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{"created":"2022-01-31T15:04:15.719290+00:00","id":"lit30091","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Fraenkel","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 11: 475-476","fulltext":[{"file":"p0475.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n47 5\nPrinzips der Psychogenese zu l\u00f6sen. Der Mensch, handelt erstens nach freier Wahl, und Wahl schliefst Selbstbestimmung in sich. Zum anderen aber ist das w\u00e4hlende Individuum infolge des Einflusses von Vererbung und Milieu mechanischen Gesetzen unterworfen. Diese Gegens\u00e4tze sind nur durch die Anwendung des erw\u00e4hnten Prinzips vereinbar. Die Seele ist \u201eein selbstth\u00e4tiges Prinzip, dessen Gesetz Entwickelung eines selbst-bewufsten und selbstbestimmenden Lebens von der blofsen Potentialit\u00e4t zur Aktualit\u00e4t ist\u201c. Alle seelische Th\u00e4tigkeit ist im wesentlichen teleologischer Natur, und von diesem Gesichtspunkte aus ist der genannte Mechanismus nur das zweckm\u00e4fsige Mittel der selbstbestimmenden Seele.\nFriedrich Kiesow.\nC. S. Freund. \u00dcber psychische L\u00e4hmungen. Neurol Centralbl. XIV. No. 21. S. 938\u2014946. 1895.\nDie Bezeichnung psychische L\u00e4hmung ist f\u00fcr viele F\u00e4lle von sog. funktioneller, resp. dynamischer L\u00e4hmung zutreffender, als die \u201ehysterische L\u00e4hmung\u201c, die zwar auch eine psychische ist, bei der es sich aber nicht um intellektuelle St\u00f6rung, sondern um abnorme Reizbarkeit und j\u00e4hen Stimmungswechsel handelt, hinter welchen Zust\u00e4nden\n\u2014\t\u201edem eigentlichen Wesen der Hysterie \u2014 eine unbegrenzte Zahl k\u00f6rperlicher Erscheinungen sich verbirgt\u201c.\n\u201eDie psychische L\u00e4hmung ist eine zentrale und als solche eine L\u00e4hmung bestimmter Bewegungsformen, aber nicht einzelner Muskeln\u201c\n\u2014\twobei die Bewegungen in der Form ausfallen, wie sie durch die Erfahrung erworben wurden. \u2014 Willk\u00fcrliche Bewegungen sind eben nichts anderes, als der \u00e4ufsere Ausdruck gewisser Vorstellungen, d. h. Erfahrungen.\nBez\u00fcglich der Erwerbung der letzteren folgt Verfasser der Darstellung von H. Sachs \u00c7Bau und Th\u00e4tigkeit des Grofshirns u. s. w. 1893) von der Assoziation der \u201eRindeneinheiten\u201c und dessen Gesetz von der konstanten Menge der psychischen Energie, dem auch die Bewegungs vor Stellungen unterstehen, als Glieder jener unz\u00e4hligen Assoziationsketten, wTelche die verschiedenen Teile unseres Gehirns verbinden. (Lediglich der Assoziation dienende Felder giebt es, beil\u00e4ufig gesagt, nicht). \u2014 Ist die Beeinflussung der Bewegungsvorstbllung, d. h. der ihr zu Grunde liegenden assoziativen Verbindungen eine gen\u00fcgend kr\u00e4ftige, so fliefst eine Erregung in die k\u00f6rperw\u00e4rts ziehenden Nervenfasern ab, und es kommt zur thats\u00e4chlichen Ausl\u00f6sung der betreffenden Bewegung, \u2014 Durch Hemmung im Bereich der Assoziationsbahn, durch ung\u00fcnstige Verteilung des begrenzten Vorrates psychischer Energie k\u00f6nnen Bewegungen unterbleiben und dementsprechend auch dauernde psychische L\u00e4hmungen sich entwickeln.\nBei anderen L\u00e4hmungsformen handelt es sich um den Ausfall anatomisch vorgebildeter Bewegungsmechanismen.