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{"created":"2022-01-31T13:41:03.659720+00:00","id":"lit30150","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Meumann","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 14: 313-315","fulltext":[{"file":"p0313.txt","language":"de","ocr_de":"Litter atwrbertcht.\n313\nJohn Dbwkt. The Reflex Arc Concept in Psychology. Psych. Bee. UL (4). 3. 357\u2014370. 1806.\nVerfasser will den Begriff des \u201eReflexbogens\u201c, der aus Reis, Empfindung, Vorstellung (zentralem Vorgang) und Bewegung besteht, durch den der \u201eKoordination\u201c ersetzen. Er weist darauf hin, dafs alle Teile des Vorgangs physiologisch betrachtet in gleicher Weise Bewegung, psychologisch betrachtet in gleicherweise Empfindung sind, ln denjenigen F\u00e4llen, wo, wie beim Gehen, den Augenbewegungen etc., die Empfindungskoordination gleichm\u00e4\u00dfig organisch gefestigt ist, wird der Unterschied denn auch garnicht gemacht. Wo aber die Koordination verschiedene m\u00f6gliche Richtungen vorfindet, ist das anders. Ein leuchtendes Objekt, welches ein Kind sieht, kann brennende Flamme, unsch\u00e4dliches Spielzeug oder n\u00e4hrende Milch sein. In den verschiedenen F\u00e4llen fordert es verschiedene Erg\u00e4nzungen. Das unvollst\u00e4ndige Anfangsglied wird dann als Empfindung, das geforderte Endglied \u2014 Muskel-, Ber\u00fchrung\u00bb- etc. Empfindungen \u2014 als Bewegung interpretiert. Der Wert dieser Begriffs\u00e4nderung soll sich in den Anwendungen zeigen, die Verfasser aber noch nicht giebt, sondern f\u00fcr eine k\u00fcnftige Gelegenheit versp\u00fcrt. \u2014 Ich glaube kaum, dafs deutsche Psychologen den Begriff \u201eReflexbogen\u201c anwenden, ohne das Bewusstsein einer bequemen, aber unkorrekten Abk\u00fcrzung zu haben. Man weifs, dafs man damit einen physiologischen Begriff verwendet. Die Hauptschwierigkeit, die Vermittelung zwischen der prim\u00e4ren Empfindung und der ausgel\u00f6sten Bewegungsempfindung, wird nat\u00fcrlich durch das Wort \u201eKoordination\u201c keineswegs gel\u00f6st. Was Verfasser noch mit diesem Begriff leisten wird, mufs man abw&rten.\nJ. Cohn (Berlin).\nA. Bum und J. Couetikb. Recherches graphiques sur la musique. L'Arm\u00e9e Psychol DL S. 601\u2014222. 1896.\nDer Inhalt dieser Abhandlung besteht im wesentlichen aus der Beschreibung eines Apparates zur graphischen Aufnahme der \u201emechanischen Arbeit der Finger auf den Tasten\u201c eines Klaviers bei mehr oder weniger ge\u00fcbten Klavierspielern, und aus der Mitteilung einiger vorl\u00e4ufiger Resultate. Der Apparat ist einfach und sinnreich, aber mehr zur Demonstration geeignet, als zu genaueren Untersuchungen von wissenschaftlichem Wert. Ein langer Schlauch liegt unter den Tasten des Klaviers in passender Entfernung. Er wird beim Niederschlagen von (len Tasten getroffen und eine Luftwelle pflanzt sich auf den bekannten Tambur fort, dessen Registrierhebel mit Tinte auf einer Rolle von fortlaufendem Papier die Stofskurven aufsohreibt. Mit Recht achteten die Verfasser darauf, dafs an der Konstruktion des Klaviers nichts Wesentliches ge\u00e4ndert wurde, jeder Spieler w\u00fcrde sich durch eine ungew\u00f6hnliche Bewegung der Tasten gest\u00f6rt f\u00fchlen. Folgende Anforderungen mu\u00dfte der Apparat erf\u00fcllen: Zwei gleiche Noten mufsten immer die gleiche<Kurven-\u2022rhebung ergeben, und die H\u00f6he der Kurve mufste sich der St\u00e4rke des Anschlags proportional ver\u00e4ndern, ein Akkord von zwei gleichbetonten","page":313},{"file":"p0314.txt","language":"de","ocr_de":"314\nLitit\nNoten