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{"created":"2022-01-31T14:11:08.250285+00:00","id":"lit30060","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Wreschner, Arthur","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 11: 437-441","fulltext":[{"file":"p0437.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n437\nW. Wundt. \u00dcber die Definition der Psychologie. Philos. Stud. Bd. XII. S. 1-66. 1895.\nW\u00e4hrend die meisten empirischen Wissenschaften sich aus guten Gr\u00fcnden mit einer provisorischen, f\u00fcr den praktischen Zweck der Arbeitsteilung ausreichenden Begriffsbestimmung ihres Gegenstandes begn\u00fcgen, ist dies bei der Psychologie wegen ihres engeren Zusammenhanges mit der Philosophie und vor allem wegen des philosophischen Standpunktes ihrer Vertreter nicht gut m\u00f6glich.\nDiesen einleitenden Bemerkungen folgen einige historische Ausf\u00fchrungen. Bis Locke ging die Psychologie von metaphysischen Voraussetzungen \u2014 spiritualistischer oder materialistischer Art \u2014 aus und unterschied sich schon durch den Gegenstand von der Naturwissenschaft. Erst Locke liefs diese beiden Disziplinen nur durch den Standpunkt der Beobachtung [Erfahrungsobjekte a) in ihrer objektiven Beschaffenheit, b) in Hinsicht auf die Erfahrung selbst] sich unterscheiden. Durch eine Vermischung der LocKEschen mit der LEiBNizschen Lehre wurde jedoch wiederum, namentlich in Deutschland, zwischen innerer und \u00e4ufserer Erfahrung und somit schon hinsichtlich des Gegenstandes zwischen Naturwissenschaft und Psychologie ein Unterschied gemacht. Erst die neuere Psychologie geht wiederum auf Locke zur\u00fcck, bedient sich der Unterscheidung zwischen \u00e4ufserer und innerer Erfahrung lediglich zu praktischen Zwecken und l\u00e4fst Psychologie und Naturwissenschaft nur durch den Standpunkt der Beobachtung unterschieden sein. Trotzdem sind auch heute noch zwei verschiedene Definitionen der Psychologie vorhanden: a) Die Erfahrungen oder Erlebnisse werden entweder in Bezug auf die ihnen objektiv zukommende wirkliche Beschaffenheit untersucht (Naturforschung) oder in Abh\u00e4ngigkeit vom Subjekt, d. h. von dem k\u00f6rperlichen Individuum, da ja nach den Ergebnissen der Naturwissenschaft das Subjekt stets ein solches ist (Psychologie), b) Alle Erfahrung ist einheitlich und enth\u00e4lt zwei untrennbar verbundene Faktoren: das Erfahrungsobjekt und das erfahrende Subjekt. Jenes bildet den Gegenstand der Naturwissenschaft als einer mittelbaren, abstrakt begrifflichen Erkenntnisweise. Die Psychologie dagegen untersucht die Erfahrung in ihrer unmittelbaren Wirklichkeit, indem sie die Abstraktion vom Subjekte aufhebt. Die vorliegende Abhandlung sucht nun die alleinige Berechtigung der zweiten Definition nachzuweisen und ist, da als Vertreter der ersten Definition namentlich K\u00fclpe angesehen wird, vorz\u00fcglich eine Streitschrift gegen diesen Forscher.\nDie Haltlosigkeit der ersten Definition und des ihr zu Grunde liegenden psychophysischen Materialismus bekundet sich nach des Verfassers Meinung zun\u00e4chst schon in dem Fehlschl\u00fcsse, den sie enth\u00e4lt. Denn einerseits wird der Naturforschung nicht nur die Erforschung des Objektiven, sondern der Wirklichkeit \u00fcberhaupt mit Einschlufs des Subjektes zugeschrieben, andererseits unter dem Subjekte nur das von der Naturwissenschaft erkannte k\u00f6rperliche Individuum verstanden. \u2014 Sodann verst\u00f6fst die erste Definition gegen die historisch begr\u00fcndet\u00a9 und thats\u00e4chlich vorhandene Bedeutung der Naturforschung. Denn, wenn sie, geblendet von dem systematischen Zusammenh\u00e4nge der","page":437},{"file":"p0438.txt","language":"de","ocr_de":"438\nLitteraturbericht.