\nDie lokalisierte psychische L\u00e4hmung kommt auf demselben Wege zu st\u00e4nde, wie der Erwerb der Vorstellung, also auf einer \u201eausgeschliffenen\u201c","page":475},{"file":"p0476.txt","language":"de","ocr_de":"476\nLi it\u00e9ra turberich t.\nAssoziationsbahn, meist durch einen Beiz von der Peripherie, z. B. durch Stofs auf den Daumen und auf das Gehirn fortgeleiteten Chok, durch Schreck; sie sch\u00e4digt die Assoziationsfasern, die durch die Erfahrung verkn\u00fcpft sind.\nDie lokalisierte cerebrale L\u00e4hmung entsteht durch einen (anatomischen) Herd, wobei gleichfalls Assoziationsst\u00f6rungen stattfinden k\u00f6nnen, z. B. optische Aphasie \u2014 auf Grund der unmittelbaren anatomischen Nachbarschaft der Assoziationsfasern. Bei der lokalisierten psychischen L\u00e4hmung k\u00f6nnen aber die physiologisch zusammengeh\u00f6rigen Assoziationsfasern den verschiedensten Teilen des G-rofshirns angeh\u00f6ren.\nDas Wichtige bei diesen Erkrankungen ist die abnorme Verteilung der Spannung in den einzelnen Assoziationsfasern. Der pathologisch verminderten Spannung in einzelnen Gruppen entspricht vermehrte Spannung in anderen; dort L\u00e4hmung, An\u00e4sthesie, Amnesie, hier Kontraktur, Hyper\u00e4sthesie, Zwangsvorstellung.\nSchliefslich m\u00f6gen noch die letzten S\u00e4tze des Vortragenden hier Platz finden.\n\u201eDer wesentliche Unterschied zwischen den bisherigen Untersuchungen (Charcot, Moebius, Janet, Ereud u. A.) und unserer (Sachs und der Verfasser) Auffassung besteht darin, dais wir uns im Gegensatz zu der rein psychologischen Erkl\u00e4rung auf den Boden anatomischer That-Sachen gestellt haben.a \u2014 \u201eUnserer Auffassung zufolge korrigiert sich ein Satz, der bisher als Fundamentalsatz der physiologischen Psychologie galt, dahin: Das Organ des Intellektes ist nicht die Grofshirnrinde im allgemeinen, sondern die Assoziationsfaserung.\nFraenkel (Dessau).\nPatten. The Theory of social forces. Supplement to the annals of the American Academy of Political and Social Science. Philadelphia. Jan. 1896. 151 S.\nDas Studium der Entwickelungsgeschichte kann von zwei Seiten her begonnen werden: einmal von seiten der Biologie durch vergleichend\u00bb anatomische Untersuchungen der ganzen organischen Entwickelungsreihe. Dies ist der induktive Weg. Oder man verf\u00e4hrt deduktiv, indem man aus den Bedingungen, denen die Entwickelung der Organismen unterliegt, also aus den Ursachen der Evolution, auf den Gang dieser selbst schliefst. Diese Bedingungen liegen einzig und allein in der Beschaffenheit der die Organismen umgebenden Welt. Indem jedes Lebewesen nach einer Umgebung trachtet, die ihm m\u00f6glichst wenig des Sch\u00e4dlichen und m\u00f6glichst viel des N\u00fctzlichen bietet, wird es gen\u00f6tigt, seinen k\u00f6rperlichen und geistigen Mechanismus solchem Zwecke gem\u00e4fs immer weiter auszubilden. Die Ursachen der Evolution beruhen somit in letzter Hinsicht auf wirtschaftlichen Prinzipien; diese ihrem Wesen nach n\u00e4her zu bestimmen, ist Aufgabe des Verfassers.\nBei den niedersten, statischen, d. h. an ihren Ort gebundenen, Organismen gen\u00fcgt eine Vervollkommnung ihrer k\u00f6rperlichen Leistungs-","page":476}],"identifier":"lit30091","issued":"1896","language":"de","pages":"475-476","startpages":"475","title":"C. S. Freund: \u00dcber psychische L\u00e4hmungen. Neurol. Centralbl. XIV. No. 21. S. 938-946. 1895","type":"Journal Article","volume":"11"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:04:15.719296+00:00"}