Open Access
{"created":"2022-01-31T15:04:06.502194+00:00","id":"lit30095","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Abelsdorff, Georg","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 14: 77-90","fulltext":[{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus der physikalischen Abteilung des Physiologischen Instituts\nzu Berlin.)\nDie ophthalmoskopische Erkennbarkeit\ndes Sehpurpurs.\nVon\nDr. Georg Abelsdoref in Berlin.\n(Hierzu lafel I.)\nUnter den lichtempfindlichen Organen der Tierwelt zeigen den niedrigsten Grad der Yollkommenheit die kleinen Pigment-flecke (Ocellen), welche bei manchen Medusen gewissermafsen als; Vorstufe von Augen vorhanden sind und einen Komplex fadenf\u00f6rmiger Zellen, die von pigmentierten Epithelzellen umgeben sind, darstellen. Zur Deutung und Bezeichnung dieser Gebilde als \u201eAugenfleck\u201c war wohl die Ansammlung von Pigment wesentlich bestimmend. Denn in der That, wenn man die Reihe der Wirbellosen in ihrer aufw\u00e4rts schreitenden Entwickelung \u00fcberblickt, so werden zwar Verteilung und Funktion der Farbstoffe im Auge komplizierter, charakteristisch bleibt aber der Reichtum desselben an Pigmenten.\nDafs auch die h\u00f6chst entwickelten Sehzellen des Wirbeltierauges durch den Besitz von Farbstoffen ausgezeichnet sind, ist eine Erkenntnis, die sich erst verh\u00e4ltnism\u00e4fsig sp\u00e4t Bahn gebrochen hat. In den Innengliedem der Zapfen wurden farbige \u00d6lkugeln bei Reptilien und V\u00f6geln von Hannover zuerst beschrieben (1840). Trotzdem im Gegens\u00e4tze hierzu die St\u00e4bchen fast aller Wirbeltieraugen gef\u00e4rbt sind, wurde erst mehrere Jahrzehnte sp\u00e4ter ihre Purpurfarbe von Boll entdeckt (1876) und als Substrat derselben ein in den Aufsengliedem der St\u00e4bchen enthaltener Farbstoff, der Sehpurpur, von K\u00fchne","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\nGeorg Abelsdorff.\nisoliert. Die stoken Hoffnungen, die Boll an seine Entdeckung kn\u00fcpfte, verwirklichten sich .nicht. Es zeigte sich bald, dafs weder eine einfache Deutung der Funktion de\u00ae Sehpurpurs m\u00f6glich, noch der Sehpurpur mit dem Augenspiegel erkennbar sei. Boll hatte gemeint, man k\u00f6nnte nun den eingetretenen Tod beim Menschen schon durch einen B\u00fcck mit dem Augenspiegel aus dem Fehlen des Augenrots erkennen. So richtig die Thatsache an sich ist, dafs mit dem Aufh\u00f6ren der Zirkulation die rote Farbe des Augengrundes erblafst, so war jener Ausspruch doch in zwiefacher Beziehung irrig: erstens ist die Purpurfarbe der Netzhaut von dem Bestehen der Zirkulation und Atmung unabh\u00e4ngig und widersteht kadaver\u00f6sen Prozessen, zweitens ist der Sehpurpur beim Menschen gar nicht mit dem Augenspiegel erkennbar. Die wenigen Beobachtungen, im welchen die ophthalmoskopische Diagnose des Sehpurpurs behauptet wurde, waren durch den Wunsch der Wahrnehmung veranlafst worden und beruhten auf T\u00e4uschung.\nTrotz der Bedeutung, die sowohl in physiologischer als in pathologischer Beziehung der ophthalmoskopischen Erkennbarkeit des Sehpurpurs zuk\u00e4me, nahm man bald von weiteren Versuchen in dieser Richtung mit einer gewissen Berechtigung Abstand. Die anfangs herrschende Begeisterung f\u00fcr die Entdeckung hatte \u00fcberhaupt allm\u00e4hlicher Vergessenheit Plate gemacht. Gerade in demjenigen Sinnesorgane, dessen ad\u00e4quat\u00bb Reiz die Lichtstrahlen sind, war ein \u00e4ufsert lichtempfindlicher Farbstoff gefunden worden ; wenn irgendwo, so schien hier die Beziehung zwischen Anwesenheit der Substanz und Funktion des Organs gegeben und eine teleologische Erkl\u00e4rung nahe zu liegen. Das Fehlen des Sehpurpurs in der Fovea, der Nachweis, dafs auch des Sehpurpurs beraubte Tiere gut sehen k\u00f6nnen, liefs die Bedeutung desselben f\u00fcr das Sehen zweifelhaft oder zum mindesten untergeordneter, als zuerst vermutet worden, erscheinen. Der Name des Sehpurpurs verschwindet fast g\u00e4nzlich aus der Litteratur, erst neuerdings 'wurde er der unverdienten Vergessenheit entzogen, und seine Funktion durch die Arbeiten von Ebbinghaus, K\u00f6nig, v. Keies und Parinaud klarzustellen gesucht. Ich selbst wurde hierdurch angeregt, mich mit der bereits scheinbar beantworteten Frage der ophthalmoskopischen Erkennbarkeit des Sehpurpurs noch emmal zu besch\u00e4ftigen, und habe gezeigt, dafs es m\u00f6glich ist, dm","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"Die ophthalmoskopische Erkennbarkeit des Sehpurpurs.