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{"created":"2022-01-31T15:04:14.663718+00:00","id":"lit30097","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Heymans, G.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 14: 101-139","fulltext":[{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"Quantitative Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6LLNEEsche\nund die LoEBSche T\u00e4uschung.\nVon\nGL Heymans\nin Groningen.\n(Mit 18 Klaren In Text.)\nDie Untersuchungen, \u00fcber welche im Nachfolgenden berichtet werden soll, hatten urspr\u00fcnglich nur den Zweck, durch m\u00f6glichst exakte und vollst\u00e4ndige Herbeischaffung quantitativen Materials eine Erkl\u00e4rung der Z\u00f6LLNBBschen T\u00e4uschung entweder zu erreichen oder doch vorzubereiten. Erst als ich im Laufe der Untersuchung auf die Verwandtschaft der Loeb-schen mit der Z\u00f6LLNBBschen T\u00e4uschung aufmerksam wurde, erschien es notwendig, jene in den Kreis der Experimente mit hinein zu ziehen.\nDer Apparat, den ich bei der Mehrzahl meiner auf die Z\u00d6LLNEBsche T\u00e4uschung sich beziehenden Versuche verwendete, ist folgenderweise eingerichtet (Fig. 1). Ein quadratisches, nur Inks oben schief abgeschnittenes Holzbrett von 50 X 50 cm,. Ali CD E tr\u00e4gt an der R\u00fcckseite einen Metallstreifen OB, der um einen Punkt J drehbar ist. Die (in der Figur allein sichtbaren) beiden Enden des Streifens sind rechtwinklig nach oben umgebogen ; das eine ragt links oben, das andere durch einen schmalen Ausschnitt KL \u00fcber das Brett hervor; beide sind durch einen nahe an der Oberfl\u00e4che des Brettes gespannten Glummifaden G B mit einander verbunden. Wird also der Metallstreifen um seinen Befestigungspunkt J gedreht (wozu derselbe bei 11 mit einem gezahnten Metallst\u00fcck verbunden ist, auf welches der Knopf M mittelst eines Zahnrades wirkt), so","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\n(r. Hermans,\nf\u00e4hrt der Gummifaden eine gleiche Drehung ans, deren Gr\u00f6fse man auf einer in mm eingeteilten Metallplatte N ablesen kann. Deckt sich der Onmmifaden mit dem Nullpunkte der Einteilung, so ist seine Richtung mit derjenigen zweier anderer Gummi-faden 0 P und Q R, welche in verschiedener Entfernung (2, 2.5, 3 und 3.5 cm) von dem mittleren Faden unbeweglich\nFig. 1.\nausgespannt werden k\u00f6nnen, genau parallel. Die linksoberen\nTeile dieser drei F\u00e4den vertreten die Hauptlinien einer Zoulnek-scken Figur; die Querstriche zu dies er* Figur sind in verschiedenen Gr\u00f6fsen, Richtungen und; (Entfernungen auf weifsen Kartonbl\u00e4ttern 8 gezeichnet, welche un einen d\u00fcnnen auf das Brett befestigten Metallrahmen FB A U V unter die Hauptlinien hineingeschoben werden. Ist ein Blatt eingeschoben, so sieht man. also eine ans drei Hauptlinien und zugeh\u00f6rigen,","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llner sehe und die Loebsche T\u00e4uschung. 103\nQuerstrichen bestehende Z\u00f6LLNERsche Figur, in welcher die seitlichen Hauptlinien einen festen Stand haben, die mittlere aber um einen der Mitte der Figur entsprechenden Punkt gedreht werden kann. W\u00e4hrend der Versuche wurden diejenigen Teile der F\u00e4den, welche aufserhalb der Figur liegen, durch einen Deckel aus schwarzem Karton f\u00fcr die Versuchsperson unsichtbar gemacht. \u2014 In Vergleich mit den von Z\u00f6llner selbst und von Thi\u00e9ry verwendeten Apparaten hat der eben beschriebene den Vorzug, dafs die die T\u00e4uschung bedingenden Querstrichsysteme sich in beliebiger Anzahl und Verschiedenheit herstellen und w\u00e4hrend der Versuche schnell und bequem wechseln lassen. Die Verwendung von gespannten Gummif\u00e4den f\u00fcr die Hauptlinien sichert die bleibende Geradlinigkeit derselben; die betr\u00e4chtliche L\u00e4nge dieser F\u00e4den (40 cm von J bis zur Einteilung) gestattet, indem die abzulesenden T\u00e4uschungsbetr\u00e4ge sich entsprechend vergr\u00f6fsern, eine sonst nicht erreichbare Genauigkeit der Messung.\nDie Versuche wurden nun so eingerichtet, dafs, nachdem ein bestimmtes Kartonblatt eingeschoben war, der mittlere Faden zuerst nach der einen, sodann nach der anderen Seite m\u00f6glichst weit aus der Mittelstellung entfernt wurde und die Versuchsperson jedesmal durch Drehung des Knopfes M die Parallelit\u00e4t der drei F\u00e4den wiederherzustellen suchte. Die Abweichung wurde in mm, senkrecht zur Normallage der F\u00e4den, abgelesen; der so erhaltene Betrag, durch die konstante Entfernung des Drehpunktes zum Mittelpunkte der Einteilung dividiert, ergab dann die Tangente des Drehungswinkels, aus welcher dieser Winkel selbst ohne weiteres ermittelt werden konnte. \u2014 Im \u00fcbrigen war die Anordnung der Versuche derjenigen der fr\u00fcheren, auf die M\u00fcLLER-LYERsche T\u00e4uschung sich beziehenden [d\u00fcse Zweitschrift IX. S. 221\u2014265) vollkommen analog. Die Versuche zerfielen, \u00e4hnlich wie dort, in Gruppen; die einer Gruppe angeh\u00f6rigen Figuren wurden s\u00e4mtlich den n\u00e4mlichen Personen vorgelegt; und es wurden zur Ermittelung gesetzlicher Verh\u00e4ltnisse nur die Versuchsergebnisse aus Einer Gruppe .'miteinander verglichen. Die Anzahl der innerhalb jeder Gruppe an den Versuchen sich beteiligenden Personen ist infolge der schwierigeren Transportabilit\u00e4t des Apparates etwas geringer als damals (15 bis 22); dagegen wurden jetzt, wie oben bemerkt, von jeder Versuchsperson zu jeder Figur zwei","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\nG. Hey\nEntscheidungen abgegeben. Die Gesamtzahl der mit diesem Apparate gewonnenen and in der vorliegenden Untersuchung verarbeiteten Einzelentscheidungen betr\u00e4gt 1818. Es wurden keine Versuchsreihen gestrichen. Die Mittelzahlen und die wahrscheinlichen Fehler derselben wurden in gleicher Weise wie fr\u00fcher berechnet.\nSchlie\u00dflich noch ein Wort zur Terminologie. Ich verstehe unter Neigungswinkel den kleineren der beiden Winkel zwischen Hauptlinien und Querstrichen (Fig. 2 : z. A B C)\\ unter Schnittpunktsabstand die Entfernung der Punkte, in welchen zwei benachbarte Querstriche ihre Hauptlinie schneiden (AB)\\ unter Abstand der Querstriche das von zwei benachbarten Querstrichen begrenzte St\u00fcck einer zu diesen Querstrichen vertikal stehenden Geraden (A D). Die beiden letzteren Begriffe d\u00fcrfen demnach nioht verwechselt werden ; die Gr\u00f6\u00dfen, auf auf welche sie sich beziehen, verhalten sich wie die Einheit zum Sinus des Neigungswinkels.\nZun\u00e4chst wandte sich auch diesmal die Untersuchung der Feststellung rein thats\u00e4chlicher Verh\u00e4ltnisse zu. Um den Einfluf8 des Neigungswinkels zu ermitteln, wurde mit f\u00fcnf Figuren experimentiert, bei denen derselbe bezw. 16\u00b0, 30\u00b0, 46f, 60\u00b0 und 75\u00b0 betrug; der Abstand der Hauptlinien war \u00fcberall = 2 cm, der Schnittpunktsabstand = 1.5 cm, die L\u00e4nge der Querstriche = 2 cm. Das Resultat war folgendes :\nTabelle I (l. Gruppe).\n!\tI\t1\n)\tAMiki ,\tMM\u00bb I\tw. r.\nwt\u00bbM\t4*r\t* TfaStog\t\u00e9mmlbm\n1* Grt4\u00aba B\u00ab\u00bbUe\u00e0t\u00aba(u | ta Mhnw\tlaXiaSH\n16\t44\ti \u2022\t71\n30\t44\t\tes\n46\t44\ti \u2022\t58\n*)\t44\ti\t\u00ab\n76\t44\t\t21\n4.1\n6.8\nS3\n2.6\nUO","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llner sehe und die Loebsche T\u00e4uschung. 105\nDas Ergebnis Z\u00f6llners, nach\u00bb welchem, die T\u00e4uschung bei einem Neigungswinkel von 30\u00b0 ein Maximum erreicht, wird also durch diese Versuche vollkommen best\u00e4tigt.\nDie Frage, ob in der That die Gr\u00f6fse des Neigungswinkels in letzter Instanz das Auftreten dieses Maximums bedingt, war damit jedoch noch keineswegs entschieden. Wenn n\u00e4mlich, wie in, den, eben besprochenen Versuchen, bei unver\u00e4nderter L\u00e4nge der Querstriche und unver\u00e4ndertem Schnittpunktsabstand der Neigungswinkel sich allm\u00e4hlich vergr\u00f6fsert* so gehen damit notwendig noch zwei weitere Ver\u00e4nderungen einher: die Endpunkte der Querstriche entfernen sich von der zugeh\u00f6rigen Hauptlinie, um sich den gegen\u00fcberliegenden Endpunkten der anderen Querstrichsysteme anzun\u00e4hern; und der Abstand der Querstriche nimmt zu. Neben der M\u00f6glichkeit, dafs die Verschiedenheit der Winkelgr\u00f6fsen die oben festgestellten Ungleichheiten der T\u00e4uschungsintensit\u00e4t bedingt, steht also vorl\u00e4ufig als gleichberechtigt die andere, dafs dieselben von einem jener beiden mit der Winkelgr\u00f6fse sieh \u00e4ndernden Umst\u00e4nde abh\u00e4ngen. Diese M\u00f6glichkeit zu pr\u00fcfen, wurden die obigen Versuche unter ver\u00e4nderten Bedingungen wiederholt. Der Abstand zwischen den Hauptlinien betrug wieder 2 cm, und es wurde mit den n\u00e4mlichen Winkelgr\u00f6fsen 'wie fr\u00fcher experimentiert; in einer Versuchsreihe waren aber die Querstriche bis zu einer Entfernung von 1 cm von ihrer Hauptlinie (wo sie mit den gegen\u00fcberliegenden Querstrichen zusammenstofsen) verl\u00e4ngert; in einer zweiten waren aufserdem die Abst\u00e4nde der Querstriche \u00fcberall = 0.75 cm gemacht worden. In beiden Reihen werden demzufolge die Querstriche k\u00fcrzer, wenn die Neigungswinkel sich vergr\u00f6fsem; in, der zweiten, nimmt aufser-dem bei Vergr\u00f6fserung des Neigungswinkels der Schnittpunkts-abst&nd ab. Daf\u00fcr ist aber in der ersten Reihe die Variation des ersteren und sind in der zweiten Reihe die Variationen der beiden fr\u00fcher mit der Winkelgr\u00f6fse ach \u00e4ndernden Umst\u00e4nde beseitigt. Es ergaben sich die in Tabelle II (s. 3, 106) mitgeteilten, Zahlen.\nAuch in diesen beiden, .Reihen handhabt sich, also das Z\u00f6LLNERsche Maximum. Bis auf weiteres l\u00e4fst sich nur schliefsen, dafs nicht die seitliche Ausbreitung oder die gegenseitige Entfernung der Querstriche, sondern dafs ausschliefs-lich die Gr\u00f6fse des Neigungswinkels das Auftreten","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106\nG. Htymam.\nTabelle II (1. Grappe).\n\tNeigungswinkel ln Graden\tAnzahl der Beobachtungen\tMittlere T\u00e4uschung in Minuten\tW. F. derselben In Minuten\n\t15\t44\t101\t4.7\na. Querstriche sosammen-\t30\t44\t106\t5.3\nstoftend; Schnittpunkts*!\u00bb-\t45\t44\t67\t4.2\nstand konstant.\t60\t44\t39\t3.4\n\t75\t44\t21\t8.0\n\t15\t44\t95\t6.1\nb. Querstriche suanunen* sto\u00dfend ; Abstand der Quer-\t80\t44\t106\t5.3\n\t45\t44\t77\t4.2\nstriche konstant.