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{"created":"2022-01-31T15:06:12.592787+00:00","id":"lit30051","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Wallaschek","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 11: 318-319","fulltext":[{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"318\nLitteraturberich t.\n\u201e\u00e9v\u00e9nement actuel\u201c zu beweisen und mit der ungleichen individuellen Verteilung dieser Gef\u00fchlsreproduktion das Vorhandensein eines speziellen affektiven Ged\u00e4chtnistypus darzuthun. Durch die ausdr\u00fcckliche Versicherung von Ribot, dafs er keine unvermittelte Gef\u00fchlsreproduktion annehme (S. 889 vergl. 393), wird die \u201eKonjektur\u201c Titcheners, dafs Ribot meine, die Gef\u00fchle tr\u00e4ten zwar \u201epar l\u2019interm\u00e9diaire des \u00e9tats intellectuels\u201c auf, \u201ewelchen sie assoziiert sind\u201c (S. 389), aber der Gef\u00fchlsbestandteil werde dabei selbst\u00e4ndig reproduziert (!), ganz hinf\u00e4llig.\nE. Mettmann (Leipzig).\nHenry Maubel. Psychologie de la musique. Soci\u00e9t\u00e9 Nouvelle. Bruxelles. Juillet 1895. S. 37\u201449.\nWer durch den Titel verleitet eine streng wissenschaftliche Abhandlung erwartet, wird sich wohl etwas entt\u00e4uscht f\u00fchlen, wer aber eine geistreiche Causerie lesen will, der wird den feinen Beobachtungen des Verfassers gerne folgen und ihnen hoffentlich auch beistimmen. Ich brauche mich bei dem abgedroschenen Vergleich nicht aufzuhalten, dafs die Musik das Mittel sei, welches die Schwingungen einer Seele der anderen \u00fcbermittelt (39). Anders als hyperbolisch kann man wohl diese \u201eondulation de k\u00e4me\u201c nicht auffassen, und wir w\u00fcrden ihn gar nicht beachten, wenn sich nicht derselbe Gedanke viel physiologischer aus-dr\u00fccken liefse, denn der Pulsspiegel zeigt, dafs beim S\u00e4nger, Spieler und H\u00f6rer in der That eine erh\u00f6hte innere Bewegung stattfindet. Eine eingehendere Untersuchung w\u00e4re erw\u00fcnschter, als die sch\u00f6ne Phrase.\nVerfasser bedauert, dafs der moderne Mensch sein individuelles Leben zu wenig kenne und man die Musik zu viel sozialisiert habe (40). In dieser Beziehung erhofft er von der modernen Tendenz, zum Volksgesang zur\u00fcckzukehren (Folkloristen), die besten Resultate. Allerdings sehe ich nicht ein, wie dadurch die Musik den sozialen Charakter verlieren sollte. Maubel \u00fcbersieht, dafs, je mehr wir zum Volksgesang aus den Anf\u00e4ngen der Kultur zur\u00fcckgehen, desto mehr treffen wir Musik als eine soziale Angelegenheit des ganzen Stammes vor. \u201eW\u00e4ren wir weniger sozialisiert, tr\u00e4fen wir unter uns mehr Licht, Luft und Schweigen an, dann w\u00fcrden unsere Kinder vielleicht schon singen, ehe sie noch sprechen\u201c (43). Nun, das thun sie gelegentlich so wie so, aber der soziale Charakter der Musik ist unvermeidlich, wenn Harmonie und die Macht rhythmischer Bewegung ein notwendiges Element unserer Kunst bilden.\nViel gl\u00fccklicher als in wissenschaftlicher Erkl\u00e4rung trifft der Verfasser den Charakter der Musik in geistreichen und poetischen Vergleichen. Da ist ihm Musik ein Reflex eines inneren Geschehens, ein Symbol, welches das Leben nicht erkl\u00e4rt und aufweckt, wohl aber andeutet. Gerade in dieser blofsen Andeutung, die anregt, ohne zu binden, in dem mysteri\u00f6sen Spielraum, den die Begeisterung freigiebt, liegt ihr eigent\u00fcmlicher Reiz, der nur zerst\u00f6rt wird, sobald wir versuchen, ihn zu analysieren und in Begriffe zu fassen. Musik ist wie eine frohe Botschaft, die sich uns ank\u00fcndigt, \u201enous voudrions le saisir: sa voix a d\u00e9j\u00e0 disparu dans la lumi\u00e8re et nous le cherchons .... en nous demandant de quelle nature il est\u201c (45). Sehr sch\u00f6n und gl\u00fccklich vergleicht","page":318},{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n319\nMaurel das Verhalten des H\u00f6rers zur Musik mit dem von Elsa zu Lohengrin. Sie mufs im inneren Herzen das Gl\u00fcck f\u00fchlen, das ihr in der mysteri\u00f6sen Ankunft des Helden erbl\u00fcht; in dem Momente, wo sie es erkl\u00e4rt und zergliedert haben will, hat sie es schon verloren. Wer Musik angemessen geniefsen will, mufs sie h\u00f6ren, nicht dar\u00fcber sprechen und nicht lesen. Wem beim H\u00f6ren das Herz nicht aufgeht, der ist nicht musikalisch.