\nNaturwissenschaften, annimmt, dafs diese es allein mit einem Systeme l\u00fcckenloser Kausalit\u00e4t zu thun haben, so dafs unter Ber\u00fccksichtigung des psychophysischen Parallelismus an die Stelle der psychischen eine physische Kausalit\u00e4t treten mufs, so \u00fcbersieht sie, dafs die Naturkausalit\u00e4t in Hinsicht auf die Gehirnphysiologie keineswegs l\u00fcckenlos ist, dafs ferner der psychophysische Parallelismus wohl ein H\u00fclfs-prinzip, aber kein Grundprinzip, am allerwenigsten das einzige psychologische Grundprinzip sei, und dafs endlich eine physiologische Erkl\u00e4rung nie und nimmer die psychologische ersetzen kann. Ebenso sei es verkehrt, wenn sie meint, dafs die Naturforschung die Gesetze der objektiven Wirklichkeit zuerst feststellen mufs, damit aus ihnen dann die subjektiven Erscheinungen, namentlich soweit sie das k\u00f6rperliche Individuum betreffen, abgeleitet werden k\u00f6nnen. Die psychischen Erscheinungen sind nicht als subjektive Ver\u00e4nderungen der Wirklichkeit aufzufassen und werden nur deshalb aus der Naturforschung ausgeschaltet, weil diese vom Subjekt \u00fcberhaupt abstrahiert. \u2014 Drittens ve r fehlt die erste Definition die Aufgabe der Psychologie und leistet ihr keinerlei Dienste, da sich den Thatsachen nach die psychischen Ph\u00e4nomene nicht auf gehirnphysiologische zur\u00fcckf\u00fchren lassen und die \u00fcblichen physiologischen Hypothesen sich wenig eignen zu einer wissenschaftlichen Grundlage f\u00fcr die Psychologie, nicht einmal f\u00fcr die physiologische Psychologie, welche ebenfalls zur Psychologie geh\u00f6rt und nur wegen der besonderen in Anwendung gebrachten H\u00fclfsmittel diese voraussichtlich nur transitorische Benennung erhalten hat. \u2014 Viertens f\u00fchrt obige Definition die Psychologie in den Dienst der Metaphysik zur\u00fcck.\nAll\u2019 diesen vier Einw\u00e4nden begegnet die zweite der obigen Definitionen. Denn nach dieser hat es die Psychologie mit den unmittelbaren Erfahrungsthatsachen zu thun, unterscheidet sich insofern sehr wohl von der mittelbaren und begrifflichen Naturforschung, ist eine selbstst\u00e4ndige und empirische Wissenschaft, ja letzteres eigentlich in noch strengerem Sinne als die auf Hypothesen und Abstraktionen gegr\u00fcndete Naturwissenschaft. Sodann aber l\u00e4fst sich nach dem Verfasser die Dichtigkeit der zweiten und die Haltlosigkeit der ersten Definition vor allem in ihren Anwendungen erkennen. Um dies zu erweisen, unterzieht Verfasser die Lehre vom psychophysischen Parallelismus, die Aktualit\u00e4tstheorie und den Voluntarismus einer eingehenden Pr\u00fcfung.\nDer psychophysische Parallelismus hat im Laufe der Entwickelungen drei verschiedene Bedeutungen angenommen. In der \u00e4lteren Metaphysik ist er ein metaphysisches Dogma in universellem oder nur partiellem Sinne. Den Vertretern des psychophysischen Materialismus gilt er als das einzige psychologische Erkl\u00e4rungsprinzip, dessen Begr\u00fcndung lediglich in der Berufung auf den Begriff der Funktion liegt. Da nun aber zwischen den physischen und psychischen Erscheinungen keine logische oder kausale, sondern nur eine \u00e4ufsere Koexistenz oder Folge besteht, so kann es sich hier zun\u00e4chst doch h\u00f6chstens um eine willk\u00fcrliche Funktion handeln. Andererseits aber kann auch dieser \u00e4ufsere Zusammenhang ni\u00abht","page":438},{"file":"p0439.