Open Access
{"created":"2022-01-31T12:27:44.682469+00:00","id":"lit30135","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Ziehen","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 14: 297-299","fulltext":[{"file":"p0297.txt","language":"de","ocr_de":"Litter a turberich t.\n297\nGehirns und B\u00fcckenmarks ein. Leider giebt er nur eine ziemlich unvollst\u00e4ndige Kompilation der von fr\u00fcheren Forschern festgestellten Zahlen. Immerhin k\u00f6nnen die Kapitel 4\u20146 zur ersten Orientierung empfohlen werden. Die folgende Darstellung des Wachstums der einzelnen Ganglienzellen und Nervenfasern ist in den Hauptpunkten richtig. Aus den folgenden Kapiteln hebe ich die Zusammenstellungen \u00fcber die Mckenmafse der Hirnrinde hervor (vgl. Amer. Joum. of Psychol. 1891), ferner die eigenen Messungen und Z\u00e4hlungen des Verfasssers an peripherischen Nerven (S. 217). Seltsamerweise wird die SoLTMANNsebe Entdeckung \u2014 XJnerregbarkeit der Hirnrinde des Neugeborenen \u2014 garnicht gew\u00fcrdigt, w\u00e4hrend Verfasser sonst allenthalben auch die physiologische Entwickelung, das Wachstum der. Funktion, ber\u00fccksichtigt. Auch die Markscheidenentwickelung h\u00e4tte viel ausf\u00fchrlicher behandelt werden sollen. Die Kapitel 18\u201416 schweifen von dem Wachstumsproblem weit ab und 'geben einen kurzen Abrifs der Physiologie des erwachsenen Nervensystems. Das Kapitel \u00fcber Altersver\u00e4nderungen ist demgegen\u00fcber etwas d\u00fcrftig ausgefallen. Die Schlufskapitel \u201eErziehung des Nervensystems\u201c und \u201eWeiterer Ausblick\u201c ziehen die Schl\u00fcsse f\u00fcr die Erziehung des Einzelnen und der Menschheit. Verfasser betont mit Becht, dafs die Schulerziehung erst dann eintritt, wenn das Gesamtwachstum der einzelnen Elemente zum gr\u00f6fseren Teil vollendet ist. Die Erziehung vermag nur die gebildeten Strukturen zu befestigen und unentwickelte Elemente zum Wachstum und zur Organisation anzuregen. Beferent m\u00f6chte daraus allerdings nur folgern, dafs die p\u00e4dagogische, d. h. die nach wissenschaftlichen Grunds\u00e4tzen erfolgende Erziehung fr\u00fcher zu beginnen hat! Die Schulerziehung kommt in der That etwas zu sp\u00e4t. Man kann von dem Schullehrer nicht verlangen, dafs er durch seinen Unterricht Ganglienzellenteilungen bei seinen Kindern bervorruft und so zu ihrem Gehirnwachstum beitr\u00e4gt. Wohl aber k\u00f6nnte man verlangen, dafs die Ausnutzung der Elemente und ihrer Verbindungen schon in der Zeit des ausgiebigsten Hirnwachstums erfolgt, damit dies Wachstum bestimmten Elementen und bestimmten Verbindungen der Elemente mehr zu Gute kommt als anderen.\nDonaldson hat sich jedenfalls mit der Zusammenstellung der bedeutsamsten Wacbstumsdaten des Zentralnervensystems ein wesentliches Verdienst erworben, wenn auch Erg\u00e4nzungen und Berichtigungen nicht\nausbleiben werden.\tZiehen (Jena).\n\u00bb\nP. Flechsig. Die Lokalisation der geistigen Torg\u00e4nge, insbesondere der Sinnesempfindungen des Menschen. Leipzig, Veit & Comp. 1896.\nEs handelt sich um den Vortrag, welchen Flechsig auf der 68. Versammlung deutscher Naturforscher und \u00c4rzte in Frankfurt a. M. gehalten hat. Durch Abbildungen ist das Verst\u00e4ndnis erleichtert. Der Inhalt deckt sich in vielen Punkten mit der hier schon besprochenen Schrift: \u201e Gehirn und Seele\u201c. Da Unlust\u00e4ufserungen auch bei grofshiralosen Mifs-geburten Vorkommen, zweifelt Fl., ob alle Bewufstseinserscheinungen Leistungen der Grofshirnrinde sind, und behauptet dies nur f\u00fcr die objektivierbaren Sinnesempfindungen. Die Feststellung der sensiblen","page":297},{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"298\nLittem&\u00e9rberickL\nand sensorischen Bahnen und ihrer kortikalen Endbezirke ist der Haupt-gegenst&nd des Vortrages. Ich erw\u00e4hne folgende Einzelheiten:\na.