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{"created":"2022-01-31T12:37:54.359513+00:00","id":"lit30182","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Jost, Adolf","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 14: 436-472","fulltext":[{"file":"p0436.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus dem psychologischen Institut in G\u00f6ttingern)\nDie Assoziationsfestigkeit in ihrer Abh\u00e4ngigkeit von der Verteilung der Wiederholungen.\nVon\nDr. Adolf Jost.\nEinleitung.\nDie vorliegende Untersuchung behandelt die Einfl\u00fcsse der Verteilung bezw. Anh\u00e4ufung von Wiederholungen einer Vorstellungsreihe. Wenn wir uns irgend eine Seihe z. B. von Zahlen oder Worten einzupr\u00e4gen suchen, so k\u00f6nnen wir hierbei in zweifacher Weise verfahren. Wir k\u00f6nnen zum Beispiel die betreffende Reihe sofort 30 mal durchsehen, oder durchlesen, wir k\u00f6nnen aber auch diese 30 Wiederholungen auf mehrere Tage verteilen und die Reihe etwa an drei Tagen je 10 mal wiederholen. Es handelt sich nun zun\u00e4chst darum festzustellen, welche Art der Anordnung ft\u00fcr das direkte Lernen oder f\u00fcr das Behalten auf l\u00e4ngere Zeit die g\u00fcnstigere ist. \u00dcber diese Frage liegen bereits einige Versuche von Ebbinghaus1 vor, der bei dieser Gelegenheit zuerst auf das Problem und seine Bedeutung auimerksam machte. Ebbinghaus fand, dafs bei einer Reihe von 12 sinnlosen Silben 68 unmittelbar aufeinanderfolgende Wiederholungen die Wirkung hatten, dafs am n\u00e4chsten Tage das Wiedererlemen der Reihe nur noch sieben Wiederholungen beanspruchte. In einem anderen Falle wurden dagegen auf eine gleichartige Reihe nur 38 Wiederholungen verwandt, diese 38 Wiederholungen aber in gewisser Weise auf drei Tage verteilt und zwar so, dafs die Reihe am ersten Tage gerade bis zur Erlernung gelesen und am zweiten und\n1 Siehe Ebbin g ba re, \u00dcber dtu Gtd\u00e4cktm*. Seite 122.","page":436},{"file":"p0437.txt","language":"de","ocr_de":"Die Aseomationsfesiigheit.\n437\ndritten Tage immer wiedererlemt wurde. In diesem Falle zeigte es sich nun, dafs die Beihe nur noch sechs Wiederholungen bedurfte, um am vierten Tage wiedererlemt zu werden. Es hatten also 68 unmittelbar aufeinanderfolgende Wiederholungen einen geringeren Nutzeffekt f\u00fcr den folgenden Tag, als 38 auf drei Tage verteilte Wiederholungen. Wir haben hier mithin eine Arbeitsersparais von mehr als 30 Wiederholungen vor uns. Die Gr\u00f6\u00dfe dieses Ergebnisses nun, sowie die nahen Beziehungen der Mer zu Tage tretenden Einfl\u00fcsse zu der Praxis des gew\u00f6hnlichen Lebens, machen es von vornherein, wahrscheinlich, dafs wir es hier mit biologisch begr\u00fcndeten und daher f\u00fcr die exakte Untersuchung zug\u00e4nglichen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeiten zu thun haben. Dieser Umstand ist es vor allem, der die n\u00e4here Untersuchung dieser Verh\u00e4ltnisse sowohl f\u00fcr Theorie 'und Praxis lohnend erscheinen l\u00e4fst.\nDie nun zun\u00e4chst folgenden Versuchsreihen hatten den Zweck, die von Ebbinghaus konstatierte Gesetzm\u00e4fsigkeit nochmals und zwar, wenn m\u00f6glich, mit geringeren Wiederholungszahlen festzustellen. Die letztgenannte Ab\u00e4nderung empfahl sich insbesondere aus dem Grunde, dafs eine so hohe Zahl von Wiederholungen, wie Ebbinghaus sie anwandte, die Versuchsperson bereits sehr erm\u00fcden mufs. In solchem Falle bleibt aber zweifelhaft, inwieweit die erhaltenen Besultate lediglich durch Erm\u00fcdung oder durch andere Faktoren bedingt sind. Was das Versuchsverfahren an betrifft, so ist dasselbe in einigen Versuchsreihen identisch mit dem von M\u00fclleb und Schumann angewandten Verfahren, in anderen Versuchsreihen 'habe ich eine von Professor G. E. M\u00fclleb und Dr. A. Pni-zbcjkjeb durch eine gr\u00f6fsere Anzahl von Versuchsreihen erprobte Methode zur Vergleichung von Assoziationsst\u00e4rken benutzt, welche sp\u00e4ter noch im einzelnen beschrieben werden soll. Durchg\u00e4ngig operierte ich mit zw\u00f6lfsilbigen normalen1 Silbenreihen.