser wichtigsten der von Preyer untersuchten Personen noch der Umstand, dafs sie auch schnellere Schwebungen nicht zu h\u00f6ren vermochte. Nach Preyer soll bei einigen Personen der Ersatz des fehlenden St\u00fcckes des Trommelfelles durch eine d\u00fcnne Wasserscheibe das Zustandekommen des Differenztones erm\u00f6glicht haben. Helmholtz\u2019 Theorie der Kombinationst\u00f6ne (getrennter Prim\u00e4rt\u00f6ne) w\u00fcrde dadurch aber gar nicht gest\u00fctzt werden, wie Hermann bemerkt, da eine Wasserscheibe nicht den vorausgesetzten unsymmetrischen Bau hat.\nDazu kommt nun noch, dafs von Dennert1 das Gegenteil von dem festgestellt worden ist, was Preyer gefunden zu haben glaubte. Hier wiegt nun, wie Hermann mit Recht betont, ein einziger Pall, in welchem die Differenzt\u00f6ne trotz Trommelfellmangels geh\u00f6rt werden, Hunderte von negativen F\u00e4llen auf. Dennert fand, dafs Patienten ohne Trommelfell, auch solche ohne Trommelfell, Hammer und Ambofs, mit nur erhaltenem Steigb\u00fcgel, ebenfalls Differenzt\u00f6ne h\u00f6rten.\nWir sehen also, dafs die Yoraussetzungen der mathematischen Theorie, dafs die Amplitude der Schwingung ziemlich grofs sei, und dafs ein unsymmetrisch gebauter K\u00f6rper in Schwingung gerate, gar nicht zuzutreffen brauchen und doch ein Differenzton entsteht. Nehmen wir nun trotzdem einmal\n1 Arch. f. OhrenJie\u00fckde. 24. S. 173.","page":182},{"file":"p0183.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinationst\u00f6ne.\n183\nan, die Voraussetzungen von Helmholtz\u2019 mathematischer Theorie k\u00f6nnten in gewissen F\u00e4llen vorhanden sein. Dann mufs neben dem Differenztone auch noch der Summationston1 entstehen. Und zwar hat der Differenzton vor dem Summationstone nur wenig voraus. Die St\u00e4rke der beiden Kombinationst\u00f6ne wird\nbestimmt durch die Koeffizienten \u20147\u2014------- und \u20147\u2014r~\\9---.2\nm(p\u2014qy\u2014a\tm{p-yqy\u2014 a\nDer Summationston wird also, wie Helmholtz betont, gew\u00f6hnlich viel schw\u00e4cher sein als der Differenzton. Aber es kann doch auch Vorkommen, dafs die Schwingungszahlen p und q der Prim\u00e4rt\u00f6ne und die \u00fcbrigen Konstanten in einem solchen Verh\u00e4ltnisse stehen, dafs der Summationston nur wenig schw\u00e4cher ist als der Differenzton. Trotzdem hat noch niemand den Summationston (bei getrennten Tonquellen) auch nur angen\u00e4hert so stark geh\u00f6rt wie Differenzt\u00f6ne, von denen schon Taetini sagt, sie k\u00e4men oft den Prim\u00e4rt\u00f6nen an St\u00e4rke gleich. In einem Falle existiert der Summationston thats\u00e4chlich objektiv, wenn n\u00e4mlich, wie bei Helmholtz\u2019 Sirene oder beim Harmonium, ein gemeinsamer Windraum3 vorhanden ist. Hier konnte Helmholtz in \u00dcbereinstimmung mit der mathematischen Theorie den Summationston durch schwingende Membranen und [Resonatoren als objektiv nachweisen. Dies ist aber trotz der sorgf\u00e4ltigsten Methoden bisher in keinem anderen Falle, in dem die Prim\u00e4rt\u00f6ne getrennt erzeugt wurden, gelungen.\nBei Stimmgabeln behauptet Appunn Summationst\u00f6ne besonders dann geh\u00f6rt zu haben, wenn es sich um sehr grofse, \u00fcber mehrere Oktaven sich erstreckende Intervalle handelte. Ich habe entsprechende Versuche angestellt und gefunden, dafs man z. B. bei dem Intervall 1 : 8 den Ton 9 deutlich h\u00f6rt, aber nur, wenn die Grabein so stark wie m\u00f6glich t\u00f6nten, und auch dann so schwach, dafs sein\u00a9 St\u00e4rke in keinem Ver-\n1\tMan k\u00f6nnte vielleicht denken, das ganze Problem sei zn vereinfachen, indem man nur nach einer Erkl\u00e4rung der Differenzt\u00f6ne sucht und die Summationst\u00f6ne als Differenzt\u00f6ne h\u00f6herer Teilt\u00f6ne auffafst, was ja rein zahlenm\u00e4fsig m\u00f6glich ist. Wo man jedoch einen Summationston \u00fcberhaupt h\u00f6rt, da ist er manchmal so stark (wie bei der im Folgenden erw\u00e4hnten Wellensirene), dafs seine Ableitung aus den (viel schw\u00e4cheren) in Frage kommenden Obert\u00f6nen von vornherein unm\u00f6glich erscheint.\n2\tHelmholtz, Tonempfindung. 4. AufL. S. 651.\n3\tGegen die f\u00fcr diesen Fall von Helmholtz gegebene mathematische Theorie d\u00fcrfte sich nichts einwenden lassen.","page":183},{"file":"p0184.txt","language":"de","ocr_de":"184\nMax Meyer.\nh\u00e4ltnisse stellt zu der, in der die Differenzt\u00f6ne zur Empfindung zu gelangen pflegen. Man h\u00f6rte 9 am besten dann, wenn man das Olir nabe an die \u00d6ffnung des Besonanzkastens der tieferen Gabel hielt. Ferner gaben die T\u00f6ne 800 und 150 den Summationston 950. Auch bei einem kleineren Intervalle, 2 : 3, habe ich mich von der Existenz eines schwachen Summationstones 5 \u00fcberzeugt. In allen F\u00e4llen aber war maximale St\u00e4rke der Prim\u00e4rt\u00f6ne erforderlich. Sobald die Gabeln auch nur wenig schw\u00e4cher t\u00f6nten, war der Summationston verschwunden. Peeyer behauptet ebenfalls in der bereits oben erw\u00e4hnten Abhandlung,1 einen wirklichen Summationston geh\u00f6rt zu haben, wenn die Gabeln sehr stark gestrichen wurden. Da nun die hier in Betracht kommenden Beobachter s\u00e4mtlich keine Trommelfelldefekte besitzen, so ist es wahrscheinlich, dafs in der That auch im Trommelfelle Helmholtz\u2019 Berechnung entsprechend bei sehr starken Prim\u00e4rt\u00f6nen ein sehr schwacher Summationston und ein der Formel gem\u00e4fs wenig st\u00e4rkerer Differenzton entstehen. Durch diese Annahme sind jedoch die Bedenken durchaus nicht widerlegt, die im Obigen dagegen gemacht wurden, die gew\u00f6hnlichen, den Primart\u00f6nen an St\u00e4rke nahekommenden Differenzt\u00f6ne durch die von Helmholtz entwickelte Theorie f\u00fcr erkl\u00e4rt zu halten.\nGegen das objektive Vorhandensein der Kombinationst\u00f6ne im Luftr\u00e4ume bei voneinander unabh\u00e4ngigen Tonquellen sprechen die \u00e4ufserst sorgf\u00e4ltigen und genauen Untersuchungen von Wien2 und in letzter Zeit von B\u00fcckee und Edsee,3 die mit den. feinsten Methoden bei Stimmgabelt\u00f6nen nichts von der objektiven Existenz solcher Schwingungen nachweisen konnten, die einem Differenz- oder Summationstone entsprochen h\u00e4tten, obwohl der Differenzton sehr stark zu h\u00f6ren war.\nEine merkw\u00fcrdige Beobachtung konnte ich k\u00fcrzlich machen bei Gelegenheit von Versuchen, die Herr Prof. Stumpe an einer kleinen K\u00d6NiGschen Wellensirene anstellte. Es zeigte sich, dafs bei dem Intervall 8 : 11 der Summationston 194 der st\u00e4rkste der h\u00f6rbaren T\u00f6ne war, w\u00e4hrend von Differenzt\u00f6nen nur 5\n1\tWiedemanns Ann. 88. S. 135.\n2\tWiedemanns Ann. 86. S. 853.\n3\tPhilos. Mag. 39. XXXIII.\n4\tDafs es wirklich der Ton 19 war, wurde durch eine gr\u00f6fsere Zahl von Vergleichen sicher festgestellt.","page":184},{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinationst\u00f6ne.\n185\ntind 3 sehr schwach zu h\u00f6ren waren. Man kann jedoch hieraus keine weitreichenden Schlufsfolgerungen ziehen, da, wie schon Hermann bemerkt hat, die Wellensirene keineswegs Luftwellen erzeugt, die mit der Gestalt der Kurve \u00fcbereinstimmen.\nBereits in einer fr\u00fcheren Anmerkung wurde erw\u00e4hnt, dafs eine allgemeine Ableitung des Summationstones als Differenztones h\u00f6herer Teilt\u00f6ne unm\u00f6glich ist. Hier bleibt noch zu bemerken, dafs auch die Ableitung m -f- n = 2 m \u2014 (m \u2014 n) zur\u00fcckgewiesen werden mufs. Bei der Wellensirene war m \u2014 n \u2014 3 viel schw\u00e4cher, als m n = 19.\t2 m \u2014 22 war\nallerdings ziemlich stark; aber der Summationston blieb au\u00e7h dann sehr gut h\u00f6rbar, wenn 2 m durch Interferenz vollst\u00e4ndig ausgel\u00f6scht war.\nHach Voiots mathematischer Ableitung,1 der die lineare Differentialgleichung zu Grunde gelegt ist, bei der also eine ungest\u00f6rte Superposition der Schallwellen angenommen ist, w\u00fcrde man auch bei schwachen T\u00f6nen und ohne Trommelfell Differenz- und Summationst\u00f6ne h\u00f6ren, wenn man voraussetzt, dafs das Ohr jede Periodik als Ton empfindet, was aber in der hier angenommenen Form auf Schwierigkeiten st\u00f6fst und mit der Hypothese mitschwingender Teilchen im Widerspruche steht, da diese nach den Gesetzen der Mechanik nur durch wirkliche physikalische T\u00f6ne zum Mitschwingen gebracht werden und nicht durch eine beliebige Periodik von derselben Frequenz. Wenn auch Voig-ts Voraussetzungen richtig w\u00e4ren, so mufs er doch zugeben :2 \u201eSelbst bei den im Obigen gemachten, wie wir sehen werden, g\u00fcnstigen Annahmen erscheint ihre (der Kombinationst\u00f6ne) Beobachtung, im Falle die prim\u00e4ren T\u00f6ne das Intervall der Oktave, Quinte, Quarte und Terz besitzen, fast ausgeschlossen, bei grofser Sexte und Duodezime sehr fraglich.u Auch diese Behandlung der Sache f\u00fchrt uns also nicht weiter.\nWir kommen demnach in \u00dcbereinstimmung mit Hermanns3 ausf\u00fchrlicher Kritik der HELMHOLTZschen Theorie der Kombinationst\u00f6ne zu folgendem Ergebnis: Wenn zwei Tonquellen von demselben Windraume aus angeblasen werden, so entstehen Kombinationst\u00f6ne. Ebenso ist es m\u00f6glich, dafs im Trommel-\n1\tWiedemanns Ann. 40.\n2\tS. 657.\n3\tPfl\u00fcgers Arch. 49.","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186\nMax Meyer.\nfeile Kombinationst\u00f6ne entstehen. Trotzdem vermag Helmholtz* Theorie der Kombinationst\u00f6ne den Thatsachen nicht vollst\u00e4ndig gerecht zu werden. Die beim gleichzeitigen Erklingen zweier T\u00f6ne oft so m\u00e4chtig auftretenden Differenzt\u00f6ne m\u00fcssen wir auf eine andere Weise zu erkl\u00e4ren suchen. Wir werden finden,1 dafs dies ohne besondere Schwierigkeiten durchzuf\u00fchren ist, wenn man eine etwas andere Art der Entstehung einer Tonempfindung voraussetzt, als die von Helmholtz angenommene, die zwar von nicht zu untersch\u00e4tzender Bedeutung war, insofern sie zuerst eine f\u00fcr die allgemeinen Erscheinungen des Tongebietes ausreichende Erkl\u00e4rung abzugeben vermochte, die aber doch nicht im st\u00e4nde ist, die zahlreichen schwierigen Fragen zu beantworten und di\u00a9 verwickelten Erscheinungen zu deuten, die sich aus den akustischen Beobachtungen der neuesten Zeit ergeben haben.\nII. Besonderes \u00fcber Differenzt\u00f6ne.\nZun\u00e4chst m\u00f6chte ich noch auf zwei Arten von Differenzt\u00f6nen (mit denen wir uns von nun an allein noch besch\u00e4ftigen) n\u00e4her eingehen, n\u00e4mlich auf solche, deren Schwingungszahl zwischen den Schwingungszahlen der Prim\u00e4rt\u00f6ne liegt, und zweitens auf diejenigen Differenzt\u00f6ne, deren Schwingungszahl nicht der Differenz der Schwingungszahlen der Prim\u00e4rt\u00f6ne entspricht. Das Vorhandensein zwischenliegender Differenzt\u00f6ne ist vielfach geleugnet worden. Selbst ein so ausgezeichneter Beobachter wie K\u00f6nig2 vermochte bei zwei T\u00f6nen des Verh\u00e4ltnisses 4 : 9 keine Spur des Tones 9 \u2014 4 = 5 zu h\u00f6ren. Im Anh\u00e4nge m\u00f6chte ich auf einen theoretischen Grund daf\u00fcr hin-weisen, dafs zwischenliegende Differenzt\u00f6ne nur unter ganz besonders g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden und auch dann nur sehr schwach auftreten k\u00f6nnen. H\u00f6rbar jedoch sind auch solche Differenzt\u00f6ne, wenn auch eben nicht leicht. Ich habe mich bei zwei Stimmgabelt\u00f6nen des Verh\u00e4ltnisses 5:8 von der H\u00f6rbarkeit des Dififerenztones 8 \u2014 3 = 5 \u00fcberzeugt. Ebenso versicherte Herr Prof. Stumpf bei Geigent\u00f6nen3 zwischenliegende Differenz_\n1\tS. Anhang.\n2\tPo g g end. Ann. 157.\n3\tBei\n\u00fc\nO 3\ndagegen nicht\nebensowenig\nhei Pfeifen.\ne (5)\n\u00d6 4","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinationst\u00f6ne.\n187\nt\u00f6ne, und zwar auch solche, die nicht von Obert\u00f6nen hergeleitet werden k\u00f6nnen, unzweifelhaft, wenn auch nur schwach geh\u00f6rt zu haben. Bei den Prim\u00e4rt\u00f6nen 3 und 8 hat auch K\u00f6nig den Differenzton 5 geh\u00f6rt.\nVor einem Irrtume mufs allerdings bei der Beobachtung zwischenliegender Differenzt\u00f6ne gewarnt werden. Wenn man z. B. Prim\u00e4rt\u00f6ne benutzt, deren Verh\u00e4ltniszahlen 2 und 5 sind, so wird man leicht den Ton 3 zu h\u00f6ren glauben, weil man den Oberton 6 wirklich h\u00f6rt und diesen in die tiefere Oktave transponiert. Andererseits k\u00f6nnte der Ton 3 auch wirklich entstehen, n\u00e4mlich als Differenzton des Tones 5 und des Obertones 8. Bei den Prim\u00e4rt\u00f6nen 3 und 7 h\u00f6rt man den Differenzton 9 \u2014 7 \u2014 2; und da er nicht sehr stark ist, mufs man sich vorsehen, dafs man ihn nicht mit 4, den ich bei Grabein in diesem Palle nicht herauszuh\u00f6ren vermochte, verwechselt, zumal da man auch noch den Ton 7 \u2014 6 = 1 h\u00f6rt. Es ist jedoch zu bemerken, dafs gerade bei dem Verh\u00e4ltnis 3 : 8, wo der Differenzton 5 sicher festgestellt ist, ein derartiger Irrtum als ausgeschlossen gelten kann. Die Obert\u00f6ne 9.3 und 4.8 d\u00fcrften hier wohl nicht als die Ursache des Tones 5 angesehen werden.\n(Anmerkung. Ich will hier noch eine Beobachtung ankn\u00fcpfen, die mir aufgefallen ist. Es ist eine bekannte Thatsache, dafs laut t\u00f6nende Stimmgabeln tiefer erscheinen als leise von derselben Schwingungszahl. Dasselbe kann man auch bei den Differenzt\u00f6nen beobachten. Schl\u00e4gt man zwei Gabeln stark an und l\u00e4fst sie ausschwingen, so werden nicht nur die Gabelt\u00f6ne, w\u00e4hrend sie leiser werden, zugleich h\u00f6her, sondern auch der Differenzton wird in derselben Weise wie die Gabelt\u00f6ne leiser und h\u00f6her.)\nDafs die am st\u00e4rksten hervortretenden Differenzt\u00f6ne durchaus nicht immer der Differenz der Schwingungszahlen der Prim\u00e4rt\u00f6ne entsprechen, ist eine ebenso bekannte wie bisher unerkl\u00e4rbare1 Thatsache. Bei den T\u00f6nen des Verh\u00e4ltnisses 5 : 8 h\u00f6rt man, wenn 5 gleich stark oder etwas st\u00e4rker ist als 8, nur bei grofser \u00dcbung im Heraush\u00f6ren sehr schwach den Ton 3, sehr stark dagegen den Ton 2. \u00c4ndert man nun das St\u00e4rkeverh\u00e4ltnis so, dafs 8 \u00fcberwiegt, so tritt 2 zur\u00fcck, und der Ton 3 tritt st\u00e4rker hervor. Einen Versuch, diese bisher noch wenig beachtete Abh\u00e4ngigkeit der St\u00e4rke der verschiedenen Differenzt\u00f6ne von der relativen St\u00e4rke der Prim\u00e4r-\n1 S. IV. Teil, wo eine Erkl\u00e4rung dieser Thatsache angedeutet ist.","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"Max Meyer.