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{"created":"2022-01-31T15:44:42.752125+00:00","id":"lit30162","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Andreae, C.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 14: 386-388","fulltext":[{"file":"p0386.txt","language":"de","ocr_de":"386\nLiUeraturberichk\nPhysiologie und Psychiatrie su verdecken, ohne welche heutigentages eine ernsthafte Diskussion \u00fcber den \u201eKausalnexus zwischen Leib und Seele\u201c nicht mehr m\u00f6glich ist. Das cholerische Temperament wird unter anderem auf die grofse W\u00e4rme des Blutes zur\u00fcckgef\u00f6hrt (S. 166), w\u00e4hrend doch in Wirklichkeit das Blut des Phlegmatikers sicherlich genau so warm ist. \u2014 8. 141 betont Verfasser alles Ernstes als etwas Besonderes, dafs Gesichts hall uzi n ationen noch nach v\u00f6lliger Erblindung m\u00f6glich sind. \u2014 Zu einem so trivialen Ausspruch, wie : \u201eDie Leidenschaft ist blind bez\u00fcglich der Bestimmung ihres Zieles, scharfsichtig in der Wahl ihrer Wege\u201c (S. 173), bedarf Verfasser eines Gew\u00e4hrsmannes. Dagegen steht er auf eigenen F\u00fcfeen, wenn er folgenden Satz produziert\u00bb von dem man nicht wells, ob man mehr \u00fcber den Sinn oder die Konstruktion erstaunen soll :.... \u201ewenn man ferner bedenkt, dafs die durch h\u00e4ufige Repetition sich auszeichnenden physischen Bewegungen infolge Ab\u00e4nderung in der Elastizit\u00e4t der hierbei th\u00e4tigen Muskelgruppen oder infolge Verlegung der Kontraktivkraft derselben in eine andere Rieh-tungsl&ge sich schliefslich eine der bez\u00fcgliohen seelischen Qualit\u00e4t entsprechende feste und bestimmte \u00e4ufsere Form und Gestalt herausbilden kann, so ....\u201c (S. 174). Den Schlufs des Buches bilden einige Bemerkungen \u00fcber Physiognomik.\tSchaefer (Rostock).\nJ. P. Durand (de Gros). Les myst\u00e8res de la suggestion. Paris. 1896.\nDurand bringt vor allem sein bereits 1855 erschienenes Werk Electro-dynamisme Vital wieder in die Erinnerung. Er giebt den Wirbeltieren die Constitution polyzoique, polypsychique. Auch der Mensch besitzt aufser dem \u201eIch\u201c, dem Oberbewufstsein, zahlreiche Unterbewusstsein\u00a9, bewufste und unbewusste. Es giebt Gehirn-, Rickenmark- und Ganglienseelen. Aufser dem gew\u00f6hnlichen Willen und Verst\u00e4nde hat der Menscb noch mehrere verborgene, latente Willen und Intelligenzen, welch\u00a9 unter Umst\u00e4nden unbewufst th\u00e4tig werden. Auch auf diese \u00fcbt die Suggestion ihren Einflufs aus. \u2014 Auch in seinem neuesten Schriftchen, das \u00dcbrigens nichts Neues enth\u00e4lt, vertritt Durand seinen monistischen Standpunkt.\nUmpfenbach (Bonn).\nD. A. Wittstock. Das \u00e4sthetische Erziehungs-System. Ein Grundrifs.\nLeipzig 1896.\nWie aus der Vorrede su ersehen, hat der Gedanke, \u201edafs eine unnat\u00fcrlich vorherrschende Verstandesrichtung mit Hintansetzung des Gef\u00fchls zu den bedenklichsten Mifsbr\u00e4uchen ...ja bis zur sittlichen Verwilderung gef\u00fchrt habe und die P\u00e4dagogik deshalb umkehren m\u00fcsse\u201c, den Verfasser veranlagst, zur Bef\u00f6rderung dieser Umkehr vorliegendes Buch zu schreiben. Nach einer \u201eEinleitung und Grundlegung\u00ae (S. 1\u201412), die sich stellenweise wie eine Art von Offenbarung liest, er\u00f6ffnet er unter der \u00dcberschrift \u201eBedeutung und Aufgabe\u201c das \u201eSystem\u201c mit dem Satze: \u201eDi\u00a9 \u00e4sthetische Erziehung ist diejenige, welche sich, wie der Name sagt, auf das Gef\u00fchlsverm\u00f6gen\tgr\u00fcndet.\u201c Das Ganze zer-\nf\u00e4llt in eine \u201e\u00c4stethische Erziehungslehre\u201c und in eine \u201e\u00c4sthetische Unterrichtslehre\u201c. Darauf folgt ein \u201egeschiehts-p\u00e4dagogischer R\u00fcckblick\u201c","page":386},{"file":"p0387.