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{"created":"2022-01-31T15:07:47.970322+00:00","id":"lit30067","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Fraenkel","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 11: 450-452","fulltext":[{"file":"p0450.txt","language":"de","ocr_de":"450\nLitteraturbericht.\nals in neuerer Zeit von verschiedenen Seiten dem hier einmal exakt erforschten Gewebe in hypothetischer und spekulativer Weise wichtige psychische Funktionen zugeschrieben waren.\nAus der F\u00fclle der Ergebnisse heben wir Folgendes hervor: In der Neuroglia des Menschen \u00fcberwiegen die Fasern, die Zellen bilden den weniger wesentlichen Bestandteil. Die sog. DEiTERSchen Zellen, Spinnen zellen, Astrocyten, sind in Wahrheit keine Zellen mit Forts\u00e4tzen, sondern Komplexe aus kernhaltigen Zellen mit angelagerten Fasern, also \u201eTrugbilder\u201c von Zellen. Die \u201eStrahlen\u201c der so beschriebenen Gebilde sind vom Protoplasma differenzierte Fasern.\nDie Neuroglia erweist sich als nicht-nerv\u00f6se Intercellularsubstanz. Sie findet sich besonders entwickelt an den inneren Oberfl\u00e4chen (Ventrikel, Zentralkanal) den \u00e4ufseren Oberfl\u00e4chen, verschwundenen Oberfl\u00e4ch en (f\u00fcr die sie also bleibende indices abgiebt), gr\u00f6fsere Nervenb\u00fcndel in der Umgebung der Gef\u00e4fse, (das sind \u201eoberfl\u00e4chenartige Abgrenzungen\u201c). Sie findet sich allgemein nicht reicher in der grauen Substanz. \u00dcberg\u00e4nge von Glia in nerv\u00f6ses Gewebe finden sich nirgends.\nSie leitet weder Ern\u00e4hrungsstofi'e, noch dient sie in Kam\u00f6x y Oajals Sinne zur Isolierung, wogegen sowohl ihre Verteilung spricht, wie der Umstand, dafs sie keine geschlossene Masse, sondern ein Geflecht ist.\nIhre merkw\u00fcrdige Verteilung erkl\u00e4rt sich aber, wenn man die Glia als F\u00fcllmaterial ansieht. Und zwar vermutet W., dafs die Anordnung von statischen Gesetzen beherrscht wird, \u00e4hnlich denen, welche im Aufbau der Knochenb\u00e4lkchen herrschen.\nAlso allen bestehenden Hypothesen gegen\u00fcber bleibt die Neuroglia nach dieser grundlegenden Arbeit \u201eSt\u00fctzsubstanz\u201c in des Wortes strenger Bedeutung.\nAuf 13 Tafeln wiedergegebene Abbildungen von Pr\u00e4paraten, welche nach der neuen Methode hergestellt sind, von \u00fcberraschendem Faserreichtum, belegen die aufgestellten S\u00e4tze.\nLiepmann (Breslau).\nW. vox Bechterew. \u00dcber den Einfinfs des Hungerns auf die neu\u00bb geborenen Tiere, insbesondere auf das Gewicht und die Entwickelung des Gehirns. Neurol. Ceniralb\u00e9. XIV. No. 18. S. 810\u2014817. 1895.\n(Vergl. Dr. B. Bouchaud. De la mort par inanition et \u00e9tudes exp\u00e9rimentales sur la nutrition chez le nouveau-n\u00e9. Paris 1864.)\nDie zahlreichen Untersuchungen des Verfassers an neugeborenen H\u00fcndchen und K\u00e4tzchen haben, namentlich betreffs der Entwickelung des Gehirns, auch bez\u00fcglich des neugeborenen Kindes ein praktischem Interesse, \u201eda bekanntlich das Hungern in den ersten Tagen der Geburt keine Seltenheit bildete\u201c. \u201eGleich dem Menschen, kommen viele Tiere mit unentwickeltem, erst einige Zeit nach der Gehurt seine endg\u00fcltigen^ histologischen Eigent\u00fcmlichkeiten (myelinbekleidete Fasern) erhaltenden Gehirn zur Welt.