\n188\nt\u00f6ne zu erkl\u00e4ren, habe ich nicht finden k\u00f6nnen. Ich selber\nwar urspr\u00fcnglich der Meinung, die Obert\u00f6ne seien die Ursache\nder erw\u00e4hnten Verschiedenheiten*\n(\t1\t!\t\u00ce\u00ce\t?\tf\t\u00dc\u00ce\te??\tIn der nebenstehenden Tabelle\nl II 9 18 4 5 391 565\t.\nr\tI\t7\t11\t4\t3\t387\t609\tbezeichnen m jeder\tReihe die\n\\ II\t7\t10\t3\t4\t387\t552\tbeiden ersten Zahlen\trechts vom\n/\tI\t8\t13\t5\t3\t500\t813\tStriche das Verh\u00e4ltnis\tder Prim\u00e4ren 8\t11\t3\t5\t500\t688\tt\u00f6ne. Die beiden folgenden sind\n{ TT\t11\tI\u00df\t^\t6\t495\t790\tdie Verh\u00e4ltniszahlen des prim\u00e4ren\n(m\u2014\u00bb) und des sekund\u00e4r en (2 n\u2014m)\nDifferenztones. Die beiden letzten Zahlen sind die Schwingungszahlen der zu den Versuchen gebrauchten Stimmgabeln. Die mit I und II bezeichneten untereinanderstehenden Reihen geh\u00f6ren immer insofern zusammen, als sie dieselben Differenzt\u00f6ne enthalten, nur so, dafs der prim\u00e4re Differenzton der einen Reihe der sekund\u00e4re der anderen ist. Schl\u00e4gt man nun die Gabeln einer der mit I bezeichneten Reihen so an, dais sie gleich stark ert\u00f6nen (oder besser, dafs sie das zum H\u00f6ren des Differenztones g\u00fcnstigste Verh\u00e4ltnis haben), so h\u00f6rt man sehr gut den eigentlichen Differenzton, w\u00e4hrend der sekund\u00e4re, obwohl er der tiefere ist, sich nur schwach bemerkbar macht. Schl\u00e4gt man nun die tiefere Gabel stark an, so tritt sofort der sekund\u00e4re Differenzton hervor und verdr\u00e4ngt gewissermafsen den h\u00f6heren eigentlichen Differenzton. Schl\u00e4gt man beide Gabeln abwechselnd in Intervallen von etwa 1 oder 2 Sekunden an, so tritt jedesmal beim Anschl\u00e4gen der tieferen der tiefere Differenzton, beim Anschl\u00e4gen der h\u00f6heren Gabel der h\u00f6here Differenzton hervor, und man gewinnt fast den Eindruck, als schlage man zwei Gabeln, deren Eigent\u00f6ne die betreffenden Differenzt\u00f6ne sind. Das Entgegengesetzte geschieht bei den Reihen II. Bei gleich starken T\u00f6nen der beiden Gabeln h\u00f6rt man den tieferen (prim\u00e4ren), bei \u00fcberwiegender St\u00e4rke des tieferen Gabeltons den h\u00f6heren (sekund\u00e4ren) Differenzton. Bei abwechselndem Schlagen beider Gabeln tritt dieselbe Erscheinung des abwechselnden Hervortretens der Differenzt\u00f6ne ein.\nDie einfachste Erkl\u00e4rung des Differenztones (2 n \u2014 m) ist ja freilich die, dafs man sagt, der Differenzton erster Ordnung bilde mit dem tieferen Prim\u00e4rtone einen neuen Differenzton. In der That ist dies aber gar keine Erkl\u00e4rung. Denn warum soll derselbe Prim\u00e4rton zweimal zur Wirkung kommen? Wie","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinationst\u00f6ne.\n189\nerkl\u00e4rt es sich, dafs der schwache, kaum h\u00f6rbare Differenzton mit dem starken Prim\u00e4rtone einen starken neuen Differenzton bildet, w\u00e4hrend sonst bei ann\u00e4hernd gleicher St\u00e4rke der erzeugenden T\u00f6ne die st\u00e4rksten Differenzt\u00f6ne zu st\u00e4nde kommen? Es ist unm\u00f6glich, anzunehmen, dafs der Differenzton zweiter Ordnung (vorausgesetzt, dafs er wirklich von dem erster Ordnung hervorgebracht werde) gerade dann am st\u00e4rksten, wenn der erster Ordnung am schw\u00e4chsten, und gerade dann am schw\u00e4chsten sein m\u00fcsse, wenn der Differenzton erster Ordnung am st\u00e4rksten ist. Warum bringt schliefslich der Differenzton erster Ordnung nicht auch mit dem h\u00f6heren der Prim\u00e4rt\u00f6ne einen starken neuen Differenzton hervor, der dann, da er die gleiche H\u00f6he hat, den tieferen Prim\u00e4rton verst\u00e4rken m\u00fcfste? Letzterer wird jedoch beim Zusammenklang durchaus nicht verst\u00e4rkt, im Gregenteile geschw\u00e4cht1 geh\u00f6rt. Alle diese Fragen bleiben bei dieser Erkl\u00e4rung offen. Man k\u00f6nnte nun, wie schon erw\u00e4hnt, den Oberton des tieferen Prim\u00e4rtones f\u00fcr die Ursache des Differenztones (2 n \u2014 m) halten. Wir w\u00fcrden dann Folgendes sagen: T\u00f6nen beide Gabeln gleich stark, so h\u00f6rt man den prim\u00e4ren Differenzton. Schl\u00e4gt man die tiefere Gabel an, so wird das St\u00e4rkeverh\u00e4ltnis zu Ungunsten des prim\u00e4ren, aber zu Gunsten des sekund\u00e4ren Differenztones ge\u00e4ndert, denn nun haben der h\u00f6here Gabelton und der erste Oberton der tieferen Gabel das erforderliche St\u00e4rkeverh\u00e4ltnis. Schl\u00e4gt man nun wieder die h\u00f6here Gabel, so wird wieder der prim\u00e4re Differenzton beg\u00fcnstigt und so fort.\nIch versuchte nun die Frage, welchen Einflufs die Obert\u00f6ne auf das Zustandekommen der verschiedenen Differenzt\u00f6ne haben, experimentell dadurch zur Beantwortung zu bringen, dafs ich die Obert\u00f6ne durch Interferenz vernichtete. Der Hoffnung, auf andere Weise mit einfachen T\u00f6nen arbeiten zu k\u00f6nnen, darf man sich voraussichtlich nicht hingeben; die bisherigen Mittel zur Hervorbringung von T\u00f6nen gestatten uns wenigstens nicht die direkte Erzeugung einfacher T\u00f6ne. Namentlich darf man sich nicht unbedingt darauf verlassen, durch Stimmgabeln einfache T\u00f6ne zu erzielen. Gerade durch Interferenz versuche ist leicht festzustellen, wie stark selbst Stimmgabeln auf Ee-sonanzk\u00e4sten den zweiten Teilton geben.\n1 Stumpf, Tonpsychologie. II. 418.","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190\nMax Meyer.\nNach, vielen vergeblichen, weil keine ganz sichere Entscheidung erlaubenden Versuchen erwies sich endlich die folgende Anordnung als brauchbar. Die Tonquellen und der Beobachter befanden sich in verschiedenen Zimmern, die durch eine starke Wand voneinander getrennt waren, so dafs man bei Verschlufs der B\u00f6hrenleitung nur noch eine ganz unbedeutende Spur der \u2014 an sich recht starken \u2014 T\u00f6ne h\u00f6ren konnte. Als Tonquellen dienten angeblasene Flaschen. Die gesamte Klangwelle wurde nun zun\u00e4chst durch die Wand und dann durch einen verstellbaren Interferenzapparat geleitet. Die zur Leitung benutzten B\u00f6hren haften s\u00e4mtlich 2 cm Durchmesser. Die gr\u00f6fste Schwierigkeit bestand in der Erzielung vollst\u00e4ndiger Ausl\u00f6schung eines Tones. So bekannt die Erscheinung ist, dafs interferierende T\u00f6ne sich schw\u00e4chen, so unbekannt waren bisher die Bedingungen, um diese Thatsache zu \u00e4hnlichen Zwecken, wie dem vorliegenden, nutzbar zu machen. F\u00fcr wenig empfehlenswert halte ich die Herstellung der Interferenz durch Ansatz eines verschlossenen B\u00f6hrenst\u00fcckes von einer viertel Wellenl\u00e4nge an das Leitungsrohr. Da die reflektierte Welle stets schw\u00e4cher ist als die durchgehende, so ist an eine vollst\u00e4ndige Ausl\u00f6schung des Tones in diesem Falle nicht -zu denken. Ich habe bei meinen Versuchen die andere Methode angewandt, bei der der Ton geteilt und mit einer halben Wellenl\u00e4nge Phasenunterschied wieder vereinigt wird. Man findet in den meisten Lehrb\u00fcchern der Physik die Angabe, dafs dann der Ton vernichtet werde. Wenn man aber den Versuch macht, so bemerkt man gew\u00f6hnlich nur eine Abschw\u00e4chung, manchmal sogar eine Verst\u00e4rkung gerade dann, wenn der Ton bei einer halben Wellenl\u00e4nge Unterschied der Leitungen vernichtet sein soll. Namentlich zeigte sich die Unvollkommenheit der angeblichen Vernichtung dann, wenn sehr starke T\u00f6ne benutzt wurden, und dies war bei meinen Versuchen erforderlich, um die Differenzt\u00f6ne vollkommen deutlich h\u00f6ren zu k\u00f6nnen, da die T\u00f6ne durch die blofse B\u00f6hrenleitung schon sehr geschw\u00e4cht werden. Es gelang mir jedoch schliefslich, herauszufinden, unter welchen Bedingungen eine vollst\u00e4ndige Ausl\u00f6schung des Tones erzielt werden kann. Zu dieser gen\u00fcgt jedenfalls nicht, dafs die Leitungen sich um eine halbe Wellenl\u00e4nge unterscheiden. Es ist notwendig, dafs beide Teilleitungen und aufserdem auch das Zuleitungsrohr durch","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinationst\u00f6ne,\n191\nZ\u00fcge beliebig lang gemacht werden k\u00f6nnen. Um n\u00e4mlich einen Ton zu vernichten, ist es erforderlich, dafs in dem Apparate keine fortschreitenden, sondern nur stehende Wellen dieses Tones enthalten sind, und dafs die H\u00f6r\u00f6ffnung sich an einer Stelle der R\u00f6hrenleitung befindet, wo die stehenden Wellen einen Bauch haben. (Ob auf \u00e4hnliche Weise auch ein Interferenzapparat der anderen Art leistungsf\u00e4higer gemacht werden kann, habe ich nicht versucht.) Die Wirkung des Apparates wird durch die nebenstehende Skizze angedeutet. Die Kreise sollen Knoten bezeichnen, also Stellen, wo Luftdruck\u00e4nderungen, die Pfeile B\u00e4uche, also Stellen, wo Luftbewegungen, aber keine Druck\u00e4nderungen stattfinden. Die Zuleitungsr\u00f6hre ist in der\nFig. a.\nZeichnung eine halbe Wellenl\u00e4nge des zu vernichtenden Tones lang genommen. Sie kann nat\u00fcrlich jedes beliebige Vielfache einer halben Wellenl\u00e4nge sein. Bei meinen Versuchen betrug die L\u00e4nge der Zuleitungsr\u00f6hre, da sie durch eine dicke Wand f\u00fchrte, gew\u00f6hnlich drei halbe Wellenl\u00e4ngen. Die eine Teilleitung mufs w,die andere n\u20141 halbe Wellenl\u00e4ngen lang gemacht werden. Bei der Abstimmung wird der Apparat ungef\u00e4hr auf die vorher bestimmten L\u00e4ngen gebracht und dann, da sich die Ausmessungen schwer genau genug machen lassen, durch geringe Verschiebungen der R\u00f6hren auf die beste Lage eingestellt, was allerdings wegen der dreifachen Verschiebungen etwas m\u00fchsam ist. Die von der Tonquelle ausgehenden Wellen des Tones, auf den der Apparat abgestimmt ist, gehen nun nicht hindurch, sondern verursachen in den R\u00f6hren stehende Wellen. Ob die H\u00f6r\u00f6ffnung offen oder verschlossen ist 7\u2014 bei den Ver-","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"192\nMax Meyer.\nsuchen war sie stets offen, da das Olir nur in die N\u00e4he gehalten wurde \u2014, ist dabei gleichg\u00fcltig, da sich an dieser Stelle ein Bauch befindet und keine Wirkung nach aufsen hin m\u00f6glich ist. Absolut richtig w\u00e4re dies allerdings nur dann, wenn die H\u00f6r\u00f6ffnung sehr schmal w\u00e4re, da bei einer \u00d6ffnung von endlicher G-r\u00f6fse doch Druckschwankungen sich bemerkbar machen m\u00fcssen. Aber diese sind so gering, dafs man bei genauer Einstellung des Apparates nur bei sehr starken T\u00f6nen noch eine Spur h\u00f6ren kann, die jedoch das Yersuchsergebnis nicht mehr zu beeinflussen vermag. Die T\u00f6ne, auf die der Apparat nicht abgestimmt ist, gehen nat\u00fcrlich wie durch jede Leitung hindurch. H\u00e4lt man es f\u00fcr n\u00f6tig, obwohl der Apparat bei genauer Abstimmung ausgezeichnet funktioniert, zweimalige Interferenz desselben Tones anzuwenden, so wird der zweite Apparat ebenso behandelt wie der erste, und das Verbindungsrohr beider als Zuleitungsrohr angesehen. Nat\u00fcrlich kann man auch zwei miteinander verbundene Apparate auf zwei verschiedene T\u00f6ne abstimmen. Jedoch wirkt der zweite Apparat gew\u00f6hnlich nicht ganz so gut wie der erste, aber seine Wirkung reicht doch zu den meisten Versuchen aus.\nEs wurden nun drei Flaschen abgestimmt auf die T\u00f6ne 5, 8 und 10 (in absoluter Tonh\u00f6he einmal 300, 480, 600, ein andermal 250, 400, 500). Von Wichtigkeit ist, dafs bei diesen Versuchen der Ton 5 recht stark genommen wird, da der Versuch sonst nicht leicht gelingt. Der Ton 10 wurde dazu benutzt, um die Wirkung des Interferenzapparates gegen jeden Zweifel sicher zu stellen. Wenn die T\u00f6ne 8 und 10 allein ert\u00f6nten und der Apparat nicht in Wirkung war, so h\u00f6rte man nat\u00fcrlich auch den Differenzton 2. Sobald der Apparat auf Interferenz eingestellt wurde, verschwand 2 vollst\u00e4ndig, und von 10 blieb nur die ganz geringe Spur \u00fcbrig, die man bei angespannter Aufmerksamkeit stets durch die Wand h\u00f6ren kann. Da nun der selbst\u00e4ndige Ton 10 sicher viel st\u00e4rker war als der zweite Teilton von 5, und trotzdem der Differenzton 2 v\u00f6llig verschwand, so d\u00fcrften alle Einwendungen gegen den folgenden Versuch abgeschnitten sein. Sobald 5 und 8 ert\u00f6nten, h\u00f6rte man sowohl, wenn der zweite Teilton von 5 im Klange enthalten, als auch, wenn er durch Interferenz vernichtet war \u2014 im letzteren Falle nur sehr wenig schw\u00e4cher \u2014, den Differenzton 2. Es ist damit bewiesen, dafs die T\u00f6ne 5 und 8 auch ohne Obert\u00f6ne","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinationst\u00f6ne.\n193\nden Differenzton 2 erzeugen, ohne dafs damit geleugnet werden sollte, dafs das Vorhandensein des zweiten Teiltones eine Verst\u00e4rkung von 2 bewirken k\u00f6nne.\nIch m\u00f6chte hier eine Bemerkung anschliefsen. Tartini1 2 erw\u00e4hnt gleich in seinen ersten Angaben \u00fcber die Differenzt\u00f6ne auch das Intervall 5:8 und giebt dort als Differenzton nur 2 an. Dafs dieser, weil der erste, noch ganz unbefangene Beobobachter, 2 und nicht 3 angiebt, kann als ein deutlicher Hinweis angesehen werden, dafs 2 und nicht 3 der Hauptdifferenzton \u2014 d. h. der am st\u00e4rksten und gew\u00f6hnlich auftretende \u2014 ist, dafs also jede Theorie, die den Differenzt\u00f6nen gerechnet werden werden will, 2 und nicht 3 als st\u00e4rksten Differenzton bei dem Interwall 5:8 ergeben mufs, und dafs daher eine solche Theorie sehr bedenklich ist, die f\u00fcr den Ton 2 einen anderen Ton 3 verantwortlich machen will, den man in den meisten F\u00e4llen so gut wie gar nicht h\u00f6rt. Wir werden im Anh\u00e4nge noch einmal \u2022darauf zur\u00fcckkommen.\nIch will hier noch die Thatsache erw\u00e4hnen, dafs wir bei den Differenztonbeobachtungen h\u00e4ufig den tiefsten Differenzton bis zu einem halben Tone zu hoch h\u00f6rten.