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n387\nund \u00a9in Schlufsabschnitt unter der \u00dcberschrift \u201eDie P\u00e4dagogik der Zukunft\u201c.\nWas der Verfasser in diesem Rahmen bietet, ist der Art, dais es sich kaum rechtfertigen liefse, sich in einer wissenschaftlichen Zeitschrift damit au befassen, wenn nicht durch di\u00a9 H\u00e4ufigkeit solcher und \u00e4hnlicher Erscheinungen gerade der p\u00e4dagogischen Kritik die Pflicht besonders nahe gelegt w\u00e4re, in solchem Falle ihres Amtes als litterarische Polizei strenge zu walten. \u2014 Soviel sich den unbestimmten, breiten und doch schlotterig gef\u00fcgten Ausf\u00fchrungen entnehmen l\u00e4fst, soll dem Gef\u00fchl im psychischen Leben di\u00a9 erste Stelle angewiesen werden. Nun ist dieser weder neu\u00a9 noch ungew\u00f6hnliche Gedanke ja diskutabel, und es w\u00e4re wohl die erste Aufgabe unseres Autors gewesen, denselben durch eine grundlegende psychologische Er\u00f6rterung eingehend und \u00fcberzeugend auseinander zu setzen. Statt dessen gef\u00e4llt sich der Verfasser gleich im \u201egrundlegenden\u201c Abschnitt in einer Sammlung von allerhand orakelhaften Spr\u00fcchen und Behauptungen, di\u00a9 sich bald direkt, bald indirekt widersprechen: z. B. \u201edas Gef\u00fchlsverm\u00f6gen ist ein urspr\u00fcngliches, selbst-th\u00e4tiges, das Allerinnerlichste des menschlichen Wesens, der energische Lebenstrieb, der den ganzen Menschen in der Mannigfaltigkeit seiner Kr\u00e4fte als ein einziges f\u00fchlendes Wesen erf&fst, in best\u00e4ndiger Verbindung der gesamten Empfindungs- und Gef\u00fchlsth\u00e4tigkeit.\u201c (S. 15.) \u201eF\u00fchlen ist das Bewufstsein von k\u00f6rperlichen oder geistigen Empfindungen.\u201c (S. 16.) \u201eDas Gem\u00fct als die Realit\u00e4t des selbstbewufsten Gef\u00fchls, ist die Wurzel und Grundkraft des geistigen Lebens.\u201c (8. 17.) Dagegen : \u201eDas Gef\u00fchl selbst ist ein\u00a9 Erkenntniskraft\u201c und \u201eder Verstand ist in letzter Instanz in seinem innersten Wesen nur das selbst\u00e4ndig geworden\u00a9 Gef\u00fchl.\u201c (S. 66.) Den H\u00f6hepunkt der Verwirrung erreicht dieses w\u00fcste Gerede in dem \u201eBildung des intellektuellen Gef\u00fchls\u201c \u00fcberschriebenen Abschnitt. Danach \u201esind die Sinne die ersten Seelenverm\u00f6gen\u201c, \u201edie Seele ist urspr\u00fcnglich die Gesamtheit der verschiedenen Sinnesempfindungen.\u201c (S. 43 und 44.) (Damit ist zu vergleichen, was S. 8 von der Seele behauptet wird.) \u201eW\u00e4hrend eine Anschauung durch einen Sinn stattfindet, ist damit eine Empfindung verbunden oder es ist vielmehr die Anschauung zugleich die Empfindung und diese Empfindung ist die eigene innere Wahrnehmung.\u201c (S. 49.) \u201eDer inner\u00a9 Sinn ist di\u00a9 Vorstellung und Bildung der Eindr\u00fccke in dem \u00e4ufseren Sinn, letzterer ist das Werkzeug der Empfindung, und der Sitz derselben ist der inner\u00a9 Sinn.\u201c (8. 50.) \u201eWeil die ersten Eindr\u00fccke die st\u00e4rksten sind, ist schon seit fr\u00fchester Jugend daf\u00fcr zu sorgen, dafs die Empfindung nicht verw\u00f6hnt und unrichtig werde.\u201c (S. 50.) \u201eDie Begriff\u00a9 sind klarere Vorstellungen als die Anschauungen.\u201c (S. 52.) \u201eBewufstwerden ist gef\u00fchlt werden.\u201c \u201eDas Gef\u00fchl ist unmittelbares Bewufstsein, also dag Bewufstsein.\u201c \u201eBewufstsein und Gef\u00fchl decken sich.\u201c \u201eDie richtige Erkenntnisquelle liegt im Gef\u00fchle.\u201c (S. 56.) \u201eDas Gef\u00fchl ist selbst ein\u00a9 Art zuvorgekommenes Denken.\u201c \u201eUnser Denken ist geistige Empfindung.\u201c \u201eDie Intelligenz ist im Grunde Gef\u00fchl.\u201c (S. 57.) \u201eDas Gef\u00fchl ist die Grundlage des Urteils.\u201c \u201eUrteilen heilst F\u00fchlen. (S. 58.) In dieser Weise geht es fort. Wo man das Buch aufschl\u00e4gt, \u00fcberrascht es durch die Originalit\u00e4t \u00e4hnlicher Ausspr\u00fcche.