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n439\nein blofser provisorischer Ersatz sein, da Argument und Funktion nicht nur unvergleichbare Gr\u00f6fsen sind, insofern die Naturwissenschaft von allen Wert- und Zweckbestimmungen abstrahiert, sondern auch mit Ausnahme weniger F\u00e4lle, wo gerade das Psychologische sehr zur\u00fccktritt (Empfindung \u2014 Beiz), in unendlich vieldeutigem Sinne einander zugeordnet sind. Ist dagegen die Psychologie die Wissenschaft der unmittelbaren Erfahrung, so wird zu ihrem Erkl\u00e4rungsprinzip die Ableitung des Psychischen aus dem Physischen, und der psychophysische Parallelismus wird zu einem in der erg\u00e4nzenden Betrachtungsweise der Naturwissenschaft und Psychologie begr\u00fcndeten H\u00fclfsprinzip, das einerseits den unbrauchbaren Begriff des Unbewufsten beseitigt, andererseits da provisorisch aushilft, wo die psychische Kausalit\u00e4t L\u00fccken aufweist.\nDie Aktualit\u00e4tstheorie konstatiert nach der Meinung des Verfassers im Gegensatz zur Substantialit\u00e4tstheorie nur eine Th at sa che. All\u2019 die Einw\u00e4nde, welche man gegen sie erhob, beruhen auf einer Kritik, die nicht beachtet, dafs die Psychologie die Wissenschaft der unmittelbaren Erfahrung ist. Denn, wenn auch die psychischen Erscheinungen mannigfache Unterschiede der Geschwindigkeit zeigen, so sei es doch keine \u201e\u00dcbertreibung\u201c, sobald man deshalb noch nicht eine ding\u00e4hnliche Konstanz der Vorstellungen etc. annimmt. Sodann sei die f\u00fcr den logischen Begriff des Subjekts der inneren Erfahrung notwendige reale Einheit in dem Zusammenh\u00e4nge der psychischen Vorg\u00e4nge an und f\u00fcr sich bereits gegeben, so dafs von einer \u201eVielheit von Akten als Tr\u00e4ger jedes einzelnen Seelenzustandes und daneben noch von einer Einheitsfunktion\u201c keine Bede ist. Nach der Aktualit\u00e4tstheorie besteht das seelische Leben gar nicht aus einer Vielheit, sondern nur aus einer Mannigfaltigkeit zusammenh\u00e4ngender und stetig verlaufender Prozesse. Dafs Verfasser das Unbewufste vermittelst der Aktualit\u00e4tstheorie retten will, weist er mit dem Hinweise auf die Definition der Psychologie als einer Wissenschaft der unmittelbaren Erfahrung zur\u00fcck. Dagegen giebt er zu, dafs die Aktualit\u00e4tslehre Hypothesen aufstellt, jedoch nur solche, welche auf die Thatsachen sich st\u00fctzen k\u00f6nnen. Andererseits kann sich aber die Substantialit\u00e4tstheorie nicht auf die Unm\u00f6glichkeit, Atome wahrzunehmen, berufen, da Atome zur Erkl\u00e4rung der physischen Erscheinungen n\u00f6tig sind, die Psychologie aber der Seelensubstannz wohl entbehren kann. Ja nicht einmal eine Erg\u00e4nzung der wissenschaftlichen Ergebnisse leistet letztere, da die Thatsache des Zusammenhanges in der Verbindung der psychischen Vorg\u00e4nge untereinander gen\u00fcgend empirisch begr\u00fcndet ist und durch einen substantiellen Tr\u00e4ger keineswegs begreiflicher wird. Gegen den Vorwurf einer \u201eBereicherung des Begriffs der materiellen Substanz um das Merkmal geistiger Vorg\u00e4nge\u201c bemerkt Verfasser, dafs die Erl\u00e4uterungen des psychophysischen Wechsel Verh\u00e4ltnisses am Schl\u00fcsse seiner Physiologischen Psychologie nicht eine psychologische Hypothese darstellen, sondern nur die \u201eUnvereinbarkeit der spiritualistischen Substanzhypothesen mit den psychologischen Thatsachen\u201c zeigen sollen.