\t60\t44\t41\t8.8\n\t75\t44\t28\t2.4\neines Maximums bei 30\u00ae bedingt. Dieses Ergebnis wird \u2022 aber sp\u00e4ter einzuschr\u00e4nken sein (S. 124 ff.); vorl\u00e4ufig mache ich nur darauf aufmerksam, dafs, wie ein Blick auf die in Tab. UI \u00fcbersichtlich zusammengestellten Zahlen der beiden vorigen Tabellen lehrt, die Verl\u00e4ngerung der Querstriche der T\u00e4uschung bei 15\u00b0 weit mehr als derjenigen bei 30\u00b0 zu gute kommt, demzufolge in Tab. II a die Differenz der beiden T\u00e4uschung\u00ab be tr\u00e4ge schon unter die Summe der zugeh\u00f6rigen wahrscheinlichen Fehler gesunken ist.\nTabelle JH (1. Gruppe).\nNeigungswinkel in Graden\tL\u00e4nge der Querstriche konstant; 8chnittpnnktsabstand konstant. (Tab. I)\tQuerstriche xutamm enstoibend ; Sehnittpnnktsabitand konstant. (Tab. na)\tQuerstriche susamnenstofirand ; Abstand der Querstriche konstant (Tab. Hb)\n15\t. 71\t101\t95\n30\t93\t106\t106\n45\t58\t67\t77\n60\t29\t39\t41\n75\t21\t21\t28","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llner sehe und die Loehsche T\u00e4uschung. 107\nt\u00ab\t_\t_\nUber die Abh\u00e4ngigkeit der T\u00e4uschung von der L\u00e4nge der Querstriche und vom Schnittpunktsabstand, welche an zweiter Stelle untersucht wurde, l\u00e4fst sich aus den bisherigen Versuchen schon einiges ableiten. Vergleicht man n\u00e4mlich die Zahlen aus Tab. I mit denjenigen aus Tab. IIa, so findet man, dafs Verl\u00e4ngerung der Querstriche \u00fcberall eine Zunahme der T\u00e4uschung mit sich f\u00fchrt, und zwar bei den kleineren Winkeln, wo sie am betr\u00e4chtlichsten ist, am meisten (die Zahlen* f\u00fcr Neigungswinkel von 75\u00b0 in Tabb. I und lia beziehen sich auf die n\u00e4mliche Versuchsreihe, da bei dieser Winkelgr\u00f6fse die Querstriche bei ein or L\u00e4nge von 2 cm faktisch schon zusammenstofsen). Ebenso ergiebt eine Vergleichung der Zahlen aus Tab. lia und Tab. IIb, dafs Vergr\u00f6fserung der Schnittpunktsabst\u00e4nde regelm\u00e4fsig eine Abnahme der T\u00e4uschung zu st\u00e4nde bringt; denn diese Abst\u00e4nde sind f\u00fcr Winkel von 15\u00b0 in Tab. Ha kleiner als in Tab. IIb, f\u00fcr Winkel von 30\u00ae in beiden Tabellen gleich grofs, f\u00fcr gr\u00f6fsere Winkel in Tab. Ha gr\u00f6fser als in Tab. \u00fcb. \u2014 Es fragt sich, ob die hier sich ergebenden Abh\u00e4ngigkeitsverh\u00e4ltnisse allgemein und ausnahmslos gelten.\nDieses zu ermitteln, wurden weitere Versuche mit zw\u00f6lf Bl\u00e4ttern angestellt, auf welchen der Neigungswinkel regel-m\u00e4fsig 30\u00b0 und der Abstand der Hauptlinien 2.5 cm betrug, die Querstrichl\u00e4nge aber zwischen 2 und 4 cm, und der Schnittpunktsabstand zwischen 1 und 4 cm wechselte. Die Ergebnisse sind in Tab. IV mitgeteilt und in Tab. V \u00fcbersichtlich zusammengestellt worden.\nMit R\u00fccksicht auf die ausnahmslose Regelm\u00e4fsigkeit, welche sich in diesen Zahlen ausspricht, schien es mir unn\u00f6tig, durch Fortsetzung der Versuche die wahrscheinlichen Fehler noch weiter herunterzudr\u00fccken. In der That beruht der ver-h\u00e4ltnism\u00e4fsig hohe Betrag derselben auch hier, wie bei meiner fr\u00fcheren Untersuchung, auf dem Umstand, dafs s\u00e4mtliche T\u00e4uschungsbetr\u00e4ge bei der einen Versuchsperson viel h\u00f6her sind als bei der anderen, w\u00e4hrend doch die Verh\u00e4ltnisse zwischen den auf verschiedene Figuren sich beziehenden Zahlen im grofsen und ganzen sich gleich bleiben. Daher lassen sich denn auch, wenn s\u00e4mtliche Zahlen jeder Versuchsperson um die mittlere Differenz zwischen den von ihr erhaltenen und den Mittelzahlen vermehrt oder vermindert werden, die wahr-","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108\nG. Hey mam.\ngehemHehen FeUer auf wenig mehr als die H\u00e4lfte der hier eingetragenen Werte zur\u00fcckbringen.\nTabelle IV (2. Gruppe).\nL\u00e4ng*\tSchnittpunkts-\tAnzahl\tMittlere\tw, r.\nder\tabstand\tder\tT\u00e4uschung\tderselben\nQuerstrich\u00ab\tin\tBeeb-\tln\tIn\nin em\tcm\tachtnngen\tMlnnten\tMlnnten\n2\t1\t42\t99\t6.2\n2\t2\t42\t88\t5.6\n2\t3\t42\t87\t5.0\n2\t4\t42\t52\t4.6\na\t1\t42\t137\t7.0\n8\t2\t42\t102\t5.1\n8\t3\t42\t86\t4.8\n8\t4\t42\t88\t4.7\n4\t1\t42\t139\t7.4\n4\t2\t42\t118\t6.2\n4\t3\t42\t86\t5.2\n4\t4\t42\t71\t5.4\nTabelle V (2. Gruppe).\nLinge der\tSehnittpnnktsabstaad in em\t\t\t\nQuerstriche in tm\t1\t2\t3\t4\n2\t99\t88\t67\t52\n8\t187\t102\t85\t63\n4\t139\t118\t86\t71\nAls vorl\u00e4ufiges Ergebnis s\u00e4mtlicher vorhergehenden Untersuchungen verzeichnen wir demnach die S\u00e4tze, dafs die Tttuschungsintensit\u00e4t erstens bei einem Neigungs-","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llnersche und die Loebsche T\u00e4uschung. 109\nwinkel von 30\u00b0 ein Maximum, erreicht, von welchem sie nach beiden Seiten abf\u00e4llt, und dafs sie zweitens regelm\u00e4fsig zunimmt, wenn entweder die Querstriche verl\u00e4ngert oder die Schnittpunktsabst\u00e4nde verk\u00fcrzt werden.\nDer Verlauf der weiteren, auf eine Erkl\u00e4rung der fest-gestellten Thatsachen abzielenden Experimente gestaltete sich einigermafsen anders als fr\u00fcher bei der Untersuchung der MiTLLEB-IiYEBschen T\u00e4uschung. Letztere wurde angefangen und ihrem Abschlufs nahe gebracht, ohne dafs eine leitende Hypothese Richtung und Verlauf derselben bestimmte; nachdem die MafsVerh\u00e4ltnisse der T\u00e4uschung bei normalen Figuren festgestellt waren, blieb mir also nur \u00fcbrig, m\u00f6glichst entscheidende exp\u00e9rimenta crucis zu ersinnen, durch welche die vorliegenden Erkl\u00e4rungshypothesen auf ihren Wert oder Unwert gepr\u00fcft werden konnten. Bei der Erforschung der Z\u00f6LLNEBschen T\u00e4uschung dagegen ging ich von einer bestimmten, im wesentlichen schon von Helmholtz herr\u00fchrenden Vermutung \u00fcber den Grund derselben aus, deren Inhalt ich am Schl\u00fcsse meiner Abhandlung \u00fcber das optische Paradoxon bereits kurz angedeutet habe (a. a. O. S. 254\u2014 255). Hier konnte ich also, nachdem die rein thats\u00e4chlichen Feststellungen abgeschlossen waren, die weiteren Versuche sofort nach der zu pr\u00fcfenden Hypothese einrichten; umsomehr, da diese Versuche, wie sich sp\u00e4ter zeigen wird, die betreffende Hypothese nicht best\u00e4tigen konnten, ohne gleichzeitig die anderen, mit derselben konkurrierenden, zu widerlegen. Dementsprechend habe ich nur \u00fcber Eine Versuchsreihe und Eine gelegentliche Beobachtung zu berichten, welche ausschliefslich im Interesse der Pr\u00fcfung fremder Ansichten mitgeteilt werden ; w\u00e4hrend ich f\u00fcrs \u00dcbrige nur darauf ausging, Thatsachen festzustellen, welche sich in m\u00f6glichst exakter Weise mit jener Hypothese vergleichen liefsen.\nDie eine Versuchsreihe, von welcher eben gesprochen wurde, ist dazu bestimmt, die von Hering angef\u00fchrte und sp\u00e4ter von Gute verteidigte Ansicht, nach welcher die Z\u00f6llner-sohe T\u00e4uschung und allgemein die \u00dcbersch\u00e4tzung spitzer Winkel aus den Gewohnheiten des perspektivischen Sehens","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"110\nG. Heymans.\nzu erkl\u00e4ren w\u00e4re, anf die Probe zu stellen.1 Die Erfahrung bietet, wie diese Ansicht hervorhebt, zahlreiche Beispiele objektiv rechter Winkel, welche jedoch meistenteils als spitze oder stumpfe sich auf die Netzhaut projizieren; wir gew\u00f6hnen uns demzufolge daran, diesen Fehler zu korrigieren und jeden Winkel einem rechten anzun\u00e4hem, also die spitzen zu \u00fcbersch\u00e4tzen, die stumpfen zu untersch\u00e4tzen. \u2014 Nun besteht aber ein ganz \u00e4hnliches Verh\u00e4ltnis wie zwischen objektiver Rechtwinkligkeit und wahrgenommener Schiefwinkligkeit auch zwischen objektiver Kreis- und wahrgenommener Ellipsgestalt. Auch jene ist uns an zahlreichen Gegenst\u00e4nden gegeben, projiziert sich aber meistenteils als Ellipse auf die Netzhaut; aus den n\u00e4mlichen Gr\u00fcnden, wie der spitze gegen\u00fcber dem stumpfen Winkel, m\u00fcfste demnach auch die kurze gegen\u00fcber der langen Achse einer gegebenen Ellipse \u00fcbersch\u00e4tzt werden. Ob dem so ist, l\u00e4fst sich ohne Schwierigkeit experimentell ermitteln. Ich konstruierte mir dazu zwei Apparate, genau so wie die fr\u00fcher bei der Untersuchung der M\u00fcLLEB-LYERschen T\u00e4uschung verwendeten eingerichtet; auf das linke, festliegende Blatt des einen war eine liegende, auf dasjenige des anderen eine stehende, \u00fcbrigens mit jener kongruente Ellipse gezeichnet; und das rechte, bewegliche Blatt enthielt eine durch Ein- und Aus-sohieben des Blattes variierbare Gerade, welche genau mit der Richtung der horizontalen Ellipsenachse zusammenfiel. Es wurde nun den Versuchspersonen die Aufgabe gestellt, diese Gerade der entsprechenden (kurzen oder langen) Ellipsenachse gleich zu machen. Von vornherein war zu erwarten, dafs in den Resultaten auch die M\u00fcLLEE-LYEEsche T\u00e4uschung mitspielen w\u00fcrde, da ja die Strecke, welcher die gerade Linie gleich gemacht werden soll, beiderseits von einw\u00e4rts gekehrten Linien umschlossen wird. Aber dieser Einflufs liefs sich nach Richtung und Gr\u00f6fse wenigstens insoweit aus fr\u00fcheren Versuchen be-stimmen, dafs er f\u00fcr die Verwertung der Versuchsergebnisse unsch\u00e4dlich gemacht werden konnte. Denn erstens wissen wir, dafs er in beiden F\u00e4llen eine scheinbare Verk\u00fcrzung der Strecke zu st\u00e4nde bringen mufs; zweitens dafs, sofern wir gleiche\nin Hermanns Handbuch der Physiologie m. 1. Leipzig 1879, De verklaring van de pseudoscopische figuur van Z\u00d6llkbr, in het vierde NederUmdsch Natuur- en Geneeskundig Congres, 1893, S. 236\u2014239.","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llner sehe und die Loebsche T\u00e4uschung. Hl\nWirksamkeit der t\u00e4usohungerzeugenden Umst\u00e4nde voraussetzen d\u00fcrfen, der T\u00e4uschungsbetrag der L\u00e4nge der beurteilten Strecke proportional verl\u00e4uft (siehe meine Untersuchungen \u00fcber das optische Paradoxon, a. a. O. S. 233). \u00c4chtet man aber auf die M\u00f6glichkeit, dafs der verschiedene Verlauf der umschlie\u00dfenden Linien eine Ungleichheit der T\u00e4uschungsbetr\u00e4ge bedingen sollte, so scheint diese Ungleichheit doch nur in dem Sinne ausfallen zu k\u00f6nnen, dafs sie die von Hebing 'und G\u00fcte vermutete Wirkung verst\u00e4rken, nicht dafs sie derselben entgegen-arbeiten w\u00fcrde. Denn die nach jener Vermutung zu \u00fcbersch\u00e4tzende kurze Achse wird von Linien umschlossen, welche steiler aufsteigen, also einem stumpferen Winkel entsprechen, als die Linien, welche die lange Achse umschliefsen; die M\u00fcller-LybrscIi\u00a9 T\u00e4uschung wird also dort voraussichtlich in geringerer Intensit\u00e4t auftreten als hier; und diese geringere Untersch\u00e4tzung wird die angebliche relative \u00dcbersch\u00e4tzung nicht verdunkeln, sondern eher sch\u00e4rfer hervortreten lassen. Wenn demnach die geplante Versuchsreihe wirklich als Gesamtresultat eine relative \u00dcbersch\u00e4tzung der kurzen Achse ergeben sollte, so d\u00fcrfte daraus noch keineswegs ohne weiteres auf die Wirksamkeit des von Hering und Gute vermuteten Faktors geschlossen werden; umgekehrtenfalls aber d\u00fcrfte die Unwirksamkeit oder doch die Unmerklichkeit der Wirkung jenes Faktors als erwiesen betrachtet werden. Thats\u00e4chlich war nun das Ergebnis ein durchaus negatives:\nTabelle VI (7. Gruppe).