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{"created":"2022-01-31T15:14:12.440315+00:00","id":"lit30083","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Witasek","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 11: 464-469","fulltext":[{"file":"p0464.txt","language":"de","ocr_de":"464\nId tteraturberick t.\nnur eine hat, deren zwei Momente, n\u00e4mlich r. und \u00a3. oder r. und z., als Vertreter der richtigen und falschen F\u00e4lle in den betreffenden Formeln benutzt sind. Zum Schlufs der Abhandlung wird es behauptet, dafs vielleicht alle Momente der psychischen Vorg\u00e4nge, n\u00e4mlich das Gef\u00fchl, das Wollen und das Erkennen, alle anf\u00e4nglich in der urspr\u00fcnglichen Empfindung vorhanden sind. Die hier gemeinte Empfindung ist aber nat\u00fcrlich nicht die abstrakte der allgemeinen Psychologie, die in der Wirklichkeit nirgends zu finden ist, sondern die urspr\u00fcngliche Empfindung des undifferenzierten Bewufstseins.\nStudies from the Princeton Laboratory. Psychol. Bev. II. 3. S. 236 bis 276. (1895.)\nI.\tJ. Mark Baldwin and W. J. Shaw: Memory for square size.\nII.\tH. C. Warren and W. J. Shaw; Further experiments on memory for square size.\nDie Versuche, \u00fcber welche die beiden Arbeiten berichten, wurden unternommen, um den Einflufs der abgelaufenen Zeit auf die Genauigkeit des Gr\u00f6fsenged\u00e4chtnisses zu bestimmen. Sie wurden zun\u00e4chst nach folgenden beiden Methoden ausgef\u00fchrt : Den versammelten Versuchspersonen (ca. 225 an Zahl) wurde ein \u201eNormalquadrat\u201c und dann, nach Ablauf der bestimmten Zeit, 1. eine Gruppe anderer Quadrate von verschiedenen Gr\u00f6fsen gezeigt, unter denen das mit jenem gleich grofse zu bestimmen war, oder 2. ein einziges, um 20 mm gr\u00f6fseres Quadrat gezeigt und gefragt, wie sich die Gr\u00f6fse desselben zu der des Normalquadrates verhalte. Zwei- und nicht eindimensionale Gebilde wurden verwendet, um dem st\u00f6renden Einflufs der dem Ged\u00e4chtnis in der Hegel ziemlich gel\u00e4ufigen L\u00e4ngeneinheit zu entgehen. (Wird denn dieser Einflufs durch die Quadratseite nicht gerade wieder erm\u00f6glicht?) Von den so erhaltenen [Resultaten sind die der zweiten Methode durchgehends um 20% g\u00fcnstiger; doch verlaufen die ihnen entsprechenden Kurven ziemlich parallel, indem sie von 0' bis 10' steil, von 10' bis 20' sachter und von 20' bis 40' wieder steiler abfallen. Die Verschiedenheit der Ergebnisse f\u00fchren die Verfasser zum Teil auf die Natur der Fragestellungen zur\u00fcck, gem\u00e4fs welcher bei der ersten Methode sowohl Zu- als Abnahme der Gr\u00f6fse des Quadrates im Ged\u00e4chtnis zu falschem Urteil f\u00fchren, w\u00e4hrend das bei der zweiten blofs bei merklicher Zunahme der Fall ist ; zum Teil aber auch auf den st\u00f6renden Einflufs des simultanen Gr\u00f6fsenkontrastes, der sich bei der ersten Methode einstellt. Ersteres beeintr\u00e4chtigt die Genauigkeit der zweiten, letzteres die der ersten Methode. Um beiden M\u00e4ngeln auszuweichen, wurden die Versuche nach dem Verfahren der Schwellenbestimmungen fortgesetzt, und zwar so, dafs immer nach Ablauf der bestimmten Zeit das mit dem Normalquadrat eben noch f\u00fcr gleich gehaltene Quadrat gesucht wurde. Dadurch wird es einerseits unn\u00f6tig, der Versuchsperson gleichzeitig mehrere Quadrate zu zeigen, andererseits aber auch erm\u00f6glicht, eine Ver\u00e4nderung des Ged\u00e4chtnisbildes","page":464},{"file":"p0465.txt","language":"de","ocr_de":"L\u00fcteraturbericht.