\nBei dem Voluntarismus will Verfasser genau unterschieden","page":439},{"file":"p0440.txt","language":"de","ocr_de":"440\nLitter atur bericht.\nwissen zwischen dem psychologischen und metaphysischen. Jener betont vor allem drei Thatsachen: a) Die psychischen Vorg\u00e4nge bilden ein einheitliches Geschehen, b) Das Wollen hat eine repr\u00e4sentative Bedeutung, insofern die anderen subjektiven Vorg\u00e4nge Bestandteile von Willensvorg\u00e4ngen bilden, c) Die Willenshandlung hat in Bezug auf die Gesamtheit der psychischen Vorg\u00e4nge eine typische Bedeutung, insofern der beim Wollen schon l\u00e4ngst erkannte Charakter auch den anderen psychischen Vorg\u00e4ngen zukommt. Da unter dem Willen oder Trieb hier eine gef\u00fchlsbetonte Empfindung zu denken ist, so wird der Einwurf hinf\u00e4llig, dafs \u201eeine in unserem entwickelten Seelenleben zur spezifischen Differenz ausgebildete Erscheinung\u201c zum Ursprung der seelischen Funktionen gemacht wird. Andererseits ist allerdings die zusammengesetzte Willenshandlung ein Entwickelungsprodukt der einfachen, so dafs sich das Primat des Willens auch im entwickelten Seelenleben von selbst ergiebt. Dagegen lassen sich die Motive des Willens nicht zu dem Prim\u00e4ren machen, da ja auch die Vorstellungs- und Gef\u00fchlsmomente zu dem Willen geh\u00f6ren. Man mufs sich nur stets vergegenw\u00e4rtigen, dafs der psychologische Voluntarismus nicht spricht von einem Willen als einer konstanten Qualit\u00e4t, sondern nur von einem einzelnen konkreten Wollen, in dem stets Gef\u00fchle von \u00fcbereinstimmendem Charakter wiederkehren, von einem Wollen als einem Prozesse, dessen Stetigkeit dem Willen in steter Verbindung mit Vorstellungselementen die Bedeutung einer Einheitsfunktion verleiht. Demgegen\u00fcber ist die Zur\u00fcckf\u00fchrung der Pers\u00f6nlichkeit auf die Assoziation der Vorstellungen ein verfehltes Unternehmen der Gegner des psychologischen V oluntarismus.\nWas dagegen den metaphysischen Voluntarismus anlangt, so kann er niemals als Erkl\u00e4rung der Thatsachen gelten, sondern nur als ein transscende ntal er Eegressus, der den Vorzug hat, nicht einseitig von der Vorstellung, sondern von der vor stellenden Th\u00e4tig-keit, d. i\u00bb den wesentlichen Elementen des Seelenlebens (Th\u00e4tigkeit \u2014 Leiden, Subjekt\u2014 Objekt, Vielheit in Wechselwirkung stehender einfacher Willensth\u00e4tigkeiten) auszugehen. Die universelle Einheitsidee ergiebt sich dann als Ergebnis, w\u00e4hrend die Schopenhauer sehe Willensmetaphysik einen mit dem wirklichen Wollen in sehr losem Zusammenh\u00e4nge stehenden Willen von vornherein zum metaphysischen Grundprinzip macht und insofern eine Begriffsdichtung ist.\nDie Kritik des vom Verfasser vertretenen Voluntarismus soll daher die Fehler begehen, dafs sie erstens den auf Grund des transscenden-talen Eegressus gewonnenen metaphysischen Einheitsbegriff zur empirischpsychologischen Hypothese macht, zweitens die Annahme der urspr\u00fcnglichen Einheit von Th\u00e4tigkeit und Leiden \u00fcbersieht, drittens den metaphysischen Voluntarismus mit der Willensmetaphysik Schopenhauers verwechselt.\nDies sind die haupts\u00e4chlichsten S\u00e4tze der vorliegenden Abhandlung. Ein jeder, der nicht die Experimentalpsychologie als das Alpha und Omega aller Psychologie, ja aller Philosophie, und die Naturforschung","page":440},{"file":"p0441.