\n\tAnzahl der Beob- achtungen\tWirkliche L\u00e4nge\tMittlere gesch\u00e4tzte L\u00e4nge in mm\tWahrsch. Fehler derselben in mm\tMittlere gesch\u00e4tzte L\u00e4nge\n\t\tin mm\t\t\tWirkliche L\u00e4nge\nKurse Achse\t20\t75.5\t66.2\t0.96\t0,88\nLenge Achse\t20\t05.5\t85.9\t0.99\t0.90\nIch halte es demnach f\u00fcr \u00e4ufserst unwahrscheinlich, dafs die Gewohnheiten des perspektivischen Sehens, welche sich in diesem Falle vollkommen wirkungslos erweisen, unter ganz","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112\nanalogen Umwinden eine so bedeutende Wirkung hervorbringen sollten, wie wir sie an der Zolls Krachen Figur wahrnehmen.\nDie gelegentliche Beobachtung, von welcher oben zweitens die Bede war, stammt ans einem Aufenthalt auf der Insel Norderney im vorigen Jahre. Ich sah dort eine niedrige, treppenf\u00f6rmig an einem D\u00f6nenabhang sich hinstreckende Mauer und bekam in, .ganz; auffallender Weis\u00a9 den Eindruck, als ob die horizontalen Platten, welche diese Mauer nach oben abschlossen, in einem der Neigung des Abhanges entgegengesetzten Sinne von der Horizontalen abwichen (Fig. 3). Diese Beobachtung erregte mein Interesse, weil sie mir mit einer Theorie, welche mich gerade damals besch\u00e4ftigte, derjenigen von Lipps, unvereinbar erschien. Bekanntlich denkt Lipps sich den Grund der Z\u00f6LLNKBschen T\u00e4uschung so, dafs wir die Querstriche als Tr\u00e4ger von Kr\u00e4ften auffassen, welche zun\u00e4chst durch entgegengesetzte Kr\u00e4fte der Hauptlinien gebunden sind,\nsodann aber rich frei machen und dadurch auch jene zu freier Wirksamkeit bef\u00e4higen.1 Dafs solche Vorstellungen sich uns aufdr\u00e4ngen sollten, ist an und f&r sich plausibel genug; auch w\u00e4re es im Prinzip gewifs nicht unm\u00f6glich, die scheinbare Richtnngs\u00e4nderung der Hanptlinien einer Z\u00f6LLNKBsohen Figur daraus zu erkl\u00e4ren. Aber ich sehe nicht ein, wie sich aus dem n\u00e4mlichen Grunde auch eine scheinbare Richtungs\u00e4nderung der Querstriche sollte ableiten lassen. Den Gesetzen des mechanisch-\u00e4sthetischen Gleichgewichts, auf welche Lipps sich beruft, entspricht es ohne Zweifel, wenn die Hauptlinien durch eine scheinbare Abbiegung nach einer Seite die reale Abbiegung der Querstriche nach der entgegengesetzten Seite teilweise kompensieren ; aber ebenso sicher widerspricht es denselben, wenn nun die Querstriche ihre reale Abbiegung nach einer Seite durch eine weitere scheinbare Abbiegung nach der n\u00e4mlichen Seite noch mehr hervortreten lassen. Also: die scheinbare Vergr\u00f6fserung der von einer Hauptlinie und meh-reren Querstrichen gebildeten scharfen Winkel m\u00fc\u00dfte, wenn Lipps Recht h\u00e4tte, ansschliefslich von einer Richtungsver\u00e4nde-\n1 Lipps, \u00c4sthetische Faktoren der Baumanschauung. Hamburg und Leipzig, 1891.","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llner sehe und die Lo eh sehe T\u00e4uschung. J J 8\nrung der Hauptlinie, nicht auch von einer entgegengesetzten Richtungsver\u00e4nderung der Querstriche herr\u00fchren ; die D\u00fcne d\u00fcrfte uns durch die angesetzten Mauertreppen etwas steiler erscheinen, aber die Deckplatten der letzteren m\u00fcfsten entweder ihre horizontale Lage behaupten oder eine derjenigen des Abhanges entsprechende Neigung erkennen lassen. Das Eintreten der entgegengesetzten T\u00e4uschung scheint mir darauf hinzudeuten, dafs der wesentliche Grund der Mer besprochenen Erscheinungen nicht in den von Lipps hervorgehobenen Faktoren zu suchen ist.\nDie Hypothese, welche die nachfolgenden Untersuchungen beherrscht, l\u00e4fst sich am einfachsten und verst\u00e4ndlichsten in Anschlufs an die von mir vorgetragene Erkl\u00e4rung des optischen Paradoxons entwickeln. Wenn mim di\u00a9 Streck\u00a9 AB (Fig. 4) m der Richtung von A nach B mit dem Blicke abmifst, so dr\u00e4ngt sich im Anfangsmoment der Blickbewegung die Vorstellung von s entgegengesetzt verlaufenden Bewegungen A C und A B dem Bewufst-sein auf ; demzufolge erscheint, wie\t4-\nich annehme und zu begr\u00fcnden versucht habe, die wirklich ausgef\u00fchrte Bewegung von A nach B durch Kontrast l\u00e4nger als sonst der Fall sein w\u00fcrde. Umgekehrt, wenn man di\u00a9 Strecke A E von A nach E verfolgt, so erscheint die wirklich ausgef\u00fchrte Bewegung durch die Vorstellung der gleichgerichteten Bewegungen A C und AB verkleinert. Oder allgemein: die lebhafte Vorstellung einer in bestimmter Richtung verlaufenden Bewegung erzeugt den Schein einer entgegengesetzten Bewegung, welche sich zu einer beliebigen thats\u00e4chlich ausgef\u00fchrten Bewegung algebraisch addiert. Dafs dieser Satz auch gilt, wenn thats\u00e4chlich keine Bewegung ausgef\u00fchrt wird, beweisen zahlreiche optische T\u00e4uschungen, wo die durch andauernde Wahrnehmung erzeugte lebhafte Vorstellung einer Bewegung eine Scheinbewegung ruhender Objekte zu st\u00e4nde bringt; also die bekannten Erscheinungen, welche nach l\u00e4ngerem Fixieren str\u00f6menden Wassers, einer langsam gedrehten archimedischen Spirale, einer Reihe fortw\u00e4hrend zu nicht\u00a9 einschrumpfender und sich wieder erneuernder Rhomben u. dergl. auf-\nZetfsehrift Air Psychologie XIV.\t8","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\ntreten.1 \u2014 Nehmen wir nun an, was von vornherein als wahrscheinlich gelten darfj dafs auch die Ausf\u00fchrung einer zur vorgestellten senkrechten Bewegung diese Wirkungen unver\u00e4ndert bestehen l\u00e4fst, so haben wir prinzipiell die Erkl\u00e4rung der Z\u00f6LLNERschen T\u00e4uschung in der Hand. Bei der Betrachtung der betreffenden Figur hat man n\u00e4mlich \u00fcber die Richtungsgleichheit oder -Verschiedenheit der Hauptlinien zu urteilen; man mufs also diese mit dem Blick verfolgen, um das Gleichbleiben oder Nichtgleichbleiben ihrer gegenseitigen Abst\u00e4nde festzustellen. Dabei ziehen aber fortw\u00e4hrend neue Teile der Querstriche die Aufmerksamkeit auf sich und erzeugen, da die physiologische Fixation stets der psychischen zu folgen bestrebt ist, wenigstens die Vorstellung einer seitlichen Bewegung. W\u00e4hrend beispielsweise der Blick von A nach B (Fig. 5) wandert, wird er fortw\u00e4hrend durch rechtsliegende, sich stets weiter von der Strecke A B entfernende Punkte zu Rechtsbewegungen von zunehmender Gr\u00f6fse sollizitiert; es werden also fortw\u00e4hrend Vorstellungen von entsprechenden Bewegungen erzeugt; und es mufs nach dem Vorhergehenden der Schein entstehen, als ob thats\u00e4chlich eine Bewegung nach links stattf\u00e4nde. Beim \u00dcbergang von B nach C liegen umgekehrt die ablenkenden Punkte links und in regelm\u00e4fsig abnehmender Entfernung von der Strecke der Blickbewegung; hier werden also Vorstellungen von Linksbeweguugen abnehmender Gr\u00f6fse erregt; und es mufs scheinen, als ob auch in diesem Teil der Strecke jeder h\u00f6herliegende Punkt weniger rechts, also mehr links, l\u00e4ge als der vorhergehende. Die ganze Linie A C scheint also nach links zu neigen; und da in der Z\u00f6LLNERschen Figur jede Hauptlinie mit zugeh\u00f6rigen Querstrichen aus Teilen, welche der Fig. 5 entsprechen, zusammengesetzt ist, mufs sie, besonders im Vergleich mit einer entgegengesetzten Wirkungen unterworfenen\n1 Aus den zaletzt erw\u00e4hnten Beispielen geht hervor, da.fa auch wo s\u00e4mtliche den Prozefs konstituierenden Bewegungen blofs vorgestellt, nicht wirklich ausgef\u00fchrt werden, die Kontrastwirkung nicht ausbleibt. Daraus d\u00fcrfte begreiflich werden, was gegen meine Erkl\u00e4rung der M\u00fcLL\u00a3&-LTBRschen T\u00e4uschung angef\u00fchrt worden ist, dafs dieselbe n\u00e4mlich auch bei Momentbeleuchtung, welche Augenbewegung ausschliefst, bestehen bleibt. VergL das Referat \u00fcber meine betreffende Untersuchung in den Ktin. Monatsbl. f Augenheiikde. Mai 1896.\nFig. 5.","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llner sehe und die Loebsche T\u00e4uschung.\t115\nNachbarlinie, die bekannt\u00a9 Ricbtungsver\u00e4nderung erkennen lassen. Man k\u00f6nnte allerdings glauben, dafs nun auch ein wenig oberhalb B liegender Punkt im Verh\u00e4ltnis zu einem anderen etwas unterhalb B liegenden scheinbar bedeutend nach rechts r\u00fccken und also A C sich als eine Zickzacklinie ansnehmen m\u00fcfste. Dieser Schein ist in der That vorhanden, wenn die Querstriche in Verh\u00e4ltnis zu ihrer L\u00e4nge weit auseinander liegen, wie leicht zu erkennen ist, wenn man di\u00a9 Hauptlinie in Fig. 6 langsam mit dem Auge verfolgt. Schliefsen sich aber die Querstriche enge aneinander, so verschwindet dieser Schein; wohl deshalb, weil sich jetzt die Wirkungen benachbarter Querstriche miteinander vermischen, sofern sie entgegengesetzte Vorzeichen haben, sich auf heben, und nur sofern sie zusammenstimmen, ihren Einflufs m der Beobachtung geltend machen.\nDie hier vorgetragene Erkl\u00e4rung der Z\u00f6LLNEBsohen T\u00e4uschung scheint mir mit der HELMHOLTZ-LoEBsehen aus \u201eRichtungskontrast44 im wesentlichen identisch zu sein.1 Allerdings haben die betreffenden Forscher nicht so sehr den Bewegungssinn als den Raumsinn der Netzhaut f\u00fcr die vorliegenden Erscheinungen verantwortlich gemacht; wenn aber, wie ich mit Vielen f\u00fcr wahrscheinlich halte, die r\u00e4umlich\u00a9 Bedeutung der Netzhauteindr\u00fccke nur auf\nassoziierten Bewegungsvorstellungen beruht, so ist der Unterschied nur scheinbar. Jedenfalls wurzeln jene Theorien mit der von mir vertretenen in dem gemein-\n6.\nAufmerksamkeit unterliegen, sich so beeinflussen, als ob sie sich gegenseitig abstiefsen, wodurch ihr scheinbarer Abstand vergr\u00f6fsert wird44 (Loeb, a. a. 0. S. 515).\nVon anderen vorliegenden Erkl\u00e4rungsversuchen unterscheidet sich nun der auf diesem Grundgedanken aufgebaute zun\u00e4chst dadurch, dafs nach ihm dem Winkel, unter welchem Hauptlinien und Querstriche sich schneiden, nur sekund\u00e4re, der ungleichen Entfernung, in\nschaftlichen Grundgedanken, \u201edafs zwei Punkte oder Linien mit verschiedenen Raum werten, die gleichzeitig der\nFig.