\n79\nSehpurpur mit dem Augenspiegel wahrzunehmen und so sein Verhalten w\u00e4hrend des Lebens unmittelbar zu beobachten.1 Ich bann jetzt jene kurze Mitteilung in mehrfacher Beziehung vervollst\u00e4ndigen und bin durch die Liebensw\u00fcrdigkeit des Herrn B*. Greeff in Stand gesetzt, das in Betracht kommende Augenspiegelbild durch Zeichnungen zu erl\u00e4utern. Die Unterst\u00fctzung Dr. Greeffs war mir dadurch besonders wertvoll, dafa derselbe die Abbildungen nach eigener Anschauung anfertigte und so eine willkommene Best\u00e4tigung meiner Beobachtungen lieferte. Dank der g\u00fctigen Erlaubnis des Herrn Prof. A. K\u00f6nig konnte ich alle Versuche in der physikalischen Abteilung des Berliner physiologischen Instituts anstellen.\nDie ophthalmoskopische Sichtbarkeit des Sehpurpurs in besonderen F\u00e4llen erschliefst sich leicht dem Verst\u00e4ndnis, wenn man sich zun\u00e4chst die Hindernisse, welche dieselbe gew\u00f6hnlich unm\u00f6glich machen, vergegenw\u00e4rtigt.\nHaben die in das menschliche Auge eingetretenen Lichtstrahlen die St\u00e4bchen passiert, so werden sie zum Teil vom Pigment absorbiert, die \u00fcbrigen Strahlen werden, da das Pigmentepithel beim Menschen von reflektierenden Substanzen wie Fetttropfen oder Myeloidk\u00f6rnem frei ist, erst von den Geffifsen der Ad erbaut und Lederhaut diffus reflektiert, sie haben also beim Austritt aus dem Auge eine zweimalige Absorption durch Blut erfahren. Gewifs waren dieselben Strahlen auch zwei Mal der absorbierenden Wirkung des in den AufBen-gliedern der St\u00e4bchen gelegenen Sehpurpurs ausgesetzt, wie sollte aber die Purpurr\u00f6te von der Aderhautr\u00f6te isoliert werden k\u00f6nnen? Und doch kann durch den Blutgehalt der Aderhaut allein nicht die Unm\u00f6glichkeit der ophthalmoskopischen Erkennbarkeit des Sehpurpurs erkl\u00e4rt werden. Man er\u00f6ffne das blutleere tapetumhaltige Auge eines vorher im Dunkeln gehaltenen S\u00e4ugetiers, am besten das der Katze oder des Hundes, bei welchem die Interferenzfarben des Tapetum am wenigsten st\u00f6rend sind, und betrachte den Augengrund: der Lage des Tapetum entsprechend sieht man eine umschriebene bauchf\u00f6rmige, r\u00f6tlich schimmernde F\u00e4rbung. W\u00e4re die Farbe der\n1 \u00dcber die Erkennbarkeit des Sebpurpurs von Abramis Brama mit H\u00fclfe des Augenspiegels. Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. zu Berlin. 18. April 1885.","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80\nGeorg AbeUdorff.\nvon der St\u00e4bohenseite ans betrachteten Netzhaut nicht intensiver, so w\u00e4re der Sehpurpur wohl noch langer unentdeckt gebEeben. Wodurch wird hier die Deutlichkeit der Wahrnehmung beeintr\u00e4chtigt? Das Auge ist ann\u00e4hernd blutleer, eine Lichtabsorption durch Pigment findet ebenfalls nicht statt, da das vor dem Tapetum gelegene Retinaepithel des Pigments entbehrt. Somit sind die Bedingungen zur \u00dfeflektion der Lichtstrahlen, welche die St\u00e4bchen, also auch den Sehpurpur passiert haben, gewifs gegeben; da man letzteren bei Betrachtung des Auges von vom nur schwach hindurchschimmern sieht, so wird man zu der Vermutung gedr\u00e4ngt, dafs die absorbierende Schicht nicht hinreichend dick ist, d. h. die den Sehpurpur enthaltenden Aufsenglieder der St\u00e4bchen nicht lang genug sind.