\nEine Reihe von ferneren Beobachtungen, bei denen ich von den Herren Hennig-, Heyeelder, Michaelis in der liebensw\u00fcrdigsten Weise unterst\u00fctzt wurde, f\u00fchrten zu den folgenden Ergebnissen. Als Tonquellen dienten auf Resonanzk\u00e4sten stehende Stimmgabeln, bei denen mit unbewaffnetem Ohre kein Oberton geh\u00f6rt werden konnte. Beim Intervall 4:52 h\u00f6rte man 1 sehr stark, schw\u00e4cher 3, aufserdem aber deutlich, wenn auch sehr schwach, den Ton 6, wenn 5 sehr stark t\u00f6nte. Dasselbe giebt Herr Prof. Stumpe an, bei Fl\u00f6tenpfeifen geh\u00f6rt zu haben.\nBei 5:6 traten die Differenzt\u00f6ne 1, 3 und 4 auf. Ferner glaubten wir, deutlich den Ton 7 zu h\u00f6ren. Auch Herr Prof. Stumpe hat an Fl\u00f6tenpfeifen beim Intervall 5:6 den Ton 7 geh\u00f6rt.3\nBei 4:7 waren, wenn 7 st\u00e4rker t\u00f6nte als 4, sehr gut 6\n1\tTrattato di musica. S. 15.\n2\tDie bei den Versuchen benutzten T\u00f6ne sind die entsprechenden Hunderter.\n3\tBei fis1 + a\u2018.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XI.\t13","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194\nMax Meyer.\nund etwas schw\u00e4cher 5 zu h\u00f6ren; wenn 4 st\u00e4rker t\u00f6nte, so machte sich 3 mehr bemerkbar. Aufserdem h\u00f6rten wir stets 1\u00bb\nDas Intervall 6:7 ergab 5, 4, 1.\nBei 7:8 waren 6, 5 und 1 sicher zu h\u00f6ren. Der Ton 4 schien Herrn Hennig manchmal ganz kurze Zeit aufzutauchen.\n8:9 liefs 7, 6, 5 und 1 h\u00f6ren. Herr Prof. Stumpe hat in diesem Falle 7, 6, 1 (1 schwach) geh\u00f6rt bei den Gabeln f + g3 oder h2 -f- cisB. Hohe Gabeln sind zu diesen Versuchen \u00fcberhaupt n\u00fctzlich.\nBei 9:10 waren 7, 6 und 1 stark; 8 deutlich, wenn 9 und 10 sehr schwach waren.\nBei 16:17 konnte ich aufser 1 nur 10 und 12 feststellen. 11, 13, 14, 15 m\u00f6gen vorhanden gewesen sein, konnten aber nicht mit Sicherheit herausgeh\u00f6rt werden. Dagegen machte sich der bei sehr kleinen Intervallen stets auftretende Zwischenton1 bemerkbar.\nL\u00e4fst man zwei der oben angegebenen zusammengeh\u00f6rigen, mit I und II bezeichneten Zusammenkl\u00e4nge, in denen die gleichen Differenzt\u00f6ne enthalten sind, gleichzeitig erklingen, aber so, dafs die in den beiden ersten senkrechten Reihen der Tabelle angegebenen Verh\u00e4ltnisse nicht genau stimmen, so h\u00f6rt man beide Differenzt\u00f6ne mit derselben Deutlichkeit wie zwei nicht ganz \u00fcbereinstimmende Prim\u00e4rt\u00f6ne schweben, was, wie wir noch sehen werden, als Argument gegen Hermanns Erkl\u00e4rung der Entstehung der Differenzt\u00f6ne von Wichtigkeit ist. Man kann sich nun die Frage vorlegen, ob zwei Differenzt\u00f6ne, da sie ja Schwebungen bilden, auch einen neuen Differenzton erzeugen k\u00f6nnen. Dies ist etwas Anderes als die vorher betrachtete Annahme, dafs der Differenzton mit einem der ihn erzeugenden T\u00f6ne einen neuen (sekund\u00e4ren) Differenzton bilden k\u00f6nne. Zur Untersuchung dieser Frage benutzte ich die drei Stimmgabelt\u00f6ne 2048, 1920 und 1707. Die ersten beiden allein lassen den Differenzton 128 h\u00f6ren, die beiden letzten 213, der erste und dritte den Differenzton 341. Streicht man jedoch alle drei Gabeln gleichzeitig an, so h\u00f6rt man \u2014 wozu allerdings einige \u00dcbung erforderlich ist \u2014 einen tieferen Differenzton, den ich durch Vergleich mit objektiven T\u00f6nen als 85 feststellte. Dies ist nun in der That di\u00e8 Differenz von 213 und 128. Also ist die oben aufgeworfene Frage entschieden zu bejahen.\n1 Stumpf, lonjpsycliologie, II. S. 480.","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinationst\u00f6ne.\n195\nEbenso wie zwei Differenzt\u00f6ne untereinander sowohl Schwebungen, als auch einen neuen Differenzton erzeugen k\u00f6nnen, h\u00f6rt man auch Schwebungen und einen neuen Differenzton, wenn zu einem bereits vorhandenen Differenztone eine objektive Tonwelle von nicht zu weit entfernter Schwingungszahl hinzutritt. Man ersieht dies aus folgendem Versuch. Die Gabeln 1920 und 1707 werden m\u00f6glichst stark gestrichen. Man h\u00f6rt dann den Differenzton 213. Wenn aber gleichzeitig die Gabel 200 leise t\u00f6nt, so h\u00f6rt man deutlich 13 Schwebungen. Ebenso geben die Gabeln 2048 und 1920 den Differenzton 128, und wenn gleichzeitig die Gabel 120 t\u00f6nt, so h\u00f6rt man 8, t\u00f6nt die Gabel 125, so h\u00f6rt man 3 Schwebungen. Die Gabeln 1920 und 1365 geben den Differenzton 555. Streicht man gleichzeitig die Gabel 750 an, so h\u00f6rt man den neuen Differenzton 195. Dafs dieser auf die angegebene Art und nicht etwa anders entsteht, kann man leicht daran erkennen, dafs er sofort verschwindet, wenn man eine der h\u00f6heren Gabeln d\u00e4mpft. L\u00e4fst man zu der Klangmasse nun noch leise die Gabel 200 hinzutreten, so h\u00f6rt man deutlich die 5 Schwebungen des von einem Differenz- und einem objektiven Tone erzeugten Differenztones 195 mit dem objektiven Tone 200.\nIII. Hermanns Mittelton, Variationst\u00f6ne und Anderes.\nHermann1 hat das Verdienst, zuerst nachdr\u00fccklich2 auf das Unzul\u00e4ngliche von Helmholtz\u2019 Theorie der Kombinationst\u00f6ne hingewiesen zu haben. Die haupts\u00e4chlichsten Ergebnisse seiner Untersuchung vom Jahre 1891 kann man wohl kurz in folgenden S\u00e4tzen aus Hermanns Abhandlung zusammenfassen:\n\u201eEs bleibt folglich nichts anderes \u00fcbrig, als .dem Ohre die\nEigenschaft zuzuschreiben, jede Art von Periodik innerhalb gewisser Frequenzgrenzen mit einer Tonempfindung zu beantworten. Wir m\u00fcssen .... darauf verzichten, den Modus, wie es kommt, dafs ein bestimmter Ton ausschliefslich oder vorzugsweise eine bestimmte Nervenfaser erregt, schon jetzt zu erkl\u00e4ren. Der physikalische Erkl\u00e4rungsversuch hat sich, wie\n1\tPf l\u00fcg er s Arch. 49. S. 499.\n2\tMehr oder weniger begr\u00fcndete Einw\u00e4nde haben freilich Andere schon fr\u00fcher gemacht, namentlich Dennert.\n13*","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\nMax Meyer.\nschon \u00f6fter in physiologischen Dingen, als verfr\u00fcht erwiesen.1 Die dem Prinzip der spezifischen Energie entsprechende Annahme, dafs die verschiedenen T\u00f6ne auf Erregung verschiedener Nervenfasern beruhen, bleibt \u00fcbrigens unangetastet.\u201c Sehr befriedigend sind diese Ergebnisse nicht. Die K\u00d6Niosche Ausdrucksweise, dafs das Ohr jede Periodik als Ton empfinde, ist zwar eine kurze, passende Bezeichnung des Thats\u00e4chlichen; aber zum Verst\u00e4ndnis der physikalisch-physiologischen Vorg\u00e4nge kann sie in dieser allgemeinen Fassung nichts beitragen. Hermann hat daher diesen Gegenstand weiter untersucht.2 W\u00e4hrend er in der fr\u00fcheren Abhandlung gegen die HELMHOLTzsche Besonatoren-hypothese sehr grofse Bedenken geltend gemacht hatte, h\u00e4lt er jetzt entschieden an ihr fest, nachdem er sie freilich stark modifiziert und erweitert hat. An der spezifischen Energie h\u00e4lt er noch insofern fest, als jede Nervenzelle sich eine ihrem Besonator entsprechende Eigenperiode habe angew\u00f6hnen m\u00fcssen. Es ist nun unsere n\u00e4chste Aufgabe, experimentell zu pr\u00fcfen, ob und wie weit die von Hermann gemachten Voraussetzungen und die sich aus seiner Hypothese ergebenden Folgerungen mit den Thatsachen \u00fcbereinstimmen.\nDer Mittelton.\nHermann geht davon aus, dafs bei der Interferenz zweier gleich starker (d. h. von gleicher Amplitude) T\u00f6ne die resultierende Kurve aus einer Beihe von Schwingungen zusammengesetzt ist, in welchen die Gleichgewichtslage in genau gleichen Intervallen durchlaufen wird, w\u00e4hrend die Gipfel nicht genau in der Mitte zwischen zwei Durchg\u00e4ngen stehen und die Bewegung keine genau pendelartige ist. Schon K\u00f6nig3 hat darauf aufmerksam gemacht, dafs eine solche Wellenreihe \u00c4hnlichkeit habe mit der eines Tones, dessen Schwingungszahl das arithmetische Mittel der Zahlen der beiden in Frage kommenden T\u00f6ne ist. Er hat f\u00fcr diesen hypothetischen Ton die Bezeichnung \u201eson moyen\u201c gew\u00e4hlt; Hermann nennt ihn Mittelton. Ein Blick auf die resultierende Kurve4 zeigt, dafs dieser Ton\n1\tDafs vielleicht doch noch eine physikalische Erkl\u00e4rung m\u00f6glich ist, habe ich im IV. Teil auseinandergesetzt.\n2\tPfl\u00fcgers Arch. 56. S. 485.\n3\tExp\u00e9riences d\u2019acoustique. S. 143.\n4\tFig. 5 in Hermanns Abhandlung.","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinationst\u00f6ne.\n197\njedesmal dort, wo die Amplitude ein Minimum ist, die Phase wechselt. K\u00f6nig1 hat experimentell gezeigt, dafs, wenn man auf k\u00fcnstlichem Wege eine Luftwelle erzeugt, die der von zwei nicht zu weit voneinander entfernten T\u00f6nen gleicht, man\nin der That diese beiden T\u00f6ne h\u00f6rt. Dies ist eine interessante\n0\nBest\u00e4tigung der Helmholtz sehen (eigentlich OnMschen) Zer^ legungshypothese, aber weiter auch nichts. Dafs K\u00f6nig den sogenannten Mittelton auch noch h\u00f6rte, ist nicht wunderbar, denn die mit K\u00f6nigs Sirene erzeugte Luftwelle enth\u00e4lt eben auch die dem sogenannten Mittelton entsprechende Partialwelle. Ganz etwas Anderes ist es jedoch mit Hermanns Behauptung, dafs beim Zusammenklange zweier T\u00f6ne neben diesen auch noch der Mittelton geh\u00f6rt werden k\u00f6nne. Hermann hat Versuche in Bezug hierauf mit acht K\u00f6NiGschen Stimmgabeln cl bis c2 angestellt. \u201eIn vielen F\u00e4llen wurde in der That ein Ton von der erwarteten, dem H\u00f6rer meist vorher unbekannten H\u00f6he angegeben.u Dafs dieser Mittelton nicht allgemein geh\u00f6rt wurde, macht die Sache schon sehr bedenklich. Was hat es z. B. f\u00fcr eine Beweiskraft, wenn bei den Prim\u00e4rt\u00f6nen cl und c~ angeblich der Mittelton g1 oder bei den Prim\u00e4rt\u00f6nen c1 und g1 angeblich der Mittelton e1 geh\u00f6rt wurde, g2 und e3 sind ja in der That als Obert\u00f6ne im Klange enthalten und k\u00f6nnten wohl einen Irrtum herbeigef\u00fchrt habend'\nHermann scheint nach seiner Darstellung selbst nicht ganz von der Bichtigkeit der Sache \u00fcberzeugt gewesen zu sein. Jedenfalls ist es eine etwas gewagte Behauptung, dafs die Resonatoren im Ohre durch den Mittelton erregt w\u00fcrden. Diese Resonatoren m\u00fcfsten \u2014 wie Hermann selbst bemerkt \u2014 von ganz anderer Art sein, als die sonst der Physik bekannten. An der HELMHOLTZschen Zerlegungshypothese h\u00e4lt Hermann entschieden fest, nur meint er, die Resonatoren brauchten nicht als mechanisch-elastische Gebilde aufgefafst zu werden, sondern k\u00f6nnten nerv\u00f6se Gebilde von bestimmten Eigenschaften sein. S. 497 spricht Hermann ganz klar aus und f\u00fchrt noch Analogien daf\u00fcr an, dafs er sich die fraglichen nerv\u00f6sen Vorg\u00e4nge durchaus nach den Gesetzen der Elastizit\u00e4t denkt.\n1\tExp\u00e9riences d'acoustique. S. 144.\n2\tVorsichtsmafsregeln, um diesen Fehler zu vermeiden, erw\u00e4hnt\nHermann nicht.","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198\nMax Meyer.\nDann aber besteht die Zerlegungshypothese eben darin, dafs man annimmt, das Ohr zerlege jede beliebige Welle in Sinusschwingungen. Nach Hermann aber mufs man annehmen, dafs es solche Resonatoren gebe, die nach Sinusschwingungen zerlegen, und solche, die nach gewissen anderen Schwingungen zerlegen. Denn sonst w\u00e4re es physikalisch \u00fcberhaupt nicht denkbar, dafs der Mittelton, dessen Schwingung keine pendelartige ist (\u201ekeine genau pendelartigeu, sagt Hermann; aber die Ungenauigkeit ist mehr als gen\u00fcgend, um ein Mitschwingen unm\u00f6glich zu machen), einen Resonator erregen sollte. Wenn es aber zwei Arten von Resonatoren von so ganz verschiedenen physikalischen Eigenschaften im Ohre g\u00e4be, so w\u00fcrde die ganze Zerlegungstheorie an ihren inneren Widerspr\u00fcchen scheitern. Diese Theorie ist \u00fcberhaupt nur dann denkbar, wenn eine aus Sinusschwingungen zusammengesetzte Welle wieder in Sinusschwingungen zerlegt wird. S. 487 sagt Hermann: \u201eDenken wir uns, eine Reihe zuerst zunehmender, dann wieder abnehmender Schwingungen von der Art der starken Linie in Eigur 5 umfasse etwa 16 ganze Schwingungen, so ist kein Zweifel, dafs dieselbe trotz ihrer geringen Abweichung von der einfachen Sinusform nicht allein einen entsprechenden Resonator zum Mitt\u00f6nen bringen, sondern auch als Ton empfunden werden w\u00fcrde.\u201c So ganz zweifellos d\u00fcrfte dies vielleicht doch nicht sein. Sehr stark aber, f\u00fcrchte ich, wird man daran zweifeln m\u00fcssen, dafs die Welle noch einen Resonator in Mitschwingung sollte versetzen k\u00f6nnen, wenn beim Quintenintervall nur 2Va Schwingungen der Schwebungsperiode in Betracht kommen. Hier ist die Abweichung von der Sinusform so grofs, dafs seifest Resonatoren von starker D\u00e4mpfung schwerlich noch mitschwingen k\u00f6nnen. Und wie wird es erst bei Intervallen, die der Oktave nahe kommen!\nZu diesen Schwierigkeiten kommt noch hinzu, dafs dann, wenn die beiden prim\u00e4ren T\u00f6ne ungleiche Amplituden haben (und das wird ja wohl der gew\u00f6hnliche Fall sein), der Mittelton nicht nur dem arithmetischen Mittel nicht mehr entspricht, sondern auch die Durchg\u00e4nge durch die Gleichgewichtslage nicht mehr von genau gleichem Abstande innerhalb der Periode sind. Konsequenterweise m\u00fcfste Hermann also auch f\u00fcr solche Weilen noch eine oder vielleicht sogar unendlich viele Arten von Resonatoren annehmen. Denn dafs die UELMHOLTZschen","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinationst\u00f6ne.\n199\nResonatoren f\u00fcr Sinusschwingungen dies alles leisten sollen, kann man wohl nicht verlangen.\nPhasenwechselnde T\u00f6ne.\nSchliefslich ist noch der Phasen Wechsel zu ber\u00fccksichtigen. Wenn man annimmt, dafs ein Resonator durch die Mitteltonwelle erregt wird, so w\u00fcrde er nach Einwirkung so vieler Schwingungen, als in einer Schwebungsperiode der erzeugenden T\u00f6ne enthalten sind, in entgegengesetztem Sinne erregt werden, d. h. der sog. Mittelton wechselt seine Phase, und zwar, wie Hebmann auf S. 488 seiner Abhandlung angegeben hat (unter der Voraussetzung, dafs die Amplituden der Prim\u00e4rschwingungen die gleichen sind, was, wie schon bemerkt, ein ganz spezieller und seltener Pall ist), f\u00fcr das Intervall der Oktave nach 1 Va, f\u00fcr die Quinte 272, f\u00fcr die grofse Terz 472, f\u00fcr einen Ganzton\nyy^j | - % .