\n1 \u25bc. Helmholtz, Physiol Optik, 2. Aufi. S. 714; Lobs, \u00dcber den Nachweis von Kontrasterscheinungen im Gebiete der Raumempfindungen des\nAuges. Pfl\u00fcgers Arc\u00c4. LX. S. 516.\n8*","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116\nG. Hey mans.\nwelcher sich die T eil\u00a9 der letzteren von den er steren befinden, dagegen prim\u00e4re Bedeutung zukommt. Ich hielt es f\u00fcr geboten, an erster Stelle diesen Satz in seiner Allgemeinheit zu pr\u00fcfen. Zu diesem Zwecke zeichnete ich\nFigg. 7\u201410.\n(V* wirkliche Gr\u00f6fse.)\n\t\t,r\ti1\t/\t/\tr1\tJ I\n\t\t1 /\ti\t\t\t> /\ty\n\t\t/ 1\ti1\t/ ii\t/;\t\n\u2014 \t\ty\ti1\t, i /\t,|l' F\tF.\nFigg. 11\u201414.\n(V* wirkliche Gr\u00f6fse.)\nmehrere Figuren, in denen di\u00a9 Querstrich\u00a9 durch andere Linien ersetzt waren, dergestalt, dafs in analoger Weis\u00a9 wie beim Z\u00f6LLNERschen Muster seitlich liegende, von den Hauptlinien ungleich weit entfernte Teile oder Punkte die Aufmerksamkeit auf sich zogen, ohne dafs jedoch irgendwo ein\u00a9 schief\u00a9 Schneidung der Hauptlinien stattfand. Di\u00a9 Art und Weise, wie dies","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llner sehe und die Loebsche T\u00e4uschung. 117\ngeschah, l\u00e4fst sich am einfachsten aus den Figg. 7 bis 14 erkennen, deren jede die Hauptlinie mit zugeh\u00f6rigen Nebenlinien, wie sie auf einem der verwendeten Bl\u00e4tter die mittlere Stelle einnimmt, zur Darstellung bringt. Zu beiden Seiten derselben hat man sich also ein genau symmetrisches System hinzuzudenken, und weiter in der Vorstellung die gezeichneten Hauptlinien durch gespannte Gummifaden zu ersetzen. Die Abst\u00e4nde zwischen den Hauptlinien betrugen bei Figg. 9\u201411 3 cm, bei den \u00fcbrigen 3.5 cm ; alle weiteren Dimensionen kann man in den Figuren naohmessen. Zur Unsch\u00e4dlichmachung etwaiger konstanter Fehler wurde eine Versuchsreihe ohne Nebenlinien (wo also ein weifses Kartonblatt unter die Hauptlinien hineingeschoben wurde) hinzugef\u00fcgt.\nTabelle VEE (3. und 6. Gruppe).\n\u2022\tAnzahl der Beob- achtungen\tMittlere T\u00e4uschung in Minuten\tWahrsch. Fehler derselben in Minuten\nKeine Nebenlinien\t36\t1.5\t2.6\nFig. 7\t30\t107\t5.3\nFig. 8\t30\t61\t6.6\nFig. 9\t36\t11\t3.6\nFig. 10\t36\t16\t3.1\nFig. 11\t36\t86\t3.7\nFig. 12\t30\t28\t4.1\nFig. 13\t30\t36\t3.7\nFig. 14 \u00ab\t30\t30\t4.4\nDas Ergebnis (Tab. VII) ist ein unzweideutiges. W\u00e4hrend bei der Versuchsreihe ohne Nebenlinien die mittlere Abweichung wenig mehr als die H\u00e4lfte ihres wahrscheinlichen Fehlers betr\u00e4gt, steigt sie bei den \u00fcbrigen Figuren, ausnahmslos im Sinne der Z\u00d6LLNEHschen T\u00e4uschung verlaufend, bis auf das Drei- bis Zwanzigfache desselben; und auch die absoluten T\u00e4uschungsbetr\u00e4ge sind, obgleich im Durchschnitt etwas kleiner, offenbar von der n\u00e4mlichen Ordnung wie die fr\u00fcher festgestellten. F\u00fcr das Zustandekommen einer der Z\u00f6LLNERschen entsprechenden","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118\nG. Heymam.\nUrteilst\u00e4uschung ist demnach schiefwinklige Schneidung der Haupt- und Nebenlinien nicht erfordert; sondern dieselbe tritt \u00fcberall auf, wo Elemente der letzteren so gelagert sind, d&fs sie beim Verfolgen der Hauptlinien abwechselnd in zunehmender Entfernung an einer Seite und in abnehmender Entfernung an der anderen Seite derselben sich dem Auge darbieten.\nEs giebt aber noch andere, bereits bekannte pseudoptische Erscheinungen, welche, mit der Z\u00f6LLNEBschen mehr oder weniger\nverwandt, kaum eine andere Erkl\u00e4rung als die oben vorgeschlagene zulassen. So verh\u00e4lt es sich z. B. mit einer auffallenden Richtungst\u00e4uschung, welche ich der unter dem Titel \u201ePseudoptics\u201c bei Milton Bradley Co., Springfield, Mass, erschienenen Apparaten-sammlung entnehme und in Fig. 15 zur Dar-Stellung bringe. Die sohembare Rechtsneigung der mittleren Vertikale in diesei* Figur wird in den jener Sammlung beigegebenen Erl\u00e4uterungen aus Irradiationswirkungen erkl\u00e4rt: \u00bbby irradiation each white square seems to extend into the black- square of the other row which it touches1\u201c. Dafs aber diese Erkl\u00e4rung nicht richtig sein kann, scheint mir schon daraus hervorzugehen, dafs in der Figur kongruente weifse und schwarze Quadratpaare regelm\u00e4fsig wechseln ; denn wenn die weifsen Quadrate durch schwarze, die schwarzen durch weifse ersetzt w\u00fcrden, m\u00fc\u00dcsten offenbar alle Irradiationswirkungen sich umkehren ; di\u00a9 Figur aber w\u00e4r e nur verschoben, nicht ver\u00e4ndert. Der eigentliche Fehler der erw\u00e4hnten Erkl\u00e4rung scheint mir aber darin zu liegen, dafs von den Verschiebungen, welche die Teile der mittleren Vertikale durch Irradiationswirkungen in Bezug auf einander erleiden k\u00f6nnten, nur die eine H\u00e4lfte in Betracht gezogen, die andere aber vernachl\u00e4ssigt wird. Achtet man blofs auf die Strecke AB, so k\u00f6nnt\u00a9 in der That aus Irradiationswirkungen \u00a9ine Neigung der Mittellinie nach rechts entstehen; betrachtet man dagegen die Strecke C D, so m\u00fcfste offenbar die n\u00e4mliche Ursache eine ebenso starke T\u00e4uschung in umgekehrter Richtung erzeugen.\nFig. 15.","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00dcber die Z\u00f6llnerache und die Loebachc T\u00e4uschung, U9\nEbenso verh\u00e4lt es sich mit den. \u00fcbrigen Teilen der Figur; die Irradiations Wirkungen mtifsten demnach entweder sich aus-gleichen oder aber das Bild einer im Zickzack Mn- und hergehenden Linie zu st\u00e4nde bringen. \u2014 Dagegen ist ohne weiteres einzusehen, dafs sowohl die schwarzen wie die weifsen Quadratpaare aus Teilen bestehen, welche in Bezug auf die Mittellinie \u00e4hnlich wie die Teile der Querstriche aus einer Z\u00f6LLNEBschen Figur angeordnet sind, und demzufolge nach dem fr\u00fcher er\u00f6rterten Prinzip eine analoge T\u00e4uschung her vorrufen missen.\nWeit interessanter f\u00fcr unsere Untersuchung ist aber eine von Loeb entdeckte T\u00e4uschung, welche die thats\u00e4oh\u00fcche Wirksamkeit des hier zur Erkl\u00e4rung verwendeten Faktors gleichsam ad oculos demonstriert 'und zugleich eine genaue Bechenprobe auf diese Erkl\u00e4rung gestattet. Bei fixierter Kopflage betrachtet man einen rechts parallel zur Medianebene auf dem Tische liegenden Pappdeckelstreifen und versucht, einen anderen \u00e4hnlichen Streifen so einzustellen, dafs er in der Verl\u00e4ngerung jenes (etwa 20 cm von ihm entfernt) zu liegen scheint. Wird nun ein dritter Streifen zur rechten oder linken Seite parallel neben den zweiten gelegt, so erscheint dieser zweite nicht mehr als die Verl\u00e4ngerung des ersteren, sondern um 3\u20146 mm nach links oder rechts verschoben. Die gegenseitige Wirkung' zweier paralleler Linien wird demnach von Loeb kurz als eine abstofsende, wodurch ihr scheinbarer Abstand vergr\u00f6fsert wird, bezeichnet ; und er bemerkt, dafs diese Abstofsung nach seinen Versuchen auch stattfindet, wenn die Linien nicht parallel sind, und Merbei die Form eines Bichtungskontrastes annehmen kann.1 In der That l\u00e4fst sich die Z\u00f6LLNEBsche T\u00e4uschung, ihrem allgemeinen Charakter nach, aus dem LoEBschen Grundversuch als eine notwendige Folgerung ableiten. Wenn eine vertikale Linie durch eine reohtsliegende andere nach links, durch eine linksliegende nach rechts verschoben erscheint, so wird sie, wenn sie in ihrem oberen Teile links, in ihrem unteren Teile rechts eine Linie neben sich hat, oben nach rechts, unten nach 'links verschoben erscheinen m\u00fcssen. Eben so verh\u00e4lt es sich aber mit jedem einem, Querstriche entsprechenden Teile\n1 Siehe die oben zitierte Abhandlung Lobbs in Pfl\u00fcgers Arch. UL\nS. 509 -518","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120\nGr. Heymcw.\neiner Z\u00f6LLNERschen Hauptlinie; aus der Summierung dieser Teil Wirkungen mufs eine T\u00e4uschung entstehen, welche wenigstens der Richtung nach mit der Z\u00f6nnNEBschen zusammenfallt. Ob sie auch quantitativ derselben entspricht, bleibt zu untersuchen.\nZur quantitativen Bestimmung der LoEBschen T\u00e4uschung benutzte ich anfangs einen einfachen Apparat aus Karton, in welchem lose, verwechselbare Bl\u00e4tter in einer Richtung hin-und hergeschoben werden konnten. Senkrecht zu dieser Richtung war auf jedem Blatt eine Linie mit parallelen Nebenlinien gezeichnet, welche also bei Bewegung des Blattes parallel mit sich verschoben wurde; die Versuchspersonen hatten dieselbe m\u00f6glichst genau in die Verl\u00e4ngerung einer gleichgerichteten Linie zu bringen, welche in einer Entfernung von 13 cm auf dem festen Teile des Apparates angebracht war. Die beiden zu vergleichenden Hauptlinien waren 13 cm lang und 1 mm breit; die Nebenlinien hatten die gleiche L\u00e4nge, wechselten aber nach Entfernung, Breite und Zahl.. Die T\u00e4usehungs-betr\u00e4ge wurden an einem auf dem Apparate festgeklebten Streifen Millimeterpapier abgelesen. Obgleich von der Loeb-sehen Vorschrift einer seitlichen Lage der zu beurteilenden Linien Abstand genommen wurde, ergab sich \u00fcberall eine mittlere Abweichung im Sinne der von ihm beschriebenen T\u00e4uschung; die Betr\u00e4ge derselben unter verschiedenen Umst\u00e4nden sind in den Tabellen VIII und IX eingetragen worden. Da jedoch di\u00a9 Kontrollversuche ohne st\u00f6rende Nebenlinien (s. Tab. IX) gleichfalls eine den wahrscheinlichen Fehler \u00fcbersteigende Abweichung im n\u00e4mlichen Sinne ergaben, sind die gefundenen Werte wahrscheinlich s\u00e4mtlich etwas zu grofs. Wo mehrere Nebenlinien verwendet wurden (Tab. IX), waren dieselben in Abst\u00e4nden von je 5 mm zu einer Seite der Hauptlinie angeordnet, und betrug ihre Breite regelm\u00e4fsig 1 mm,\nObgleich diese Zahlen, wegen der mit der Messung so kleiner Distanzen verbundenen Schwierigkeiten, keine grofse Genauigkeit beanspruchen k\u00f6nnen, sind sie doch in mehrfacher Hinsicht instruktiv. Betrachten wir zuerst die mit einer Nebenlinie von 1 mm Breite gewonnenen Resultate, so ergiebt sich in unzweideutiger Weise, dafs die abstofsende Wirkung, welche diese Nebenlinie auf die Hauptlinie aus\u00fcbt, bei einer Entfernung von etwa 10 mm ein Maximum, erreicht, von","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llner sehe und die Loebsche T\u00e4uschung. 121\nTabelle VIII (4. Gruppe).