\nHinsichtlich der Besultate der Mer 'berichteten Experimente mache ich von vornherein darauf aufmerksam, dafs denselben lediglich eine qualitative Bedeutung zukommt. Die Eigenart des vorliegenden Problems bringt es zun\u00e4chst mit sich, dafs\n1 \u00dcber die Bedeutung dieses Ausdruckes, sowie \u00fcber das Verfahren \u00fcberhaupt, siehe M\u00fcllbe-Schumann in dieser Zeitschrift 6. Band. S. 83 ff","page":437},{"file":"p0438.txt","language":"de","ocr_de":"438\neiner verh\u00e4ltnism\u00e4fsig grofsen Zahl von Versuchstagen nur sehr wenig Versucheresult&te entsprechen. (In den meisten der hier mitgeteilten Untersuchungen kommt auf einen Versuchstag durchschnittlich ein Resultat.) Obwohl nun selbst diese geringe Zahl der erhaltenen Werte in Anbetracht der Gr\u00f6fse der beobachteten Differenzen in der Regel hinreichend war, um eine bestimmte Gesetzm\u00e4lsigkeit sicher konstatieren zu k\u00f6nnen, so war sie doch andererseits viel zu gering, um eine genauere quantitative Bestimmung der in Frage kommenden Einfl\u00fcsse zu erm\u00f6glichen. Abgesehen von diesem rein praktischen Hindernis ist aber aufserdem, wie aus sp\u00e4teren theoretischen \u00dcberlegungen hervorgehen wird, bereits ans prinzipiellen Gr\u00fcnden eine quantitative Untersuchung des ganzen Gebietes bei den heutigen Methoden und H\u00fclfsmitteln als aussichtslos zu bezeichnen.\n\u00a7 1.\nVersuchsreihe I und II.\nDer Zweck dieser beiden Versuchsreihen war es, festzustellen, ob 30 unmittelbar aufeinanderfolgende Wiederholungen einer Silbenreihe nach 24 Stunden eine gr\u00f6fsere oder geringere Ersparnis liefern, als 30 Wiederholungen, welche auf drei Tage gleichm&fsig verteilt wurden. Die Methode, nach der verfahren wurde, war das Ersparnis verfahren.\nIn Versuchsreihe I war stud. math. Blumenthal (B), in II stud. math. Schmidt (S) Versuchsperson. Jede Versuchsreihe umfaf8te 24 Tage, die \u00e4ufsere Anordnung war in I und II genau dieselbe. (Die Experimente begannen mit B. am 6. Juni 1895 und wurden mit wenigen Unterbrechungen bis zum 13. Juli fortgef\u00fchrt, mit S wurde am 23. Juni begonnen und am 25. Juli abgeschlossen.) Selbstverst\u00e4ndlich gingen, da beide Versuchspersonen vollst\u00e4ndig unge\u00fcbt waren, den eigentlichen in Rechnung gezogenen Versuchen ein\u00fcbende Vorversuche voraus. Der Zweck der Experimente war den Versuchspersonen v\u00f6llig unbekannt.\nDie Anordnung der Silbenreihe war folgende.\nI. Tag:\nFi (10) F, (10) Ct (30) F, (10) VK (10) Ct (30)\nH. Tag:\nOy (e) F, (10) F, (10) C, (e) Vs (10) F4 (10)","page":438},{"file":"p0439.txt","language":"de","ocr_de":"Die AssoziaUonsfestigkeit.