\nF\u00fcr die Richtigkeit dieser Annahme spricht auch folgendes von Cocci\u00fcs angestelltes Experiment, in welchem er die Dicke der absorbierenden Schicht dadurch vermehrte, dafs er eine Reihe von St\u00e4bchen so \u00fcbereinanderlagerte, dafs die Gesamtheit derselben einen gr\u00f6fseren Tiefendurchmesser hatte, als die L\u00e4nge eines St\u00e4bchenaufsengliedes betr\u00e4gt.1 \u201eWenn man das Auge des Stiers, der vor seinem Tode einige Stunden im Dunkeln gestanden hat, \u00a9xstirpiert und dann mittelst eines Staarmessers odes Bistouris an einer Stelle, einig\u00a9 Linien weit hinter der Cornea, \u00f6ffnet, so dafs man \u00a9ine .mittelstark\u00a9 Sonde mit einem Kn\u00f6pfchen einf\u00fchren kann, und nun mit einem Planspiegel untersucht, w\u00e4hrend man die Sonde mit der anderen Hand gegen die Netzhaut f\u00fchrt, so sieht man in dem Moment, wo man die Sonde sanft auf die Netzhaut dr\u00fcckt, eine rote Zone um die Sonde entstehen, die zuweilen gleichf\u00f6rmig ringsum, zuweilen, je nach der Druckrichtung, nur einseitig ist. Schiebt man die Sonde seitw\u00e4rts und macht \u00a9in\u00a9 leichte Falte, so tritt ein r\u00f6tlicher Streifen auf, dieser kann wieder zum Verschwinden gebracht werden, wenn man die Falte durch die entgegengesetzte Bewegung wieder ausgleicht.\u201c\nAus dem bisher Gesagten ergiebt sich, dafs vor allem zwei Bedingungen erf\u00fcllt sein m\u00fcssen, um den Sehpurpur am Lebenden ohne besondere Eingriffe ophthalmoskopisch wahrnehmen zu\n1 E. A. Coccius, \u00dcber die Diagnose des Sehpurpurs im Leben. Programm d. Universit\u00e4t Leipzig. 1877.","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"The ophthalmoskopische Erkennbarkeit des Sehpurpurs.\n81\nk\u00f6nnen : das Licht mnfs vom Augenhintergrande reflektiert werden, bevor es eine Absorption durch das Aderhantblut erfahren hat, ferner darf die Dicke der Purpurschicht selbst nicht unter einen gewissen a priori allerdings nicht genau zu bestimmenden Durchmesser sinken.1 Um nun den st\u00f6renden Einfiuls der Aderhautr\u00f6te zu beseitigen\u00bb bedarf es gar keiner experimentellen Kunstgriffe, wie sie beispielsweise Bietl undPLENK* anwandten, die behufs ophthalmoskopischer Wahrnehmung des Purpurs mit negativem Erfolge beim Kaninchen nach Verblutung aus der einen Carotis Milch in die andere einspritzten. Die Natur hat n\u00e4mlich selbst schon bei manchen Thieren eine Einrichtung geschaffen, durch welche die Aderhautr\u00f6te vollst\u00e4ndig verdeckt wird\u00bb einen reflektierenden Apparat, zu dessen Verst\u00e4ndnis noch einmal eine genauere Betrachtung des Tapetum notwendig ist.\nGew\u00f6hnlich werden zwei Arten von Tapetum unterschieden, ein Tapetum fibrosum und ein Tapetum cellulosum. Beide geh\u00f6ren der Aderhaut an und liegen, wenn man sich an die \u00fcbliche Dreiteilung der letzteren in Suprachorioidea, Grund-Substanz (Chorioidea propria) und Choriocapillaris h\u00e4lt, zwischen Grundsubstanz und Kapillarschicht. Beim Menschen liegt der Choriocapillaris zun\u00e4chst die sogenannte Grenzschicht der Grundsubstanz, ein feines elastisches Fasemetz, das durch eine Endothelmembran von der Choriocapillaris getrennt ist. An die Stelle dieses Netzwerkes treten die Bindegewebsfibrillen des Tapetum fibrosum, und unmittelbar nach aufsen (skleralw\u00e4rts) von der Endothelmembran liegen ebenfalls die modifizierten Endothelzellen (Sattleb) des Tapetum cellulosum.\nDas Tapetum ist also\u00bb um das f\u00fcr uns hier Wichtige noch einmal hervorzuheben, nicht etwa nur durch das Betinaepithel,\n1 Theoretisch ist noch eine zweite M\u00f6glichkeit der ophthalmoskopischen Diagnose des Sehpurpurs gegeben, die sich jedoch praktisch nicht ausf\u00fchrbar erwies. Nach Beobachtungen K\u00fchse\u2019s (Untersuch, a. d. physiolog. Instit. d. Univers. Heidelberg I, 2. S. 180. 1877) fluoresziert di\u00a9 purpurhaltig\u00a9 Netzhaut weifslich blau, die gebleichte weifslich gr\u00fcn. 0. Bbokeb versuchte daher bei einem Manne, dem die Linse extrahiert war, an dem aphakischen, von der Fluoreszenz der Linse befreiten Auge die Fluoreszenz der Netzhaut mit dem Augenspiegel zu erkennen. \u201eDas Licht erwies sich jedoch zu diesem Zwecke als zu schwach, und es wurde nichts erreicht.\u201c * Centralbl. f. d. medic. Wissensch, 1877.\nZaktoehrlft 'f\u00fcr Piyoholofi\u00ab XIV.\n6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\nGeorg Abelidorff.\nsondern auch durch eine Blutschicht von den St\u00e4bchen und Zapfen getrennt.