\n8V2, f\u00fcr einen halben Ton 1672, allgemein nach ^\t^\nSchwingungen. Es handelt sich nun um die Pr\u00e4ge: Ist die D\u00e4mpfung der Resonatoren des Ohres so grofs, dafs trotz des Phasenwechsels bei der angenommenen Einwirkung des Mitteltones innerhalb einer Schwebungsperiode eine die Reizschwelle \u00fcberschreitende Erregung des Resonators zu st\u00e4nde kommt, und wenn dies der Fall ist, ist die oben angegebene Zahl von Schwingungen zwischen zweimaligem Phasenwechsel f\u00e4hig, eine Tonempfindung hervorzurufen ?\nDiese Frage hat Heemann unter Benutzung von Zahnradsirenen experimentell gepr\u00fcft. Die Ergebnisse waren folgende : Bei Phasenwechsel nach 71/2 Schwingungen (dies ist hier immer so zu verstehen: nach dem achten Maximum folgt an Stelle des Minimums wieder ein Maximum) war der Hauptton noch h\u00f6rbar. Aufserdem h\u00f6rte man den der Anzahl des Phasenwechsels entsprechenden Unterbrechungston. Auch bei Phasenwechsel nach 472 (nach Heemanns Bezeichnungsweise 4) Schwingungen war der Hauptton f\u00fcr ge\u00fcbtere Ohren noch deutlich und v\u00f6llig unzweifelhaft erkennbar. Bei allen diesen Versuchen war der Unterbrechungston stark \u00fcberwiegend. Die Tonh\u00f6he des Haupttones lag bei Heemanns Versuchen in der dreigestrichenen Oktave, F\u00fcr genaue Beobachtungen scheint mir dies schon zu hoch zu sein; jedenfalls ist diese Tonlage nicht die g\u00fcnstigste. Ich hielt es f\u00fcr n\u00fctzlich, diese Versuche nach","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"200\nMax Meyer.\nanderen, mir geeigneter erscheinenden Methoden zu wiederholen. \"Wer den- Ton einer Zahnradsirene kennt, weifs, dafs er von einem auf die Dauer fast unertr\u00e4glichen Ger\u00e4usche begleitet ist, durch das die Sicherheit der Beobachtung sehr beeintr\u00e4chtigt wird. Ich habe daher bei der ersten Methode nicht Zahnrad-, sondern Lochsirenen verwandt. Diese erzeugen, wenn man die Windst\u00e4rke und die Entfernung der B\u00f6hren\u00f6ffnung, aus der der Wind ausstr\u00f6mt, von der Sirenenscheibe passend reguliert, nur wenig Ger\u00e4usch und haben die gerade bei den Versuchen, auf die es hier ankommt, sehr wesentliche Eigenschaft, dafs der Unterbrechungston ziemlich schwach, viel schw\u00e4cher als der Hauptton, ist, so dafs die Beobachtung eine leichte ist, obwohl nat\u00fcrlich immer ein gewisser Grad von \u00dcbung dazu geh\u00f6rt. Bei der zweiten Methode bin ich von einem auf gew\u00f6hnliche Weise erzeugten kontinuierlichen Tone ausgegangen und habe ihn auf k\u00fcnstlichem Wege so umgestaltet, dafs er nach einer beliebigen Zahl von Schwingungen seine Phase wechselte.\nDie zu den Versuchen benutzten Sirenenscheiben waren etwa 3 mm starke Scheiben aus hartem Holze. Der Durchmesser der Scheiben betrug 30 bezw. 21 cm. Der Durchmesser der L\u00f6cher betrug mm, der Abstand der Mittelpunkte zweier benachbarter L\u00f6cher voneinander 9 mm, bei einigen L\u00f6cherreihen auch etwas mehr. Angeblasen wurden die Scheiben durch eine Glasr\u00f6hre von derselben inneren Weite wie die L\u00f6cher. Ich hatte mir nun zu diesen L\u00f6chern eine grofse Anzahl kleiner Korkst\u00f6pselchen verfertigt, vermittelst deren ich eine beliebige Zahl von L\u00f6chern in beliebiger Beihenfolge verstopfen und leicht wieder \u00f6ffnen konnte, so dafs ich ohne Schwierigkeit jede gew\u00fcnschte Aufeinanderfolge von Luftst\u00f6fsen erzielte. In den im Folgenden gegebenen Darstellungen der L\u00f6cherreihen bezeichnen ausgef\u00fcllte Kreise verstopfte, leere Kreise ge\u00f6ffnete L\u00f6cher. Es ist immer nur eine Periode dargestellt, die sich in der L\u00f6cherreihe mehrfach wiederholte (die gr\u00f6fste L\u00f6cherreihe enthielt 92 L\u00f6cher), nat\u00fcrlich so, dafs die Beihe durch eine ganze Zahl von Perioden v\u00f6llig ausgef\u00fcllt war. In Botation versetzt wurden die Scheiben durch einen namentlich bei nicht zu schnellen Geschwindigkeiten fast ger\u00e4uschlos gehenden Heifsluftmotor. Die \u00dcbertragung auf die Axe der Scheibe geschah nicht durch Zahnr\u00e4der, deren Ge-","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinations t\u00f6ne.\n201\nklapper zu sehr gest\u00f6rt h\u00e4tte, sondern durch ein Band. Die ungef\u00e4hre H\u00f6he der entstehenden T\u00f6ne konnte leicht am Klavier festgestellt werden. Die genauere Bestimmung, bei der namentlich ein Verwechseln von Oktaven ausgeschlossen war, was beim Vergleichen mit Klaviert\u00f6nen der verschiedenen Klangfarbe wegen doch h\u00e4tte Vorkommen k\u00f6nnen, wurde dadurch gemacht, dafs abwechselnd mit der Versuchsreihe andere L\u00f6cherreihen derselben Sirenenscheibe \u00e4ngeblasen wurden. Dies war leicht dadurch auszuf\u00fchren, dafs nach jeder L\u00f6cherreihe, die gebraucht werden sollte, eine besondere R\u00f6hre geleitet war und jede einzelne R\u00f6hre durch ein Ventil ge\u00f6ffnet und geschlossen wurde. Die Bezeichnung ist in allen F\u00e4llen diejenige, dafs die erste Zahl die (offenen und verstopften) L\u00f6cher einer Periode, die folgende Zahl die absolute Tonh\u00f6he des geh\u00f6rten Tones angiebt. (Der doppelte Quotient aus der letzteren, dividiert durch die erste Zahl, w\u00fcrde also die Anzahl der Wiederholungen einer Periode in einer Sekunde bezeichnen.) Die Versuchsergebnisse waren folgende:\nIci\tO\t\u2022\tO\t\u2022\tO\t\u2022\tO\t\u2022\tO\t9\tO\t9\t\u00b0\t\nIb\tO\t\u2022\tO\t\u2022\tO\t\u2022\tO\t\u2022\tO\t9\tO\t9\t9\t\nIc\tO\t9\tO\t\u2022\tO\t\u2022\tO\t\u2022\tO\t9\t9\t9\t9\t\nId\tO\t9\tO\t\u2022\tO\t\u2022\tO\t9\t\u2022\t9\t9\t9\t$\t> 13,225.\nle\tO\tm\tO\t\u2022\tO\t\u2022\t\u2022\t9\t\u2022\t9\t9\t\t9\t\nif\tO\t9\tO\t\u2022\t\u2022\t\u2022\t9\t\u2022\t9\t9\t9\t9\t9\t\niff\tO\t\u2022\t9\t\u2022\t\u2022\t\u2022\t\u2022\t\u2022\t9\t9\t9\t9\t99\t\nAus la\tersieht man\t\t\t\t, dafs\t\t, wenn\t\t\tdie\tGr\u00f6fse der Luft-\t\t\t\nst\u00f6fse in\tall\ten\tF\t\u00e4llen\t\tdiese\t\tIbe\tist,\t\twas einmal f\u00fcr alle\t\t\t\ndiese Versuche betont werden mag, bei Phasenwechsel nach 6V2 Schwingungen noch der regelrechte Ton geh\u00f6rt wird. Die F\u00e4lle von b bis f unterscheiden sich von a nur dadurch, dafs eine geringere Anzahl objektiver Luftst\u00f6fse vorhanden und am Schl\u00fcsse der Periode daf\u00fcr eine Pause ist. In allen diesen F\u00e4llen wurde ebenfalls derselbe Ton geh\u00f6rt. W\u00e4hrend der Hauptton von a bis f abnahm, nahm der Unterbrechungston an St\u00e4rke zu, jedoch nicht \u00fcberm\u00e4fsig. Bei g war dieser letztere nat\u00fcrlich allein zu h\u00f6ren, wenn man ihn \u00fcberhaupt noch so nennen k\u00f6nnte.","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\nMax Meyer.\nlia OmOmOmOmOmO' III OmOmOmOmO\u00ae \u00ae He 0#0\u00ae0#0# \u2022 \u2022 \u2022\t'\nIld0\u00ae0\u00ae0mmmmm\u00ae\nHe O \u00ae O \u2022 \u2022 \u00ae \u2022 \u2022 \u2022 \u2022 \u2022\n11,250.\nBei a und l war der Ton trotz des Phasenwechsels h\u00f6rbar. Bei c war er ziemlich schwach, und die h\u00f6here Oktave, die nat\u00fcrlich keinen Phasenwechsel erleidet, trat hervor. Bei d h\u00f6rte man ihn, wenn auch nur schwach, noch heraus, w\u00e4hrend die Oktave auch jetzt noch ziemlich deutlich zu h\u00f6ren war, allerdings auch nicht mehr so gut wie bei \u00d6ffnung von vier L\u00f6chern. Bei e hatte der Unterbrechungston eine relativ sehr grofse St\u00e4rke, so dafs der Ton 250 kaum noch zu h\u00f6ren war. Einigermafsen deutlich glaubte ich ihn nur dann zu vernehmen, wenn nur \u00e4ufserst wenig Wind gegen die Scheibe str\u00f6mte, so dafs sich st\u00f6rende Nebenger\u00e4usche bei allerdings auch verringerter St\u00e4rke des Tones weniger bemerkbar machten.\nIlia O m O \u00ae O \u00ae O \u00ae 0\\\nIIll QmOmOm\u00f6m \u00aeU180.\nIIIc OmOmOm mm illd O \u00ae O m mm mm m\nIn diesen Versuchen wechselt der Ton nach 4^ Schwingungen die Phase. Bei lila war der Ton neben der h\u00f6heren Oktave zu h\u00f6ren, wenn auch nicht sehr stark. Er blieb h\u00f6rbar auch noch bei d.\nIVa\tO\t\u2022\tO\t\u2022\tO \u2022\t0|\n.\tin\tO\trn\tO\t@\tO \u2022\t\u2022} 7,330.\niVc\tO\tm\tO\t\u2022\tmm\nBei IVa war der phasenwechselnde Ton noch gut zu h\u00f6ren. Bei l ebenfalls, nur etwas schw\u00e4cher. Bei c war er sehr schwach, aber immerhin noch erkennbar. Der Unterbreehungston nahm, wie bei den fr\u00fcheren Versuchen, von a nach c an \u00f6fc\u00e4rke zu.\nV. O \u2022 O \u2022 O 5,220.\nIn dieser Anordnung findet der Phasenwechsel nach 21 Schwingungen\tstatt.\tAuch\thier\th\u00f6rt\tman den phasen-\nwechselnden Ton.\nVL O \u00ae O 3, in den verschiedensten Tonlagen.","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"Uber Kombinationst\u00f6ne.\n203\nIn diesem Falle kann man von dem phasenwechselnden Tone nat\u00fcrlich nichts mehr h\u00f6ren, denn hier w\u00fcrde der Phasenwechsel bereits nach 1-J Schwingungen stattfinden. Man h\u00f6rt, wie es von vornherein aus der Art der Luftst\u00f6fse anzunehmen ist, den Unterbrechungston und seine Duodezime.\nBei der zweiten Methode der Untersuchung phasenwechselnder T\u00f6ne wurde der Ton einer gedachten Pfeife benutzt. Dieser wurde durch ein Loch in der Wand in ein zweites Zimmer geleitet. Hier verteilte er sich in zwei B\u00f6hren von 2 cm Durchmesser, welche durch Posaunenz\u00fcge beliebig verl\u00e4ngert werden konnten. Die End\u00f6ffnungen der beiden B\u00f6hren lagen dicht \u00fcbereinander. Yor diesen \u00d6ffnungen rotierte eine Scheibe aus Eisenblech, in der auf zwei konzentrischen Kreisen ovale L\u00f6cher so ausgeschnitten waren, dafs, w\u00e4hrend das eine Bohr durch die Scheibe abgeschlossen war, das andere offen stand, so dafs niemals beide B\u00f6hren gleichzeitig ge\u00f6ffnet oder gleichzeitig verschlossen waren. Die Bogenl\u00e4nge jedes einzelnen Loches betrug nat\u00fcrlich auf beiden konzentrischen Kreisen gleich viel Grade. Auf der anderen Seite der Scheibe wurde der Ton wiederum von einer Bohre in Empfang genommen, deren l\u00e4ngliche \u00d6ffnung beiden B\u00f6hrenendigungen gleichzeitig gegen\u00fcberstand. Auf diese Weise wurde der Ton wiederum durch ein Loch in der Wand in ein drittes Zimmer geleitet, in dem beobachtet wurde. In dem zweiten Zimmer w\u00e4re eine ungest\u00f6rte Beobachtung nicht m\u00f6glich gewesen, teils wegen des von dem die Scheibe treibenden Motor verursachten Ger\u00e4usches, teils weil der Ton noch etwas durch die \u2014 obwohl 60 cm starke \u2014 Wand zu h\u00f6ren war, und weil auch die Scheibe, um jedes Beibungsger\u00e4usch zu vermeiden, die B\u00f6hren nicht ganz dicht abschliefsen konnte und infolgedessen die Beobchtung h\u00e4tte fehlerhaft werden k\u00f6nnen. Unter den dargestellten Bedingungen war dies weniger zu f\u00fcrchten. Wenn wirklich noch Tonwellen aus dem abgeschlossenen Bohre in die weitere\u201c Leitung gelangten, so konnten sie doch nur von geringer Amplitude sein und, da sie sich gerade um eine halbe Wellenl\u00e4nge von den absichtlich fortgeleiteten unterschieden, nur die Amplitude der letzteren etwas vermindern.\nEs kam nun darauf an, die Umdrehungsgeschwindigkeit der Scheibe zu bestimmen. Dies geschah auf folgende Weise. In der Scheibe waren aufser den bereits erw\u00e4hnten L\u00f6chern auf","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204\nMax Meyer.\neinem dritten konzentrischen Kreise 24 L\u00f6cher von 4 mm Durchmesser gebohrt, die auf dieselbe Weise, wie die Sirenen-scheiben, jederzeit beliebig lange angeblasen werden konnten. Derjenige nun, der den Gang des Motors in dem zweiten Zimmer \u00fcberwachte, konnte bei Anblasen der L\u00f6cher leicht deu entstehenden Ton bestimmen, und Division durch 24 ergab dann mit hinreichender Genauigkeit die Anzahl der Umdrehungen in einer Sekunde.\nZun\u00e4chst wurden die ausziehbaren K\u00f6hren so gestellt, dafs sie sich um eine halbe Wellenl\u00e4nge unterschieden. Der Ton 1080 war jetzt bei durch die gr\u00f6fstm\u00f6gliche Umdrehungsgeschwindigkeit der Scheibe erzieltem 120maligen Phasenwechsel, d.h. Phasenwechsel nach 9 Schwingungen, noch zu h\u00f6ren. Diese gr\u00f6fste Geschwindigkeit konnte nur f\u00fcr ganz kurze Zeit erreicht werden und war daher f\u00fcr bestimmtere Beobachtungen nicht brauchbar. Sobald diese grofse Geschwindigkeit einige Sekunden gedauert hatte, begann der ganze Apparat so stark zu zittern, dafs die Scheibe zum Stillstand gebracht werden mufste. Bei 94maligem Phasenwechsel war der Ton sehr deutlich zu h\u00f6ren. Er war schwach und sehr rauh wie ein schwebender Ton. In diesen, wie in allen sp\u00e4teren F\u00e4llen h\u00f6rte man auch den der Anzahl des Phasenwechsels entsprechenden Ton, was ich im Folgenden nicht jedesmal erw\u00e4hne, da es hier nicht darauf ankommt. Stellte man nun die verschiebbaren R\u00f6hren so, dafs kein Phasenwechsel eintrat, sondern nur periodische Herabsetzungen der Intensit\u00e4t, so war der Ton bei 94-maliger blofser Schw\u00e4chung st\u00e4rker und glatter, wie nat\u00fcrlich, da die Intensit\u00e4tsschwankungen der Empfindung dann viel geringer sind. Um mit kleineren Geschwindigkeiten auszukommen, wurde zu den ferneren Versuchen ein tieferer Ton gebraucht, und zwar 480, und es wurde folgende Methode angewandt: Die Umdrehungsgeschwindigkeit wurde w\u00e4hrend der Beobachtung best\u00e4ndig gesteigert, und der Beobachter zeigte durch ein elektrisches Signal an, wann der Ton f\u00fcr ihn g\u00e4nzlich verschwunden war. Bei 60 maligem Phasen Wechsel, also nach je 8 Schwingungen, war der Ton noch sehr schwach zu h\u00f6ren. Bei steigender Geschwindigkeit erhielt Herr Prof. Stumpe bei drei Beobachtungen folgende Ergebnisse: Beim ersten Versuch wurde der Ton f\u00fcr v\u00f6llig verschwunden gehalten bei 80 maligem, beim zweiten Versuch bei 74-, beim dritten wieder bei 74 maligem","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"t)ber Kombinationst\u00f6ne.