\nBreite der Nebenlinie in min\tAbstand \u25a0wischen Haupt- und Nebenlinie In mm\tAnzahl der Beob- achtungen\tMittlere T\u00e4uschung in mm\tWahrseh. Fehler derselben in mm\n1\t6\t30\t0.83\t0.18\n1\t10\t30\t1.00\t0.20\n1\t16\t30\t0.77\t0.16\n1\t20\t30\t0.52\t0.16\n2\t10\t30\t1.18\t0.21\n2\t20\t30\t1.23\t0.23\n4\t10\tso\t1.02\t0.18\n4\t20\t30\t1.70\t0.24\nTabelle IX (4. Gruppe).\nAnzahl der Nebenlinien\tAnzahl der Beob- achtungen\tMittlere T\u00e4uschung in mm\tWahrseh. Fehler derselben in mm\n0\t30\t0,23\t0.10\n2\t30\t1.27\t0.18\n3\t30\t0.92\t0.18\n4\t30\t1.22\t0.18\nwelchem sie nach beiden Seiten ziemlich steil Mnabfallt. Dafs es sich ungef\u00e4hr so verhalten w\u00fcrde, war nach der Kontrasttheorie zu erwarten. Ist die Entfernung zu klein, so ist auch die induzierende Bewegungsvorstellung schwach ; ist sie zu grofs, so entzieht sich die Nebenlinie leicht der auf die Hauptlinie gerichteten Aufmerksamkeit. Dafs hierin der Grund f\u00fcr die Abnahme der T\u00e4uschung bei gr\u00f6fseren Entfernungen liegt, wird auch durch die Versuche mit Nebenlinien von 2 und 4 mm Breite sehr h\u00fcbsch best\u00e4tigt. Die T\u00e4uschungsbetr\u00e4ge","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"G. Heytmni.\nbei Entfernungen von 10 und 20 mm verhalten sich n\u00e4mlich bei der geringsten Breite der Nebenlinien ungef\u00e4hr wie 1 : \u00d6.5, bei der mittleren wie 1:1, bei der gr\u00f6fbten wie 1 :1,7; die aus der seitlichen Lage sich ergebende Abnahme des Reizes f\u00fcr die Aufmerksamkeit wird offenbar durch die gr\u00f6fsere Ausdehnung kompensiert und \u00fcberkompensiert. \u2014 Etwas weniger durchsichtig sind die Zahlen, welche sich auf Versuche mit mehreren Nebenlinien beziehen. Soweit die vorliegenden Daten reichen, scheint 'hierbei diejenige Nebenlinie, welche fur sich die st\u00e4rkste Wirkung aus\u00fcben w\u00fcrde, das Gesamtresultat allein zu bestimmen ; jedenfalls erleidet der mit einer Nebenlinie in 10 mm Entfernung gewonnene T\u00e4uschungsbetrag durch Ilinzu-f\u00fcgung einer, zweier oder dreier weiterer Nebenlinien keine sicher festznstellende Ver\u00e4nderung.\nJedoch nicht nur an und f\u00fcr sich hat dasjenige, was wir bis jetzt \u00fcber den Verlauf der LoEBschen T\u00e4uschung erkannt haben, einiges Interesse; auch f\u00fcr die Erkl\u00e4rung der fr\u00fcher ermittelten, auf die Z\u00f6LLNsnsche T\u00e4uschung sich beziehenden thats\u00e4chliohen Verh\u00e4ltnisse kann es schon etwas leisten. Allerdings nicht so viel, dafs wir ans den zuletzt gewonnenen Zahlenwerten die Notwendigkeit der fr\u00fcher festgestellten nun ohne weiteres ableiten k\u00f6nnten; aber solches zu erwarten, haben wir, so wie jetzt die Sache liegt, auch noch keinen Grand. Wir m\u00fcssen bedenken, erstens, dafs unsere Zahlen \u00fcber die LoEBsohe T\u00e4uschung, wie oben angedeutet wurde, nur approximative Geltung beanspruchen k\u00f6nnen ; zweitens, dafs in der Z\u00f6LLNEBschen Figur (wie sp\u00e4ter ausf\u00fchrlicher zu er\u00f6rtern sein wird) eine Komplikation der Umst\u00e4nde vorliegt, welche alle Berechnung ausschliefst; drittens und haupts\u00e4chlich, dafs eine direkte Vergleichung unserer auf 'die LoEBsche und auf die Z\u00f6LLNEBsche T\u00e4uschung sich beziehenden Ergebnisse schon mit R\u00fccksicht auf die bisherige Versnehsemriohtung aussichtslos erscheint. Eine solche Vergleichung w\u00fcrde erfordern, dafs erstens Inhalt, Lage und Umgebung der Figuren, sodann aber und besonders auch die den Versuchspersouen gestellte Aufgabe bei der Untersuchung beider T\u00e4uschungen eine m\u00f6glichst gleiche gewesen w\u00e4re; statt dessen bedingte aber schon die Einrichtung1 der verwundeten Apparate eine grofae Verschiedenheit der Umst\u00e4nde, und betraf auch die von den Versuchspersonen verlangte' Entscheidung zun\u00e4chst ganz ver-","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llner sehe und die Loebsche T\u00e4uschung. 123\nschieden\u00a9 Dinge. Einmal sollten sie \u00fcber die Parallelit\u00e4t dreier Linien, das andere Mal aber \u00fcber die Frage urteilen, ob zwei Linien in einer Geraden liegen oder nicht; f\u00fcr jenes Urteil konnten sie auf Abstandsvergleichungen, f\u00fcr dieses dagegen nur auf die Genauigkeit ihres \u00dfichtungsgef\u00fchles sich verlassen. Dafs die in beiden F\u00e4llen begangenen Fehler, selbst wenn sie von der n\u00e4mlichen Ursache herr\u00fchren sollten, sich quantitativ entsprechen m\u00fcfsten, ist keineswegs als sicher zu betrachten. Unter solchen Umst\u00e4nden kann es sich offenbar nicht darum handeln, nachzuweisen wie die absoluten Zahlen werte, sondern nur wie die Gesetzm\u00e4fsigkeiten der Z\u00f6nLNERschen T\u00e4uschung, nach der hier vertretenen Theorie, sich als notwendige Folgerungen aus den zuletzt festgestellten Verh\u00e4ltnissen ableiten lassen.\nUnseren fr\u00fcheren Er\u00f6rterungen entsprechend, haben wir1 nun diesem Nachweis folgende Vorstellung zu Grund\u00a9 zu legen. Die Elementarwirkungen, aus welchen die scheinbare Richtungsver\u00e4nderung einer Z\u00f6LLNEBschen Hauptlinie resultiert, gehen von den einzelnen Punkten der Querstriche aus; jeder solche Punkt wirkt abstofsend auf die benachbarten Teile der zugeh\u00f6rigen Hauptlinie; indem aber diese Wirkungen f\u00fcr die beiden H\u00e4lften eines Querstriches entgegengesetzte Vorzeichen haben und weiter nach Tab. VIDE innerhalb gewisser Grenzen mit der Entfernung von der Hauptlinie zunehmen, mufs jeder einem Querstriche entsprechende Te\u00fc der Hauptlinie ein\u00a9 Scheindrehung erleiden, und aus der Summierung solcher Teildrehungen geht dann die Gesamtdrehung hervor. Es fragt sich, was diese Vorstellungsweise f\u00fcr die Erkl\u00e4rung der fr\u00fcher festgestellten Abh\u00e4ngigkeitsbezieh\u00fcngen zu leisten im st\u00e4nde ist.\nWas zuerst den Einflufs des Neigungswinkels betrifft (Tabellen I\u2014HI), l\u00e4fst sich wenigstens soviel unschwer einsehen, dafs f\u00fcr sehr kleine und f\u00fcr sehr grofse Winkel die T\u00e4uschung kleiner sein mufs als f\u00fcr solche mittlerer Gr\u00f6fse. Setzen wir zun\u00e4chst konstante L\u00e4nge der Querstriche voraus, so nimmt mit der Winkelgr\u00f6fse die Entfernung der Endpunkte der Querstriche von der Hauptlinie regelm\u00e4fsig ab ; sobald aber diese Entfernung merklich kleiner geworden ist als diejenige der maximalen Wirksamkeit (Tab. VIH), mufs auch der T\u00e4uschungsbetrag geringer werden. Bei Vergr\u00f6fserung des Winkels von diesem Punkte aus mufs also zun\u00e4chst eine Zu-","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\nG. lieymam.\nn\u00e4hme der T\u00e4uschung stattfinden; aber diese mufs notwendig bald in eine Abnahme Umschlagen. Denn auch wo die Querstriche (wie wahrscheinlich in den unserer Tab. I zu Grunde liegenden Figuren) so kurz sind, dafs bei keiner Winkelgr\u00f6fse die Entfernung maximaler Wirksamkeit \u00fcberschritten wird, mufs doch bei gr\u00f6fseren Winkeln die Gefahr entstehen, dafs die beiden H\u00e4lften einer Nebenlinie sich gegenseitig in ihrer Wirkung beeintr\u00e4chtigen. Im Grenzfall einer vollkommen rechtwinkligen Schneidung der Haupt- und Nebenlinien m\u00fcfste offenbar der Blick beim Verfolgen der ersteren jedesmal gleichzeitig die nach entgegengesetzten Bichtungen hinweisenden H\u00e4lften einer Nebenlinie treffen und demnach zwei sich aufhebenden Wirkungen ausgesetzt sein ; nimmt nun der Neigungswinkel von 90\u00b0 allm\u00e4hlich ab, so kann sich dieses Verh\u00e4ltnis nicht pl\u00f6tzlich \u00e4ndern, sondern die eine Wirkung kann erst nach und nach gegen\u00fcber der anderen zur\u00fccktreten. \u2014 Ist diese Erkl\u00e4rung des Maximums richtig, so m\u00fcssen sich nat\u00fcrlich die Verh\u00e4ltnisse \u00e4ndern, wenn die Querstriche verl\u00e4ngert werden ; und in der That haben wir in Tab. II gefunden, dafs, wenn die Querstriche bis auf 10 mm Entfernung von der Hauptlinie verl\u00e4ngert werden, die T\u00e4uschungsbetr\u00e4ge bei Neigungswinkeln von 15\u00b0 und 30\u00b0 sich schon betr\u00e4chtlich n\u00e4her r\u00fccken. Doch kt hiermit noch nicht viel bewiesen, da erstens dieses Ergebnis auch aus der ungleichen L\u00e4nge der Querstrich\u00a9 erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnte, und zweitens das Nebeneinanderherlaufen mehrerer Querstriche \u00a9ine Komplikation einfuhrt, welche jede Deutung mehr oder weniger willk\u00fcrlich macht. Statt also l\u00e4nger bei diesen Zahlen zu verweilen, habe ich vorgezogen, durch \u00a9ine neue Versuchsreihe die Sach\u00a9 zu gr\u00f6fserer Klarheit zu bringen. Ich ging dabei von der Erw\u00e4gung aus, dafs, wenn die Abnahme der T\u00e4uschung bei kleineren Winkeln in der That von der geringeren Entfernung der Querstrichsendpunkte von den HauptHnien herr\u00fchrt, bei m\u00f6glichster Aus-schMessnng von Komplikationen das Maximum um so niedriger liegen mufs, je mehr die Querstriche \u00fcber einen gewissen Punkt hinaus verl\u00e4ngert werden. Denn die Endpunkte l\u00e4ngerer Querstriche m\u00fcssen schon bei geringerer Gr\u00f6fse des Neigungswinkels die Entfernung maximaler Wirksamkeit erreichen, als die Endpunkte k\u00fcrzerer Querstriche. Ich benutzte bei diesen Versuchen wieder den in Fig. 1 abgebildeten Apparat; zur","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llner sehe und die Loebsche T\u00e4uschung. 125\nVerwendung gelangten elf Figuren, bei denen der Abstand zwischen den Hauptlinien regelm\u00e4faig 3.5 cm betrug. Die L\u00e4nge der Querstriche betrug 2.5, 5 und 10 cm; die entsprechenden Schnittpunktsabst\u00e4nde waren je von derselben Gr\u00f6fse, wodurch die schwer zu kontrollierende Vermischung der Wirkungen benachbarter Querstriche m\u00f6glichst ausgeschlossen wurde ; dementsprechend war die Anzahl der kleinsten Querstriche fur jede Hauptlinie 4, der mittleren 2, der gr\u00f6fsten 1. Die Neigungswinkel wechselten f\u00fcr jede der verwendeten Querstrichl\u00e4ngen zwischen 7 Vs und 30 Grad ; nur bei der gr\u00f6fsten Querstrichl\u00e4nge konnten, mit B\u00fccksicht auf den zwischen den Hauptlinien vorhandenen Baum, keine Winkel \u00fcber 227\u00ab Grad verwendet werden. Die Ergebnisse sind in Tab. X zusammengestellt.\nTabelle X (5. Gruppe).\nL\u00e4nge 4er Querstriche in mm.\tNeigungs- winkel in Graden\tAnzahl der Beob- achtungen\tMittlere T\u00e4uschung ln Minuten\tWahrseh. Fehler derselben in Minuten\n25\t77.\t40\t14\t4.4\n25\t15\t40\t48\t4.1\n25\t22V\u00ab\t40\t92\t4.7\n2\u00df\tSO\t40\t100\t4.4\n50\t77\u00ab\t40\t10\t8.5\n50\t15\t40\t68\t4.3\n60\t221/*\t40\t76\t4.9\n60\t80\t40\t65\t5.0\n100\t77.