\nSchreibt man dem Tapetum die Funktion zu, die Sehzellen durch Beflektion der Lichtstrahlen dem zweimaligen Beize derselben auszusetzen und so eine Verst\u00e4rkung des Sinneeein-druckes herbeizuf\u00fchren, so hat man die Berechtigung, jenem ohorioidealen Tapetum ein retinales gegen\u00fcberzustellen. Es ist das Verdienst K\u00fchnes, diesen Unterschied zuerst hervorgehoben zu haben. Er hat das retinale Tapetum, das bei manchen Fischen vorkommt, speziell von Abramis Brama, genau beschrieben und auch durch Abbildungen veranschaulicht.1 Die beiden oberen Dritteile des Augengrundes sind bei diesem Fisch\u00a9 von weifslicher, das untere Drittel dagegen von tief brauner Farbe. Die weifsliche Farbe ist dadurch bedingt, dafs die Epithelzellen der Betina in Kuppe, Basis und Forts\u00e4tzen Guanin enthalten. Ist der Fisch vor Lieht gesch\u00fctzt worden, so findet sich Pigment nur in den Kuppen und einer Zone unter den Hutr\u00e4ndern, \u201evon welchen auch einige pinself\u00f6rmige braune Forts\u00e4tze in die Basis hineinreichen.\u201c Nach Belichtung wandert das Fusom aus den Kuppen in die Basen und Forts\u00e4tze hinein, zwischen den in grofaer Menge angesammelten ruhenden Guanin-k\u00f6rachen sich frei hindurchbewegend. Hier ist also, im besonderen nach dem Zur\u00fcckweichen des Pigments im Dunkeln, die denkbar beste Einrichtung geschaffen, um den Sehpurpur von vom erkennen zu k\u00f6nnen. Da die St\u00e4bchen in die Basen der Epithelzellen hineinragen, so liegt dicht hinter den Aufsenglied am der St\u00e4bchen eine reflektierende, undurchsichtige, die Aderhautrote g\u00e4nzlich verh\u00fcllende Decke, welche durch ihren Guaningehalt von gleichm\u00e4\u00dfig kreidigem Aussehen nichts von den irisierenden Interferenzph\u00e4nomenen chorioidealer Tapeta zeigt.\nK\u00fchne betont schon, dafs man am er\u00f6ffneten Auge des im Dunkeln gehaltenen Fisches, soweit das Tapetum reicht, Gelegenheit hat, den Sehpurpur in seiner ganzen Farbenintensit\u00e4t in situ zu erblicken. Hier ist in der That jene erste Bedingung zur ophthalmoskopischen Diagnose des Sehpurpurs verwirklicht, ein grofser Teil der durch die Pupille eingefallenen Lichtstrahlen erf\u00e4hrt eine Absorption durch den Sehpurpur, verl\u00e4fst die Aufsenglieder der St\u00e4bchen, um sogleich vom reti-\n1 K\u00fchne u. Skwall a. a 0. Ill, 221\u2014277. 1880.","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"Die ophthalmoskopische Erkennbarkeit des Sehpurpurs.\n83\nualen Tapetum reflektiert zu werden, passiert hierauf zum zweiten Male die Purpurschicht, tritt durch die Pupille wieder aus und gelangt in, das Auge des Beobachters, nachdem es zweimal ausschliefslich der absorbierenden Wirkung des Sehpurpurs ausgesetzt gewesen.\nGl\u00fccklicherweise besitzen nun von allen Wirbeltieren die Fische die l\u00e4ngsten St\u00e4bchen, so da\u00fcs also auch in dieser Hinsicht die M\u00f6glichkeit der ophthalmoskopischen Wahrnehmung des Sehpurpurs gegeben ist.\nHier erreicht man auch wirklich das ersehnte Ziel, das Verhalten des Sehpurpurs w\u00e4hrend des Lebens mit dem Augenspiegel studieren zu k\u00f6nnen. Ich habe zu meinen Spiegelversuchen Abramis Brama (Bley) und Acerina cemua (Kaulbarsch), den K\u00fchne ebenfalls erw\u00e4hnt, benutzt, ein sehr sch\u00f6nes Retinaltapetum fand ich ferner bei Lucioperca sandra (Zander), bei welchem es den ganzen Augengrund erf\u00fcllt.1\nDie Begrenzung des Tapetum beim Bley 'und Kaulbarsch auf die oberen Teile des Auges kann man f\u00fcr mindestens ebenso zweckm\u00e4fsig halten, wie die Lokalisation des Tapetum bei vielen S\u00e4ugetieren auf jene oberhalb des Sehnerveneintritts sich nach aufsen hinziehende Zone, welcher die F\u00e4higkeit des sch\u00e4rfsten Sehens zugesolmeben wird. Da gew\u00f6hnlich nur die aus der Tiefe des Wassers reflektierten Lichtstrahlen die oberen Teile des Fischauges erreichen, erscheint gerade Mer eine Verst\u00e4rkung des Sinneseindruckes w\u00fcnschenswert.\nWie bei jeder Beschreibung des Augengrundes, so ist ganz besonders bei diesen Fischen zu ber\u00fccksichtigen, ob das Auge vor Licht gesch\u00fctzt war, ob es w\u00e4hrend des Lebens\n1 Die Augen dieser Fische bieten eine g\u00fcnstige Gelegenheit, sich von dem grofsen Verz\u00fcge des jetzt vielfach zu Konservierungszwecken empfohlenen Formalin, die Gewebe durchsichtig zu erhalten, zu \u00fcberzeugen. Man kann das er\u00f6ffnet\u00ab, vor Liebt gesch\u00fctzte Auge in 4\u201410\u00b0/* Formalinl\u00f6sung aufbewahren und den Sehpurpur ebenso gut wie am frischen Auge von vom erkennen. Die Farbe des Sehpurpurs wird nicht angegriffen, seine Liehtempfindlichkeit erscheint dagegen herabgesetzt. H\u00e4rtet man das er\u00f6ffnet\u00a9 Auge eines Bleys oder Zanders in Alaun, so ist der Sebpurpur, trotzdem seine Farbe erhalten bleibt, von vorn nicht wahrnehmbar, da der Al&unl\u00f6sung di\u00a9 den meisten H\u00e4rtungsmitteln gemeinsame Eigenschaft zukommt, die Netzhautschichten so zu tr\u00fcben, dafs man durch dieselben bis zu der St\u00e4bchen-Zapfenlago nicht hindurchblicken kann.