\u201c","page":450},{"file":"p0451.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturb er icht.\n451\nDie Ergebnisse der Untersuchung an vier W\u00fcrfen neugeborener K\u00e4tzchen und drei W\u00fcrfen neugeborener H\u00fcndchen sind folgende:\n1.\tJe fr\u00fcher das neugeborene Tier zu hungern anf\u00e4ngt, um so eher geht es ein. \u2014 K\u00e4tzchen, die von Geburt an absolut hungerten, starben nach 3\u20144 Tagen, solche, die vom 4. Tage zu hungern anfingen, nach 6 Hungertagen, \u2014 ein von den ersten Tagen an hungernder Welpe1 starb nach 6 Tagen, ein anderer, vom 3. Tage an hungernder, erst am 8. Hungertage, solche, die am 11. Tage zu hungern anfingen, erst am 15.\u201417. Hungertage.\n2.\tNicht absolutes Hungern, wenn Wassergenufs erlaubt ist, scheinen die Neugeborenen l\u00e4nger aushalten zu k\u00f6nnen. So lebte ein H\u00fcndchen 30 Tage; ein Welpe, vom 11. Tage an, t\u00e4glich einmal zum Saugen der Muttermilch zugelassen, starb am 16. Hungertage unter Verlust von 42,5% seines urspr\u00fcnglichen K\u00f6rpergewichts, ein anderer, der vom 11. Tage an nur Wasser erhielt, am 15. Hungertage unter 41,2% Verlust an K\u00f6rpergewicht.\n3.\tIn einigen F\u00e4llen fiel das K\u00f6rpergewicht vom 1. Hungertage ab besonders schnell im Anfang in abnehmender Progression bis zum Tode, in anderen F\u00e4llen in zunehmender Progression besonders schroff kurz vor dem Tode. \u2014 Ein Welpe, der bis zum 3. Tage nach der Geburt von 172 g um 28 g zugenommen hatte, verlor in den ersten beiden Tagen des Hungerns je 5, am 3. Tage 17, am 4. Tage 14, am 5. Tage 7, am 6. Tage 6, am 7. Tage 2 g.\nDie \u00fcbrigen Beispiele, sowie das technische Verfahren des Verfassers bei der Untersuchung wolle der Leser im Originale nachlesen.\n4.\tBei der prozentualen Berechnung des Gewichtsverlustes ergiebt sich, dafs der absolute Gewichtsverlust beim Hungertode desto geringer ist, je j\u00fcnger das Tier ist. (Zwei K\u00e4tzchen, die vom 6., resp. 4. Tage nach der Geburt an hungerten, verloren am 6. Hungertage und Tode 25,6%, resp. 22,3% ihres Gesamtgewichtes; zwei andere, die vom 2. Tage nach der Geburt hungerten und am 4. Hungertage starben, nur 18%. Andererseits verloren von 2 Welpen, die vom 11. Tage nach der Geburt hungerten, der eine 38,4%, der andere 42,2%.)\n5.\tErw\u00e4gt man das schnelle Wachstum in den ersten Tagen nach der Geburt, so erscheint der Gewichtsverlust der Hungernden im Vergleich zu den normal ern\u00e4hrten desselben Wurfes kolossal. \u2014 Das Gewicht eines von Geburt an hungernden K\u00e4tzchens fiel von 94 auf 84 g beim Tode am 3. Tage; das eines nicht hungernden desselben Wurfes war am 3. Tage von 87 auf 120 g gestiegen\u00bb\n6.\tBei den hungernden neugeborenen Tieren nehmen alle Organe ab, das Gehirn verh\u00e4ltnism\u00e4fsig weniger als die \u00fcbrigen Organe. Die Hirnhemisph\u00e4ren zeigten den gr\u00f6fsten, das B\u00fcckenmark den geringsten Verlust.\nEin soeben geborenes K\u00e4tzchen A wog 110 g, ein anderes B desselben Wurfes nach dreit\u00e4gigem Hungern 78 g.\n1 Provinzialismus f\u00fcr junger Hund; englisch whelp.\n29*","page":451},{"file":"p0452.txt","language":"de","ocr_de":"452\ni\u00c4tteraturbericht.