\n465\nnach, beiden Seiten zu verfolgen. Wie es mit den Resultaten dieser Methode steht, l\u00e4fst sich jedoch aus dem Berichte nicht ganz unzweideutig entnehmen. Sie sind zweimal besprochen, aber die beiden Angaben widersprechen sich, soweit ich sehe. Zuerst heilst es n\u00e4mlich : \u201e ... Man findet einen wesentlichen Unterschied, ob das zweite Quadrat gr\u00f6fser oder kleiner war. F\u00fcr ein Intervall von 10' war die Schwelle 8 mm, wenn das zweite kleiner war, w\u00e4hrend sie 5 mm betrug, wenn das zweite gr\u00f6fser war; f\u00fcr 20' war die Schwelle ein wenig geringer als 8 mm, wenn die zweite kleiner war, und weniger als 0' (eine negative G-r\u00f6fse), wenn das zweite gr\u00f6fser war.\" Daraus ergiebt sich doch klar und deutlich, dafs das zuerst gezeigte Quadrat in der Erinnerung kleiner wird. Nun heilst es aber unmittelbar darauf: \u201eWenn zwei Quadrate von gleicher Gr\u00f6fse getrennt durch ein Intervall von 204 gezeigt wurden, so wurde das zweite f\u00fcr kleiner gehalten\u201c, das heilst also (in der Ausdrucksweise der Verfasser), dafs das erste zugenommen habe. Und diese Zunahme ergiebt sich nun aus der ganzen weiters vollst\u00e4ndig reproduzierten Tabelle \u00fcber die Versuche und ist auch im sp\u00e4teren Verlauf der Arbeit festgehalten. Ob in dem eben zitierten Passus ein merkw\u00fcrdiger Druckfehler vorliegt oder ein MifsVerst\u00e4ndnis, vielleicht meinerseits, weifs ich nicht. Befremdlich erscheint er auch noch dadurch, dafs nach seinen Angaben, wie sich durch einfache Rechnung ergiebt, bei dem Intervall von 10' die von dem Fehler der Zeitlage (der \u201eZunahme\u201c, resp. \u201eAbnahme\u201c des Erinnerungsbildes) gereinigte Schwelle 6,5 mm, bei 20' Intervall jedoch 8,5 mm betr\u00e4gt, also eine Steigerung der Unterschiedsempfindlichkeit! Wie dem immer sei, die Verfasser bleiben schliefslich bei der Ansicht, es ergebe sich aus den Versuchen ein \u201eWachsen\u201c des zuerst gezeigten Quadrates in der Erinnerung, und geben nun f\u00fcr diese Erscheinung auch eine Erkl\u00e4rung. Dieselbe st\u00fctzt sich auf das WEBERSche Gesetz und besagt im wesentlichen Folgendes: Wenn ich zum Zweck der Konstatierung des Gr\u00f6fsenverh\u00e4ltnisses des zweiten Quadrates zum Normal quadrat dieses letztere reproduziere, so kann als solche Reproduktion jedes vorgestellte Quadrat gelten, dessen Gr\u00f6fse innerhalb des Gebietes unmerklicher Verschiedenheit von dem Normalquadrat liegt; da aber dieses Gebiet nach oben gr\u00f6lser ist als nach unten, so wird der Durchschnitt aller dem-gem\u00e4fs m\u00f6glichen Quadrate, der dem Vergleiche zu Grunde gelegt werden mufs, naturgem\u00e4fs gr\u00f6fser sein, als das Normalquadrat, demnach der Effekt der sein, als w\u00e4re dieses letztere in der Erinnerung gewachsen. \u2014 Diese Erkl\u00e4rung scheint mir, abgesehen von anderen aus der Beobachtung und theoretischen Betrachtung des ganzen in Rede stehenden psychischen Vorganges gesch\u00f6pften Bedenken, schon deshalb unbrauchbar, weil sich nach ihr eine viel zu kleine, eben noch innerhalb der Grenzen unmerklicher Verschiedenheit liegende Zunahme des Normalquadrates in der Erinnerung berechnen w\u00fcrde, die \u00fcberdies von der Dauer der abgelaufenen Zeit unabh\u00e4ngig sein m\u00fcfste. Doch ist es ja noch ganz unaufgekl\u00e4rt, in welcher Weise diese Ver\u00e4nderungen der Ged\u00e4chtnisdaten in der Erinnerung \u00fcberhaupt zu verstehen sind; mit den Ausdr\u00fccken \u201eWachsen\u201c, \u201eAbnehmen\" ist der Vorgang gewifs nur sehr \u00e4ufserlich gekennzeichnet. Und so mufs man wohl sagen, dafs sich die im \u00fcbrigen sorgf\u00e4ltigen und\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XI.