\n26*","page":387},{"file":"p0388.txt","language":"de","ocr_de":"388\nLi tteraturberichL\nSo z. B. \u2014 um noch einige S\u00e4tze aus einem anderen Kapitel anzuf\u00fchren \u2014 behauptet der Verfasser: \u201eWo man klagt, dafs die heran wachsen de Jugend so wenig Freude an der Erkenntnis empfindet, da ist das Gef\u00fchlsverm\u00f6gen nach dieser Hinsicht nicht geh\u00f6rig entwickelt worden u \u201eDas Gef\u00fchl ist es, was das Interesse erregt und worauf dasselbe beruht; das Interesse erw\u00e4chst aus dem Gef\u00fchl, ist selbst Gef\u00fchl. (S. 128 und 129.) \u201eUnterrichtet 'wird durch Mitteilung von Gef\u00fchlen, durch die Mannigfaltigkeit der Mitempfindung, durch das eigene Gef\u00fchl des Lehrenden und die eigene W\u00e4rme, die belebend \u00fcbertragen wird.\u201c (S. 181). \u2014 Da\u00bb d\u00fcrfte zur Rechtfertigung des an die Spitze gestellten Urteils gen\u00fcgen Der Schaden, den derartige B\u00fccher Anrichten, kann gar nicht hoch genug angeschlagen werden. Sie verwirren die Urteilslosen, hindern erspriefs-liche Studien, vermehren die Anarchie des Denkens und sind geeignet, alles in Mifskredit zu bringen, was mit der P\u00e4dagogik zusammenh\u00e4ugt. F\u00fcgen wir noch hinzu, dafs, wie schon die angef\u00fchrten S\u00e4tze zum Teil gezeigt haben, die Sprache nachl\u00e4fsig, die Diktion manchmal inkorrekt und salopp erscheint, so ist das Bild vollst\u00e4ndig. Durch die wenigen brauchbaren Gedanken, die in das unerfreuliche Gemenge eingestreut sind, wird der Totaleindruck nicht ge\u00e4ndert.\nC. Andbbai (Kaiserslautern).\nG. H. Monod. La pens\u00e9e des les animaux. 'Meme scientifique. S\u00e9rie 4. Tome 5. S. 808\u2014809. 1896.\nVerfasser erz\u00e4hlt, dais K\u00fcchenschaben, in den K\u00e4fig eines Salamanders gebracht, deutlich grofse Furcht vor diesem zeigten, jedoch wenn eine von ihnen zuf\u00e4llig in den Wassernapf geriet, unter \u00dcberwindung ihrer Angst versuchten, ihr zu helfen. Verfasser erblickt in diesen Versuchen eine Best\u00e4tigung des Vorkommens von Verstandes-und Gem\u00fctsregungen bei niederen Tieren. Schaefeb (Rostock).\nMix Brahn. Die Entwickelung des Seelenbegriffes bei K\u00e4lTT. Inauguraldissertation. Gebr. Gerhardt, Leipzig. 1896. 66 S. 8\u00b0.\nAusgehend von dem, Satze K. Fischers : rBie chronologische Reihenfolge der KiNTschen Schriften ist in der Hauptsache zugleich die innere und sachliche\u201c, betrachtet der Verfasser die Schriften Kants nach der Folge ihrer Entstehung und giebt zun\u00e4chst eine \u00dcbersicht \u00fcber Kants fr\u00fcheste Auffassung des Problems von Leib und Seele, wo er noch auf dem Boden der rationalistischen Psychologie steht und f\u00fcr den influxus physicus auf Grund der LEiBNizschen Ansicht vom Wesen des Raumes eintritt (bis 1755 : Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels), zeigt alsdann, wie dem grofsen Philosophen das Problem immer r\u00e4tselvoller wird und unter Humes Einflufs als unl\u00f6sbar erscheint, so dafs er schlie\u00dflich auf die metaphysische Erkenntnis der Dinge verzichtet und sich mit der Erkenntnis der Grenzen der menschlichen Vernunft begn\u00fcgt (1766: Tr\u00e4ume eines Geistersehers), und verbreitet sich nunmehr ausf\u00fchrlich \u00fcber Kants psychologische Anschauungen in seiner kritischen Periode.\nln engstem Anschlufs an die Kritik der reinen Vernunft, in deren ersten Auflage nur er in \u00dcbereinstimmung mit Schopenhauer und","page":388}],"identifier":"lit30162","issued":"1897","language":"de","pages":"386-388","startpages":"386","title":"D. A. Wittstock: Das \u00e4sthetische Erziehungs-System. Ein Grundri\u00df. Leipzig 1896","type":"Journal Article","volume":"14"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:44:42.752130+00:00"}