\tBahnd er hinteren Wurzeln. Fl. unterscheidet in der inneren Kapsel, in welcher bekanntlich die sensiblen Bahnen zusammengefafat sind, drei Systeme. Das System No. 1 umh\u00fcllt sich vom Anfang des 9. Monats an mit Mark und nimmt in der oberen H\u00e4lfte der inneren Kapsel das unmittelbar hinter der Pyramidenbahn gelegene Areal fast vollst\u00e4ndig \u00a9in. Seine Fasern gehen gr\u00f6\u00dftenteils aus den basalen Abschnitten des lateralen Sehh\u00f6gelkemes und dem schalenf\u00f6rmigen K\u00f6rper hervor, zum Teil auch direkt aus der Hauptschleife, und gelangen ausschlie\u00dflich in die Binde der Zentralwindungen. Das System No. 2 umh\u00fcllt sich etwa einen Monat sp\u00e4ter mit Mark, geht gleichfalls aus dem lateralen Sehh\u00fcgelkern hervor und gelangt tei\u00df in den Lobulua paracentralis und den Fu\u00df der ersten Stirawindung, tei\u00df in den Gyrus fomicatus und den Bereich des Ammonshorns. Das System No. 8 wird erst ein b\u00df mehrere Monate nach der Geburt markhaltig. Es tritt aus dem vorderen Abschnitt des lateralen Sehh\u00fcgelkemes aus und zieht zu den Stirnwindungen und zum mittleren Teil des Gyrus fornicatus.\nDer laterale Sehh\u00fcgelkern seinerseits nimmt von unten her alle die Leitungen auf, in welchen man die Fortsetzung der hinteren Wurzeln zu suchen hat, n\u00e4mlich den Hauptteil der Schleifenschicht, den oberen Kleinbirnstiel und die L\u00e4ngsb\u00fcndel der Formatio reticularis. Au\u00dfer ihm sind nur der schalenf\u00f6rmige K\u00f6rper und das Centre m\u00e9dian gleichfalls in die Bahn der hinteren Wurzeln eingeschaltet.\nDas System. No. 1 geh\u00f6rt zur Bahn des Muskelsinnes, das System No. 8 zur Bahn des Muskelsinnes der Sprachmuskulatur ; das System No. 2 steht zu den Ber\u00fchrungs*, Temperatur- und Organempfindungen im Beziehung. Die Gesamtheit des Rindengebietes der hinteren Wurzeln \u00dft die \u201eK\u00f6rperf\u00fch\u00dfph\u00e4re\u201c.\nDen zentripetalen Bahnen entsprechen motorische, in der F\u00fcM-sph\u00e4re entspringende Bahnen, dem System No. 1 die Pyramidenbahn, dem System No. 8 die frontale Grofshirnrinden-Br\u00fcckenbahn. Au\u00dferdem ziehen zentrifugale Bahnen aus der F\u00fcb\u00dfph\u00e4re zu der dorsomedialen Kerngruppe des Sehh\u00dcge\u00df. Aus den Beziehungen der F\u00fchlsph\u00e4re zu der Respirations- und Zirkulationsmuskulatur schlie\u00dft Fl., da\u00df die Ftth\u00dfph\u00e4re auch das \u201eZentralorgan der psychischen Spiegelung affektiver K\u00f6rperzust\u00e4nde\u201c darstellt.\nb.\tGeruchs bahn. Sie entwickelt sich sp\u00e4ter a\u00df di\u00a9 Bahn d m Muskelsinnes. Der Tractus olfactorius erh\u00e4lt gegen Ende des 9. Monats Markscheiden. Fl. unterscheidet eine frontale und eine temporale Riechsph\u00e4re. \u00dcber Einzelheiten ist das Original zu vergleichen.\nc.\t8 eh bahn. Bemerkenswert ist namentlich, da\u00df Fl. bei dem Menschen einen direkten \u00dcbergang von Optikusfasern in den Sehh\u00fcgel nicht hat feststellen k\u00f6nnen. Das aus dem lateralen Knieh\u00f6cker in das Pulvinar eintretende optische Leitungsb\u00fcndel zweiter Ordnung t\u00e4uscht eine direkte Fortsetzung des Tractus opticus vor. Auch dies B\u00fcndel durchzieht den Sehh\u00fcgel ohne Unterbrechung. \u2014 Die sog. GEATioLiTSche Sehstrahlung dient nicht nur der Sehleitung, sondern enth\u00e4lt auch zentrifugale Bahnen.","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"Litteratwrbericht\n299\nBer Rindenbezirk dieser \u201eSehstrahlung Im. weiteren Sinne\u201c umfalst die gesamte Medial fl\u00e4che des Occipitailappena und einen schmalen Streifen auf der Konvexit\u00e4t. In einer hierzu geh\u00f6rigen Anmerkung (8. 