\t80","page":465},{"file":"p0466.txt","language":"de","ocr_de":"466\nLitter aturb er icht.\nmit so reichen Mitteln ausgef\u00fchrten Versuche doch nur auf der Oberfl\u00e4che des Problems bewegen.\nIII. J. Mark Baldwin: The effect of size-contrast upon judgments of position in the retinal field.\nIn den beiden eben besprochenen Arbeiten hat sich wieder der im allgemeinen schon l\u00e4ngst bekannte Gr\u00f6fsenkontrast bemerkbar gemacht. B. versucht nun eine quantitative Bestimmung desselben. Dabei geht er von dem Gedanken aus, dafs der Einflufs von benachbarten Quadraten, aufeinander zu messen sei durch ihren Gesamteinflufs auf die Sch\u00e4tzung irgend einer Distanz ; als solche bietet sich am nat\u00fcrlichsten die zwischen den beiden Quadraten liegende dar, und irgend eine regelm\u00e4fsige Variation, z, B. in der Halbierung dieser Distanz, m\u00fcfste auf Rechnung der parallelen Variation des Gr\u00f6fsenverh\u00e4ltnisses der Quadrate gesetzt werden. Auf diesem Wege wird nat\u00fcrlich einiges \u00fcber die Faktoren ermittelt, die auf die Halbierung von Strecken Einflufs nehmen; wie er aber etwas zur Beantwortung der Ausgangsfrage beitragen soll, ist, soweit ich sehen kann, nicht zu entdecken. H\u00f6chstens unter der keineswegs allzu plausiblen Voraussetzung, dafs die durch den Kontrast hervorgerufene Beeinflussung der scheinbaren Quadratgr\u00f6fsen in der Weise platzgreift, dafs die dem kleineren Quadrate gegen\u00fcberliegende Seite des gr\u00f6fseren in der Richtung gegen dieses herausr\u00fcckt und sich die des kleineren in derselben oder entgegengesetzten Richtung aber in anderem Ausmafse verschiebt, l\u00e4fst sich diese Versuchsanordnung zur Untersuchung der Ausgangsfrage verwerten. Ob jedoch diese Interpretation im Sinne des Verfassers ist, kann aus seinen Mitteilungen nicht entnommen werden. Er \u00e4ufsert sich \u00fcber die Verbindung, in welcher seine Versuche mit der Frage stehen, nicht, sondern hat wie mir scheint, im Verlauf der Arbeit seine Ausgangsfrage vergessen und sich mit den direkten Ergebnissen der Experimente begn\u00fcgt.\nZur Ausf\u00fchrung dieser Experimente wurden der Versuchsperson aus einiger Entfernung auf dunklem Hintergr\u00fcnde die beiden Quadrate gezeigt, auf deren mit einer Millimetereinteilung versehenen Verbindungs-Geraden eine Nadel langsam hin und her ging, die von ihm in jedem Punkte ihrer Bahn elektromagnetisch festgehalten werden konnte. Die Versuche wurden nun nach drei im wesentlichen nicht sehr verschiedenen Methoden durchgef\u00fchrt: 1. Die Versuchsperson verfolgt mit den Augen die schwingende Nadel und h\u00e4lt sie in dem Augenblick, da sie ihr den Halbierungspunkt zu passieren scheint, fest (Approach Method). 2. Die Versuchsperson sucht unabh\u00e4ngig von der schwingenden Nadel den Halbierungspunkt auf und wartet dann mit ruhendem Auge, bis ihn die Nadel passiert, um sie dann dort festzuhalten (Fixation Method). 3. \u00dcber jeden der nach einem der beiden ersten Methoden gewonnenen Halbierungspunkte wurde, nachdem die Nadel fixiert war, ein zweites Urteil gefordert (Rectification Method), das aber nur in ein F\u00fcnftel der Gesamtzahl (d. i. 1928) eine \u00c4nderung brachte. \u2014 Die so gewonnenen Resultate stimmen fast ausnahmslos darin \u00fcberein, dafs der Halbierungspunkt zu weit von dem gr\u00f6fseren Quadrate angesetzt wurde, und zwar um so weiter, je. gr\u00f6fser der Unterschied zwischen beiden war; dabei war der Fehler ge-","page":466},{"file":"p0467.