\n6*","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\noder erst nach dem Tode der Wirkung des Lichtes ansgesetzt wurde. Ich hebe dieses deshalb noch ein Mal hervor, weil J. Deyl1 k\u00fcrzlich in einer vergleichend anatomischen Arbeit \u00fcber den Sehnerven bei der Deutung einiger ophthalmoskopischer Befunde von Fischen jene Yorsichtsmalsregeln nicht ber\u00fccksichtigt hat. Er bemerkte beim Ophthalmoskopieren des Kaulbarsche, Zanders und Bleys ein feuriges oder rosenrotes gl\u00e4nzendes Leuchten besonders der oberen Teile des Augengrundes, das nach seiner Ansicht durch eine gelbliche, gelblichrote, h\u00e4ufig auch r\u00f6tliche F\u00e4rbung (Kaulbarsch) der Netzhaut hervorgerufen wird. Wenn auch die Beobachtung des roten Augenleuchtens gewifs zutreffend ist, so ist doch die hierf\u00fcr gegebene Erkl\u00e4rung nur in sehr bedingter Weise richtig. Die F\u00e4rbungen, die Deyl hier als der Netzhaut dieser Fische eigent\u00fcmlich beschreibt, sind in Wirklichkeit durch die Anwesenheit nicht vollst\u00e4ndig geblichenen Sehpurpurs bedingt. Die Netzhaut eines im Dunkeln gehaltenen Fisches sieht violett aus; wird dieselbe hinreichend lange dem Liohte ausgesetzt, so wird sie weifslich gelb. Bei unvollst\u00e4ndiger Bleichung, wenn die Wirkung des Lichtes nicht intensiv genug war, treten jene r\u00f6tlich gelben Farbent\u00f6ne auf, an welchen \u00fcbrigens, wenn die Belichtung w\u00e4hrend des Lebens stattgefunden hat, auch das in die Retina eingewanderte Pigment beteiligt sein kann. Da\u00a3s die r\u00f6tlich gelbe F\u00e4rbung der von Deyl untersuchten Netzh\u00e4ute sehr widerstandsf\u00e4hig war, ist eine Erscheinung, welche in dem zuweilen von der Regel abweichenden Verhalten des Sehpurpurs ihre Erkl\u00e4rung findet. Gerade beim Kaulbarsoh habe ich \u00f6fter beobachtet, dafs die dem Lichte ausgesetzte Netzhaut schnell ihre violette Farbe verlor, an deren Stelle dann eine r\u00f6tlich-gelbliche oder gelbliche Farbe trat, deren grofse Widerstandsf\u00e4higkeit scheinbar gegen die Anwesenheit einer lichtzersetzlichen Substanz sprach; ganz unempfindlich gegen starke Lichtintensit\u00e4ten war sie jedoch nicht.\nWas nun die ophthalmoskopische Untersuchung der Fische betrifft, so nahm ich sie in der \u00fcblichen Weise im Dunkel-zimmer vor, indem eine gew\u00f6hnliche Gaslampe als Lichtquelle benutzt wurde.\n1 J. Deyl, Zur vergleichenden Anatomie des Sehnerven. I. Teil. Bullet Internation. de TAcadem. des Sciences de rEmpereur Francois Joseph. Prague. 1896.","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"D\u00fc ophthalmoskopische Erkennbarkeit des Sehpurpurs.\n85\nUm eich von der Sichtbarkeit des Sehpuipurs sowie seiner Lichtzersetzlichkeit zu \u00fcberzeugen, gen\u00fcgt es, den Mach von einem Geh\u00fclfen in der Luft halten zu lassen; man beobachtet dann am bequemsten wegen der in der Luft vorhandenen hochgradigen Myopie des Fischauges im umgekehrten Bilde. Will man l\u00e4ngere Zeit mit demselben Fische experimentieren, so empfiehlt es sich nat\u00fcrlich, ihn best\u00e4ndig im Wasser zu lassen; um untr\u00fcgliche Resultate bei Versuchen \u00fcber Regeneration des Sehpurpurs zu erhalten, ist dies sogar unbedingt erforderlich. Ich benutzte hierzu eine\nschmale Glaswanne, die so hoch war, dafs der Fisch auf dem\n\u2022 *\nBauche schwimmen konnte. Da durch die dicken und gekr\u00fcmmten Wandungen der Wanne ein scharfes B\u00fcd vom Augenhintergrunde nicht zu gewinnen war, so wurde in dieselbe ein, Loch von mehreren Zentimetern Durchmesser gebohrt und, dieses durch ein d\u00fcnnes planparalleles Glas verschlossen. Der Fisch wird nun in der mit Wasser gef\u00fcllten Wanne durch Halten