\t40\t16\t5.4\n100\t16\t40\t62\t5.0\n100\t22V*\t40\t68\t8.S\nMan sieht, wie das Maximum bei Verl\u00e4ngerung der Querstriche allm\u00e4hlich von oben nach unten wandert. Berechnet man f\u00fcr jede Figur die Entfernung der Querstrichsendpunkte von den Hauptlinien (gleich dem Produkte aus der halben","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"126\nG. Heymam.\nQuerstrichl\u00e4nge und dem Sinus des Neigungswinkels), so findet man weiter, da\u00df das Maximum \u00fcberall demjenigen Betrag derselben entspricht, welcher der aus Tab. VIII entnommenen Entfernung maximaler Wirksamkeit (= 10 mm) am n\u00e4chsten kommt. Die vorliegende Versuch reihe darf demnach als eine Best\u00e4tigung der aufgestellten H > othes\u00a9 angesehen werden.\nDi\u00a9 beiden anderen im era~en Teile 'unserer Untersuchung' festgestellten Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit r= brauchen uns nicht so lange zu besch\u00e4ftigen. Da\u00df in den Versuchen, \u00fcber welche in Tabellen I\u2014V berichtet wurde, Verl\u00e4ngerung der Querstriche \u00fcberall eine Zunahme der T\u00e4uschung mit sich f\u00fchrte, erkl\u00e4rt sich leicht aus dem Umstand, da\u00df in diesen Versuchen die Entfernung maximaler Wirksamkeit nirgends \u00fcberschritten wurde. Denn in den Versuchen aus der 1. Gruppe betr\u00e4gt der halbe Abstand der Hauptlinien, \u00fcber welchen die Querstriche nicht hinausgelangen, eben 10 mm; in denjenigen ans der 2. Gruppe wurde nur mit Neigungswinkeln von 30\u00ae und mit Querstrichl\u00e4ngen von h\u00f6chstens 4 cm operiert, woraus sich wieder eine Maximalentfemung von 10 mm ergiebt. \u00dcbrigens ist aus Tab. V zu ersehen, dafs die Hinzuf\u00fcgung des vierten Zentimeters zur Querstrichl\u00e4nge die T\u00e4uschung schon um viel weniger, im Durchschnitt etwa um den dritten Teil des Betrages zunehmen l\u00e4fst, den sie durch die Hinzuf\u00fcgung des dritten Zentimeters gewann; schon hieraus l\u00e4fst sich vor-muten,da\u00dfi weitere Verl\u00e4ngerung der Querstriche den T\u00e4uschunge-betrag kaum mehr merklich beeinflussen w\u00fcrde. \u2014 Ebenso einfach erkl\u00e4rt sich im Prinzip der Einflufs des Schnittpunktsabstandes auf di\u00a9 Gr\u00f6\u00dfe der T\u00e4uschung (Tabb. TV, V).\n* Die Frequenz derjenigen Punkt\u00a9 der Hauptlmien, welche Querstrichteile in der Entfernung maximaler Wirksamkeit neben sich haben, ist dem Schnittpunktsabstand umgekehrt proportional; je mehr aber jene Punkte zusammenr\u00fcoken, je k\u00fcrzer also die Strecken werden, deren Endpunkte maximalen Wirkungen entgegengesetzten Vorzeichens ausgesetzt sind, um so gr\u00f6\u00dfer m\u00fcssen die Drehungswinkel erscheinen, um welche dies\u00a9 Strecken ihre Biohtung ge\u00e4ndert haben. Indem aber di\u00a9 Gesamtdrehung, welche eine Hauptlinie zu erleiden scheint, nach dem Vorhergehenden aus solchen Teildrehungen zusammengesetzt ist, mu\u00df Verk\u00fcrzung des Schnittpunktsabstandes allgemein eine Zunahme der T\u00e4uschung bewirken.","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llner sehe und die Loebsche T\u00e4uschung.\t127\nDie vorhergehenden Untersuchungen sind vielleicht dazu geeignet, f\u00fcr die wesentliche Identit\u00e4t der LoEBschen und der Z\u00f6LLNERschen T\u00e4uschung ein g\u00fcnstiges Vorurteil zu erwecken; einen strengen Beweis daf\u00fcr verm\u00f6gen sie aber nicht zu erbringen. Dafs der bisher betretene Weg \u00fcberhaupt zu einem solchen strengen Beweise f\u00fchren k\u00f6nnte, wurde schon fr\u00fcher als \u00e4ufseret unwahrscheinlich bezeichnet (S. 122). Es wurde damals bemerkt, dafs erstens die Mafsbestimmungen in Bezug auf die LoEBsche T\u00e4uschung zu ungenau, zweitens die bei der Z\u00f6LLNERschen vorliegenden Verh\u00e4ltnisse zu kompliziert, drittens und haupts\u00e4chlich aber Versuchseinrichtung und Fragestellung bei beiden zu verschieden waren, um eine exakte Vergleichung der gewonnenen Zahlen zu erm\u00f6glichen; und es scheint klar, dafs diese Nachteile durch weitere Versuche 'mit den bisherigen Apparaten kaum beseitigt werden k\u00f6nnen. Um zu Ergebnissen zu gelangen, welche eine exakte Verifikation der aufgestellten Hypothese gestatten, m\u00fcfste demnach eine Versuchseinrichtung eingef\u00fchrt werden, welche folgenden drei Anforderungen gen\u00fcgte :\nDieselbe m\u00fcfste erstens in Bezug auf die LoEBsche T\u00e4uschung genauere Messungen erm\u00f6glichen. Da die parallele Verschiebung einer Linie nicht so leicht wie die Drehung derselben eine Ablesung in vergr\u00f6fsertem Mafsstabe gestattet, schien dieser Zweck am einfachsten und sichersten dadurch erreicht werden zu k\u00f6nnen, dafs die zu beurteilenden Figuren gelbst in gr\u00f6\u00dferen Dimensionen hergestellt w\u00fcrden.\nZweitens m\u00fcfste die Z\u00f6LLNERsche T\u00e4uschung auf die allereinfachsten Verh\u00e4ltnisse reduziert, von allen unn\u00f6tigen Komplikationen freigemacht werden. Solcher unn\u00f6tigen Komplikationen, welche in einer der Berechnung sich entziehenden Weise das Gesamtresultat mit beeinflussen, giebt es aber bei der \u00fcblichen Einrichtung der Z\u00f6LLNERschen Figuren verschiedene. F\u00fcrs erste werden s\u00e4mtliche Hauptlinien mit Querstrichen versehen, demzufolge jede derselben nicht mehr ausschliefslich der Wirkung ihrer eigenen, sondern auch derjenigen der den benachbarten Hauptlinien au geh origen Querstriche ausgesetzt ist; was sich vermeiden l\u00e4fst, wenn blofs jeder zweiten, also bei Verwendung dreier Hauptlinien etwa den beiden \u00e4ufseren, gleichgerichtete Querstriche angeheftet werden. Sodann er-","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"128\nG. Hey mans.\nwachsen aus der Vielheit der einer Hauptlinie zugeordneten Querstriche mehrere weitere Komplikationen. 1st das halbe Produkt aus Querstrichl\u00e4nge und Cosinus des Neigungswinkels (Fig. 16: A B) gr\u00f6fser als der halbe Schnittpunktsabstand, so hat die Hauptlinie an bestimmten Punkten zu beiden Seiten \u2014, ist es gar gr\u00f6fser als der ganze Schnittpunktsabstand, so hat sie aufserdem an bestimmten Punkten zu Einer Seite mehrere Querstrichteile neben sich, deren Wirkungen sich zu einer schwer berechenbaren Resultante verbinden. Aber auch wo diese Verh\u00e4ltnisse vermieden werden, wird die Gesamtwirkung mehrerer Querstriche schwerlich durch blofse Zusammenf\u00fcgung ihrer Teilwirkungen zu konstruieren sein. Wie schon\nfr\u00fcher (S. 115) bemerkt wurde, mu\u00df, so oft ein Querstrich anfangt oder auf h\u00f6rt bemerkt zu werden, eine Tendenz entstehen, die Hauptlinie pl\u00f6tzlich zur\u00fcckspringen zu sehen; und obgleich diese Tendenz durch die Vermischung der Wirkungen benachbarter Querstriche .nicht als solche zum Be-wufstsein kommt, wird sie vermutlich in der Gesamtwirkung ihren Einflufs irgendwie zur Geltung bringen. Alle diese Komplikationen sind nur dadurch zu vermeiden, dafs man die Vielheit der Querstriche opfert und f\u00fcr jede Hauptlinie nur einen solchen verwendet. \u2014 Schliefslich kann noch, wie fr\u00fcher (S. 124) angedeutet wurde, bei gr\u00f6\u00dferen Neigungswinkeln ein,\u00a9 gegenseitige Hemmung zwischen den Wirkungen der beiden H\u00e4lften eines Querstriches stattfinden; demzufolge es erw\u00fcnscht erscheint, sofern nicht andere Gr\u00fcnde davon abraten, nur mit kleineren Winkeln zu arbeiten. Zusammenfassend sind also bei der Untersuchung der Z\u00f6LLNERschen T\u00e4uschung nur die beiden \u00e4ufseren Hauptlinien mit je einem Querstrich zu versehen, welcher die zugeh\u00f6rige Hauptlinie unter einem nicht zu gro\u00dfen Winkel schneidet.\nDrittens und zuletzt m\u00fc\u00dfte ein Mittel ersonnen werden, welches gestattete, die Variationen der LoBBschen und der Z\u00f6LLNERsohen T\u00e4uschung unter m\u00f6glichst gleichen Bedingungen der Messung zu 'unterziehen. Dieses l\u00e4\u00dft sich am einfachsten so erreichen, da\u00df man, statt der LoEBschen T\u00e4uschung in ihrer urspr\u00fcnglichen Gestalt, eine Modifikation derselben untersucht,\nFig. 16.","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llner sehe und Me Loebsche T\u00e4uschung. 129\nwelche darauf beruht, dafs die gleichen gegenseitigen Abst\u00e4nde dreier paralleler Linien ungleich erscheinen m\u00fcssen, wenn etwa die beiden \u00e4ufseren durch parallele Nebenlinien eine scheinbare Verschiebung nach einer Seite erfahren. Wird dann durch eine reale Verschiebung der mittleren Linie der Punkt bestimmt, wo die Gleichheit der Abst\u00e4nde wiederhergestellt erscheint, so hat die Versuchsperson, genau so wie bei der Z\u00f6LLNiEschen T\u00e4uschung, nur \u00fcber Abstandsverh\u00e4ltnisse zu urteilen; dergestalt, dafs hier die Abst\u00e4nde der mittleren zu den beiden \u00e4ufseren Hauptlinien, dort diejenigen der oberen und unteren Teile zweier Hauptlinien miteinander verglichen werden. Wenn nun auch die Dimensionen und sonstigen Versuchsumst\u00e4nde m\u00f6glichst gleich gemacht werden, so sind wohl die g\u00fcnstigsten Bedingungen gegeben, um eine exakte Vergleichung der f\u00fcr beide T\u00e4uschungen zu ermittelnden Zahlenwerte zu erm\u00f6glichen.\nVon diesen Erw\u00e4gungen ausgehend, habe ich einen neuen, sowohl f\u00fcr die Untersuchung der LoEBschen als der Z\u00f6llner-schen T\u00e4uschung geeigneten Apparat anfertigen lassen, welcher in Fig. 17 abgebildet und folgenderweise eingerichtet ist.\nEin starkes Brett von 82x55 cm tr\u00e4gt nahe am Oben- und am Untenrand\u00a9 schmale Metallreifen AB und CD, auf welchen in der Mitte eine Millimetereinteilung und weiter nach beiden Seiten in Entfernungen von 1 cm kleine stehende Metallstifte angebracht worden sind. \u00dcber diese Metallstiffce lassen sich los\u00a9 Kupferreifen F, F, (\u00ee, H von 1 cm Breite in beliebiger Lage und Entfernung aufh\u00e4ngen. Auf halber H\u00f6he hat das Brett eine Rinne mit trapezf\u00f6rmigem Durchschnitt, in welch\u00a9 ein beweglicher Holzstab JK genau pafst. Mittelst der Schraube L l\u00e4fst sich dieser Holzstab in der Rinne langsam hin- und herschieben ; mittelst einer zweiten Schraube M kann ein an dem Holzstab befestigter Metallreifen NO um eine Achse P um etwa 10\u00ae nach beiden Seiten gedreht werden. Der ganze Apparat ist schwarz angestrichen, der Reifen NO grau, die anderen grau oder weifs. Bei den Versuchen wird der Apparat auf \u00a9ine Staffelei gestellt, in solcher H\u00f6he, dafs er von der etwa 2l/t m entfernt sitzenden Versuchsperson bequem \u00fcbersehen werden kann. Zun\u00e4chst stellt man nun den Reifen NO durch Drehung der Schrauben so ein, dafs er an beiden Enden genau den Nullpunkt der Einteilung anzeigt. Sodann werden zu\nMts\u00e9hrlft ftr Psychologie XIV.