\n439\nUl. Tag:\nrt (10) F, (10) Cf (30) Vf (10) V4 (10) C4 (30)\nIV. Tag:\nc\u201e (e) vt (e) Vf (e) C4 (e) F\u00bb (e) V4 (e)\nHierbei bedeuten F1} Vf, Vf, Vf die Y erteilungsreihen, also diejenigen, welche an drei Tagen je 10 mal hintereinander gelesen und am 4. Tage erlernt wurden, Gx C% C9 G\u00e9 die H\u00e4ufungsoder Kumulationsreihen, welche an einem Tage 30 mal hintereinander gelesen und am 'n\u00e4chsten Tage erlernt wurden. Die Ausdr\u00fccke (10) oder (30) neben einer Reihe geben die Zahl der auf diese Reihe verwandten Wiederholungen an, das Zeichen (e) besagt, dafs die Reihe an diesem Tage erlernt wurde. Nach jeder F-Reihe wurde eine Pause von 3, nach jeder C-Reihe eine solche von 5 Minuten eingeschoben. Da der n\u00f6tige Zeitlagen Wechsel im obigen Schema noch nicht vollst\u00e4ndig durchgefuhrt ist, so war die Anordnung am f\u00fcnften Tage folgende: 05 F6 F6 CG F7 Fr An den n\u00e4chsten Tagen wurde die Reihenfolge in analoger Weise, wie fr\u00fcher bis zum vierten, so jetzt bis zum achten Tage ver\u00e4ndert, mit welchem die Runde geschlossen wurde. Die Gesamtbelastung eines Tages d, h. die Summe der auf denselben fallenden Wiederholungen war, nat\u00fcrlich abgesehen von den Tagen, an welchen Reihen gelernt werden, konstant und zwar gleich 100 Wiederholungen. Selbstverst\u00e4ndlich wurden die Versuche stets zur selben Tageszeit ausgeflihrt. (Bei B. begannen dieselben ungef\u00e4hr um 7l/4, bei S. um 51/* Uhr abends.) Die Dauer der Experimente betrug gew\u00f6hnlich eine halbe Stunde.\nEs folgen nun di\u00a9 in den arithmetischen Mittelwerten angegebenen .Resultate der beiden Versuchsreihen, n\u00e4mlich die f\u00fcr die Erlernung der Reihen n\u00f6tigen Wiederholungszahlen.\nw\nT\t/o \\\t(\tU-Reihen ................... 6.5\t1\t\u201e \u25a0\n1\t<a>\t{\tF.Mm........................ 5.6\t)\tDlff\u00abr61\u201c\t=\t10\nw\nTT\t/ai\t(\tC-Reihen.................... 11.5\t1\nn\u2018\t(S )\t{\tF-Reihen.................... 9.7\t}\tDlffereBZ\t=\t18\nUber die Deutung dieser Zahlen ist wenig zu sagen. Sie zeigen einfach ein entschiedenes \u00dcberwiegen der F-Reihen und zwar bei beiden Versuchspersonen um ca. 15 %. Nat\u00fcrlich","page":439},{"file":"p0440.txt","language":"de","ocr_de":"ist hierbei ein Umstand nicht zu \u00fcbersehen, der sowohl hier, als auch in der sp\u00e4teren Versuchsreihe eine Rolle spielt. Der g\u00fcnstige EinfluTs der Verteilung, bezw. der ung\u00fcnstige der Kumulierung von Wiederholungen ist n\u00e4mlioh sicher betr\u00e4chtlich gr\u00f6fser, als er in den vorstehenden Zahlen zum Ausdruck kommt. Die 30 Wiederholungen der C-Reihen kommen n\u00e4mlich bereits nach 24 Stunden sozusagen zur Geltung, von den 30 Wiederholungen der F-Reihen dagegen nur 10 ebenfalls nach 24 Stunden, 10 erst nach 48 und die ersten 10 sogar nach 72 Stunden. Das Vergessen spielt also bei den F-Redhen eine bedeutend gr\u00f6fsere Rolle als bei den C-Reihen. Dieser Umstand mufste also durch die Verteilung erst kompensiert werden und nur der trotzdem resultierende \u00dcberBohuis wird durch die obigen Differenzen zum Ausdruck gebracht. Zur Konstatierung der Thatsaohe, dafs Verteilung g\u00fcnstiger als Kumulierung ist, w\u00fcrde es demnach auch gen\u00fcgen, wenn die Differenz in beiden Versuchsreihen gleich null w\u00e4re.\nEs sind nun noch einige Bedenken gegen die Sicherheit unserer Resultate zu beseitigen. Die Zahl der zur Erlernung n\u00f6tigen Wiederholungen ist wegen der grofsen Zahl der vor-ausgegangenen Lesungen sowohl bei den F- als auch bei den C-Reihen eine verh\u00e4ltnism\u00e4fsig kleine. Infolge dessen war der vierte und achte Tag jeder Runde, an welchen immer 4 F-Reihen und 2 C-Reihen erlernt wurden, am wenigsten mit Wiederholungen belastet. Da die anderen C-Reihen nun am zweiten oder sechsten Tage erlernt wurden, so k\u00f6nnte man darin eine Benachteiligung der C-Reihen finden. Ich habe daher zuerst die C-Reihen, welche am vierten, achten u. s. w. Tage gelernt sind, mit den am zweiten, f\u00fcnften u. s. w. Tage gelernten