mit der Hand oder besser noch durch Einsenken von Glasspalten so fixiert, dafs das Auge sich dicht hinter jener Durchbohrung befindet. Diese Methode ist sowohl f\u00fcr den Fisch als den Beobachter vorteilhaft; durch Ausschaltung der Horahautbrechung im Wasser wird nicht nur die m der Luft vorhandene Myopie betr\u00e4chtlich vermindert, sondern auch die durch die Unebenheiten und den starken Astigmatismus der Hornhaut des Fisches bedingte Verzerrung und Undeutlichkeit des ophthalmoskopischen Bildes beseitigt.1\nIch will im, Folgenden nur den ophthalmoskopischen Befund beim, Bley genauer schildern, da es mir in Berlin nicht gelang, Exemplare vom Kaulbarsch oder Zander zu erhalten, deren Auge frei von Hornhaut oder Linsentr\u00fcbungen war. Ich gewann zwar bei den letzteren einen \u00dcberblick \u00fcber den Angenhintergrnnd, im besonderen traten die Unterschiede eines purpurhaltigen und des Purpurs beraubten Auges gut hervor, \u00fcber genauere Einzelheiten blieb ich jedoch im Ungewissen,\n1 Dasselbe Prinzip wandte bereits Hi&sohberg in anderer Form zur Refraktionsbestimmung des Hechtauges an, indem er den pupillaren Hornhautbereich, mit Wasser bedeckt\u00a9 und darauf ein St\u00fcckchen von einem Deckglas f\u00fcr mikroskopische Pr\u00e4parate legte. (J. Hibschbbbo, \u201eZur Dioptrik 'und Ophthalmoskopie des Fisch- und, ,Amphibienauges.\u201c Du Bois-Meymomds Arch. f. Physiol. 1882, S. 501.)","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"86\nGeorg Abelsdorff.\nramai hier die Betrachtung schon an sich durch die in den Glask\u00f6rper vorspringenden Gef\u00e4fse erschwert wird.\nBas Auge eines lebenskr\u00e4ftigen Bleys, der 4\u20145 Stunden im Wasser im Dunkeln verweilt hat, zeigt folgendes ophthalmoskopisches Bild (vergl. Fig. 1):\nDie rundlich geformte, etwas l\u00e4ngsovale Papille ist von schw\u00e4rzlicher Farbe, innerhalb deren zarte weilse Streifen auf-treten. Eine Ausstrahlung sehr feiner weifser B\u00fcndel ist auch \u00fcber die Papille hinaus in die angrenzenden Teile der Netzhaut wahrnehmbar. Die flache nahezu in der Mitte des Sehnerveneintritts gelegene Encavation dient zum Austritt von dreizehn bis sechszehn Gefafsen, die sternf\u00f6rmig divergierend sich in die Peripherie dichotomisch ver\u00e4steln. Ein Unterschied zwischen Arterien und Venen tritt nicht hervor. Die Farbe des Hintergrundes in den beiden oberen1 Drittteilen zeigt ein prachtvolles Bot, das durch einen etwas helleren Ton von dem Bot der Blutgef\u00e4sse absticht. Benutzt man statt der gelben Lichtquelle einer gew\u00f6hnlichen Gaslampe Auersches Gasgl\u00fchlicht, so tritt die violette Nuance jenes Bot deutlich hervor. Etwas 'unterhalb der Papille h\u00f6rt di\u00a9 rote Farbe mit scharfer Grenze auf, der Hintergrund nimmt hier schwarze, leicht gr\u00fcnlich schimmernde F\u00e4rbung an, bei scharfer Einstellung ist das Aussehen get\u00e4felt, indem zwischen den schwarzen Stellen sieh kleine weifse L\u00fccken einschieben. W\u00e4hrend di\u00a9 schwarze Farbe dem von T&petum freien, nur Pigmentepithel tragenden unteren Teile der Netzhaut entspricht, kommt die rote Farbe dem mit Tapetum versehenen Teile zu. Letztere r\u00fchrt ausschliefslich von der Anwesenheit des Sehpurpurs her, denn man braucht nur einige Minuten eine Stelle mit dem Spiegel zu fixieren, und die rot\u00a9 Farbe macht an dieser umschriebenen Stele ziemlich pl\u00f6tzlich einer gelblich-weifsen Platz. So giebt Fig. 2 das Bild eines Augenhintergrundes wieder, der sozusagen mit dem Augenspiegel nach und nach abgesucht worden ist, so dafs nur eine schmale peripherische Zone von der bleichenden Wirkung des Lichtes verschont blieb und in ihrem, leuchtenden Bot gegen den angrenzenden weifsen Teil absfcicht, der bei\n1 Obwohl ich stets im umgekehrten Bilde ophthalmoskopierte, stelle ich der Einfachheit halber die Verh\u00e4ltnisse so dar, wie sie sich im aufrechten Bilde darbieten w\u00fcrden.","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"Die ophthalmoskopische Erkennbarkeit des Sehpurpurs.