\n205\nPhasenwechsel, also bei Phasenwechsel nach bezw. 6, 6V2 und 6V2 Schwingungen. Bei den anderen Beobachtern gebe ich nur die nach einiger Vor\u00fcbung erhaltenen Ergebnisse an: Herr cand. phil. Heyeelder erkl\u00e4rte den Ton f\u00fcr verschwunden bei 75 maligem (also nach 62/s Schwingungen) Phasenwechsel, Herr cand. phil. Hennig bei 72 maligem (also nach 62/3 Schwingungen), ich selber bei 75 maligem (also nach 62/s Schwingungen) Phasenwechsel. Hie Zahl des Phasenwechels war also bei allen Beobachtern ziemlich dieselbe.\nVariationst\u00f6ne.\nMan kann nicht sagen, dafs die Ergebnisse dieser Versuche im Widerspruche st\u00e4nden mit denen der Versuche mit den Sirenenscheiben. Zwischen beiden Methoden ist ein sehr grofser Unterschied. Die erstere schliefst sich ziemlich eng an Hermanns Versuche mit den Zahnradsirenen an. Die Ergebnisse waren, dafs man in der That selbst solche T\u00f6ne noch h\u00f6ren kann, die nach 2ll% Schwingungen ihre Phase wechseln. Aber Hermann hat etwas \u00fcbersehen \u20147 und mir selbst ist es zuerst ebenso gegangen \u2014, dafs n\u00e4mlich die untersuchten phasenwechselnden T\u00f6ne sich insofern sehr von dem angeblichen phasenwechselnden Mitteltone unterscheiden, als beim Mitteltone die Amplituden von der Mitte der Periode nach beiden Seiten hin abnehmen, bei den von Hermann mit den Zahnrad-, von mir mit Lochsirenen untersuchten phasenwechselnden T\u00f6nen jedoch die Amplituden der Luftschwingungen immer die gleichen sind. Wenn man daher auch phasenwechselnde T\u00f6ne von gleichen Amplituden h\u00f6rt, so ist damit noch lange nicht bewiesen, dafs man auch solche mit schwankenden Amplituden vernimmt, worauf es bei Hermanns Mittelton ja gerade ankommt. Aus diesem Grunde wandte ich die zweite Methode der Benutzung eines kontinuierlichen Tones an. Hier nimmt die Amplitude von der Mitte der Periode nach beiden Seiten hin bis zu Null ab. Aber auch hier ist noch ein Unterschied zu machen. Bei langsamer Eotation der Scheibe sind nach der Art der in der Scheibe befindlichen L\u00f6cher in der Mitte der Periode eine Anzahl von Schwingungen gleicher Amplitude und erst nahe an den Stellen des Phasenwechsels Schwingungen von abnehmender Amplitude vorhanden. Dieser Pall unterscheidet sich nicht wesentlich von dem der Sirenenscheiben.","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206\nMax Meyer.\nBei schneller Rotation jedoch, wo nur wenige Schwingungen in jeder Periode enthalten sind, wird die phasenwechselnde Wellenreihe der bei Zusammenhang zweier T\u00f6ne von nicht zu sehr verschiedener Tonh\u00f6he entstehenden \u00e4hnlich, da jetzt in der Mitte der Periode kaum zwei Wellen von gleicher Amplitude vorhanden sind. Die Folge davon ist das Auftreten der schon erw\u00e4hnten sogenannten Variationst\u00f6ne, die bei anderen Versuchen \u00e4hnlicher Art schon vielfach beobachtet und be-schrieben worden sind, z. B. von .Helmholtz, K\u00f6nig, Alee. Mayee\u00ab Zun\u00e4chst h\u00f6rt man neben den Variationst\u00f6nen auch noch den phasenwechselnden Ton. Bald aber verschwindet bei gr\u00f6fserer Schnelligkeit der Umdrehung der phasenwechselnde Ton, und die Variationst\u00f6ne bleiben allein noch \u00fcbrig als eine interessante Best\u00e4tigung nicht der HEKMANNschen Mittelton-, wohl aber der OnM-HELMHOLTZschen Zerlegungstheorie. Gerade da, wo man den HEEMANNschen Mittelton gern h\u00f6ren m\u00f6chte, da n\u00e4mlich, wo er in der Mitte der Periode die gr\u00f6fste, nach beiden Seiten hin abnehmende und an den Stellen des Phasenwechsels die Amplitude Kuli hat, wird man von ihm im Stich gelassen; das heifst mit kurzen Worten: Das Ohr besitzt nur Resonatoren f\u00fcr Sinusschwingungen, und wenn ein Resonator im Ohre durch irgend eine Schwingung erregt wird, so mufs die dem Resonator entsprechende Sinusschwingung als Teilschwingung in ihr enthalten sein. F\u00fcr den Mittelton bleibt da kein Raum \u00fcbrig. Nach dem Obigen erledigt sich auch sehr leicht \u2014 wenigstens in einem Punkte \u2014 der Streit zwischen Pipping1 und Heemann.2 Beide haben Zahnradversuche gemacht, jedoch sind die Zahnr\u00e4der des einen etwas anders gestaltet, als die des anderen. Bei dem sonst gleichen Versuche h\u00f6rt Heemann den Ton 90, Pipping die T\u00f6ne 84 und 96. Heemann fordert Pipping auf, seinen Versuch noch einmal zu machen und ebenfalls den Ton 90 zu h\u00f6ren. Dazu wird nun wohl Pipping selbst beim besten Willen nicht im st\u00e4nde sein. Sie haben eben beide recht. Was Pipping h\u00f6rt, sind (nicht Obert\u00f6ne von 12, sondern) die beiden Variationst\u00f6ne. Er h\u00f6rt diese, weil jedenfalls bei seinem Versuche die Kurve der Luftwelle von der Mitte der Periode nach beiden Seiten hin abnehmende Amplitude hat. Bei Hee-\n1\tZeitschr. f. Biologie 31. S. 524.\n2\tPfl\u00fcgers Arch. 61. S. 200.","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinationst\u00f6ne.\n207\nManns anders gestaltetem Zahnrade dagegen sind die Amplituden in der ganzen Periode ann\u00e4hernd gleich. Infolgedessen h\u00f6rt er den phasenwechselnden Ton.\nNicht ganz uninteressant ist vielleicht die Bemerkung, dafs die Variationst\u00f6ne mit einem Stimmgabeltone sehr deutlich schwebten. Stellte man den Phasenwechsel ab, so verschwanden nat\u00fcrlich die Variationst\u00f6ne sofort, und der infolge der einfachen Intensit\u00e4tsschwankungen etwas rauhe eigentliche Ton wurde wieder h\u00f6rbar.\nWieviei Schwingungen sind f\u00fcr eine Tonempfindung\nerforderlich?\nIch will hier noch einige Beobachtungen erw\u00e4hnen, die zwar nach dem Obigen weder f\u00fcr noch gegen die Mitteltontheorie etwas zu beweisen verm\u00f6gen, die ich jedoch im Anschl\u00fcsse an die obigen Untersuchungen zu machen Gelegenheit hatte. Hermann meint, bei seiner Theorie des Mitteltones voraussetzen zu m\u00fcssen, dafs bereits die Anzahl der in einer Periode enthaltenen Schwingungen eine Tonempfindung hervorzurufen geeignet sei. Nun k\u00f6nnte man vielleicht auch annehmen, dafs eine Periode nicht f\u00fcr eine Tonempfindung gen\u00fcge. Sie k\u00f6nnte zwar einen schwachen nerv\u00f6sen Prozefs in den peripherischen Nerven entstehen lassen. Aber es w\u00e4re denkbar, dafs dieser sich nicht zum Zentralorgane fortpflanzte und infolgedessen keine Empfindung zu st\u00e4nde br\u00e4chte, w\u00e4hrend bei \u00f6fterer Wiederholung der Periode die Empfindung des Tones entst\u00e4nde. Man kann daher aus den obigen Versuchen, bei denen ein Phasenwechsel nach 272 Schwingungen stattfindet, nicht etwa schliefsen, dafs an und f\u00fcr sich diese Zahl von Schwingungen f\u00fcr eine Tonempfindung hinreichend sei. Exner1 fand vermittelst einer (wie er selbst zugiebt, nicht ganz unanfechtbaren) Methode durch Abklemmen und \u00d6ffnen eines Schlauches, dafs 16 Schwingungen2 zur Erkennung der Tonh\u00f6he erforderlich seien. Ich habe mit den zu den fr\u00fcheren Versuchen benutzten Holzscheiben folgende Beobachtung gemacht. In einem Kreise von 88 L\u00f6chern wurden alle L\u00f6cher bis auf zwei nebeneinander liegende verstopft und bei Potation der Scheibe angeblasen.\n1\tPfl\u00fcgers Arch. 13. S. 228.\n2\tZu einer etwas gr\u00f6fseren Zahl (20) gelangte Auerbach (Wiedemanns Ann. VI, S. 591) auf andere Weise, zu einer geringeren (4 bis 8) Mach.","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"208\nMax Meyer.\nMan h\u00f6rte dann bei einer zweimaligen Umdrehung in der Sekunde zwei den beiden Umdrehungen entsprechende St\u00f6fse. Dafs jeder einzelne ein Doppelstofs war, liefs sich nicht heraush\u00f6ren. \"Wurden statt der zwei drei L\u00f6cher ge\u00f6ffnet, so zeigte sich kaum ein wirklicher Unterschied. Bei \u00d6ffnung von vier L\u00f6chern nahmen die St\u00f6fse einen ton\u00e4hnlichen Charakter an. Wurden f\u00fcnf L\u00f6cher ge\u00f6ffnet, so h\u00f6rte man deutlich Tonst\u00f6fse von der richtigen Tonh\u00f6he 176, was durch Anblasen einer anderen L\u00f6cherreihe leicht festzustellen war. Die Tonh\u00f6he konnte auch von jemandem, der sie nicht vorher kannte, bei \u00d6ffnung von f\u00fcnf L\u00f6chern mit Sicherheit festgestellt werden, obwohl die Tonst\u00f6fse eine nicht sehr grofse Intensit\u00e4t hatten. Die zwischen zwei Wellenperioden liegende Pause, die frei von Luftwellen ist, war 472 a.1 In dieser Zeit mufs die mitschwingende Faser l\u00e4ngst ged\u00e4mpft sein, wie die M\u00f6glichkeit des Trillers in der Tonlage 176 beweist. Eine Verst\u00e4rkung von noch vorhandenem Mitschwingen durch die folgenden Perioden von Luftwellen ist daher ausgeschlossen. Man k\u00f6nnte also wohl aus diesem Versuche folgern, dafs bereits f\u00fcnf Luftschwingungen (von den etwa in Betracht kommenden Each-schwingungen im Ohre, die auch Exner bei seinen Versuchen nicht ber\u00fccksichtigt hat, sehen wir ab) gen\u00fcgen, um eine Tonempfindung zu erzeugen. Dafs das Erkennen des Tones in unserem Falle dadurch erleichtert werde, dafs sich die Tonst\u00f6fse in Abst\u00e4nden von ungef\u00e4hr einer halben Sekunde wiederholen, d\u00fcrfte kaum als Einwand hiergegen geltend gemacht werden k\u00f6nnen, weil die Tonempfindung vollkommen deutlich und die Tonh\u00f6henbestimmung so leicht und mit so unzweifelhafter Sicherheit ausf\u00fchrbar ist, dafs sie auch bei nur einem St\u00f6fse ohne Wiederholung m\u00f6glich scheint/2\nIch f\u00fcge noch einige Versuche, die dieses best\u00e4tigen, hinzu. Bei vier Umdrehungen der Scheibe in der Sekunde war der Ton 352 bei \u00d6ffnung von drei benachbarten L\u00f6chern deutlich erkennbar und die Tonh\u00f6he der viermal in der Sekunde folgenden St\u00f6fse zu bestimmen. Hier betrug die Pause zwischen je zwei Perioden 241 er. Die Umdrehungsgeschwindigkeit der Scheibe wurde in diesem, wie in dem folgenden Falle durch Anblasen\n1\t<r \u2014 0,001 Sekunden.\n2\tDer Versuch w\u00e4re noch zu machen.","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"Uber Kombinationst\u00f6ne.\neiner anderen L\u00f6cherreihe festgestellt. Bei aelit Umdrehungen der Scheibe war der Ton der St\u00f6fse bei drei sowohl, wie auch bei zwei ge\u00f6ffneten L\u00f6chern erkennbar. Man konnte die Tonh\u00f6he bestimmen, w\u00fcrde den Ton dabei aber wahrscheinlich um eine oder zwei Oktaven zu tief gesch\u00e4tzt haben. Er hatte in keiner Weise das eigent\u00fcmliche Spitzige, durch das sich die hohen T\u00f6ne (der hier in Betracht kommende hat 704 Schwingungen) vor den tiefen auszeichnen. Vielleicht liegt dies an der Schw\u00e4che des Tones und dem tiefen Charakter der ihn begleitenden Ger\u00e4usche. Bei \u00d6ffnung von vier L\u00f6chern ist der Ton leichter als vorher erkennbar, hat aber auch noch nicht das Eigen-th\u00fcmliche eines hohen Tones. Bei f\u00fcnf L\u00f6chern ist die Tonh\u00f6he der St\u00f6fse schon sehr klar. Der Ton ist hier schon ziemlich spitz, so dafs man ihn kaum noch, wie bei den anderen F\u00e4llen, mit tieferen Oktaven verwechseln k\u00f6nnte. Die Pause zwischen zwei Perioden ist bei \u00d6ffnung von f\u00fcnf L\u00f6chern 118 o'.\nIch machte noch einen \u00e4hnlichen Versuch, bei dem eine Verst\u00e4rkung des Mitschwingens der Teilchen im Dhre durch die sich wiederholenden Perioden, selbst wenn man einen so geringen D\u00e4mpfungsgrad annehmen wollte, ausgeschlossen war. Hier wurde an zwei diametral gegen\u00fcberliegenden Stellen einer Beihe je eine Periode von L\u00f6chern offen gelassen, und zwar so, dafs die eine Periode die entgegengesetzte Phase hatte wie die andere. Nat\u00fcrlich mufste hierzu der doppelte Abstand der L\u00f6cher genommen werden. Bei achtmaliger Umdrehung der Scheibe war also der Ton 352 zu beobachten. Bestand jede Periode aus zwei L\u00f6chern, so hatten die St\u00f6fse keine Spur von Toncharakter. Bei drei L\u00f6chern machte sich etwas Ton\u00e4hnliches in dem Ger\u00e4usche geltend. Bei vier L\u00f6chern begannen die St\u00f6fse die verlangte Tonh\u00f6he anzunehmen, aber noch schwach und undeutlich. Bei f\u00fcnf L\u00f6chern in jeder Periode war die H\u00f6he der Tonst\u00f6fse klar erkennbar. Die zwischen zwei Perioden liegende Pause betrug hier 50, bezw. 47 o, da die beiden aufeinanderfolgenden Pausen des Phasenwechsels wegen nicht ganz gleich grofs sein konnten. Wenn mit den hier beschriebenen Versuchen die betrachtete Frage .auch wohl nicht endg\u00fcltig beantwortet ist, so d\u00fcrfte doch ein Anhaltspunkt daf\u00fcr gewonnen sein, dafs die von Exner gefundene Zahl von 16 Schwingungen zu hoch sei. Bei Exners\n\u2022 \u2022\nVersuchen bleibt der Einwand, dafs der bei \u00d6ffnung des ab-\n14\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XI.","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"210\nMax Meyer.\ngeklemmten Schlauches entstehende Knall die Empfindlichkeit des Ohres stark beintr\u00e4chtige; bei meinen k\u00f6nnte man immerhin die Wiederholungen der Tonst\u00f6fse als Einwand geltend machen.\nDoppel-Unterbrechungst\u00f6ne (?).\nZum Schl\u00fcsse dieses Abschnittes will ich noch auf eine etwas seltsame Beobachtung Hermanns eingehen. Hermann berichtet, dafs bei einfachen Unterbrechungen des Tones, wo an seiner Sirene abwechselnd nach sechs und sieben Z\u00e4hnen ein solcher fehlte (in Wirklichkeit war eine L\u00fccke ausgef\u00fcllt geblieben), der geh\u00f6rte Unterbrechungston einen halben Ton tiefer lag, als es der Anzahl der Unterbrechungen entsprach. Er giebt auch eine Erkl\u00e4rung dieser Erscheinung an, die auf den ersten Blick ganz einleuchtend aussieht. Nach Hermann sollen hier zwei Unterbrechungst\u00f6ne entstehen, einer, der dem k\u00fcrzeren, und einer, der dem gr\u00f6fseren Abstande der Unterbrechungen entspricht. Der tiefere von beiden, meint Hermann, sei viel st\u00e4rker und daher allein h\u00f6rbar. Wenn man n\u00e4her zusieht, so wird man durch diese Erkl\u00e4rung doch wenig befriedigt. Wie Hermann sich physiologisch das Zustandekommen der beiden angenommenen Unterbrechungst\u00f6ne denkt, hat er nicht angegeben, denn aus der oben wiedergegebenen Erkl\u00e4rung kann man eine Beantwortung dieser Frage schwerlich entnehmen. Warum der tiefere der beiden Unterbrechungst\u00f6ne so viel st\u00e4rker sein soll, dafs man ihn allein und den anderen gar nicht h\u00f6rt, ist auch nicht einzusehen. Da ich von vornherein an der Richtigkeit der HermanNschen Erkl\u00e4rung zweifelte, habe ich eine experimentelle Pr\u00fcfung der Sache f\u00fcr notwendig gehalten.