verglichen. Nur bei der Versuchsperson S. zeigte sich hierbei eine gegen\u00fcber den Beobachtungsfehlem in Betracht kommende Differenz, aber mit dem entgegengesetzten Vorzeichen, als nach dem oben erw\u00e4hnten Einwande zu erwarten w\u00e4re. Die Erlernung der C-Reihen zweiter Art beanspruchte n\u00e4mlich im ganzen 130 w, die der C-Reihen erster Art dagegen 147 to. Wir k\u00f6nnen also sagen, dafs s\u00e4mtliche F-Reihen unter denselben Bedingungen gelernt wurden wie diejenige Art der C-Reihen, die das ung\u00fcnstigste Resultat, n\u00e4mlich 147 to, aufweisen. Das schliefs-liche \u00dcberwiegen der F-Reihen ist demnach nach Ber\u00fccksichtigung dieses Gesichtspunktes sogar noch h\u00f6her anzu-","page":440},{"file":"p0441.txt","language":"de","ocr_de":"Die Assozia\u00fconsfestigkeit.\n441\nschlagen als fr\u00fcher. (Die Thatsache, dafs alle F-Reihen und die eine H\u00e4lfte der (7-Reihen trotz der geringeren Belastung1 des Lemtages gegen\u00fcber der anderen H\u00e4lfte der (7-Reihen im Nachteil waren, erkl\u00e4rt sich wohl aus folgendem Umstande. Wird der Versuchsperson der Auftrag gegeben, eine Reihe zu lernen, so wird ihre Aufmerksamkeit im allgemeinen h\u00f6her gespannt sein als beim gew\u00f6hnlichen Lesen. Am vierten und achten Tage jeder Runde meisten nun alle vorgezeigten Reihen auch gelernt werden, am zweiten und achten Tage dagegen immer zwei. Im letzten Falle mufste sich also die Aufmerksamkeit nur diesen beiden in besonders hohem Mafse zuwenden, und es ist ganz begreiflich, dals dadurch der Einflufs der verschiedenen Tagesbelastung kompensiert werden konnte.)\nMan k\u00f6nnte nun noch di\u00a9 M\u00f6glichkeit in Erw\u00e4gung ziehen, dafs die Versuchsperson gelegentlich im Verlauf\u00a9 des Tages an die gelesenen Silben gedacht habe und dafs diese Fehlerquelle f\u00fcr die F-Reihen (eben wegen der Verteilung auf mehrere Tage) von gr\u00f6fserer Bedeutung sei als f\u00fcr die O-Eeihen.\nDieser Binwurf erledigt sich jedoch einfach durch di\u00a9 Thatsache, dafs bei den meisten Versuchspersonen das unwillk\u00fcrliche Denken an die Silben w\u00e4hrend des Tages fast nur in den ersten Tagen der Versuchsreihe auftritt, im weiteren V erlaufe der Versuche dagegen v\u00f6llig auf h\u00f6rt. Der Grund hierf\u00fcr liegt eben darin, dafs sich die Versuchsperson allm\u00e4hlich an das Silbenmaterial gew\u00f6hnt und demselben schliefslich ganz gleichg\u00fcltig gegen\u00fcbersteht.\n\u00a7 2.\nNach 'dieser neuerlichen Feststellung des von Ebbinghaus beobachteten Verhaltens konnte die weitere Untersuchung in zweifacher Weise geschehen. Man konnte die verschiedenen Faktoren (wie Gesamtzahl der Wiederholungen, Gr\u00f6fse der \u25a0Zeitintervalle etc.), die f\u00fcr die zu untersuchenden Vorg\u00e4nge in Betracht kommen, variieren, und auf dies\u00a9 Weise ein Bild von der Gr\u00f6fse des Verteilungseinflusses unter den verschiedensten Bedingungen zu erhalten suchen. Ein anderes Ziel war die Erkenntnis des Wesens dieser Einfl\u00fcsse, das heifst, ob und inwie-\n1 Unter der Belastung eines Tages wird also hier nur di\u00a9 Summe\nder auf denselben entfallenden Wiederholungen verstanden.","page":441},{"file":"p0442.txt","language":"de","ocr_de":"442\nweit wir es hier mit einer eigenartigen Gesetzm\u00e4ssigkeit zu thon haben oder nur mit einer Komplizierung verschiedener bereits bekannter Faktoren, und die Feststellung, welches der einfachste Ausdruck dieser Gesetzm\u00e4fsigkeit sei. Bei Verfolgung letzter Aufgabe m\u00fcssen nat\u00fcrlich zun\u00e4chst s\u00e4mtliche bereits bekannte Faktoren, die geeignet sind, diese Erscheinungen zu erkl\u00e4ren, m\u00f6glichst eliminiert werden, ferner m\u00fcssen wir, falls die Gesetzm\u00e4fsigkeit auch dann noch fortbesteht, suchen, dieselbe unter m\u00f6glichst vereinfachten Bedingungen experimentell darzustellen. Endlich sind dann noch eventuell analoge Gesetze der Assoziationspsychologie heranzuziehen, um uns die That-sachen auch theoretisch verst\u00e4ndlicher zu machen.