mufste die doppelte Kurvenh\u00f6he geben wie eine, die schwanen und weifsen Tasten mufsten trotz ihrer verschiedenen Hebell\u00e4nge die gleiche Kurvenh\u00f6he geben, wenn mit gleicher Kraft angeschlagen. F\u00fcr die Kontrolle aller dieser und noch einiger anderer mehr nebens\u00e4chlicher Anforderungen verschafften sich nun die Verfasser keinerlei ausreichende objektive Garantie, wie sie nur durch mechanische Herbeif\u00fchrung des Niederschlags der Tasten und nicht etwa bei freiem Spiel eines ge\u00fcbten Spielers m\u00f6glich war. Das macht nun gerade die Verwendung des Apparates zu p\u00e4dagogischen Zwecken sehr bedenklich, denn daf\u00fcr, ist es unerl\u00e4fslich, dais man jede Ungleichheit der Kurve als Ungleichm\u00e4fsigkeit des Spieles deuten darf.\nWas vermag der Apparat in der Kurve sichtbar zu machen? Die Verfasser meinen: die Kraft des Anschlags (Betonung der Note) und die Zeitverh\u00e4ltnisse des Spiels. Was das erste re betrifft, so hoben wir schon hervor, dafs eine zuverl\u00e4ssige Kontrolle der Proportionalit\u00e4t zwischen Kraft und Kurvenh\u00f6he fehlt; man sieht aus den mitgeteilten Figuren, wie wenig Proportionalit\u00e4t beider Faktoren vorhanden war. Ganz sinnreich ist eine Vorrichtung, welche das Schleudern des Hebels verhindern soll. Eine kleine Kreisscheibe mit verschieden weiten \u00d6ffnungen kann in die Schlauchbahn eingeschoben werden, und man probiert diejenige \u00d6ffnung aus, bei welcher durch Abschw\u00e4chung der Luftwelle Schleuderung des Hebels unterbleibt.\nWas die Messung der Zeitverh\u00e4ltnisse der Tastenbewegung betrifft, so ist der Apparat ganz ungen\u00fcgend. Die Erhebungen liegen viel zu dicht, als dafs sich eine genauere Analyse der rhythmischen Zeiten ausf\u00fchren liefse. \u00dcrigens hatten die Verfasser dabei einen technischen Fehler zu vermeiden. W\u00e4re n\u00e4mlich der Schlauch nur nach einer Seite abgeleitet worden, so h\u00e4tten die Luftwellen des der Ableitung entgegengesetzten Endes eine Versp\u00e4tung erlitten. Diese glauben die Verfasser dadurch aufzuheben, dafs sie den Schlauch von beiden Seiten her auf den Tambur f\u00fchren. Der Fehler ist freilich dadurch nicht vermieden, sondern nur vermindert; denn immer wird diejenige Stofswelle, welche den k\u00fcrzeren Weg hat, den Hebel zum Emporschnellen bringen.\nZuletzt teilen die Verfasser eine Anzahl Resultate mit. Sie be* ziehen sich leider fast gar nicht auf die psychologische Analyse der rhythmischen Vorg\u00e4nge, sondern auf technische Einzelheiten des Klavierspiels, wie das Legatospielen, den \u00dcbergang \u00fcber den Daumen, die Trillergeschwindigkeit u. 8. w., dabei erstaunen die Verfasser \u00fcber Resultate, die aus den Untersuchungen von Hklmholtz, Prbtbr und K\u00fclpk (Philos. Stud. VI. u. VII.) bekannt sind. Einige Einzelheiten, wie die Wiedergabe des Crescendo und Decrescendo, mufs ich auf Grund eigener Versuche f\u00fcr ganz ungen\u00fcgend erkl\u00e4ren. Sollen Versuche wie die vorliegenden zur Analyse rhythmisierter Bewegungen brauchbar sein, ho m\u00fcssen sie mindestens die drei charakteristischen Bewegungszeiten : Schnelligkeit des Niederschlagens der Taste, Dauer der Tastenber\u00fchrung und Geschwindigkeit der Aufa \u00e4rtsbewegung erkennen lassen. Das ist aber aus den Kurven der Verfasser nicht zu ersehen. Ein grofser Mangel der Versuchstechnik ist ferner der, dafs sich die","page":314},{"file":"p0315.txt","language":"de","ocr_de":"l\u00c2ttera turberich t\n815\neinzelne Note nicht m\u00eet Zuverl\u00e4ssigkeit aus der Kurve ersehen l\u00e4fst, sie mufs