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n467\nwohnlich gr\u00f6fser, wenn sich die Nadel im Sinne des Fehlers bewegte. (K\u00f6nnte das nicht der Vernachl\u00e4ssigung der Reaktionszeit zugeschrieben werden?) Bemerkenswert ist ferner, dafs, wie sich aus den Versuchen zu ergeben scheint, die Genauigkeit der Teilvergleichung an der Strecke durch die Augenbewegung durchaus nicht gef\u00f6rdert wird; doch braucht es gewifs genauerer Analyse des Falles, um ihn den Beweisen fiir oder gegen den Einflufs der Augenbewegung auf die Ausmessung des Sehfeldes anzureihen.\nIV.\tJ. Mark Baldwin (und W. J. Shaw): Types of reaction.\nDie Arbeit berichtet eingangs \u00fcber eine ziemliche Anzahl von Reak^ tionsversuchen. Ihr Schwerpunkt liegt aber nicht im experimentellen Teil. Dieser giebt nur den Anstofs zur Aufstellung einer Hypothese \u00fcber das Wesen der verschiedenen Reaktionsarten, und zwar zun\u00e4chst durch den Umstand, dafs er wieder einmal F\u00e4lle enth\u00e4lt, in denen gegen\u00fcber der motorischen die sensorische Reaktion verk\u00fcrzt erscheint. Vor allem weist Verfasser den Gedanken zur\u00fcck, durch den sich Wundt mit solchen F\u00e4llen abzufinden sucht. Dabei begegnet ihm zwar, wie ich glaube, ein kleines Mifsverst\u00e4ndnis ; denn Wundt meint ja mit seiner \u201eAnlage\u201c gewifs nicht eine urspr\u00fcngliche Verschiedenheit in der psychischen Organisation der Individuen, sondern nur die Thatsache, dafs es das eine Individuum mehr, das andere weniger in seiner Gewalt, in \u00dcbung hat, willk\u00fcrlich m\u00f6glichst rein motorisch oder sensorisch zu reagieren. In der Conclusio der Opposition gegen Wundt wird man B. aber auch so ganz gern zustimmen; denn was sollte dazu berechtigen, allen den vielen, die die strittige Reaktionsweise zeigen, die n\u00f6tige \u00dcbung von vornherein abzusprechen? Gleichwohl giebt B. zu, dafs in einigen F\u00e4llen die Konzentration der Aufmerksamkeit auf die auszu^ f\u00fchrende Bewegung dieselbe erleichtert und ihre Ausf\u00fchrung beschleunigt. Ebensosehr aber zeige die Erfahrung, dafs in anderen F\u00e4llen gerade dieser Bewufstseinszustand verwirrt und die Bewegung sch\u00e4digt. Es ist nun der Gesichtspunkt zu suchen, von dem aus diese beiden einander widersprechenden Thatsachen gleichm\u00e4fsig verst\u00e4ndlich sind. B. glaubt ihn auf Grund von Erfahrungen aus dem Gebiete der Aphasie gefunden zu haben. Die Unterscheidung von Typen, zu der die Beobachtung dieses pathologischen Zustandes bekanntlich gef\u00fchrt hat, soll die L\u00f6sung der Frage bieten. Gerade so n\u00e4mlich, wie die Sprachbewegung bei einem bestimmten Typus, z. B. dem visuellen, dann am sichersten von statten geht, wenn der diesem Typus Angeh\u00f6rende sein Wollungsobjekt, die Aussprache der W\u00f6rter, unter Mitwirkung von Gesichtsvorstellungen, also allenfalls der Schriftzeichen, denkt \u2014 physiologisch ausgedr\u00fcckt, wenn das motorische Zentrum von dem Sehzentrum aus angeregt wird \u2014 ebenso werden auch alle anderen Bewegungen bei diesem Typus unter Mitwirkung der Gesichtsvorstellungen am promptesten zur Ausf\u00fchrung gelangen, bei dem motorischen dagegen unter Mitwirkung kin\u00e4sthetischer Vorstellungen u. s. w. Bei jenem wird also die sensorielle, bei diesem die motorische Reaktion die k\u00fcrzere sein. \u2014 Das ist das Wesentliche der Hypothese Baldwins.\nV.\tH. C. Warben: Sensations of rotation.\n30*","page":467},{"file":"p0468.txt","language":"de","ocr_de":"468\nLitter aturbericht.