\nIch \u00f6ffnete in einer Reihe zw\u00f6lf L\u00f6cher, von denen je sechs die Ecken eines regul\u00e4ren Sechsecks bildeten. Die Lage der beiden Sechsecke war so, dafs eine Ecke des einen nicht genau gleichen Abstand von den beiden benachbarten des anderen hatte, sondern auf der Peripherie des umschriebenen Kreises um etwas mehr als den Durchmesser eines Loches aus der symmetrischen Lage verr\u00fcckt war. Man h\u00f6rte dann nicht etwa zwei T\u00f6ne, die dem weiteren und dem kleineren Abstande je zweier aufeinanderfolgenden L\u00f6cher entsprechen w\u00fcrden, oder den ersteren allein, weil er der tiefere ist (in diesem Palle","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinationst\u00f6ne.\n211\nfreilich w\u00fcrde dies Hermann auch schwerlich behaupten, da es sich ja hier um direkte Einwirkung auf die Resonatoren handelt); man vernimmt vielmehr den Ton 6 (multipliziert mit der Umdrehungszahl der Scheibe). Die objektive Luftwelle ist in diesem Falle dieselbe, als wenn zwei T\u00f6ne von gleicher H\u00f6he da w\u00e4ren, deren Phasenunterschied etwas weniger als eine halbe Wellenl\u00e4nge betr\u00e4gt. Dafs diese Welle in die beiden Sinuswellen zerlegt wird, best\u00e4tigt die Helmholtz sehe Resonatorenhypothese. Folgt man dagegen der von Hermann\nals m\u00f6glich angenommenen Resonatorentheorie, so m\u00fcfste man den Ton 12 h\u00f6ren, da ja nach Hermann der entsprechende Resonator auch dann erregt wird, wenn die Maxima der Wellenkurve nicht ganz genau gleichen Abstand haben; und in unserem Falle betr\u00e4gt die Abweichung von der Gleichheit nur sehr wenig. Ich habe diesen Versuch hier eingef\u00fcgt, weil er grofse \u00c4hnlichkeit hat mit den folgenden, obwohl er gegen Hermanns Annahme der beiden Unterbrechungst\u00f6ne noch nichts beweist. Denn die Unterbrechungst\u00f6ne entstehen nach Hermann durch die Schwankungen der Erregung einer Nervenzelle, w\u00e4hrend es sich hier darum handelt, zun\u00e4chst einmal einen Resonator zu erregen.\n14*","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212\nMax Meyer.\nIch stellte nun eine gr\u00f6fsere Zahl von Versuchen an, die alle das Charakteristische haben, dafs die Unterbrechungen eines Tones in abwechselnd kleinerem und gr\u00f6fserem Abstande erfolgen. In der nachstehenden Tabelle bedeuten die beiden ersten Zahlen die zwischen zwei verstopften befindlichen offenen L\u00f6cher. Die folgenden Zahlen sind die geh\u00f6rten T\u00f6ne (die Zahlen sind hierbei nat\u00fcrlich multipliziert zu denken mit der Anzahl der Wiederholungen der Periode in einer Sekunde).\n6,\t7 \u2014 2, 15.\n5,\t6 \u2014 2, 13. * 4, 5 \u2014 2, 11.\n3,\t6-2, 11.\n4,\t7 \u2014 2, 13.\n7,\t8 \u2014 2, 17.\n8,\t9 \u2014 2, 19.\n9,\t10\t\u2014\t2,\t21.\n10,\t11\t\u2014\t2,\t23.\n6,\t9\t\u2014\t2,\t17.\n7,\t10\t\u2014\t2,\t19.\n9,\t12\t\u2014\t2,\t23.\n5,\t12\t\u2014\tI,\t19. *\n3, 4 \u2014 1, 9.\n2,\t3-1, 7.\n1, 2-1, 5. 1, 3-1, 3.\n3,\t5-1, 10.\n4,\t6 \u2014 1, 12.\n5,\t7 \u2014 1, 14. 3, 9 \u2014 1, 14.\n6,\t15 \u2014 1, 23.\n2 etwas unbestimmt.\nSchw\u00e4cher noch andere T\u00f6ne.\nAufserdem mehrere andere tiefe T\u00f6ne.\n2 ist etwas unklar in der Tonh\u00f6he.\n2 war h\u00f6rbar, aber undeutlich und mit anderen T\u00f6nen vermischt.\n1 ziemlich schwach.\nAufserdem 6 schwach h\u00f6rbar.\n1 wenig deutlich, mit anderen T\u00f6nen vermischt.\nIn allen Versuchen war von den nach Hermann zu erwartenden beiden Unterbrechungst\u00f6nen nichts zu h\u00f6ren. Da nun ein wesentlicher Unterschied zwischen der Zahn- und der Lochsirene nicht besteht (ich habe wenigstens keinen solchen finden k\u00f6nnen), so glaube ich zu dem Schl\u00fcsse berechtigt zu sein, dafs die Annahme Hermanns falsch ist. Im allgemeinen zeigen die obigen Ergebnisse, dafs dort, wo der Abstand der Unterbrechungen nur wenig verschieden ist, der Ton 2, wo der Unterschied gr\u00f6fser ist, der Ton 1 entsteht. Beachtet man dies und namentlich auch den Pall **, so d\u00fcrfte man die Annahme f\u00fcr das wahrscheinlichste halten, dafs hier verwickelte Luftwellen","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"TJ ber Kombinationst\u00f6ne.\n213\nentstehen, die nach der HELMHOLTZschen Besonatorentheorie vom Ohre in Sinuswellen zerlegt werden. Ich glaube nicht, dafs die Behauptung berechtigt ist (es scheint mir freilich, als wenn gerade diese Hermanns Ansicht entspr\u00e4che), dafs wir es hier mit Intensit\u00e4tsschwankungen der dem Haupttone entsprechenden Nervenerregung zu thun haben, durch die der Unterbrechungston hervorgebracht w\u00fcrde. Die D\u00e4mpfung der schwingenden Teilchen im Ohre ist allerdings grofs genug, um Beizschwankungen erkl\u00e4rbar zu machen, da sonst nicht drei Luftwellen bereits eine Tonempfindung bewirken k\u00f6nnten. Gerade deshalb aber mufs man die von A. Mayer beobachteten betr\u00e4chtlichen Nachempfindungen nicht durch mechanische, sondern durch physiologische Nachwirkungen erkl\u00e4ren, und dann wiederum kann man schwerlich sagen, dafs nach sechs oder sieben gleich grofs en \u2014 zum Unterschiede von schwebenden T\u00f6nen \u2014 Beizungen der Ausfall einer solchen eine Intensit\u00e4tsschwankung der Nervenerregung hervorrufe.\nEtwas seltsam ging es bei dem Falle * zu. Als ich den Versuch zum ersten Male machte, fand ich \u2014 was auch Herr Prof. Stumpe best\u00e4tigte \u2014, dafs der tiefe Ton einen halben Ton zu hoch1 war, so dafs man die beiden T\u00f6ne als reine Duodezime - plus - Oktave h\u00f6rte. Doch war der tiefe Ton in diesem Falle nicht sehr klar ; er lag in der Kontra-, der h\u00f6here in der kleinen Oktave. Nahm man die T\u00f6ne dagegen h\u00f6her, so wurde der Ton 2 geh\u00f6rt. In dem ersten Falle der Tabelle, wo Hermann den tiefen Ton einen halben Ton zu tief h\u00f6rte, vernahm ich deutlich den Ton 2.\nHerr Prof. Hermann hatte nun die Liebensw\u00fcrdigkeit, die von ihm zu seinen Versuchen benutzte Zahnradsirene nebst den dazu geh\u00f6renden Kombinationsscheiben nach Berlin zu senden, so dafs ich die hier in Betracht kommenden Beobachtungen nachzupr\u00fcfen Gelegenheit hatte. Die dem physiologischen Institute der K\u00f6nigsberger Universit\u00e4t geh\u00f6rende Sirene ist ein handlicher, \u00e4ufserst leicht in Betrieb zu setzender und vorz\u00fcglich funktionierender Apparat, der freilich die nicht abzu\u00e4ndernde unangenehme Eigenschaft aller Zahnradsirenen (wenn auch in verh\u00e4ltnism\u00e4fsig noch ziemlich geringem Grade) hat, in der H\u00f6he kreischende, in der Tiefe schnatternde T\u00f6ne\n1 \u00c4hnliches hei Stumpf, Tonpsychologie. II. S. 397 f.","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"2X4\nMax Meyer.\nzu geben. leb kann alle von Herrn Prof. Hermann gemachten Beobachtungen an der Sirene durchaus best\u00e4tigen \u2014 mit nur einer Ausnahme. Bei den einfachen Unterbrechungen mit verschiedenem Abstande h\u00f6rte ich ohne jeden Zweifel den Tint erbrechungston nicht einen halben Ton zu tief, wie Hermann angegeben hatte, sondern die tiefere Oktave, wie es Pipping behauptet, und wie sie auch nach meinen Beobachtungen an der Lochsirene einzig und allein neben dem eigentlichen Unterbrechungston\u00a9 zu erwarten war. F\u00fcr die Richtigkeit meiner Beobachtung st\u00fctze ich mich auf Herrn Prof. Stumpe, ferner auf den mit sehr feinem Greh\u00f6r begabten und musikalisch hoch gebildeten Herrn cand. phil. Biedermann und den ebenfalls sehr musikalischen Herrn cand. phil Hennig. Yon Hermanns hypothetischen beiden Unterbrechungst\u00f6nen war keine Spur zu h\u00f6ren.\nIY. Einige theoretische Erw\u00e4gungen zur Erkl\u00e4rung\nder Differenzt\u00f6ne.\nVon den bisher aufgestellten Tontheorien sind in der Hauptsache nur drei zu ber\u00fccksichtigen, die von Helmholtz, Wundt und Hermann. Der Hauptsatz der UELMHOLTzschen Theorie, die Zerlegung jeder Welle in Sinusschwingungen durch Reso-natoren im Ohre, d\u00fcrfte schwerlich anzufechten sein und wird auch von Wundt und Hermann angenommen. F\u00fcr die Richtigkeit der HELMHOLTzschen Zerlegungshypothese haben wir auch in den obigen Untersuchungen mehrfache Best\u00e4tigungen gefunden. Dagegen vermag die HELMHOLTzsche Theorie die Differenzt\u00f6ne nicht zu erkl\u00e4ren. Dies hat Helmholtz selbst erkannt und deshalb zu seiner mathematischen Ableitung der Kombinationst\u00f6ne gegriffen, die aber, wie wir sahen, den Thatsachen nicht gen\u00fcgend entspricht. Wundt glaubt, die HELMHOLTzsche Hypothese ausreichend erg\u00e4nzt zu haben durch seine Annahme, dafs der A eus tiens stamm direkt durch Tonwellen erregbar sei. Nun soll (nach Wundt) bald durch Vermittelung der Resonatoren, bald durch direkte Erregung des Acusticus, bald durch beide gleichzeitig die Tonempfindung zu st\u00e4nde kommen. Die Differenzt\u00f6ne erkl\u00e4rt Wundt so, dafs durch die auf- und abschwankende Erregung des ganzen Nervenapparates ein der Zahl der Schwankungen entsprechender Ton zur Empfindung komme. Dafs diese Anschauung zu roh ist, um die in Ab-","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinationst\u00f6ne.\n215\nschnitt I und II znsammengestellten Erscheinungen zu erkl\u00e4ren , leuchtet wohl ein. Sie w\u00fcrde h\u00f6chstens erkl\u00e4ren, dafs man einen, nicht aber, dafs man mehrere Differenzt\u00f6ne gleichzeitig zu h\u00f6ren vermag. Dafs der Acusticusstamm direkt erregbar sei, schliefst Wundt in \u00dcbereinstimmung mit Scripture 1 daraus, dafs man Schwebungen zweier T\u00f6ne auch dann here, wenn monotisches H\u00f6ren ausgeschlossen sei, und daraus, dafs eine labyrinthlose Taube habe h\u00f6ren k\u00f6nnen. Dafs man bei je einohrigem H\u00f6ren Schwebungen bemerken k\u00f6nne, soll aus Scriptures Versuchen hervorgehen. Bernstein 2 hat mit Hecht dagegen den Einwand erhoben, \u201edafs, wenn auch der zum anderen Ohre \u00fcbergeleitete Ton an sich gar nicht mehr wahrgenommen wird, er doch im st\u00e4nde sein kann, mit dem anderen an der Schwelle der Empfindung liegenden Tone wahrnehmbare Schwebungen zu erzeugen\u201c. Wenn man Scriptures 1 2 3 4 5 ausdr\u00fcckliche Bemerkung liest, dafs bei seinen Versuchen Kopfknochenleitung ausgeschlossen zu sein scheine, so versteht mau es nicht, wie Scripture und Wundt aus diesem Scheine eine im \u00fcbrigen so unwahrscheinliche Folgerung ziehen konnten, wie die Annahme cerebraler Entstehung von Schwebungen. Dafs die labyrinthlose, zuerst von Ewald, dann von Wundt untersuchte Taube noch habe h\u00f6ren k\u00f6nnen, ist experimentell nicht mit hinreichender Sicherheit bewiesen4 und wird wideregt lurch die Beobachtung von Matte,5 dafs nach Entfernung des labyrinths einer Taube Degeneration des Acusticus ein-tritt. Die im K\u00f6nigsberger physiologischen Institute gemachten Untersuchungen6 deuten darauf hin, dafs die wirklich beobachteten Heaktionen der Taube nicht auf Schall-, sondern .auf taktile Empfindungen zur\u00fcckzuleiten sind. Wundts Tontheorie f\u00fchrt ms also nicht zum Ziele.\nHermann glaubte, f\u00fcr die Differenzt\u00f6ne in seiner Mitteltontheorie eine gen\u00fcgende Erkl\u00e4rung gefunden zu haben. Hier ist die erste Schwierigkeit, dafs man von dem Mitteltone schlechterdings nichts h\u00f6ren kann, obwohl man in der Intensit\u00e4t\n1\tWuidt, Phil. Stud. VIII.\n2\tPfligers Arch. 57. S. 486.\n3\tPhil. Stud. VIII. S. 640.\n4\tBekn;tein, Pfl\u00fcgers Arch. 57 und 61.\n5\tPf lui ers Arch. 57.\n6\tPfl\u00fcgers Arch. 61. S. 214.","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216\nMax Meyer.\nschwankende (schwebende) T\u00f6ne viel leichter h\u00f6ren kann, als kontinuierliche, und diese Eigenschaft beim Mitteltone vorliegt. Aber es zeigen sich noch viel mehr Schwierigkeiten. Der Mittelton erregt nach Hermann die entsprechende Z\u00e4hlzelle. Da die Erregung aber schwankend ist, so wird nach Hermann auch die der Zahl der Schwankungen entsprechende Z\u00e4hlzelle erregt, und der Differenzton kommt zu st\u00e4nde. Auf eine sehr wichtige Frage, die sich hier sofort aufdr\u00e4ngt, giebt nur leider Hermanns Theorie keine Antwort: Dafs ein Differenzton mit einem anderen oder mit einem objektiven Tone schweben urd wieder einen neuen Differenzton erzeugen kann, daf\u00fcr hat diese Theorie keine Erkl\u00e4rung. Hier ist keine in der Intensit\u00e4t der Erregung schwankende Mitteltonzelle vorhanden. Der einzige Ausweg w\u00e4re die Annahme, dafs die Z\u00e4hlzellen nicht nur durch T\u00f6ne von bestimmter Schwingungszahl erregbar seien, sondern auch durch solche, die bis zu einer Quarte h\u00f6her oier tiefer sind, so dafs dann eine neue schwankende Erregung entstehen k\u00f6nnte. Dann k\u00f6nnte man diese Zellen freilich kaum noch Z\u00e4hl zellen nennen und ihnen eine spezifische Energie in dem Sinne zuweisen, dafs sie sich an die ihrem Resonator entsprechende Zahl von Schwingungen gew\u00f6hnt h\u00e4tten. Mir scheint Hermanns Theorie keine ausreichende Erkl\u00e4rung der Thatsachen abzugeben.\nVielleicht kommen wir etwas weiter, wenn wir es mit einer Zerlegung der resultierenden Tonwelle versuchen. Ich will hier ausdr\u00fccklich bemerken, dafs es sich zun\u00e4chst nur um ein Schema und um Definitionen handelt, die wir dann sp\u00e4ter auf die physiologischen Vorg\u00e4nge anzuwenden versuchen verden. F\u00fcr die Zerlegung einer Tonwelle gelte folgende Regel,\nMan suche die kleinste zwischen einem benachbarte! Maximum und Minimum (oder Minimum und Maximum; eine bestimmte Reihenfolge ist dabei nicht zu ber\u00fccksichtigen) bestehende Ordinatendifferenz und schneide von der Spitze eines jeden Maximums und Minimums der Kurve die H\u00e4lfte dieser Differenz ab. Je ein h\u00f6her und ein darauffolgendes, defer gelegenes, abgeschnittenes St\u00fcck bezeichnen wir zusanmen als eine Schwingung. Die halbe Ordinatendifferenz betrachten wir als Mafs der Tonst\u00e4rke.