\nDieses zweite Ziel haben die nun weiter folgenden Untersuchungen.\nVersuchsreihe UL\nBereits M\u00fcller und Schumann1 hatten die M\u00f6glichkeit erw\u00e4hnt, dafs die Resultate von Ebbinghaus zum Teil durch die bei den Kumulationsreihen auftretende Erm\u00fcdung zu erkl\u00e4ren w\u00e4ren. In der That kann man von vornherein erwarten, dafs bei Verwendung von hohen Wiederholungszahlen infolge der Abstumpfung der Aufmerksamkeit die letzten Wiederholungen einen betr\u00e4chtlich geringeren Wert f\u00fcr das Erlernen und Behalten der Reihen haben werden als die ersten Wiederholungen. Im Hinblick hierauf suchte ich in dieser Versuchsreihe die Erm\u00fcdung durch allzulanges Lesen einer Reihe zu vermeiden. Dies geschah dadurch, dafs ich die Wiederholungen der C-Reihen durch Einschieben von V- Reihen voneinander trennte, so dafs, wenn Abstumpfung der Aufmerksamkeit noch immer eintrat, sie sich auf F- und C-Reihen gleiohm\u00e4fsig verteilen mufste. Es wurde also zuerst eine F-Reihe n mal wiederholt, dann kam eine F-Reihe mit derselben Wiederholungszahl, dann wieder die erste C-Reihe, dann eine neue F-Reihe, und so fort, bis die erforderliche Gesamtzahl an Wiederholungen erreicht war. Die Anordnung der Reihen war folgende.\nI. Tag:\nO, V; cx v% ct F, c, f4 o, n ct rt (4).\n1 Siehe a. a. O. S. 266\u2014267.","page":442},{"file":"p0443.txt","language":"de","ocr_de":"Die A\u00dfsoeiatiomfestigkeit\n443\nH. Tag:\nC, (\u00ab) ^ ^ F, 0, Fs (7, F4 0, F8 C7, F, 6s (4).\nIII.\tTag:\n(7, C,(e) Yx C3 Fs Cs F, C3 F4 Cs Vs Cs F. (4).\nIV.\tTag:\nVx C4 C3(e) V% Ct F, C4 F4 C4 Fs C4 F, C4 (4).\nVII. Tag:\nC, (4) Fx (e) (77 (4) Fs (e) <77 (4) <7, (e) Fs (e) C7 (4) y. (\u00ab) 07 (4) F5 (e) C, (4) F5 (e) C7 (4) F# (\u00ab).\nJede Beite wurde also vor der Erlernung 24 mal wiederholt. Das Zeichen (4) am Ende der Versnchstage bedeutet, dafs jede Beihe des Tages 4 mal gelesen wurde, mit Ausnahme der 0-Reihe, die an dem betreffenden Tage gelernt wurde, was durch das Zeichen (e) angedentet ist. Jede Lesung einer Beihe war von der n\u00e4chsten durch eine Pause von 2\u20143 Minuten getrennt. Der Zeitlagewechsel mainte nach zwei Bichtungen durchgef\u00fchrt werden. An jedem Tage wurden 6 F-Beihen und eine C-Beihe gelesen, die letzte in sechsfacher Verteilung. Hinsichtlich dieser Beihen gen\u00fcgte f\u00fcr die \u00c4nderung der Zeitlage di\u00a9 Verschiebung der F- und (7-Beihen gegeneinander um ein Glied. An Stelle\nvon F, 04......... tritt am n\u00e4chsten Tage Cb V1............, am\nn\u00e4chsten Tage wieder Vt CB.........und so weiter. Andererseits\n'wurde aber auch am zweiten, dritten............siebenten Tage\njeder solchen Bunde \u00a9in\u00a9 C-Beihe vom. vorigen Tage gelernt und diese hatte nun 13 Zeitlagen zu durchlaufen. Um \u00abMe Zahl der Resultate f\u00fcr F-und (7-Reihen gleich zu erhalten, liefe ich C71 das am siebenten Tage gelesen worden war, am achten Tage nicht lernen, sondern begann dann wieder mit vollst\u00e4ndig neuem Material. Di\u00a9 Lesung von 07 diente nur dazu, die Tagesbelastung unver\u00e4ndert zu halten.