\nWie werden einander widersprechende Angaben verschiedener Sinne miteinander vereinigt? Diese Frage untersucht W. auf dem G-ebiete der Wahrnehmung von Rotationsbewegung unseres eigenen K\u00f6rpers. Die beiden dabei in Betracht kommenden Sinne sind nat\u00fcrlich der Gesichts-und der sogenannte Rotations- (Bewegungs)-Sinn. Leider beh\u00e4lt der Verfasser seine Fragestellung nicht gen\u00fcgend im Auge und bringt dadurch einige Unklarheit in seine Arbeit. \u2014 Im ersten Fall, den er betrachtet, kommt es zu gar keinem Konflikt von Sinnesdaten, weil die dabei auftretenden Gesichtswahrnehmungen ein Urteil \u00fcber Bewegung oder Ruhe des eigenen K\u00f6rpers nicht erm\u00f6glichen. Die Versuchsperson liegt n\u00e4mlich im Dunkelzimmer r\u00fccklings auf einem Rotationsbrett und sieht verm\u00f6ge der schwachen Beleuchtung des Raumes gerade nur noch weifse, an der Wand angebrachte Streifen durch die Dunkelheit scheinen, sonst aber gar nichts. Wenn nun die Streifen durch das Gesichtsfeld der Versuchsperson gehen, so kann diese auf Grund der Angaben des Gesichtssinnes allein nicht sagen, ob es infolge einer Bewegung der Streifen oder einer Bewegung der Augen respektive des eigenen K\u00f6rpers erfolgt ist, und erst die Angaben des Rotationssinnes k\u00f6nnen sie dar\u00fcber belehren; thats\u00e4chlich hat sich auch ergeben, dafs die Versuchsperson nicht den eigenen Zustand nach dem Gesehenen beurteilt, sondern umgekehrt das Gesehene nach den vom Bewegungssinn gebotenen Empfindungen interpretiert. Dieser Fall pafst also eigentlich gar nicht unter die obige Problemstellung. Ebensowenig geh\u00f6rt es hierher, wenn W. betont, dafs f\u00fcr den Fall gleichsinniger Aussagen beider Sinnesgebiete die Empfindungen (es ist wohl die Sicherheit des Urteils damit gemeint) sich verst\u00e4rken. Hingegen wird eine wichtige, hierher geh\u00f6rige und von W. bei den Versuchen gefundene Thatsache zu kurz abgethan: Die Empfindung einer entgegengesetzten Bewegung, die eintritt, sobald eine wirkliche Bewegung aufh\u00f6rt, wird durch den Einflufs der ihr widersprechenden Gesichtsempfindung unterdr\u00fcckt, jedoch nur dann, \u201ewenn der Konflikt nicht zu grofs ist\u201c. Die Mitteilung ist zu knapp, um ein gen\u00fcgendes Verst\u00e4ndnis zu vermitteln; wie ist das \u201eunterdr\u00fccken\u201c zu verstehen? Und was geschieht, wenn eben der Konflikt ein gr\u00f6fserer wird ? Eine psychologische Analyse der bekannten Erscheinungen des Drehschwindels w\u00e4re hier doch gewifs sehr am Platze gewesen. \u2014 Einiges zur Beantwortung der Ausgangsfrage tr\u00e4gt erst die interessante Beobachtung bei, dafs eine in der oben angegebenen Lage der Versuchsperson vor sich gehende Rotationsbewegung bei gewisser Geschwindigkeit die Empfindung einer progressiven Bewegung erzeugt, auch w\u00e4hrend der Gesichtssinn mit aller Deutlichkeit die Rotation erkennen l\u00e4fst. Es ergiebt sich also aus diesem Fall, dafs die beiden einander widersprechenden Sinneswahrnehmungen ganz ungest\u00f6rt nebeneinander bestehen bleiben und einander gar nicht beeinflussen; und wenn die Versuchsperson \u00fcberzeugt ist, sich in rotierender und nicht in progressiver Bewegung zu befinden, so st\u00f6rt das die Empfindung des Bewegungssinnes gar nicht; dieselbe beh\u00e4lt die Qualit\u00e4t der Empfindung einer progressiven Bewegung; jene \u00dcberzeugung ist aber auch ganz und gar nicht direkt aus den Empfindungen gesch\u00f6pft, sondern st\u00fctzt sich auf andere Urteile, die mit den","page":468},{"file":"p0469.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n469\nEmpfindungen nur in einem sehr indirekten Zusammenhang stehen. \u2014* Ob diese Interpretation des Falles im Sinne W.