\nNachdem wir dies mit der urspr\u00fcnglichen Xurve vorgenommen haben, bleibt eine neue \u00fcbrig, die einjge Maxima","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinationst\u00f6ne.\n217\nnnd Minima weniger li\u00e2t und an einigen Stellen der Abscissen-axe parallel verl\u00e4uft, was wir jedocb als ein unendlich kleines Auf- oder Absteigen ansehen k\u00f6nnen. Auf diese neue Kurve wenden wir dieselbe Zerlegungsregel an u. s. w., bis die Kurve auf eine gerade Linie (die Abscissenaxe) zur\u00fcckgef\u00fchrt ist.\nIch will nun spezielle F\u00e4lle dieser Zerlegungsart er\u00f6rtern. In Figur 1 haben wir eine Kurve, die zusammengesetzt ist aus den Komponenten 2 und 3. Letztere beiden haben gleich grofse Amplitude. Sie sind gezeichnet als Sinusschwingungen. Die Tonst\u00e4rke jeder Komponente nehmen wir nach unserer Definition gleich einem und demselben Zahlenwerte unter Zugrundelegung einer willk\u00fcrlichen Mafseinheit, und zwar gleich 20. Die kleinste Ordinatendifferenz ist die zwischen den Punkten 12 und 14 der resultierenden Kurve. Die H\u00e4lfte dieser Differenz schneiden wir nun von den Spitzen s\u00e4mtlicher Maxima und Minima ab. Die abgeschnittenen St\u00fccke (3, 4, 5) und (8, 9, 10) ergeben die erste, (11, 12, 13) und (13, 14, 15) die zweite, (16, 17, 18) und (21, 22, 23) die dritte Schwingung. Die St\u00e4rke des Tones 3 ist etwa gleich 4. Die \u00fcbrigbleibeude Kurve hat folgenden Verlauf: 1, 2, 3, dann der Abscissenaxe parallel bis 5, dann weiter \u00fcber 6, 7, 8, der Abscissenaxe parallel bis 10, weiter \u00fcber 11, 13, 15, 16, 18, 19, 20, 21, 23, 24, 25. Die kleinste Ordinatendifferenz dieser Kurve ist die zwischen (8, 10) und (16, 18). Die abgeschnittenen St\u00fccke (2, 3, 5, 6) und (7, 8, 10, 11) bilden die erste, (15, 16, 18, 19) und (20, 21, 23, 24) die zweite Schwingung. Die St\u00e4rke des Tones 2 ist ungef\u00e4hr gleich 18. Die \u00fcbrigbleibende Kurve verl\u00e4uft \u00fcber 1, 2, 6, 7, dann die Abscissenaxe entlang bis 19, weiter \u00fcber 20, 24, 25. Nach Abschneiden der halben Ordinatendifferenz ist die ganze Kurve auf eine Gerade zur\u00fcckgef\u00fchrt. Die abgeschnittenen St\u00fccke (1, 2, 6, 7) und (19, 20, 24, 25) ergeben eine Schwingung. Die St\u00e4rke des Tones 1 ist 16. Die St\u00e4rke des Gesamtklanges erhalten wir durch Summation der St\u00e4rken der einzelnen T\u00f6ne, aus denen sich der Klang zusammengesetzt (sc. nach der Zerlegung). Sie ist gleich 4 -f- 18 -f~ 16 = 38.\nSoweit handelte es sich nur um Definitionen mathematischer Gr\u00f6fsen. Es fragt sich nun, wie diese Definitionen mit den Erfahrungsthatsachen der physiologischen Akustik \u00fcbereinstimmen. Wenn zu einem Tone ein anderer von gleicher Empfindungsst\u00e4rke hinzukommt, so haben wir durchaus nicht den","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"218\nMax Meyer,\n(on e az) *1","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber Kombinationst\u00f6ne,\n219\nCi Ci cy cy\n*<J CQ 0} Ci)\n**5 So 9*. Oy *0 CQ\n? ^\n11\n^\t1153\n*0 <0\t1 4 7\n^ ^ \u00a3 \u00a7\n^\u25a0|IJ\n-s\t^\t^\n^\tcy\t\u00c7}\tCo\t*-\nt\t^\tv_\t^\t3\n-\u00ab*\u00a7 JS|i\nSchwebungs-'1S-Z7.","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220\nMax Meyer.\nEindruck einer doppelten St\u00e4rke des Empfindungsganzen gegen\u00fcber dem ersten Tone allein. Stumpf1 meint sogar in Bezug auf einen speziellen Fall: \u201eDas Hinzukommen anderer, selbst einer grofsen Zahl anderer T\u00f6ne bedingt keine Verst\u00e4rkung des Empfindungsganzen. \u201c Unserer Definition entsprechend w\u00fcrden wir in unserem Falle eine Gfesamtst\u00e4rke von 38 statt 40 haben. Der Ton 3, der f\u00fcr sich allein die St\u00e4rke 20 hat, beh\u00e4lt im Zusammenklange nur die St\u00e4rke 4, der Ton 2 statt 20 die St\u00e4rke 18. Dafs gleichzeitig erklingende T\u00f6ne sich gegenseitig schw\u00e4chen, ist allgemein zu beobachten. \u201eManches scheint daf\u00fcr zu sprechen, dafs tiefere weniger durch h\u00f6here benachteiligt werden, als umgekehrt\u201c,2 was mit unserer Ableitung \u00fcbereinstimmt. Schliefslich erhielten wir noch einen Ton, der objektiv gar nicht hervorgebracht wurde. Dies ist der in solchem Falle stets vernehmbare Differenzton. Hach der Definition hat er die St\u00e4rke 16. Soweit man sich auf den subjektiven Eindruck verlassen kann, steht unsere Ableitung auch in dieser Beziehung durchaus mit den That Sachen im Einkl\u00e4nge.\nZerlegen wir nun auf dieselbe Weise die Kurve der Fig. 2. Ihre Komponenten sind die Tonwellen 5 und 8. Beide haben f\u00fcr sich allein die St\u00e4rke 20. Die kleinste Ordinatendifferenz der Resultante ist die der Punkte 13 und 15, oder 36 und 38, oder 59 und 61. Diese drei Differenzen sind in diesem Falle zuf\u00e4llig gleich grofis. Die H\u00e4lfte der Differenz schneiden wir nun \u00fcberall ab. Die abgeschnittenen St\u00fccke (3, 4, 5) und (9, 10, 11) bilden die erste Schwingung, (12, 13, 14) und (14, 15, 16) die zweite, (19, 20, 21) und (26, 27, 28) die dritte, (32, 33, 34) und (35, 36, 37) die vierte, (37, 38, 39) und (40, 41, 42) die f\u00fcnfte,\t(46, 47, 48) und (53, 54,\t55)\tdie\tsechste, (58, 59, 60)\nund (60, 61, 62) die siebente, (63, 64, 65) und (69, 70, 71) die achte Schwingung. Die St\u00e4rke des Tones 8 ist 7. Die \u00fcbrigbleibende Kurve verl\u00e4uft \u00fcber folgende Punkte: 1, 2, 3, 5, 6, 7, 8, 9, 11, 12, 14, 16, 17, 18, 19, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 28, 29, 30,\t31, 32, 34, 35, 37, 39, 40,\t42,\t43,\t44, 45, 46, 48, 49, 50,\n51, 52,\t53, 55, 56, 57, 58, 60, 62,\t63,\t65,\t66, 67, 68, 69, 71, 72,\n73. Die kleinste Ordinatendifferenz ist die zwischen (9, 11) und (19, 21). Sie ist hier zuf\u00e4llig gleich grofs, wie die zwischen\n1\tT\u00f4npsychologie. II. 425.\n2\tStumpf. II. 421.","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber Kombinationst\u00f6ne.\n221\n(32, 34) und (40, 42) und die zwischen (53, 55) und (63, 65). Wir schneiden nun wieder von allen Gipfeln und Th\u00e4lern die H\u00e4lfte davon ab. Die abgeschnittenen St\u00fccke (2, 3, 5, 6) und (7, 8, 9, 11, 12, 14, 16, 17, 18) ergeben die erste, (18, 19, 21, 22) und (25, 26, 28, 29) die zweite, (31, 32, 34, 35) und (39, 40, 42, 43) die dritte, (45, 46, 48, 49) und (52, 53, 55, 56) die vierte, (56, 57, 58, 60, 62, 63, 65, 66, 67) und (68, 69, 71, 72) die f\u00fcnfte Schwingung. Die St\u00e4rke des Tones 5 ist 17, Wieder sehen wir hier die \u00dcbereinstimmung mit der Thatsache, dafs beim Zusammenklange der tiefere Ton (17 statt 20) weniger beeintr\u00e4chtigt wird, als der h\u00f6here (7 statt 20). Die jetzt \u00fcbrigbleibende Kurve verl\u00e4uft \u00fcber die Punkte 1, 2, 6, 7, 18, 22, 23, 24, 25, 29, 30, 31, 35, 37, 39, 43, 44, 45, 49, 50, 51, 52, 56, 67, 68, 72, 73. Die kleinste Differenz ist die zwischen (2, 6) und (68, 72).\t(2, 6) und (68, 72) sind nat\u00fcrlich benachbart,\nweil sich die Perioden ja wiederholen. Die abgeschnittenen St\u00fccke (1, 2, 6, 7, 18, 22, 23) und (24, 25, 29, 30) ergeben die erste Schwingung, (44, 45, 49, 50) und (51, 52, 56, 67, 68, 72, 73) die zweite. Die St\u00e4rke des Tones 2 betr\u00e4gt 11. Aber bei dieser Zerlegungsart kommt der Differenzton 8 \u2014 5 = 3 gar nicht heraus?! Dies spricht jedoch durchaus nicht gegen die hier angewandte Zerlegung, sondern vielmehr daf\u00fcr. Denn man h\u00f6rt ja, wie oben erw\u00e4hnt, wenn die T\u00f6ne 5 und 8, isoliert genommen, ungef\u00e4hr gleich stark ert\u00f6nen, nur sehr schwach den Differenzton 3, dagegen sehr laut und deutlich 2. Mit der Ausdrucks weise, dafs das Ohr jede Periodik als Ton empfinde, ist hier gar nichts zu machen; denn was haben die Zahlen 5 und 8 mit einer Periodik 2 zu thun? Die noch \u00fcbrig gebliebenen St\u00fccke unserer Kurve (43, 44, 50, 51) und (23, 24, 30, 31) geben den Ton 1 mit der St\u00e4rke 4. Dieser ist zwar schwer herauszuh\u00f6ren wegen seiner Schw\u00e4che und der Verschmelzung mit 2. Doch hat der Ton 2 einen sehr tiefen, brummenden Charakter, was auf das Yorhandensein der Tonempfindung 1 hindeutet.\nWir k\u00f6nnen jetzt noch etwas n\u00e4her auf den fr\u00fcher besprochenen Fall eingeh en, dafs wir die Stimmgabelt\u00f6ne 5 und 8 jeden f\u00fcr sich in der St\u00e4rke variieren. Wir hatten gefunden, dafs, wenn 5 st\u00e4rker ert\u00f6nte, der Differenzton 2, wenn die Gabel 8 st\u00e4rker ert\u00f6nte, der Differenzton 3 sich am meisten bemerkbar machte. Ich habe nun auch eine Kurve konstruiert,","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222\nMax Meyer.\nbei der die Komponente 8 eine sehr viel gr\u00f6fsere Amplitude bat, als 5. Jedoch ergab sich bei der Zerlegung ein Ton 3 von so geringer St\u00e4rke, dafs ich ihn nicht auf diesem Wege erkl\u00e4ren zu k\u00f6nnen glaube. Ich m\u00fcfste daher annehmen, dafs 3 bei 5 und 8 auf dieselbe Weise entsteht, wie die im Fr\u00fcheren erw\u00e4hnten Summationst\u00f6ne bei Stimmgabeln, n\u00e4mlich im Trommelfell, entsprechend der \u00dcELMHOLTZschen Ableitung. Dann m\u00fcfste nun auch der Summationston 13 entstehen, und ich konnte diesen Ton in der That, wenn auch nicht mit v\u00f6lliger Sicherheit einfach heraush\u00f6ren, so doch durch Schwebungen mit einer \u00e4hnlich gestimmten Gabel ohne jeden Zweifel nach\u201c weisen. Indessen halte ich es f\u00fcr wahrscheinlicher, dafs wir es hier mit einer ausf\u00fcllbaren L\u00fccke meiner theoretischen Voraussetzungen zu thun haben, die ich bis jetzt allerdings nicht auszuf\u00fcllen weifs. Vielleicht w\u00fcrde eine analytische Untersuchung der Kurve zum Ziele f\u00fchren.\nIn Figur 3 haben wir eine Kurve, die aus drei gleich starken Komponenten zusammengesetzt ist.1 Dafs der Ton 5 hier bei der Zerlegung gar nicht herauskommt, k\u00f6nnte zun\u00e4chst widerspruchsvoll erscheinen. Es wird sich jedoch bei der Anwendung auf die im Ohre m\u00f6glichen Vorg\u00e4nge zeigen, dafs diese, sowie andere aus den Intensit\u00e4tsVerh\u00e4ltnissen erwachsende Schwierig\u201c keiten von selbst verschwinden.\nDafs in dieser Klangmasse (5, 8 und 10 in gleichen Tonst\u00e4rken) der Differenzton 3 sehr stark auftritt, davon kann man sich durch einen Versuch leicht \u00fcberzeugen. Ich habe auch diesen Fall nicht unvereinbar mit den Thatsachen finden k\u00f6nnen.\nFigur 5 zeigt eine aus den T\u00f6nen 3 und 8 zusammengesetzte Resultante. Wir sehen auch hier, dafs der h\u00f6here Ton (10 statt 20) beim Zusammenklange mehr geschw\u00e4cht wird als der tiefere (18 statt 20). Die aus der Zerlegung hervorgehenden Differenzt\u00f6ne sind 5, 2 und 1, die man auch wirklich h\u00f6ren kann. Wie schon erw\u00e4hnt, sind Differenzt\u00f6ne bei einem Intervall der Prim\u00e4rt\u00f6ne, das gr\u00f6fser ist als eine Oktave, stets sehr schwach. Dies steht vollkommen im Einkl\u00e4nge mit den Ergebnissen unserer Zerlegung. Bei dieser erhalten wir f\u00fcr den Ton 5 die\n1 Die rechts von den Kurven stehenden Zahlen bedeuten die T\u00f6ne (\u00fcber dem Strich die Komponenten, darunter die bei der Zerlegung entstehenden), die eingeklammerten Zahlen die relativen Intensit\u00e4ten.","page":222},{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinationst\u00f6ne.\n223\nSt\u00e4rke 3; f\u00fcr 2 die St\u00e4rke 5, w\u00e4hrend die Prim\u00e4rt\u00f6ne verh\u00e4ltnis-m\u00e4fsig recht stark geblieben sind. Eine Resultante, deren Komponenten um mehr als eine Oktave auseinanderliegen, zeigt uns auch Figur 4. Bei den Prim\u00e4rt\u00f6nen 4 und 9 ist der -Differenzton 5 bisher noch von keinem Beobachter sicher geh\u00f6rt worden. Bei der Zerlegung der Kurve kommt nun der Ton 5 auch gar nicht heraus, wohl aber der Ton 1; und dieser wird in der That auch bei den Prim\u00e4rt\u00f6nen 4 und 9 geh\u00f6rt.\nDie Kurve in Figur 6 ist zusammengesetzt aus 20 und 23. Bei der Zerlegung erhalten wir den Ton 23 mit der St\u00e4rke 2 und den Ton 20 mit der St\u00e4rke 6. F\u00fcr die weitere Zerlegung ist, um die Kurven nicht un\u00fcbersichtlich zu machen, hier, wie in Figur 7, die Schraffierung nicht vollkommen, sondern nur so weit durchgef\u00fchrt, als es unbedingt n\u00f6tig war, um die Zerlegung \u00fcberhaupt vornehmen zu k\u00f6nnen. Diese selbst wird jedoch dadurch nicht beinflufst. Wenn nun nach Abtrennung der den T\u00f6nen 23 und 20 entsprechenden St\u00fccke von der \u00fcbrigbleibenden Kurve von neuem der Regel nach St\u00fccke abgeschnitten werden, so zeigt sich, dais an drei Stellen der Periode eine unverh\u00e4ltnism\u00e4fsig grofse Unterbrechung stattfindet, so dafs wir kein Recht zu der Annahme haben, dafs wirklich ein der Zahl der Schwingungen in der ganzen Periode entsprechender Ton entstehen m\u00fcsse. Wohl aber wird innerhalb einer jeden der drei Teilperioden ein Ton entstehen, da die darin enthaltene Anzahl von Schwingungen unseren experimentellen Ergebnissen nach zur Erzeugung einer Tonempfindung durchaus hinreichend ist. Wenn wir ber\u00fccksichtigen, dafs die zeitliche Aufeinanderfolge etwas schneller als die der regelm\u00e4fsigen Schwingungen des Tones 20 und langsamer als die von 23 ist, so k\u00f6nnen wir annehmen, dafs dreimal innerhalb der ganzen Periode ein zwischenliegender Ton auftaucht und wieder verschwindet. Die n\u00e4chsten der Regel nach ausgef\u00fchrten Abtrennungen ergeben nur eine Verst\u00e4rkung dieses Zwischentones jedesmal in der Mitte seines zeitlichen Vorhandenseins. Alle abgeschnittenen, diesen Zwischenton erzeugenden St\u00fccke sind daher in der Zeichnung gleichm\u00e4fsig schraffiert. Wir m\u00fcfsten also hiernach neben den T\u00f6nen 20 und 23 einen dreimal innerhalb der Periode in seiner Intensit\u00e4t schwankenden Zwischenton h\u00f6ren. Dies ist nun auch in der That der Fall. Das Maximum der","page":223},{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"22 4\nMax Meyer.\nSt\u00e4rke dieses Zwischen- oder Schwebungstones w\u00fcrde sich ans der Zeichnung gleich 25 ergeben.