\tWallaschek (London).\nEmile Boutroux. De l\u2019id\u00e9e de loi naturelle dans la science et la philosophie contemporaines. Paris, Lec\u00e8ne, Oudin & Oo. u. F. Alcan. 1895. 143 S.\nVorliegende Schrift, eine Eeihe von Vorlesungen, die an der Sorbonne 1892\u201493 gehalten und zuerst in der JRevue des cours et des conf\u00e9rences ver\u00f6ffentlicht wurden, untersucht der Eeihe nach die von den einzelnen Wissenschaften aufgestellten Gesetze, um dann auf Grund der so gewonnenen Eesultate eine Antwort auf die Frage nach der Willensfreiheit geben zu k\u00f6nnen. Die Anwendung der Mathematik auf die Erfahrung bildet die St\u00fctze des modernen Determinismus, indem erstere der Wissenschaft den Charakter der Notwendigkeit, letztere den konkreten Inhalt liefert. Aber enth\u00e4lt bereits die Logik Elemente, die nicht vollst\u00e4ndig auf Prinzipien a priori, d. h. auf unbeschr\u00e4nkte Gewifsheit zur\u00fcckzuf\u00fchren sind, so ist dies noch mehr der Fall bei den mathematischen Gesetzen mit ihrem vom Verstand nicht fafsbaren Begriff der Unendlichkeit. Immer mehr neue Elemente f\u00fchren die Gesetze der sog. exakten Wissenschaften ein, wie zun\u00e4chst die der Mechanik, der Grundlage der \u00fcbrigen, welche die nicht aus mathematischen Intuitionen ableitbare, empirische, konstante und regelm\u00e4fsige Abh\u00e4ngigkeit darthun. Bei den physikalischen Gesetzen ist wiederum neu und nicht zur\u00fcckf\u00fchr bar auf mechanische Gesetze die Qualit\u00e4t der Energie. Die Chemie basiert auf dem Postulat der relativen Stabilit\u00e4t der K\u00f6rper. Der Eeflex, auf den die moderne Biologie alle physiologischen Ph\u00e4nomene zur\u00fcckzuf\u00fchren sucht, kann wegen des Charakters der Zweckm\u00e4fsigkeit nicht rein mechanisch erkl\u00e4rt werden, und der Begriff des Fortschritts und der Entwickelung ist unvereinbar mit dem Prinzip der Notwendigkeit, das die Unver\u00e4nderlichkeit der Natur der Dinge aussagt. Machen alle diese Wissenschaften nur die mefsbaren Bewegungserscheinungen zum Gegenst\u00e4nde ihrer Untersuchung, indem sie ganz von den Zust\u00e4nden des Bewufstseins abstrahieren, so bleiben diese der Psychologie \u00fcberlassen, \u00fcber deren Entwickelung von Descartes bis Spencer, Helmholtz und Wtundt der Verfasser, analog der Behandlung der \u00fcbrigen Wissenschaften, eine kritische \u00dcbersicht giebt, um daran eine Untersuchung \u00fcber die philosophische Bedeutung der psychologischen Gesetze anzukn\u00fcpfen. Zwei Typen werden besonders unterschieden, der \u201eideologische\u201c (Berkeley, Hume, Stuart Mill), der das Prinzip der nach Assoziationsgesetzen sich verbindenden Vorstellungsatome aufstellt, und der \u201ephysische\u201c (zuerst bei Descartes, dann bei Bain, Spencer, Fechner, Wundt), der die Seele in ihrer Beziehung zum Organismus betrachtet. Beide sind nach dem Verfasser unzureichend, notwendige Gesetze aufzustellen. Die sog. Eeaktionen","page":319}],"identifier":"lit30051","issued":"1896","language":"de","pages":"318-319","startpages":"318","title":"Henry Maubel: Psychologie de la musique. Soci\u00e9t\u00e9 Nouvelle. Bruxelles. Juillet 1895. S. 37-49","type":"Journal Article","volume":"11"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:06:12.592792+00:00"}