immer durch Abz\u00e4hlen von links nach rechts festgestellt werden, Eine zuf\u00e4llig ausgelassene Note macht also unter Umst\u00e4nden die ganze Kurve unsicher. Es sei mir endlich gestattet, zu erw\u00e4hnen, dafs die Versuche der Verfasser sich derart mit meinen eigenen, sowohl den ver\u00f6ffentlichten, wie den nicht ver\u00f6ffentlichten begegnen, dafs ein Wunsch, meine Versuche, die den Verfassern bekannt sind (vergl. L\u2019arm\u00e9e psychoL 1896. S, 868ff.), erw\u00e4hnt zu sehen, vielleicht nicht ganz unberechtigt ist, zumal da die Verfasser (S. 201) bem\u00fcht sind, ihre Priorit\u00e4t zu beweisen, Speziell die Idee der Verfasser, die Genauigkeit der Notenschrift zu kontrollieren, bezw. derselben nachzuhelfen, die Analyse der Rhythmuskurven, die Kontrolle der Schreibhebel mit dem Crescendo und Decrescendo sind von dem Referenten schon seit einigen Jahren ausgef\u00fchrt worden.\tMkumann (Leipzig).\nC. Wernicke. Grundrlfs der Psychiatrie in klinischen Vorlesungen.\nTeil H. Leipzig, G. Thieme, 1896. S. 81\u2014178.\nDer zweite Teil des Grundrisses behandelt in neun Vorlesungen die \u201eparanoischen Zust\u00e4nde\u201c. Als solche bezeichnet W. nach Ausscheidung aller Defektzust\u00e4nde alle diejenigen psychopathischen Zust\u00e4nde, welchen bei wohl erhaltener Bewufstseinsth\u00e4tigkeit das gemeinsame Merkmal einer krankhaften Ver\u00e4nderung des Bewufstseinsinhalts zukommt. Diese inhaltliche Bewufstseinsf\u00e4lschung ist entweder residu\u00e4r (nach abgelaufener Psychose) oder Ausdruck einer chronisch progressiv verlaufenden Geisteskrankheit. Die Bewufstseinsf\u00e4lschung ist \u201eautopsychisch\u201c, wenn sie die Pers\u00f6nlichkeit, \u201eallopsychisch\u201c, wenn sie die Aufsenwelt, und \u201esomatopsychisch\u201c. wenn sie die K\u00f6rperlichkeit betrifft. Die residu\u00e4ren P\u00e4lle bezeichnet W. als \u201echronische residu\u00e4re Geistesst\u00f6rung\u201c, die noch im Ablauf befindlichen P\u00e4lle als \u201eeigentliche chronische Psychose\u201c, und zwar als Autopsychose, Allopsychose, Somatopsychose, kombinierte Autallopsychose u. s. f., je nach dem die Bewufstseins-f&lschung auto-, allo-, somatopsychisch, zugleich auto- und allopsychisch ist u. s. f. Umfafst die Bewufstseinsf\u00e4lschung alle drei Bewufstseins-gebiete, so schl\u00e4gt W. vor, von \u201etotaler Psychose\u201c zu sprechen.\nEine besondere Bedeutung mifst W., nicht nur bei den paranoischen Zust\u00e4nden, sondern bei allen Geisteskrankheiten, einem Vorgang zu, den er als Sejunktion bezeichnet. Er versteht darunter die Losl\u00f6sung einzelner Vorstellungskomplexe aus dem durchg\u00e4ngigen Zusammenhang der Vorstellungen, welcher in der Einheit des Ichs gegeben ist. Diese Losl\u00f6sung beruht auf dem Ausfall bestimmter Assoziationsleistungen. In ihr erblickt W. das eigentliche Wesen der akuten Geistesst\u00f6rungen. Von dem Umfang der Sejunktion h\u00e4ngt der Ausgang in sekund\u00e4re Demenz ab. Auch die Halluzinationen beruhen oft auf einer solchen Sejunktion. W. vermutet, dafs durch die Sejunktion eine \u201eR\u00fcckstauung11 der Nerven-energie (infolge St\u00f6rung des Abflusses) in den Sinneszentren zu stand\u00a9 kommt, und dafs diese R\u00fcckstauung zu Reizsymptomen, also Halluzi-","page":315}],"identifier":"lit30150","issued":"1897","language":"de","pages":"313-315","startpages":"313","title":"A. Binet und J. Courtier: Recherches graphiques sur la musique. L'Ann\u00e9e Psychol. II. S. 601-222. 1896","type":"Journal Article","volume":"14"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:41:03.659725+00:00"}