\nDa nun nach den obigen experimentellen Feststellungen zwei und auch selbst drei Schwingungen keine oder doch nur eine sehr unvollkommene Tonempfindung liefern, so ist anzunehmen, dafs diese Schwingungen dieselbe \"Wirkung wie eine einzige haben. Wir w\u00fcrden also in der Mitte jeder der drei Teilperioden eine, zwei oder drei der Zerlegung nach sich entsprechende Schwingungen1 als je eine Schwingung in Rechnung bringen, die den Ton 3 erzeugen w\u00fcrde. Dies entspricht nun vollkommen den objektiven Thatsachen, denn man h\u00f6rt wirklich neben den Schwebungen auch noch den entsprechenden Differenzton. Seine St\u00e4rke ist der Zeichnung nach gleich 5.\nDie Kurve in Figur 7 enth\u00e4lt aufser den Komponenten 20 und 23 mit einer St\u00e4rke von je 20 auch noch 4 mit der St\u00e4rke 10. Die Zerlegung der Kurve ergiebt die T\u00f6ne 23 mit der St\u00e4rke 1 und 20 mit der St\u00e4rke 6. Das St\u00e4rkemaximum des zwischen 20 und 23 liegenden Schwebungstones ist 27. Der Ton 4 kommt gar nicht heraus. Wenn man in Bezug hierauf den Einwand machen wollte, dafs er im Zusammenklange in Wirklichkeit doch nicht leicht g\u00e4nzlich verschwindet, so k\u00f6nnen wir dem zun\u00e4chst freilich nicht entgegen treten. Wir werden aber bald sehen, dafs diese Schwierigkeit sich beseitigen l\u00e4fst. Der Differenzton 3 erh\u00e4lt nur die St\u00e4rke 2. Neu erscheint hier der Differenzton 1 mit der St\u00e4rke 12. Dieser Ton wird auch thats\u00e4chlich in diesem Falle laut geh\u00f6rt. In der bisher gebr\u00e4uchlichen Ausdrucksweise m\u00fcfste man sagen, der Differenzton 3 erzeugt mit dem objektiven Tone 4 den sekund\u00e4ren Differenzton 1, was seine Schwierigkeiten hat, weil nicht recht einzusehen ist, wie der objektiv gar nicht existierende Differenzton 3 einen neuen erzeugen solle. Nach der hier angewandten Zerlegung ergiebt sich der Differenzton 1 sehr einfach aus der Gestalt der zusammengesetzten Kurve.\nWir h\u00e4tten somit einen Weg gefunden, das Heraush\u00f6ren der Teilt\u00f6ne aus einem zusammengesetzten Klange, den Zwischen-\n1 Bei der Zerlegung wird die Zahl der den Zwisehenton verst\u00e4rkenden Schwingungen bei jeder neuen Abtrennung kleiner, bis nur 3, 2 und schliefslick nur eine \u00fcbrig bleiben.","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinations t\u00f6ne.\n225\nton bei kleinen Intervallen, Schwebungen, sowie Differenzt\u00f6ne beliebig hoher Ordnung \u2014 alles aus einem und demselben Prinzip \u2014 herzuleiten, ohne dafs wir die Hypothese machen m\u00fcfsten, dafs die resultierende Klangwelle im Ohre durch ^Resonatoren zerlegt werde (wir kommen jedoch hierauf noch einmal zur\u00fcck), durch die zwar die Zerlegung des Klanges in seine Teilt\u00f6ne, auch wohl prim\u00e4re Schwebungen und unter gewissen Voraussetzungen auch der Zwischenton,1 nicht aber die anderen akustischen Erscheinungen erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnen. Die hier zur Anwendung gebrachte neue Zerlegung w\u00fcrde aber bei aller \u00dcbereinstimmung mit den thats\u00e4chlichen Verh\u00e4ltnissen nicht viel mehr als eine geometrische Spielerei sein, wenn wir nicht auch die physikalische M\u00f6glichkeit einer derartigen Zerlegung nachweisen k\u00f6nnten. Dieser Nachweis nun ist ohne besondere Schwierigkeit zu fuhren.\nDenken wir uns ein unvollkommen elastisches St\u00e4bchen, das an einem Ende befestigt sei und am anderen Ende einer unserer Kurven gem\u00e4fs hin und her gef\u00fchrt werde ; dann werden die entsprechenden Wellen in dem St\u00e4bchen fortschreiten, aber infolge der unvollkommenen Elastizit\u00e4t ged\u00e4mpft werden und schliefslich verschwinden. Die Elastizit\u00e4t des St\u00e4bchens soll so beschaffen sein, dafs die Strecke vom freien Ende bis zu dem Punkte, an dem eine Welle verschwunden ist (genauer gesagt: auf eine nicht mehr in Betracht kommende Gr\u00f6fse herabgesunken ist), proportional ist der urspr\u00fcnglichen H\u00f6he der Welle. Unter dieser Voraussetzung wird sich der \u00fcberhaupt schwingende Teil des St\u00e4bchens in so viele Teile zerlegen, als wir bei unserer Zerlegung der Kurve T\u00f6ne erhielten. Die L\u00e4ngen dieser einzelnen Teile werden den Gr\u00f6fsen entsprechen, die wir als Mafs der Tonst\u00e4rken definiert haben, die Zahl ihrer Hin- und Herbewegungen den Schwingungszahlen der bei der Kurveuzerlegung sich ergebenden T\u00f6ne; und zwar wird der zun\u00e4chst am freien Ende befindliche St\u00e4bchenteil die meisten, der am weitesten davon entfernte die wenigsten \u2022Schwingungen machen.\nMan kann sich einen \u00e4hnlichen Vorgang folgendermafsen anschaulich machen. Wir verbinden eine Anzahl von Gliedern durch Gelenke und machen das eine Endglied irgendwo fest.\n1 Stumpf, Tonpsychologie II, S. 484. Zeitschrift f\u00fcr Psychologie XI.\n15","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226\nMax Meyer.\nDie Gelenke sind so eingerichtet, dafs sie nur eine Drehung um einen bestimmten kleinen Winkel gestatten. Ferner ist die Reibung in dem letzten Gelenke am freien Ende der Gliederreihe am kleinsten und nimmt zu, bis sie bei dem Gelenke am befestigten Ende ihren gr\u00f6fsten Wert erreicht. Ziehen wir nun das freie Ende etwas nach seitw\u00e4rts, so wird sich zun\u00e4chst das \u00e4ufserste Glied um sein Gelenk drehen, bis der Grenzwinkel erreicht ist. Alsdann wird es das n\u00e4chste Glied mit sich ziehen u. s. w. Die neben Figur 1 gezeichneten Strich\u00a9 sollen uns eine schematische Darstellung der Bewegungsart geben, wenn das freie Ende der Kurve in Figur 1 entsprechend hin und her gef\u00fchrt wird. Eine Abw\u00e4rtsbewegung auf der Kurve soll gleichkommen einer Bewegung des freien Endes nach rechts, eine Abw\u00e4rtsbewegung einer solchen nach links. Beim Punkte 4 der Kurve wird ein bestimmter Teil der Gliederreihe (in der Figur sind nur die drei Einzelst\u00fccke davon, und zwar immer gerade gezeichnet) nach rechts hin gebogen sein. Bei 5 ist das \u00e4ufserste St\u00fcck davon wieder nach links gebogen. Wir bezeichnen es mit I. Der Rest zerlegt sich in zwei St\u00fccke, die wir mit II und III bezeichnen. Bei 6 ist auch II wieder zur\u00fcckgebogen. Bei 9 hat III die urspr\u00fcngliche Lage wieder erreicht. Bei 10 wird I allein nach rechts gebogen u. s. w. Auf 3' folgt wieder 4, so dafs der ganze Vorgang periodisch verl\u00e4uft. Sehen wir uns nun die Bewegung an, so finden wir, dafs I w\u00e4hrend der Periode dreimal, II zweimal und III einmal hin und her gegangen ist. Wir erhalten also f\u00fcr jeden aus unserer Zerlegung sich ergebenden Ton einen besonderen hin und her sich bewegenden Teil der Gliederreihe.\nWir k\u00f6nnen uns nun die einzelnen Teile des vorausgesetzten St\u00e4bchens mit nerv\u00f6sen Endorganen verbunden denken, und zwar gleiche L\u00e4ngen mit einer gleichen Anzahl von Ganglienzellen. Ferner k\u00f6nnen wir uns vorstellen, dafs bei einer Reizung der Zelle eine chemische Zersetzung bewirkt wird, die qualitativ abh\u00e4ngig ist von der Zahl der in der Zeiteinheit erfolgenden Reizungen, so dafs verschiedenen T\u00f6nen verschiedene chemische Prozesse entspr\u00e4chen. Die Quantit\u00e4t der Zersetzung und damit die Intensit\u00e4t der Tonempfindung k\u00f6nnte abh\u00e4ngig sein von der Zahl der gereizten Nervenzellen. Nehmen wir dann an, wie es A. Mayer f\u00fcr das Wahrscheinlichste h\u00e4lt, dafs bei den Tonempfindungen die Empfindungsintensit\u00e4t proportional dem","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinationst\u00f6ne.\n227\nReize w\u00e4chst, so w\u00fcrden die unserer Definition entsprechenden Tonst\u00e4rken, wie sie sich bei der Zerlegung der Kurve heraussteilen, direkt als Mafs der Empfindungsst\u00e4rke gelten k\u00f6nnen. Man kann jedoch auch ein anderes Gesetz der Abh\u00e4ngigkeit zwischen Reiz und Empfindung annehmen; mit unserer Zerlegung hat das gar nichts zu thun. Mit einer spezifischen Energie der einzelnen Nervenendigungen sind die hier gemachten Annahmen freilich unvereinbar.\nEs fragt sich nun, ob wir im Ohre Organe haben, denen man die Funktion unseres St\u00e4bchens zuschreiben k\u00f6nnte. Dabei k\u00e4men wohl nur die CoRTischen B\u00f6gen in Betracht, die sich bekanntlich durch eine gewisse Festigkeit vor den anderen, weicheren Teilen des eigentlichen Geh\u00f6rorganes auszeichnen. Vielleicht k\u00f6nnte man annehmen, dafs der eine Pfeiler eines jeden Bogens nur dazu dient, um die Schwingungen der Basilar-membran direkt auf das Ende des anderen Pfeilers zu \u00fcbertragen, in dem dann die Wellen, wie wir es vorausgesetzt haben, mit starker D\u00e4mpfung fortschreiten w\u00fcrden. Hierbei ist vorausgesetzt, dafs eine objektive Klangwelle die ganze Membran nach Art dieser Klangwelle in Bewegung versetzt, und dafs die Zerlegung der Gesamtwelle dann nicht nur durch ein St\u00e4bchen, sondern durch s\u00e4mtliche CoRTische B\u00f6gen ausgef\u00fchrt wird. Bei der so sehr starken D\u00e4mpfung der Membran kann man es sich gar nicht anders vorstellen, als dafs durch jede Klangwelle die ganze Membran in Bewegung versetzt wird. Daneben aber ist es nicht unm\u00f6glich, dafs die einzelnen Teile der Membran auf bestimmte T\u00f6ne in Eigenschwingungen mitschwingen. Darauf deutet schon die verschiedene Breite der Membran an verschiedenen Stellen hin. Wir w\u00fcrden dann f\u00fcr die einzelnen T\u00f6ne eines Zusammenklanges an den entsprechenden Stellen der Membran Schwingungsmaxima anzunehmen haben, w\u00e4hrend nach Helmholtz nur diese Stellen \u00fcberhaupt schwingen. Denken wir uns z. B., die einwirkende Luftwelle habe die Bildung von Figur 3, so w\u00fcrden die Bewegungen der Membran dieser Kurve vollst\u00e4ndig entsprechen mit Ausnahme von den drei Stellen, wo die Membran f\u00fcr die T\u00f6ne 5, 8 und 10 Schwingungsmaxima besitzt. In der N\u00e4he dieser Stellen mufs die Membran Bewegungen machen, die nur wenig abweichen von den Schwingungen, die den Einzelt\u00f6nen zukommen. Wir k\u00f6nnen daher nicht direkt von der Kurve der Luft wellen auf die Beschaffen-\n15*","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228\nMax Meyer.\nheit und die St\u00e4rke der Tonempfindungen schliefsen, sondern m\u00fcssen die Kurve der Membranbewegung f\u00fcr jede einzelne Stelle der Membran zerlegen und die Einzelergebnisse summieren. Dann f\u00e4llt selbstverst\u00e4ndlich der Ton 5 bei dem Zusammenklange 5, 8, 10 nicht aus. Auf diese Weise erledigen sich auch sehr einfach die \u00fcbrigen Schwierigkeiten in betreff der Intensit\u00e4tsverh\u00e4ltnisse, wie bei Figur 7 der Ausfall des Tones 4.\nGegen diesen Yersuch, das Zustandekommen der Tonempfindungen zu erkl\u00e4ren, k\u00f6nnte man vielleicht gewisse pathologische Vorkommnisse geltend machen, namentlich das Doppelth\u00f6ren. Diese Erscheinungen lassen sich auf Grund der HELMHOLTZschen Theorie1 ganz gut, aber doch nicht ganz einwandfrei deuten, wie die F\u00e4lle zeigen, in denen ein Ton bei Knochenleitung richtig, hei Luftleitung verstimmt geh\u00f6rt wurde.2 Man kann diese pathologischen Erscheinungen weder als einen strengen Beweis f\u00fcr die Richtigkeit der HELMHOLTZschen Hypothese noch als unvereinbar mit den hier entwickelten Voraussetzungen ansehen.\nWir sind somit wieder zu der alten Theorie von dem Einfl\u00fcsse der Kurvengestalt auf unsere Geh\u00f6rsempfindungen zur\u00fcckgekehrt. Aber es ist doch ein sehr wesentlicher Unterschied zwischen der hier angenommenen Hypothese und jener alten Theorie. Diese stellte die rein spekulative Behauptung auf, das Ohr habe eine Einsicht in die Form der Tonwelle, was ebenso grundlos ist, wie die andere, ebenfalls oft ausgesprochene Behauptung, die Konsonanzen w\u00fcrden deshalb als angenehm klingend empfunden, weil die Seele die einfachen Verh\u00e4ltnisse der Schwingungszahlen der T\u00f6ne erkenne und ihre Freude daran habe. Hier ist gezeigt worden, dafs unter Voraussetzung eines gewissen einfachen, rein mechanisch wirkenden Apparates im Ohre der Gestalt der Kurve der Schwingung ein Einflufs zugeschrieben, und dafs auf diese Weise f\u00fcr eine Anzahl wichtiger akustischer Thatsachen m\u00f6glicherweise eine Erkl\u00e4rung gewonnen werden kann, nach der man unter Voraussetzung der bisherigen Theorien vergeblich gesucht hat.\nIch m\u00f6chte jedoch zum Schl\u00fcsse noch ausdr\u00fccklich darauf hinweisen, dafs es mir fern liegt, die von Helmholtz aufge-\n1\tStumpf, Tonpsychologie. I. S. 275 f.\n2\tArch. f. OhrenheilMe. Bd. 41.","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber Kombinationst\u00f6ne.\n229\nstellte Theorie der Kombinationst\u00f6ne durch die hier entwickelte ersetzen zu wollen. Jene soll durchaus unangetastet bleiben, aber eingeschr\u00e4nkt werden auf die F\u00e4lle, in denen sie wirklich Geltung hat; diese soll die M\u00f6glichkeit zeigen, die von Helmholtz nicht erkl\u00e4rten Thatsachen als gesetzm\u00e4fsig abh\u00e4ngend von der Funktion unseres Geh\u00f6rorgans zu verstehen.\nEs bleibt mir nur noch \u00fcbrig, den im Vorstehenden erw\u00e4hnten Herren, die mich bei den Beobachtungen unterst\u00fctzten, auch an dieser Stelle meinen Dank auszusprechen, namentlich Herrn cand. phil. V. Heye elder, der mir bei den \u00fcberaus zeitraubenden Vorversuchen stets bereitwillig seine CJnterst\u00fctzung lieh.\nHerrn Prof. Hermann in K\u00f6nigsberg habe ich zu danken f\u00fcr die Liebensw\u00fcrdigkeit, mit der er es mir erm\u00f6glichte, die von ihm zuerst angestellten Zahnradversuche an demselben Apparate zu wiederholen.\nVor allem aber ist es meine Pflicht, Herrn Prof. Stumpe meinen ehrerbietigsten Dank abzustatten f\u00fcr die Anregung zu dieser Arbeit und Unterst\u00fctzung bei ihrer Ausf\u00fchrung, namentlich auch durch seine eigene Beteiligung an den meisten der beschriebenen Versuche.","page":229}],"identifier":"lit30032","issued":"1896","language":"de","pages":"177-229","startpages":"177","title":"\u00dcber Kombinationst\u00f6ne und einige hierzu in Beziehung stehende akustische Erscheinungen","type":"Journal Article","volume":"11"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:56:16.432582+00:00"}