\t9","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\nG* Heymana*\nbeiden Seiten desselben, in gleicher und innerhalb einer Versuche-gruppe konstant bleibender Entfernung, zwei weitere Seifen Et F vertikal aufgehlngt; diese bilden mit jener die H\u00e4uptlingen und sind, um einer Verwechselung mit den gleich zu erw\u00e4hnenden Nebenlinien vorzubeugen, ebenso wie der mittlere Seifen grau angestrichen. Als st\u00f6rende Nebenlinien werden dann in jedem, Versuch zwei weifse Seifen verwendet, welche dazu bestimmt sind, den Schein entweder einer Lagever\u00e4nderung oder einer BichtungsVer\u00e4nderung der beiden \u00e4u\u00fcseren Hauptlinien zu erzeugen. Wenn sie n\u00e4mlich parallel zu und etwa links von den \u00e4ufseren Hauptlinien aufgeh\u00e4ngt werden (so wie\n..urn\n6r), so m\u00fcssen diese infolge der LosBschen T\u00e4uschung nach rechts verschoben erscheinen ; ihre Abst\u00e4nde zur mittleren Hauptlinie werden demnach nicht mehr als gleich wahrgenommen; die letztere mufs (mittelst der Schraube L) etwas nach rechts verschoben werden, um die scheinbare Gleichheit der Abst\u00e4nde wiederherzustellen, und die an der Einteilung oben und unten abzulesende Gr\u00f6fse dieser Verschiebung giebt ein Ma&fs f\u00fcr die Intensit\u00e4t der T\u00e4uschung. Werden dagegen die beiden weifsen Reifen so aufgeh\u00e4ngt, dafs sie die \u00e4ufseren Hauptlinien in der Mitte schneiden (so wie JEZ), so erleiden diese eine Riohtungsver\u00e4nderung im Sinne der Z\u00f6LLNKKschen T\u00e4uschung ; nicht die Gleichheit der Abst\u00e4nde, sondern die Parallelit\u00e4t mit der mittleren Hauptlinie scheint aufgehoben, und diese mufs","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llner sehe und die Loebsche T\u00e4uschung, 131\nmittelst der Schraube M um emeu als Mafs der T\u00e4uschung zu verwendenden Betrag gedreht werden, um diesen Sehern wieder zum Verschwinden zu bringen. \u2014 Bis Untersuchung der beiden T\u00e4uschungen findet demnach unter m\u00f6glichst gleichen Umst\u00e4nden statt; die T\u00e4uschungsunachen wirken \u00fcberall so, dafs sie gleiche Abst\u00e4nde (sei es rechts und links, sei es unten und oben) ungleich erscheinen lassen, und die den Versuchspersonen gestellte Aufgabe ist stets dieselbe, n\u00e4mlich den Moment zu bestimmen, wo durch Verschiebung oder Drehung der mittleren Hauptlinie die gest\u00f6rte Gleichheit wiederhergestellt worden ist. Im Interesse der Umst\u00e4ndegleichheit mufste hier die f\u00fcr die Intensit\u00e4t der Z\u00f6LLNERschen T\u00e4uschung vorteilhafte Neigung der Hauptlinien zur Medianebene geopfert werden ; die Untersuchung der LoEBschen T\u00e4uschung bei dieser Figurlage f\u00fchrte n\u00e4mlich zu Besultaten, welche m merklicher Weise durch die Tendenz zur \u00dcbersch\u00e4tzung h\u00f6herliegender Distanzen beeinflufst wurden. Von der LoEBschen Bedingung einer seitlichen Lage der Figur wurde auch hier Abstand genommen; in der That w\u00e4re bei der vorliegenden Versuchseinrichtung durch das Einhalten dieser Bedingung eine neue Fehlerquelle eingef\u00fchrt worden, insofern damit die Gleichheit der Sehweite f\u00fcr die beiden zu vergleichenden Abst\u00e4nde notwendig aufgehoben w\u00e4re. Bei der Untersuchung beider T\u00e4uschungen wurde demnach das Brett vertikal (die Hauptlinien parallel zur Medianebene) aufgestellt und den Versuchspersonen ein Platz gerade gegen\u00fcber der Figur angewiesen.\nBei der Ausf\u00fchrung der Versuche stellte sich nun bald heraus, dals die Messung der LoEBschen T\u00e4uschung unter den vorliegenden Umst\u00e4nden mit H\u00fclfe unge\u00fcbter Versuchspersonen sich schwer bewerkstelligen liefs. Es ist eben nicht jedermanns Sache, von f\u00fcnf parallelen, in verschiedener Entfernung von einander aufgestellten Streifen drei zur Bestimmung ihrer Abstandsverh\u00e4ltnisse scharf ins Auge zu fassen, ohne dabei (was die T\u00e4uschung aufheben w\u00fcrde) von den beiden anderen m\u00f6glichst vollst\u00e4ndig abzusehen. Die meisten Versuchspersonen protestierten demzufolge energisch gegen die Zumutung, unter solchen verwirrenden Umst\u00e4nden die Vergleichung anzustellen; nachdem, sie sich aber hatten \u00fcberreden lassen, erkl\u00e4rten sie bei fast jeder abgegebenen Entscheidung aufs neue, dieselbe sei unsicher, ungenau, innerhalb weiter Grenzen willk\u00fcrlich\n9*","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\nG. Heymans.\nu. s. w.; and die Versuchsergebnisse waren damit in \u00dcbereinstimmung, insofern sie zwar der Kichtung nach die erwartete Gesetzm\u00e4fsigkeit, dem Betrage nach aber die gr\u00f6fste Unregel-m\u00e4fsigkeit erkennen Hessen. Da also auf diesem Wege nicht mehr zu erreichen zu sein schien, als durch die vorhergehenden Versuche schon erreicht war, habe ich es vorgezogen, bei diesen entscheidenden Versuchen auf die H\u00fclfe unge\u00fcbter Versuchspersonen \u00fcberhaupt zu verzichten, daf\u00fcr aber die Entscheidungen einer einzigen sehr ge\u00fcbten Beobachterin (meiner Frau) der Rechnung zu Grunde zu legen. Mit R\u00fccksicht darauf sei hier noch einmal ausdr\u00fccklich bemerkt, dafs auch diesmal die Versuchsperson im Verlauf der Untersuchung weder von der Hypothese, zu deren Pr\u00fcfung die Versuche angestellt wurden, noch von den Ergebnissen der vorhergehenden Versuche die geringste Kenntnis hatte und auch w\u00e4hrend der Versuche in keiner Weise dar\u00fcber aufgekl\u00e4rt wurde, ob und inwiefern ihre Entscheidungen vom objektiven Thatbestande abwichen.\nDes N\u00e4heren waren nun die Versuche folgenderweise eingerichtet. In Bezug auf die LoEBsche T\u00e4uschung wurde die scheinbare Abstandsgleichheit zwischen mittlerer und \u00e4ufseren Hauptlinien bestimmt, einmal ohne st\u00f6rende Nebenlinien, sodann w\u00e4hrend solche in 2 bis 10 cm Entfernung an einer Seite von und parallel zu den \u00e4ufseren Hauptlinien angebracht waren ; und ebenso in Bezug auf die Z\u00d6LLNEBsche T\u00e4uschung die Parallelit\u00e4t der drei Hauptlinien einmal ohne, sodann bei Anwesenheit zweier, die \u00e4ufseren Hauptlinien durchschneidender Nebenlinien, deren Endpunkte oben nach der einen, unten nach der anderen Seite 2 bis 10 cm von den Endpunkten dieser Hauptlinien entfernt waren. Innerhalb jedes Versuches wurde von offenbarer Ungleichheit oder Nichtparallelit\u00e4t ausgegangen; dann durch Verschieben oder Drehen der Mittellinie die Punkte bestimmt, wo die Gleichheit oder Parallelit\u00e4t eben erreicht und wo sie nach einer Seite eben \u00fcberschritten war; schliefslich durch entgegengesetzte Verschiebung oder Drehung noch einmal die Gleichheit oder Parallelit\u00e4t und die eben merkliche Ungleichheit oder Nichtparallelit\u00e4t nach der anderen Seite festgestellt. Aus dem ersten und dritten (auf die scheinbare Gleichheit oder Parallelit\u00e4t sich beziehenden), sowie aus dem zweiten und vierten (der ebenmerklichen Abweichung nach rechts und links entsprechenden) dieser Werte wurde dann das","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llner sehe und die Loebsche T\u00e4uschung. 133\nMittel gemogen und ans der Verbindung dieser Mittelzahlen das Gesamtmittel und der wahrscheinliche Fehler derselben berechnet. Die Versuche zerfielen in zwei Gruppen (die 8. und 9.); innerhalb jeder Gruppe wurden f\u00fcr jede Anordnung der Figur zw\u00f6lf Versuche in der eben beschriebenen Weise angestellt, also 48 Einzelentscheidungen abgegeben ; im ganzen liegen 15x48=720 Einzelentsch eidungen vor. F\u00fcr m\u00f6glichste Variation der Umst\u00e4nde (Lage bezw. Neigung der Nebenlinien nach links oder rechte, Reihenfolge der Einzelentscheidungen innerhalb eines Versuches und der Versuche innerhalb einer Reihe) wurde gesorgt. In Tab. XI wird zun\u00e4chst nur \u00fcber die Versuche mit parallelen Nebenlinien berichtet; die Zahlen bedeuten Abweichungen von der Mittellage im Sinne der LoBBschen T\u00e4uschung; f\u00fcr die Versuchsreihe ohne Nebenlinien deutet das positive Vorzeichen eine Abweichung nach rechts, das negative eine solche nach links von der Mittellage an.\nTabelle XI (8. Gruppe).\nAbstand zwischen Haupt- und Hebenlinien tu cm\tAnzahl der ! Versuche\tMittlere T\u00e4uschung in mm\tWahrgeh. Fehler derselben ln nun\n\u2014\t12\t\u2014 0.05\t0.16\n2\t12\t1.74\t0.14\n4\t12\t2.32\t0.15\n6\t12\t2.74\t0.16\n8\t12\t0.91\t0.10\n10\t12\t0.22\t0.23\nVergleichen wir diese Ergebnisse mit den in Tab. VIII zusammengestellten, so finden wir eine sehr befriedigende \u00dcbereinstimmung. Auch hier steigt der T\u00e4uschungsbetrag bei Zunahme des Abstandes zwischen Haupt- und Nebenlinien zuerst an, erreicht dann ein Maximum und geht ziemlich schnell wieder herab. Zwar ist der Abstand zwischen Haupt- und Nebenlinie, bei welchem das Maximum auftritt, jetzt sechsmal gr\u00f6fser als fr\u00fcher (6 cm statt 1 cm) ; daf\u00fcr war aber auch die Sehweite bei jenen Versuchen entsprechend k\u00fcrzer als bei","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134\nG. Heymam.\ndiesen (40 bis 50 cm statt 2.5 m). Die relativen T\u00e4uschungsbetr\u00e4ge sowie der Modus ihres An- und Absteigens ist in beiden F\u00e4llen ziemlich verschieden; was zum Teil von der Individualit\u00e4t der Versuchsperson und von der ver\u00e4nderten Versuchaeinrichtung, zum Teil aber auch von der gr\u00f6fseren Genauigkeit herrtihren mag, welche diese Versuche im Vergleich mit den fr\u00fcheren erkennen lassen.\nWenn nun die Mer vertretene Theorie richtig ist, so m\u00fcssen sich aus den obigen Zahlen die mittelst schneidender Nebenlinien beliebiger Neigung zu erzielenden Z\u00f6LLNEBsehen T\u00e4uschungsbetr\u00e4ge im voraus berechnen .lassen. Betrachten wir etwa das Linienpaar FH (Fig. 17: S. 130), wo also eine Haupt-\nlinie durch eine Nebenlinie solcher^ / weise durchschnitten wird, dafs die Endpunkte der letzteren sich links oben und rechts 'unten um 8 cm von den Endpunkten der ersteren entfernen, so hat die Hauptlinie \u00fcber ihren ganzen Verlauf, in Entfernungen, welche vom Schnittpunkt aus nach beiden Seiten stetig von 0 bis 8 cm anwachsen, Elemente der schr\u00e4gen Linie neben sich. Die scheinbare Lagever\u00e4nderung, welche sie durch die abstofsende Wirkung dieser Elemente erleidet, l\u00e4fst sich f\u00fcr gewisse Punkte, n\u00e4mlich diejenigen, wo die Entfernung 2, 4, 6 oder 8 cm betr\u00e4gt, direkt aus Tab. XI ablesen und fur die anderen durch Interpolation ermitteln. So mufs im vorliegenden Fall die Hauptlinie, deren halbe L\u00e4nge 26 cm be-26\ntr\u00e4gt, in \u2014 = 6.6 cm Entfernung vom Schnittpunkt um 1.74 mm,\nW If\nFig. 18.