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n441\nals das Ideal und Endziel aller wissenschaftlichen Erkenntnis betrachtet, wird in den wesentlichsten Punkten dem Verfasser um so freudiger zustimmen, als dessen bisherige Stellung zu den hier behandelten Fragen nicht immer so klar und eindeutig im Sinne des nunmehr eingenommenen Standpunktes war. Insbesondere wird man dem Verfasser nur beipflichten k\u00f6nnen, wenn er dem psychophysichen Parallelismus lediglich den Wert eines zu praktischen Zwecken angenommenen H\u00fclfsprinzips zuerkennt, die Selbst\u00e4ndigkeit und Eigenartigkeit der Geisteswissenschaften nach-dr\u00fccklichst betont, die Zur\u00fcckf\u00fchrung der psychischen Vorg\u00e4nge auf physische nicht als eine psychologische Erkl\u00e4rung gelten l\u00e4fst, und der physiologischen Psychologie, speziell der Experimentalpsychologie, die Stellung innerhalb der psychologischen Disziplinen zuweist, welche ihr naturgem\u00e4fs nur zukommen kann. \u2014 Dieses zustimmende Verhalten in den leitenden Ideen wird jedoch selbstverst\u00e4ndlich nicht eine ablehnende Stellungnahme zu den einzelnen Ausf\u00fchrungen verhindern. So wird man, abgesehen davon, ob man sich zu dem Voluntarismus an und f\u00fcr sich bekennt oder nicht, doch die ihn betreffenden Unterscheidungen und Auseinandersetzungen des Verfassers kaum f\u00fcr \u00fcberzeugend halten. Wenn \u201eWille\u201c doch nur wiederum eine sprachliche Zusammenfassung all\u2019 der psychischen Elemente, welche im entwickelten Seelenleben sich in unvereinbarer Weise sondern, sein soll, so verliert das Wollen seinen charakteristischen Sinn, der Voluntarismus wird zu einem leeren und bedeutungslosen Worte und h\u00f6rt auf, eine Lehre zu sein, welche die heterogenen seelischen Prozesse auf ein einheitliches Prinzip zur\u00fcckf\u00fchrt. Geht man in der Analyse der seelischen Vorg\u00e4nge nicht weiter, als es Verfasser thut, und bringt man nicht den empirischen Nachweis, dafs all\u2019 die heterogenen Erscheinungen, welche das entwickelte Seelenleben zeigt, nur als Differenzierungen ein und desselben Grundph\u00e4nomens, welches seinem Wesen nach eine Willensth\u00e4tigkeit ist, anzusehen sind, dann bleibt der an und f\u00fcr sich ja vielleicht berechtigte Voluntarismus ein unbewiesenes Dogma, die Unterscheidung zwischen psychologischem und metaphysischem Voluntarismus wird hinf\u00e4llig, und die Kritik des Voluntarismus besteht in vielen Punkten zu Hecht. Ebenso scheint mir die Unterscheidung zwischen des Verfassers metaphysischem Voluntarismus und Schopenhauers Willensmetaphysik ein recht sch\u00f6nes Wortspiel, aber ohne inhaltlichen Wert zu sein. Vielleicht der Methode nach liegt ein Unterschied vor. Verfasser ist mehr auf induktivem und Schopenhauer mehr auf intuitivem Wege zu seiner Theorie gelangt, das Ergebnis bleibt aber das n\u00e4mliche. Denn glaubt etwa Verfasser, dafs seine universelle Einheitsidee, der Gesamtwille, frei von phantastischen Erdichtungen und ein genaues Abbild des wirklichen, aus der Erfahrung bekannten Wollens ist? Bei der Aktualit\u00e4tslehre scheint Verfasser einerseits denn doch den Begriff der \u201eThatsache\u201c etwas sehr weit gefafst, andererseits die logische Notwendigkeit, zu einem Ph\u00e4nomen auch ein Subjekt zu denken, allzu wenig gew\u00fcrdigt zu haben.\nArthur Wreschner (Berlin).","page":441}],"identifier":"lit30060","issued":"1896","language":"de","pages":"437-441","startpages":"437","title":"W. Wundt: \u00dcber die Definition der Psychologie. Philos. Stud. Bd. XII. S. 1-66. 1895","type":"Journal Article","volume":"11"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:11:08.250291+00:00"}