\n87\nGaslicht ein\u00a9 Spur gelblicher, in der Zeichnung fortgelassener Beimischung zeigt. Man erreicht dies\u00a9 Abblassung am schnellsten, wenn man den Fisch w\u00e4hrend des Spiegelns in der Luft halten l\u00e4fsb, da durch diesen f\u00fcr sein Leben so delet\u00e4ren Aufenthalt gleichzeitig die Regenerationsf\u00e4higkeit des Sehpurpurs herabgesetzt wird.\nObgleich mir so im Gegensatz zu fr\u00fcheren Untersuchen! ein Mittel zu Gebote stand, die Ver\u00e4nderungen des Sehpurpurs am Lebenden direkt zu verfolgen, will ich hier doch nur die Thatsache einfach verzeichnen, dafs der Sehpurpur er-blafst\u00a9 und ein Zwischenstadium von Sehgelb nicht bemerkt wurde, ohne dieser Beobachtung ein\u00a9 entscheidend\u00a9 Bedeutung beizulegen. Ich habe an anderer Stelle1 das Vorhandensein von Sehgelb bei Tieren \u00fcberhaupt bestritten und halte die dort angef\u00fchrten Gr\u00fcnde f\u00fcr so stichhaltig, dafs ich auf die Unterst\u00fctzung derselben durch den ophthalmoskopischen Befund verzichten kann. Ich bin zwar pers\u00f6nlich \u00fcberzeugt, dafs mir ein gelbes Zwischenstadium nicht entgangen w\u00e4re, indessen, selbst wenn man zur besseren Differenzierung der gelben Farbe statt gew\u00f6hnlichen Gaslichts Auersches Gl\u00fchlicht benutzt, geht die Zersetzung des Sehpurpurs, nachdem sie erst einmal eingeleitet, nicht allm\u00e4hlich, sondern mit solcher Schnelligkeit vor sich, dafs ein Verteidiger der Existenz des Sehgelbs mit einer gewissen Berechtigung bemerken k\u00f6nnte, dies\u00a9 Methode erm\u00f6gliche nur eine ein wandsfreie Beobachtung des Anfang-und Endstadiums der Purpurzersetzung.\nSollte man von der ophthalmoskopischen Erkennbarkeit des Sehpurpurs durch den erw\u00e4hnten Versuch noch nicht vollst\u00e4ndig \u00fcberzeugt sein, so l\u00e4fst sich derselbe in mannigfacher Weise mit dem stets gleichbleibenden Resultat variieren, dafs die rote Farbe des Augenhintergrundes beim Bley allein durch den Sehpurpur bedingt wird.\nEin lebenskr\u00e4ftiger Fisch, der mehrere Stunden im Dunkeln gewesen, wird in die bereits erw\u00e4hnte Glaswanne gesetzt. Vor der Wanne ist in der H\u00f6he des Auges eine Auersche Gl\u00fchlichtlampe aufgestellt, so dafs der Fisch gen\u00f6tigt ist, direkt in dieselbe hineinzustarren, wenn er auch gering\u00a9 seitliche\n1 E. K\u00f6ttgbn und G. Abelbdorff, Absorption und Zersetzung des Sehpurpurs bei den Wirbeltieren. Diese Zeitschrift Bd. XII. S. 161.","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\nGeorg Abelsdorff.\nAugenbewegungen macht. Untersucht man mm. einen in dieser Weise 20 Minuten lang belichteten Fisch mit dem Augenspiegel in derselben Weise wie den im Dunkeln gehaltenen, so bietet der tapetumfreie Teil des Hintergrundes dasselbe schw\u00e4rzliche Aussehen, das ich vorher geschildert, der tapetum-haltige dagegen ist von gelblich-weifser Farbe, auf welcher sich scharf die roten Gefafse abheben. Figur 2 giebt den Gesammteindruck des gleichmlfsigen Weifs gut wieder, bei scharfer Einstellung bemerkt man jedoch in demselben ein feines System schwarzer Linien von gitterf\u00f6rmiger Anordnung. Keine Spur ist mehr von dem vorher erw\u00e4hnten leuchtenden Rot zu entdecken, das aber nach einer Belichtung von 6 Minuten in der Peripherie noch angedeutet war trotz der grofsen, ein starkes Blendungsgef\u00fchl erzeugenden Intensit\u00e4t der Lichtquelle.\nDie ophthalmoskopische Wahrnehmung einer durch Licht zersetzbaren Substanz ist hierdurch zur Gen\u00fcge bewiesen. Ist diese wirklich identisch mit dem Sehpurpur, so mnfs bei der bekannten Regenerations f\u00e4higkeit des letzteren der weifse Hintergrund auch wieder in einen roten verwandelt werden k\u00f6nnen. Es gelingt dieses leicht, wenn man nicht mit dem Belichtungsversuch zugleich die Lebensf\u00e4higkeit des Fisches beeintr\u00e4chtigt. Bei der Belichtung mit Auerschem Gl\u00fchlicht beispielsweise gen\u00fcgt es nicht, dafs der Fisch im Wasser sei; es mufs auch durch stetigen Ab- und Zuflufs f\u00fcr die Erneuerung des Wassers Sorge getragen werden. Zur Verh\u00fctung einer Erw\u00e4rmung geschieht der Zuflufs zweckm\u00e4fsig durch \u00a9inen auf den R\u00fccken des Fisches fallenden Strahl. Hat man unter diesen Kautelen den Fisch belichtet und sich von der weifsen Farbe des Hintergrundes \u00fcberzeugt, so lasse man ihn eine halbe bis eine ganze Stunde im Dunkeln, und die weife\u00a9 Farbe hat im ophthalmoskopischen Bilde wieder der roten Platz gemacht.