\nin 13 cm. Entfernung um 2.32 mm oben nach rechts, unten nach links verschoben erscheinen u. s. w. ; und es ist klar, dafs sie dadurch nicht nur um ihre Mitte gedreht, sondern auch in mehrfacher Weise etwas gekr\u00fcmmt erscheinen mufs. In Fig. 18 stellt AB die wirkliche, CD (in starker \u00dcbertreibung) die nach Tab. XT konstruierte scheinbare Lage und Gestalt einer solchen Linie dar. Derartige Kr\u00fcmmungen, wie sie die Theorie fordert, wurden nun auch in der That zwar nicht immer, aber doch","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llner sehe und die Loebsche T\u00e4uschung. 135\n\u00f6fter\u00ae in der Figur wahrgenommen ; sie entziehen sich jedoch einer exakt-experimentellen Pr\u00fcfung. Unter diesen Umst\u00e4nden ist offenbar die Aufgabe, die gerade mittlere den beiden krumm erscheinenden seitlichen HauptUnien parallel zu stellen, genau genommen unl\u00f6sbar; wenn in Fig. 18 die Abst\u00e4nde zwischen den oberen und zwischen den unteren Endpunkten der Hauptlinien scheinbar gleich gemacht werden (BF), so erscheint die Parallelit\u00e4t in der .Mitte merklich gest\u00f6rt ; w\u00e4hrend umgekehrt diese nicht bestehen kann (GH), ohne jene Abst\u00e4nde auffallend ungleich erscheinen zu lassen. Die Versuchsperson mufe sich also damit begn\u00fcgen, eine gewisse mittlere, angen\u00e4herte Parallelit\u00e4t herzustellen; sie wird sich f\u00fcr eine Stellung JK entscheiden, bei welcher die \u00e4ufseren Linienteile in der oberen H\u00e4lfte der Figur etwas weiter voneinander entfernt sind als in der unteren, die mittleren Linienteile dagegen in der unteren H\u00e4lfte etwas weiter als in der oberen, dergestalt, dafs die beiderseitigen Mehrbetr\u00e4ge sich m\u00f6glichst die Wage halten. Dies kann aber nur der Fall sein, wenn die Differenzen zwischen den sich entsprechenden Abst\u00e4nden in der oberen und in der unteren H\u00e4lfte der Figur eine algebraische Summe = 0 ergeben.1 Zieht man LM/I AB, so ergiebt sich demnach:\n2 {JL \u2014 0.91) + 2 (|\u00ab7X \u2014 2.74) -f- 2 JL \u2014 2.32) +\n+ 2(jJX\u2014 1.74) = 0,\nworaus folgt:\n2.5 JL = 7.71 JL = 3.08.\n1 Ein Freund und Kollege, mit dem ick diese Sacke besprack, war der Ansicht, dafs bei der Bestimmung der scheinbaren Parallelit\u00e4t die Endpunkte mehr als die mittleren Punkte ins Gewicht fallen m\u00fcfsten, und schlug deshalb vor, als die theoretisch wahrscheinlichste Stellung der gedrehten Hauptlinie diejenige zu betrachten, f\u00fcr welche die Summe der Quadrate der Differenzen minimal wird. Mir scheint diese Auffassung weniger nat\u00fcrlich als die im Texte vertretene; \u00fcbrigens ergeben sich, wenn sie der Berechnung zu Grunde gelegt wird, zwar etwas kleinere, jedoch \u00e4hnlich verlaufende Werte wie die in Tabellen XU und XIH eingetragenen.","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"130\nG. Heymans.\nDas heifst also: wenn die mittlere Hauptlinie soviel nach rechts gedreht wird, d&fs sie oben und unten um 3.08 mm vom Nullpunkt der Einteilung abweicht, mufs sie nach der Theorie den \u00e4ufseren Hauptlinien, welche in der oben beschriebenen, rechts in der Fig. 17 dargestellten Weise durch Nebenlinien durchschnitten werden, m\u00f6glichst parallel erscheinen.\nDie nach diesem. Schema f\u00fcr s\u00e4mtliche in, den Versuchen verwendeten Neigungen der Nebenlinien berechneten T\u00e4uschung\u00bb-betr\u00e4ge sind in den beiden folgenden Tabellen neben den beobachteten Werten eingetragen. Von diesen Tabellen bezieht sich die erster\u00a9 auf Versuche, welche gleichzeitig mit den in Tab. XI verarbeiteten, die andere auf solche, welche sp\u00e4ter angestellt wurden. In der ersten Kolumne sind die oben und unten an der Einteilung gemessenen gr\u00f6fsten Entfernungen zwischen Haupt- und Nebenlinien angegeben ; in die zweite sind die daraus berechneten Neigungswinkel eingetragen.\nTabelle XII (8. Gruppe).\nGrftftte Entfernung s wischen Haupt- und Nebenlinien in em\tNeigungswinkel in Graden und Minuten\tA mahl der Versuche\tBerechnete T\u00e4uschung ln mm\tMittlere T\u00e4uschung in mm\tWahrach. Fehler derselben In mm\n\u2014\t\u2014\t12\t0\t\u2014 0.56\t0.11\n5\t1Q\u00b0&3'\t12\t3.16\t2.94\t0.16\n10\t21\u00b02#\t12\t2,64\t2.41\t0.17\nTabelle XIII (9. Gruppe),\nGrbffete Entfernung \u25a0wisohen Haupt- and Nebenlinien In cm\tNeigunge-winkel in Graden und Minuten\tAnsahl der Versuche\tBerechnete T\u00e4uschung in mm\tMittlere T\u00e4osehnng in mm\tWahrach. Fehler derselben ln mm\n\u2014\t\u2014\t12\t0\t+ 0.07\t006\n2\t4\u00b024'\t12\t1.74\t1.20\t0.12\n4\t8*46'\t12\t2.71\t2.86\t0.11\n6\t13001\t12\t8.40\t8.42\t0.11\n8\t17\u00b06'\t12\t8,08\t8.08\t0.10\n10\t21*2'\t12\t2.64\t2.63\t0.14","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llner sehe und die Lo eh sehe T\u00e4uschung.\t137\nDie Zahlen, in der vierten mnd f\u00fcnften Kolumne bedeuten auch hier die an der Einteilung oben und traten gemessenen Abweichungen im Sinne der Z\u00f6nLNERschen T\u00e4uschung; f\u00fcr die Versuche ohne Nebenlinien deutet das positive Vorzeichen eine Neigung nach rechts, das negative eine solche nach Enks an.\nAn diesen Zahlen ist nun, Verschiedenes zu bemerken.\nErstens ist die Untersuchung von Tabelle XII mit einem konstanten Fehler angethan, demzufolge nicht nur die Versuche ohne Nebenlinien im Durchschnitt eine den wahrscheinlichen Fehler bedeutend \u00fcbersteigende Linksneigung ergaben, sondern auch in den beiden anderen Versuchsreihen die durch rechtsneigende Nebenlinien verursachten Abweichungen nach links regelm\u00e4fsig gr\u00f6fser ausfielen, als die durch linksneigende Nebenlinien verursachten Abweichungen nach rechts (bei, dem, kleineren Neigungswinkel im Durchschnitt 3.67 und 2.21, bei dem gr\u00f6fseren 3.00 und 1.81 mm). Die Ursache dieses konstanten Fehlers habe ich nicht ermitteln k\u00f6nnen; jedenfalls kann derselbe, da die Zahlen der Tabelle XIU keine Spur mehr davon erkennen lassen, nicht in der bleibenden Einrichtung des Apparates, sondern, nur in den wechselnden Umst\u00e4nden der Lage, Beleuchtung oder dergleichen begr\u00fcndet sein. Die in Tabelle XII eingetragenen Zahlen sind, da sie auf gleiche Anzahlen von Versuchen mit rechts- und linksneigenden Nebenlinien sich beziehen, von demselben nicht affiziert. Ich erlaube mir noch darauf aufmerksam zu machen, dafs der Betrag des konstanten Fehlers sich aus den zuletzt mitgeteilten Zahlenpaaren auf \u2014 0.73 bezw. \u2014 0.596 mm berechnet; die \u00dcbereinstimmung dieser Werte mit dem, direkt ermittelten Betrage von \u2014 0.56 mm ist ein Beweis f\u00fcr die Genauigkeit der Untersuchung.\nZweitens erreicht der T\u00e4uschungsbetrag in den vorliegenden Versuchen ein deutlich ausgesprochenes Maximum bei einem Neigungswinkel von 13\u00b0. Dieses Ergebnis ist mit demjenigen der Tabelle X in befriedigender \u00dcbereinstimmung; indem damals bei einer Querstrichl\u00e4nge von 10 cm (hier 52 cm) und einer Sehweite von 40 bis 50 cm (hier 21/\u00ab m) ein Maximum bei 16\u00b0 festgestellt wurde. Jedenfalls zeigt sich aufs neue, und diesmal in unzweideutiger Weise, dafs f\u00fcr","page":137},{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"138\n<?. Hermans.\nl\u00e4ngere Querstriche das Z\u00f6LLNERsche Maximum sich nach unten verschiebt.\nDrittens und haupts\u00e4chlich sind die berechneten und die mittleren beobachteten T\u00e4uschungsbetr\u00e4ge mit einander zu vergleichen. Diese Vergleichung lehrt, dafs nicht nur der Maximalbetrag der Z\u00f6LLNERschen T\u00e4uschung genau dort liegt, wo man ihn nach Theorie und Berechnung erwarten sollte; sondern dafs auch, wenn man von den Versuchen mit den beiden kleinsten Neigungswinkeln absieht, zwischen den berechneten und den experimentell ermittelten absoluten Zahlenwerten eine sehr gen\u00fcgende, zum Teil selbst \u00fcberraschend genaue \u00dcbereinstimmung besteht. Dafs aber f\u00fcr jene beiden kleinsten Neigungswinkel sich zu geringe T\u00e4uschungsbetr\u00e4ge ergaben, ist wohl zu erkl\u00e4ren. Denn je kleiner der Winkel, \u00fcber eine um so gr\u00f6fser\u00a9 Streck\u00a9 werden di\u00a9 \u00e4ufseren Hauptlinien von den dar\u00fcber aufgeh\u00e4ngten Nebenlinien teilweise verdeckt; f\u00fcr den kleinsten Winkel betr\u00e4gt diese Strecke etwa die H\u00e4lfte, f\u00fcr den n\u00e4ohstgr\u00f6fseren ein. Drittel der gesamten L\u00e4nge. Bais unter solchen Umst\u00e4nden die t\u00e4uschungerzeugenden Ursachen einen gr\u00f6fseren oder geringeren Teil ihrer Wirksamkeit ein\u00ab b\u00fcfsen mufsten, liefs sich erwarten.\nMit R\u00fccksicht auf die Ergebnisse dieser letzten Untersuchung glaube ich nun, mich \u00fcber di\u00a9 Erkl\u00e4rung der Z\u00f6llneb-schen T\u00e4uschung mit etwas gr\u00f6fserer Sicherheit als fr\u00fcher \u00fcber die M\u00fclleb-LYERsohe aussprechen zu d\u00fcrfen. Dafs die LoEBsche und die Z\u00f6LLNERsche T\u00e4uschung ihrem Wesen nach identisch sind, scheint mir nicht mehr fraglich. Wenn dem so. ist, mufs aber auch jede Erkl\u00e4rung der zweiten, welche auf die erster\u00a9 nicht anwendbar ist, von vornherein als aussichtslos verworfen werden ; dies gilt sowohl von der Lippsschen als auch von der \u00dcERiNG-QuYEschen und der Tin\u00c9RYsehen Theorie. \u00dcber die Frage, wie man das den beiden T\u00e4uschungen zu Grunde liegende Prinzip n\u00e4her bestimmen soll, l\u00e4fst sich streiten; doch sehe ich nicht ein, dafs man zu viel pr\u00e4judizieren sollte, wenn man mit Helmholtz und Loeb die vorliegenden Erscheinungen bis auf weiteres als Kontrastwirkungen bezeichnet. Was Kontrastwirkung eigentlich ist, weifa doch Niemand; der Name ist \u00a9in Melker Sammelname, den wir \u00fcberall anwenden, wo","page":138},{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llner sehe und die Loebsche T\u00e4uschung.\t139\nirgend ein Bewu\u00dftseinsinhalt durch sein blo\u00dfes Dasein \u00a9inen entgegengesetzten Bewu\u00dftseinsinhalt hervorbringt. Dieses ist aber bei den vorliegenden Erscheinungen offenbar der Fall; fa\u00dft man sie mit anderen, wof\u00fcr das N\u00e4mliche gilt, unter Einem Namen zusammen, so ist damit \u00fcber die Frage, ob alle in gleicher oder in verschiedener Weise zu erkl\u00e4ren seien, doch noch nichts entschieden.","page":139}],"identifier":"lit30097","issued":"1897","language":"de","pages":"101-139","startpages":"101","title":"Quantitative Untersuchungen \u00fcber die Z\u00f6llnersche und die Loebsche T\u00e4uschung","type":"Journal Article","volume":"14"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:04:14.663723+00:00"}