\nA\tB\nE\u00fcckenmark\t\t370\tmg\t400\tmg\nGehirn\t\t4650\t;;\t4600\t;;\nEechte Hirnhemisph\u00e4re\t1750\t\u00bb\t1700\tV\nLeber\t\t6680\t))\t3500\t;;\nBeide Lungen\t\t1780\t;;\t1580\t;;\nHerz\t\t1270\tV\t1000\t;;\nMilz\t\t370\t;;\t350\ta?\n7.\tDas Gehirn war bei allen Verhungerten stark hyper\u00e4misch, besonders die graue Substanz, seine Konsistenz geringer, und roch scharf, wie von Zersetzungsgasen.\n8.\tMikroskopische Untersuchung des Gehirns zeigte, wie \u00fcberhaupt beim Hungertode, Koagulationsnekrose und Myelinzerfall in den markscheidenhaltigen Fasern; aufserdem versp\u00e4tete Entwickelung der Markscheidenbekleidung.\n9.\tVersp\u00e4tung in der Augenlid\u00f6ffnung und in dem Auftreten der Erregbarkeit der motorischen Hirnrindenzentren.\n10.\t\u201eWie mir die Untersuchung einer bedeutenden Anzahl von neugeborenen, an Hunger und Ersch\u00f6pfung gestorbenen Kindern gezeigt hat, k\u00f6nnen die oben angef\u00fchrten Daten (mit Ausnahme von Ko. 9) vollst\u00e4ndig auch beim Menschen geltend gemacht werden.\u201c \u2014\nFraenkel (Dessau).\nC. Pianetta. Contribute alio Studio dei Tumor! dei lobi frontali. Bin. di Freniatr. XXL 2\u20148. S. 336\u2014342. 1895.\nIn dem hier vorliegenden Falle, der als Schulfall zu bezeichnen ist, handelt es sich um ein pomeranzengrofses, h\u00f6ckeriges Glio-Sarkom von fester Konsistenz, an der Basis beider Stirnlappen, in der Gegend der grofsen Hirnspalte. Hach hinten erstreckt sich die Neubildung bis zur Substantia perfor. anter., komprimiert das Chiasma und das Corp. callos., zerst\u00f6rt die vordere Partie der Balkenwindung beiderseits, verdr\u00e4ngt die Seitenventrikel fast bis auf nichts. \u2014 Zur Diagnose im Leben des 21j\u00e4hrigen M\u00e4dchens dienten die Herd sympt\u00f4me: vollst\u00e4ndige Blindheit (allm\u00e4hlich nach unscheinbarem Anfang mit Stirnschmerz seit zwei Jahren entstanden); Papillenstauung ; Fehlen des Irisreflexes (Pupillenstarre); Ptosis; verminderte Geruchs empfindung. Diffu se Symptome waren: dr\u00fcckender Kopfschmerz, Stupidit\u00e4t; G\u00e4hnen, Schluchzen, Erbrechen (durch Bulbarreiz), allgemeiner katatonischer Zustand (infolge von Eeizung der motorischen Zone). \u2014 Differentialdiagnose: Amaurose infolge L\u00e4sion der Occipitallappen w\u00fcrde nicht von Oculomotoriusl\u00e4hmung (Pupillenstarre und Ptosis) begleitet gewesen sein. Bei L\u00e4sion der Cor pp. q u adrigem in a w\u00fcrden trotz Pupillenstarre und Blindheit die allgemeinen Bewegungsst\u00f6rungen gefehlt haben. Letztere w\u00fcrden dagegen bei einem Tumor der Hirnschenkel oder des Pons viel lebhafter gewesen sein. In allen jenen F\u00e4llen liefse sich die auf L\u00e4sion des Stirnhirns beruhende Stupidit\u00e4t nur durch aufserordentlich weite Ausdehnung des Tumors er kl\u00e4ren.\tFraenkel (Dessau).","page":452}],"identifier":"lit30067","issued":"1896","language":"de","pages":"450-452","startpages":"450","title":"W. von Bechterew: \u00dcber den Einflu\u00df des Hungerns auf die neugeborenen Tiere, insbesondere auf das Gewicht und die Entwickelung des Gehirns. Neurol. Centralbl. XIV. No. 18. S. 810-817. 1895. (Vergl. Dr. B. Bouchaud: De la mort par inanition et \u00e9tudes exp\u00e9rimentales sur la nutrition chez le nouveau-n\u00e9. Paris 1864)","type":"Journal Article","volume":"11"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:07:47.970327+00:00"}