\nWill man sich vor Entt\u00e4uschungen bewahren, so benutze man nicht Fische, die schon durch l\u00e4nger\u00a9 Gefangenschaft in. ihrer Lebenskraft geschw\u00e4cht sind und in der sich lange hinziehenden Agone befinden; bei solchen konnte ich auch nach dreist\u00fcndigem Dunkelaufenthalt noch keine Andeutung einer Regeneration des geblichenen Sehpurpurs bemerken. Man darf von dem \u201ebeim Frosche so vorz\u00fcglich gelingenden Regenerations-","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"Die ophthalmoskopische Erkennbarkeit des Sehpurpurs.\n89\nversuch am intra vitam entpurpurten, nachher exstirpiorten, aber nicht er\u00f6ffneten Bulbus\u201c, wie schon K\u00fchne betont, keinen Analogiescblufs auf das Verhalten beim Fische machen, bei welchem die Begenerationsf\u00e4higkeit des Sehpurpurs in hohem Grade von der Lebensfrische des Tieres abh\u00e4ngig ist.\nIst es mir gelungen, zu beweisen, dafs die ophthalmoskopisch sichtbare B\u00f6tung des Hintergrundes durch die Einwirkung des Lichtes erblafst und nach Aufenthalt des Bleys im Dunkeln wiederkehrt, so er\u00fcbrigt es noch zu zeigen, dafs auch die dritte charakteristische Eigenschaft des Sehpurpurs der mit dem Augenspiegel wahrgenommenen Substanz zukommt: das Fortbestehen derselben trotz des Erl\u00f6schens der Zirkulation.\nZu diesem Zweck wird ein Fisch im Dunkeln gehalten, bei rotem Licht get\u00f6tet und so lange gewartet, als aus dem abgeschnittenen Kopfe das sp\u00e4rlich austretende Blut ausfliefst. Gewifs gelingt es hierdurch nicht, die Gef\u00e4fse der Membrana hyaloidea v\u00f6llig blutleer zu machen, zuweilen erscheinen sie nur verengt, zuweilen sind sie nur an der Stelle ihres gr\u00f6fsten Durchmessers als schwarze Streifen sichtbar. In keinem Falle hat jedoch die rote Farbe des Hintergrundes etwas an S\u00e4ttigung eingeb\u00fcfst. Nach wenigen Minuten der Belichtung tritt dann die weifse Farbe an Stelle der roten ein. Die kurze Zeit, welche hierzu erforderlich ist, ist das einzige von der Erscheinung am Lebenden unterscheidende Merkmal. Wird andererseits ein Bley nach vorausgegangener Belichtung get\u00f6tet, so sehen die beiden oberen Dritteile des Augengrundes mit dem Augenspiegel betrachtet weifs aus, m\u00f6gen die Gef\u00e4fse noch Blutf\u00fcllung zeigen oder nicht.\nEs ergiebt sich also, dafs von dem, was Bonn anfangs vermutet, ziemlich das Gegenteil zutrifft. Gerade in denjenigen F\u00e4llen, wo man, wie beispielsweise bei Menschen, aus dem Erblassen des Augenhintergrundes auf den Stillstand des Blutkreislaufes schliefsen kann, ist der Sehpurpur ophthalmoskopisch nicht sichtbar, w\u00e4hrend in den vereinzelten Ausnahmen, wo derselbe mit dem Augenspiegel wahrnehmbar ist, die Bl\u00e4sse des Augenhintergrundes in keiner Beziehung zu den Erscheinungen des Todes steht.\nEs ist interessant, dafs Br\u00fccke in derselben Arbeit,1 welche\n1 J. M\u00fcllers Arch. 1846.","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\nGeorg \u00c4behdorff.\ndurch die Erkl\u00e4rung des Augenleuchtens die Grundlage f\u00fcr die Entdeckung des Augenspiegels bildete, \u00a9ine Beobachtung niedergelegt hat, die bereits die M\u00f6glichkeit der ophthalmoskopischen Erkennbarkeit des Sehpurpurs zeigt. Er beschreibt am Schl\u00fcsse seiner Abhandlung das Pseudotapet (Tapetum retinale) von Abramis Brama und sagt\u00bb dafs dieses \u201eim Leben durch das dar\u00fcber liegende und bei den Fischen\u00bb wie es scheint, sehr starke Gefafsnetz der Nervenhaut einen Stich ins Zinnoberrotea bekommt. Das Gefafsnetz ist in der That sehr stark entwickelt\u00bb an dem roten Aussehen des Pseudotapet aber, wie im Vorhergehenden gezeigt, g\u00e4nzlich unbeteiligt. Das, was Be\u00fcckes scharfer Beobachtung hier zinnoberrot erschien, war nichts Anderes als der erst mehrere Jahrzehnte sp\u00e4ter entdeckte Sehpurpur,","page":90}],"identifier":"lit30095","issued":"1897","language":"de","pages":"77-90","startpages":"77","title":"Die ophthalmoskopische Erkennbarkeit des Sehpurpurs","type":"Journal Article","volume":"14"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:04:06.502200+00:00"}