74) wendet sich Flechsig gegen die zum Teil abweichenden Angaben v. Monakows.\nd. H\u00f6r bahn. Als H\u00f6rsph\u00e4re bezeichnet Fl. jetzt die beiden Querwindungen des Schl\u00e4fenlappens, welche in der Tiefe der Fossa Sylvii verborgen liegen, namentlich die vordere. Die temporale Grofshirnrinden-br\u00fcckenbahn stellt das zugeh\u00f6rige motorische Fasersystem dar.\nAls eine 5, Klasse fahrt Fl. die nicht-lokalisierten Triebgef\u00fchle auf, \u201edumpfe Sensationen, welche vielfach nur als eine vage allgemeine Unruhe wahrgenommen, also zum Teil erst mittelst der sekund\u00e4ren Folgezust\u00e4nde einer dunklen prim\u00e4ren Beizung bewufst werden.\u201c Hier soll \u00a9ine direkte Erregung der Zentralorgan\u00a9 selbst vorliegen. Fn. weist speziell darauf hin, dafs in der Oblongata sich schon fr\u00fch Zellgruppen der Formatio reticularis differenzieren und zentrifugalen Fasern der Grundb\u00fcndel des VOrderseitenstrangs den Ursprung geben, welche zu einer Zeit, wo die sensiblen Wurzeln der Oblongata Mark noch nicht besitzen, bereits Markscheiden erkennen lassen. F\u00fcr die niederen Hirn teile, vermutet Flechsio, ist daher die \u201eAutomat!\u00a9\u201c und nicht der Reflex die Prim\u00e4rform der zentralen Funktionen. Umgekehrt entstehen in der Groishirarinde die motorischen Bahnen der Sinnes-sph\u00e4ren ausnahmslos erst nach Fertigstellung der sensiblen. Hier ist also der Reflex \u201edie Prim\u00e4rform der motorischen Beth\u00e4tigung\u201c. All\u00a9 Willenshandlungen entstehen aus Bindenreflexen.\nDas Nichterkennen betasteter Gegenst\u00e4nde bei Erkrankungen der F\u00fchlsph\u00e4re f\u00fchrt Fl. nicht auf einen Defekt der Erinnerungsbilder zur\u00fcck, sondern auf den Verlust der r\u00e4umlichen Verkn\u00fcpfung der Einzeleindr\u00fccke. Er spricht daher von einer sensiblen Koordinationsst\u00f6rung. Die r\u00e4umliche Anschauung ist in diesem Sinne eine Funktion der Sinnessph\u00e4ren. Ebenso spielt bei der sensorischen Aphasie der Verlust der zeitlichen Ordnung der Geh\u00f6rsempflndungen wahrscheinlich di\u00a9 Hauptrolle. Di\u00a9 folgenden Auseinandersetzungen \u00fcber die Assoziationszentren wiederholen nur die bez. Er\u00f6rterungen der Schrift \u201eGehirn und Seele\u201c,\nAn der Verschiedenheit des mikroskopischen Baues der Hirnrinde in den verschiedenen Sph\u00e4ren h\u00e4lt Fl. gegen\u00fcber K\u00f6llikeb fest (vergl. namentlich Amn. 42, S 80). Der grofse Gehalt der Sinnessph\u00e4re an intrakortikalen Asaoziationsfasem k\u00f6nnte nach Fl. zu der erw\u00e4hnten Koordination der elementaren Empfindungen in Beziehung stehen. \u2014 Infolge ihrer zentralen Lage und ihres auff\u00e4lligen Reichtums an Assoziationssystemen erscheint die K\u00f6rperf\u00f6hlsph\u00e4re als die Zentralst\u00e4tte des \u201eSeelenorgans\u201c. Sie ist der \u201eHaupttr\u00e4ger des Belbstbewufstsein? \u201eDie h\u00f6chste Bangstufe (willk\u00fcrliche oder affektive Ausl\u00f6sung von Vorstellungen ?)\u201c schreibt Fl. dem Assoziationsb\u00fcndel zu, welches von den Zentralwindungen in die Zentralgebiete des hinteren grofsen Assoziationszentrums f\u00fchrt.\nZiehen (Jena).","page":299}],"identifier":"lit30135","issued":"1897","language":"de","pages":"297-299","startpages":"297","title":"P. Flechsig: Die Lokalisation der geistigen Vorg\u00e4nge, insbesondere der Sinnesempfindungen des Menschen. Leipzig, Veit & Comp. 1896","type":"Journal Article","volume":"14"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:27:44.682474+00:00"}