\nDie Versuchsreihe, welche im ganzen 50 Versuchstage um-fafste, zerfiel zeitlich in zwei Serien. Die eine erstreckte sich vom 6. November 1896 bis zum 14. Dezember, die zweite vom, 7. April 1896 bis zum 16. April. In, beiden Serien blieb die Tageszeit (11 Uhr 60 Minuten bis 12 Uhr 40 Minuten) wie auch all\u00a9 anderen \u00e4ufseren Bedingungen unver\u00e4ndert. Versuchsperson war Professor G. E. M\u00fclleb. Das Verfahren war in dieser Versuchsreihe 'wissentlich, da die Versuchsperson bereits von fr\u00fcher her den Zweck der Versuche kannte. Di\u00a9 nun folgenden Besultate geben die f\u00fcr die Erlernung von 40 C- und","page":443},{"file":"p0444.txt","language":"de","ocr_de":"40 F-\u00dfeihen n\u00f6tigen Wiederholungszahlen in den arithmetischen Mittelwerten.1\nto\ny..............H\u2019gj Differenz = 0.7.\nWir sehen, da\u00df auch in diesem Falle die F-Reihen noch deutlich gegen\u00fcber den C-Reihen als bevorzugt erscheinen. Selbstverst\u00e4ndlich gilt \u00fcber die Bedeutung der Differenz hier dasselbe, was fr\u00fcher bei Besprechung der Versuchsreihen I und II \u00fcber die dortigen Differenzen bemerkt wurde. Insbesondere gilt der Satz, dafs die Differenz uns nur sozusagen den \u00dcberschu\u00df der Verteilungswirkung gegen\u00fcber dem Einflu\u00df des st\u00e4rkeren Vergessens der F-Reihen darstellt, hier noch in erh\u00f6htem Ma\u00dfe, da die Verteilung hier auf 6, in I und II aber nur auf 3 Tage ausgedehnt worden war. Trotzdem mu\u00df aber, besonders im Hinblick auf die Resultate der Versuchsreihen IV, V und VI die relativ geringe Gr\u00f6\u00dfe der Differenz \u00fcberraschen. Abgesehen von etwaigen pers\u00f6nlichen Eigent\u00fcmlichkeiten der Versuchsperson, d\u00fcrfte sich diese Thatsache jedoch auch aus den Besonderheiten unserer Anordnung ganz oder teilweise erkl\u00e4ren lassen. Wir haben eben durch die Trennung der Wiederholungen einer C-Reihe nioht allein die Abstumpfung der Aufmerksamkeit eliminiert, sondern eigentlich aus den C-Reihen F-\u00dfeihen mit kleinem Zeitintervall gemacht. Wir haben also im Grunde F-Reihen mit dem Zeitintervall von 24 Stunden mit F-Reihen mit dem Zeitintervall von etwa 5\u20146 Minuten verglichen. Welche Bedeutung eine solche \u00c4nderung aber besitzt, wird aus sp\u00e4teren Untersuchungen noch klarer hervorgehen. Andererseits ist noch hervorzuheben, da\u00df bei der \u00fcberall gleichen Tagesbelastung eine nioht unwesentliche Bevorzugung der C-Reihen dadurch bedingt war, da\u00df in der Regel die erlernte C7-Reihe \u00fcberhaupt die einzige an dem betreffenden Tage zu lernende Reihe war. Da die Versuchsperson in besonders hohem Ma\u00dfe dazu geneigt war, unwillk\u00fcrlich an die gelesenen Silben h\u00e4ufig zu denken, so notierte ich alle Takte, die nach ihrer Angabe ins Bewu\u00dftsein gekommen waren. Von\n1 Die Zahl der erlernten Reihen war eigentlich f\u00fcr jede Art gleioh 42. doch mnfsten eines Versehens wegen 2 Reihen auf jeder Seite gestrichen werden,","page":444},{"file":"p0445.txt","language":"de","ocr_de":"Die Jsmsiattomfe\u00dfUgkeiL\n446\nC-Beihen erhielt ich auf diese 'Weis\u00a9 21, von F-Beihen dagegen nur 15 Takte. Also auch in dieser Beziehung waren die ersten im Vorteile. X)a demnach trotz aller dieser ung\u00fcnstigen Umst\u00e4nde die F-Beihen noch immer durchschnittlich ein besseres Ergebnis geliefert haben als die C-Beihen, so kann man daraus mit ziemlicher Sicherheit abnehmen, dafs die Ursache des Einflusses der Verteilung nicht lediglich in der gr\u00f6fseren Erm\u00fcdung beim Lesen der Kumulationsreihen besteben kann. Wir haben es also nach dem bisherigen mit einer durchaus eigenartigen Gesetzm\u00e4fsigkeit zu thun.