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{"created":"2022-01-31T14:01:43.238938+00:00","id":"lit30055","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Preyer, W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 11: 405-407","fulltext":[{"file":"p0405.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Geschichte der Dreifarbenlehre.\nVon\nW. Preyer.\nAn eine Mitteilung von J. P. Durand \u00fcber die Entstehung der Dreifarbenlehre ankn\u00fcpfend, bemerkt Prof. A. K\u00f6nig (in dieser Zeitschr. XI. S. 63), Helmholtz habe bereits im Jahre 1852 den ersten Hinweis auf Youngs Hypothese ver\u00f6ffentlicht.\nAllerdings erw\u00e4hnt Helmholtz 1852 in seiner im Arch. f. Amt. u. Physiol, von Joh. M\u00fcller und in Po g g endorffs Ann. erschienenen Abhandlung \u00fcber die Theorie der zusammengesetzten Farben die YouNGsche Annahme, aber nur, um sie zu verwerfen. Er kommt auf Grund seiner eigenen Farbenmischungsversuche zu dem Schl\u00fcsse: \u201eWir werden demnach auch die Lehre von den drei Grundfarben, als den drei Grundqualit\u00e4ten der Empfindung, wie sie Thomas Young aufgestellt hat, fallen lassen m\u00fcssen/4\nAn Deutlichkeit l\u00e4fst diese Ablehnung nichts zu w\u00fcnschen \u00fcbrig. Die ihr vorausgeschickte Bemerkung, Youngs Theorie sei wichtig, weil darin den drei Grundfarben eine bestimmte physiologische Bedeutung untergelegt werde, \u00e4ndert nichts an der Thatsache, dafs Helmholtz sie 1852 entschieden fallen liefs.\n4\nIch fragte ihn nun eines Tages \u2014 es war nach meiner Erinnerung im April 1878, als er mich in Jena besuchte \u2014, weshalb er nicht b#i der auch nach meinen Versuchen und Beobachtungen an Farbenblinden ganz richtigen Ablehnung geblieben sei. Er antwortete, das sei durch Grassmann gekommen, \u00fcbrigens habe er sich vorgenommen, die ganze Sache zu revidieren, und sich zu dem Zwecke bereits die betreffenden neueren Arbeiten zusammengelegt. Ich gewann aus dem Gespr\u00e4ch die \u00dcberzeugung, dafs Helmholtz damals die gegen Youngs","page":405},{"file":"p0406.txt","language":"de","ocr_de":"406\nW. Prey er.\nAnnahme erhobenen Einw\u00e4nde, soweit er sie kannte, keineswegs untersch\u00e4tzte und sie einer strengen Kritik unterwerfen wollte. Er hielt damals die schon seit mehr als einem Jahrzehnt seinen Namen tragende YouNGsche Hypothese nicht f\u00fcr so gut begr\u00fcndet, wie manche seiner Anh\u00e4nger.\nDer erste Teil der Antwort ist aber nicht minder merkw\u00fcrdig; denn weder in Grassmanns Abhandlung \u201eZur Theorie der Farbenmischung\u201c (Po g g endorffs Ann. Bd. 89. S. 69\u201484) vom Jahre 1853, noch in der sie best\u00e4tigenden von Helmholtz \u201e\u00dcber die Zusammensetzung von Spektralfarben\u201c (ebenda 1855. Bd. 94) wird Youngs Hypothese erw\u00e4hnt. In beiden wird auf ihren Inhalt keine R\u00fccksicht genommen. Grassmann hat das auch sp\u00e4ter nicht getban.1\nIn den Jahren 1856 und 1857 erschienen aber Mitteilungen von J. Clerk Maxwell, welcher seine mit Youngs Drehscheibe angestellten Versuche beschrieb und zu Gunsten der YouNGschen physiologischen Dreifarbenlehre verwertete.\nErst im Juli 1860 wurde die zweite Lieferung der ersten Auflage der Physiol. Optik von Helmholtz ver\u00f6ffentlicht, in welcher diese Arbeiten von Maxwell ebenfalls zur St\u00fctzung der YouNGschen \u201eTheorie\u201c, und zwar ohne Bezugnahme auf ihre fr\u00fchere Ablehnung benutzt und zugleich die von Grassmann 1853 gefundenen, an sich davon unabh\u00e4ngigen physikalischen Lehrs\u00e4tze mit ihr in Verbindung gebracht wurden. Die 1860 erschienene grofse Untersuchung von Maxwell \u201e On the theory of compound coloursdurch welche Youngs Lehre in England zur Alleinherrschaft gelangte, konnte Helmholtz erst nach Vollendung seiner Physiol. Optik (Dez. 1866) in einem Nach trage (S. 843\u2014849) verwerten. Es ist daher begreiflich, dafs die Engl\u00e4nder die Dreifarbenlehre die YouNG-MAXWELLsche Theorie nannten.\nWer sich f\u00fcr weitere Einzelheiten aus der Entwickelungsgeschichte der viel diskutierten Lehre interessiert, findet solche in dem Pfl\u00fcger sehen Arch. f. d. ges. Physiol, d. Menschen u. d. Tiere (1881. Bd. 25. S. 15f.).\nAus den feststehenden Daten ergiebt sich, dafs Helmholtz anfangs (1852) aus guten Gr\u00fcnden die YouNGsche Dreiiarben-\n1 Yergl. seine \u201eBemerkungen zur Theorie der Liehtempfindungen\u201c in meiner Schrift \u201eEtemente der reinen Empfindung slehre^ (Jena, Fischer. 1877 S. 85\u201493.)","page":406},{"file":"p0407.txt","language":"de","ocr_de":"Zur Geschichte der Dreifarbenlehre.\n407\nlehre verwarf, dann infolge einer rein physikalischen, von ihr v\u00f6llig unabh\u00e4ngigen Untersuchung von Grassmann, der bewies, dafs jede Farbe ihre Komplement\u00e4rfarbe haben mufs, sich ihr zuneigte, aber mehr als sieben Jahre lang seine Ablehnung nicht \u00f6ffentlich zur\u00fccknahm, und erst nachdem Maxwell neues Material beigebracht hatte, f\u00fcr sie eintrat und sie scharfsinnig f\u00f6rderte. Dadurch ist die Erkenntnis ihrer Unhaltbarkeit wesentlich erschwert und verz\u00f6gert worden. Aber die Verteidigung und die Bek\u00e4mpfung dieser bald hundert Jahre alten Hypothese haben zu der Entdeckung so vieler neuer Thatsachen und zur Erfindung so feiner Methoden gef\u00fchrt, dafs eine ausf\u00fchrliche Darstellung ihrer Schicksale seit dem Jahre 1800, da sie der geniale Thomas Young- aufstellte, bis heute eine dankenswerte Arbeit sein w\u00fcrde.","page":407}],"identifier":"lit30055","issued":"1896","language":"de","pages":"405-407","startpages":"405","title":"Zur Geschichte der Dreifarbenlehre","type":"Journal Article","volume":"11"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:01:43.238944+00:00"}