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{"created":"2022-01-31T15:04:53.845738+00:00","id":"lit30056","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Scharwin, W.","role":"author"},{"name":"A. Novizki","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 11: 408-409","fulltext":[{"file":"p0408.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den scheinbaren Gr\u00f6fsenwechsel der Nachbilder\nim Ange.\nVon\nW. Scharwin und A. Novizki in Moskau.\nWenn wir einige Sekunden lang die untergehende Sonne fixieren und dann unseren Blick \u00fcber einen anderen Teil des Himmels wandern lassen? so erblicken wir zuerst einen bellen, bald darauf einen dunklen runden Fleck (positives, bezw. negatives Nachbild). Lassen wir dabei unseren Blick vom Zenith bis zum Horizont gleiten, so bemerken wir, dafs dieser Fleck seine Gr\u00f6fse \u00e4ndert, und zwar in demselben Sinne, wie sich die scheinbare Gr\u00f6fse der Sonnenscheibe ver\u00e4ndert, wenn die Sonne am Horizont und im Zenith steht; in der N\u00e4he des Zeniths ist er kleiner, am Horizont gr\u00f6fser.\nEntwickeln wir im Auge ein Nachbild von einer hell beleuchteten Fl\u00e4che mit scharfen Konturen und messen sowohl seine Gr\u00f6fse, als auch die Entfernung des Schirmes, auf welchen wir unseren Blick richten, so ergiebt sich, dafs alle linearen Abmessungen des Nachbildes sich proportional der Entfernung des Schirmes vom Auge ver\u00e4ndern.\nDie Erkl\u00e4rung eines Wechsels in der Gr\u00f6fse der Nachbilder liegt also darin, dafs wir sie immer auf diejenige Fl\u00e4che projizieren, welche unser Blick fixiert. Demgem\u00e4fs erscheint uns die Gr\u00f6fse der Sonne sowie auch deren Nachbild am Horizonte gr\u00f6fser als im Zenith, weil wir, wie bekannt, uns das Himmelsgew\u00f6lbe als eine im Zenith flache Kuppel vorstellen.\nWir lokalisieren die Nachbilder ebenso wie alle anderen Bilder auf unserer Netzhaut ; und zum Urteile \u00fcber die Entfernung und die wirkliche Gr\u00f6fse der im Nachbilde gesehenen","page":408},{"file":"p0409.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber den scheinbaren Gr\u00f6\u00dfenwechsel der Nachbilder im Auge. 409\nGegenst\u00e4nde brauchen wir auch die gleichen H\u00fclfsmittel: den Grad der Akkommodation, die Beleuchtung, die Luftperspektive, die Konvergenz der Sehaxen u. a.\nWir lokalisieren die Nachbilder unbewufst, aber wir k\u00f6nnen doch durch Richtung unserer Aufmerksamkeit auf das Nachbild selbst das Projizieren auf die fixierte Fl\u00e4che vermeiden. Das gelingt aber erst nach einiger \u00dcbung und desto schwerer, je mehr Anhaltspunkte f\u00fcr unsere Aufmerksamkeit die vor uns liegende Fl\u00e4che bietet und je sicherer wir ihre Entfernung vom Auge beurteilen k\u00f6nnen.\nDie Lokalisation der Nachbilder geschieht am genauesten, die T\u00e4uschung \u00fcber die Gr\u00f6fse ist also am auffallendsten, wenn wir die entsprechenden Nachbilder eines hellen Gegenstandes in beiden Augen entwickelt haben und nun auch mit beiden Augen den Schirm fixieren. Viel ungenauer wird die Lokalisation, wenn wir das Nachbild nur in einem Auge entwickelt haben und mit diesem Auge den Schirm fixieren, w\u00e4hrend wir das andere Auge geschlossen halten. Die T\u00e4uschung ist dann auch nicht so scharf ausgepr\u00e4gt, wie im ersten Falle. Interessant ist die Thatsache, dafs, wenn man in einem Auge ein starkes Nachbild entwickelt, dann dieses Auge schliefst und mit dem anderen \u2014 offenen \u2014 Auge bald nahe, bald fernliegende Fl\u00e4chen ansieht, das Nachbild im geschlossenen Auge seine Gr\u00f6fse \u00e4ndert. Der Wechsel der Gr\u00f6fse l\u00e4fst sich sehr scharf beobachten. Der Grund der Erscheinung liegt in diesem Falle darin, dafs sowohl die, Akkommodation als auch die Bewegungen des Bulbus und die Lage der Sehaxe des einen Auges notwendig eine entsprechende Akkommodation u. s. w. des anderen Auges (bei normalen Augen) bedingen, und wir nach diesen Daten die Gr\u00f6fse des Nachbildes im geschlossenen Auge beurteilen.\nWenn wir aber beide Augen schliefsen, so f\u00e4llt der Wechsel der Gr\u00f6fse des Nachbildes aus, wie lebhaft wir uns verschieden entfernte Fl\u00e4chen auch vorstellen m\u00f6gen. Es hilft sogar nicht, wenn wir uns die Vorstellung auf verschiedene Weise erleichtern, indem wir z. B. mit geschlossenen Augen uns einer Fl\u00e4che bald n\u00e4hern, bald uns von ihr entfernen, oder wenn wir ein Blatt Papier, welches wir in der Hand halten, uns n\u00e4hern oder von uns entfernen.","page":409}],"identifier":"lit30056","issued":"1896","language":"de","pages":"408-409","startpages":"408","title":"\u00dcber den scheinbaren Gr\u00f6\u00dfenwechsel der Nachbilder im Auge","type":"Journal Article","volume":"11"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:04:53.845743+00:00"}