\n\u00a7 3.\nWorin liegt nun aber, so k\u00f6nnte man jetzt fragen, das eigentlich charakteristische Moment dieser ganzen Erscheinungsgruppe? Das n\u00e4chstliegende Auskunftsmittel, die allgemeine Erm\u00fcdung, hat sich in den letzten Versuchsreihen als 'unzureichend erwiesen. Trotzdem wird man vielleicht auch jetzt noch geneigt sein, das Verhalten der F- und C-Beihen auf eine geringere Wirksamkeit der sp\u00e4teren Wiederholungen einer C-Beihe gegen\u00fcber den Anfangswiederholungen zur\u00fcckzuf\u00fchren. Die Sache kann von diesem Standpunkte aus etwa so dargestellt werden, dafs die letzten Wiederholungen einer Beihe mit grofser Kumulation, selbst wenn sie mit ungeschw\u00e4chter Aufmerksamkeit absolviert werden, aus noch unbekannten Gr\u00fcnden einen geringeren Wert f\u00fcr' Einpr\u00e4gen und Behalten bes\u00e4fsen als di\u00a9 ersten Wiederholungen. In dieser unbestimmten Passung scheint diese Vorstellungsweise in hohem Grade wahrscheinlich, ja beinahe selbstverst\u00e4ndlich zu sein. Ziehen wir nun aber einmal einige Konsequenzen aus dieser Auffassung. Es ist schon fr\u00fcher bemerkt worden, dafs wir in unseren bisherigen Versuchen zwei einander entgegenwirkende Faktoren konstatieren k\u00f6nnen, erstens den Einflnfs des Vergessene, der zu Gunsten der C-Beihen wirken mufs, zweitens den uns vorl\u00e4ufig unbekannten, der zu Gunsten der F-Beihen wirkt und den die eben angedeutet\u00a9 Auffassung als geringere Wirksamkeit der sp\u00e4teren Wiederholungen einer Kumulationsreihe ansieht. Was geschieht nun, wenn wir die Art der Verteilung \u00e4ndern?\nW\u00e4hlen wir z. B. als Gesamtzahl der Wiederholungen 24, so k\u00f6nnen wir diese Zahl ja in sehr verschiedener Weise auf","page":445},{"file":"p0446.txt","language":"de","ocr_de":"446\nmehrere Tage verteilen. Wir k\u00f6nnen eine Beihe an zwei Tagen je 12 mal, oder an vier Tagen je 6 mal, oder an zw\u00f6lf Tagen je 2 mal lesen. Bezeichnen wir mit (3,8) diejenige Form der Verteilung, nach welcher acht Wiederholungen an je drei Tagen stattfinden, so giebt es f\u00fcr die Zahl 24 acht solcher Formen, n\u00e4mlich (1,24), (2,12), (3,8), (4,6), (6,4), (8,3), (12,2), (24,1). Hierbei bedeutet immer die erste Ziffer die Zahl der Tage, an denen eine Beihe von dieser Form gelesen werden soll, die zweite die Zahl der an jedem Tage stattfindenden Wiederholungen.\nDie erste Form stellt uns demnach die vollst\u00e4ndige Kumulation, die letzte Form die ausgedehnteste Verteilung dar. Was mufi nun, nach der Annahme einer geringeren Wirksamkeit der sp\u00e4teren Wiederholungen der Kumulationsreihen geschehen, wenn verschiedene mittlere Verteilungsformen hinsichtlich ihrer Ergebnisse miteinander verglichen werden, etwa die Formen (3,8), (6,4), (12,2)? Werden 24 Wiederholungen an einem Tage vorgenommen, so lehrt bereits die Selbstbeobachtung, daJGs die letzten Wiederholungen einen relativ nur noch sehr geringen Wert besitzen, und auf derartige Beobachtungen st\u00fctzt sich ja gerade die in Bede stehende Annahme. Bei 8 oder gar 9 Wiederholungen kann man hingegen sogar eher das Gegenteil beobachten. Man ist gew\u00f6hnlich bei der ersten und zweiten Wiederholung mit der Aufmerksamkeit noch nicht ganz bei der Sache und kommt erst allm\u00e4hlich, etwa beim vierten oder f\u00fcnften Durchlesen so recht in Zug. Von einer geringeren Wirksamkeit der dritten oder vierten Wiederholung kann also nach der Selbstbeobachtung keine Bede sein. Andererseits besteht aber der Einflufs des Vergessens, der immer zu Ungunsten der gr\u00f6fseren Verteilung wirkt, auch hier noch fort.