\u2019s ist, weifs ich nicht; er macht dar\u00fcber, wie er ihn versteht, keine Andeutung. Daf\u00fcr verwendet er ihn und, wie ich glaube, mit Recht als Beweis f\u00fcr die Ansicht, dafs das Organ des Bewegungssinnes nur im Kopfe liegen und nicht durch das gesamte vasomotorische System dargestellt sein k\u00f6nne.\nWitasek (Graz).\nJames Maek Baldwin. The Origin of a \u2018Thing\u2019 and its Nature. Psychol. Bev. Bd. II. S. 537-574. 1895.\nVerfasser er\u00f6rtert den Begriff eines Dinges von den Standpunkten der Vergangenheit und der Zukunft der Entwickelung dieses Begriffes aus. Er behauptet, dafs die historischen oder retrospektiven Kategorien nicht gen\u00fcgen, die Bedeutung des Dingbegriffes zu ersch\u00f6pfen. Dazu mufs man die teleologischen oder prospektiven Kategorien den historischen hinzuf\u00fcgen. Zun\u00e4chst unterscheidet der Verfasser den Ursprung von dem Wesen des Dinges, wir fragen nicht nur Wie und Woher, sondern auch Was. Die Frage, was ist ein Ding, ist nur durch eine Analyse des Handelns des Dinges zu beantworten, und wenn die Frage eine Organisation betrifft, m\u00fcssen wir, um Antwort zu bekommen, nicht nur das vorangegangene, sondern auch das zuk\u00fcnftige Handeln der Organisation in Betracht ziehen. Die letztere Betrachtungsweise ist nat\u00fcrlich nicht analytisch, und der Naturforscher l\u00e4fst sich von dem Vertreter der Geisteswissenschaften dadurch unterscheiden, dafs jener analysiert, um zu erkl\u00e4ren, w\u00e4hrend dieser der teleologischen und synthetischen Betrachtungsweise bedarf. \u201eDie Organisation\u201c, schrieb Aristoteles, \u201emacht sich in der Erfahrung allein niemals bekannt.\u201c Der Naturforscher konstruiert die Dinge retrospektiv und betrachtet eine Organisation als ein Ding, das einen Verlauf schon erfahren hat und gegenw\u00e4rtig als ein totes Ding der Vergangenheit angesehen werden kann. Ebenso sind alle durch die Thatbest\u00e4nde eines Dinges allein sich vollziehenden Erkl\u00e4rungen unzul\u00e4nglich, insofern sie nur die retrospektiven Kategorien des Denkens gebrauchen k\u00f6nnen. \u201eEntweder beruht der Begriff der Realit\u00e4t nicht auf ihrem Handeln, oder die problematischen, auf eine progressive Entwickelung begr\u00fcndeten Urteile sind der Organisation ebenso wesentlich, wie die Urteile, die auf den Ursprung und die Geschichte der Realit\u00e4t begr\u00fcndet werden\u201c.\nDer Verfasser gebraucht als Beispiel das kosmologische Argument f\u00fcr das Dasein Gottes. Wenn wir einmal zugeben, dafs die Natur des Dinges in seinem vorangegangenen Handeln vollst\u00e4ndig ausgedr\u00fcckt ist, dann ist die Vermutung ebenso wahrscheinlich, dafs eine Organisation ohne einen Planmacher Vorkommen kann, wie die Thatsache, dafs sie schon vorgekommen ist. Der Intuitionist behauptet, dafs auf der Basis der Allgemeing\u00fcltigkeit gewisser Kategorien wir das zuk\u00fcnftige Handeln des Dinges vorher wissen k\u00f6nnen. Dagegen leugnet der Evolutionist, dafs wir intuitiv von etwas, was in der Zukunft geschehen mufs, mit","page":469}],"identifier":"lit30083","issued":"1896","language":"de","pages":"464-469","startpages":"464","title":"Studies from the Princeton Laboratory [I. J. Mark Baldwin and W. J. Shaw: Memory for square size / II. H. C. Warren and W. J. Shaw: Further experiments on memory for square size / III. J. Mark Baldwin: The effect of size-contrast upon judgments of position in the retinal field / IV. J. Mark Baldwin (and W. J. Shaw): Types of reaction / V. H. C. Warren: Sensations of rotation]. Psychol. Rev. II. 3. S. 236 bis 276. 1895","type":"Journal Article","volume":"11"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:14:12.440320+00:00"}