\nNach alledem muls man, wenn man auf dem Boden der oben erw\u00e4hnten Anschauungsweise steht, annehmen, daft wir bei Steigerung der Verteilung schlieftlioh zu einer Grenze kommen werden, jenseits welcher die ausgedehntere Verteilung nicht mehr die g\u00fcnstigeren Besultate liefert. Diese Grenze m\u00fcfste wohl auch nach dem eben Gesagten bei der Form (6,4) schon betr\u00e4chtlich \u00fcberschritten sein. Ob eine solche Grenze existiert, und wenn ja, wo dieselbe gelegen ist, dies ist die Frage, der die n\u00e4chsten Versuchsreihen gewidmet sind. Bevor ich jedoch die bez\u00fcglichen Besultate der folgenden","page":446},{"file":"p0447.txt","language":"de","ocr_de":"Die Assoziationsfestigkeit.\n447\nExperiment\u00a9 mitteile, schicke ich noch ein\u00a9 kurze Beschreibung\nder auf Seite 437 erw\u00e4hnten Methode zur Untersuchung von Assoziationsst\u00e4rken voraus, welcher ich mich in der Mehrzahl der nun folgenden Versuchsreihen bedient habe.\n\u00a74.\nIn den meisten systematisch unternommenen Versuchsreihen \u00fcber das Ged\u00e4chtnis f\u00fcr ein\u00a9 Vorstellungsreihe ist es notwendig, di\u00a9 mittlere Assoziationsst\u00e4rke einer unter gewissen Bedingungen gelesenen Reihe zu bestimmen. Unter mittlerer Assoziationsst\u00e4rke einer Reihe verstehe ich hierbei die durchschnittliche Gr\u00f6fse der Tendenz eines Gliedes der Kette, das n\u00e4chstfolgende zu reproduzieren. Biese Bestimmung der mittleren Assoziationsst\u00e4tke einer Reihe zu einem gewissen Zeitpunkte wurde bis jetzt von Ebbinghaus, M\u00fcller-Schumann und anderen dadurch erreicht, dafs die Reihe au dem betreffenden Zeitpunkte von der Versuchsperson bis zur Erlernung gelesen werden mufste. Die Zahl der hierzu notwendigen Wiederholungen bezw. die Ersparnis an Wiederholungen gegen\u00fcber der Erlernung einer v\u00f6llig neuen Reihe kann uns dann zur Bestimmung der Assoziationsst\u00e4rke dienen, welche die Reihe vor der Wiederholung hatte. Im allgemeinen, wie wir aber sp\u00e4ter noch sehen werden, nicht immer, k\u00f6nnen wir dann sagen, dafs einer Reihe mit geringerer Ersparnis auch eine geringere mittlere Assoziationsst\u00e4rke entspreche, von welcher Voraussetzung wir auch in unseren fr\u00fcheren Versuchen ausgegangen sind. Es giebt nun aber auch einen anderen und zwar direkteren Weg, die S'tirke einer Vorstellungsreihe zu bestimmen. Man, kann der Versuchsperson nach einer gewissen Anzahl von Lesungen mehrere der gelesenen Silben vorzeigen und ihr den Auftrag geben, jedes Mal die n\u00e4chstfolgende Silbe anzugeben. Falls nun di\u00a9 betreffend\u00a9 Reihe im Ged\u00e4chtnis weder zu stark noch zu schwach eingepr\u00e4gt ist, so werden wir richtige F\u00e4lle, falsch\u00a9 und Nullf\u00e4lle erhalten, wobei ich unter den letztgenannten solche verstehe, bei welchen die Versuchsperson keine Silbe als die n\u00e4chstfolgende angiebi, Die Zahl n der richtigen F\u00e4lle oder Treffer giebt uns wieder ein Mittel an die Hand, \u00fcber die Assoziationssterke einer Reihe bei gewissen Bedingungen zu urteilen. Die Bestimmung dieser Trefferzahl in Verbindung mit","page":447},{"file":"p0448.txt","language":"de","ocr_de":"den bez\u00fcglichen Reproduktionszeiten ist der Zweck der Trefferund Zeitmethode.\nDie \u00e4ufsere Anordnung bei Anwendung dieses Verfahrens ist folgende. Ein zw\u00f6lfseitiges, um eine horizontale Axe dreh* bares Prisma tr\u00e4gt einen Papierstreifen, auf dem die vorzu-zeigenden Silben aufgeschrieben sind. Vor diesem Prisma ist eine kleine Wand mit einem Ausschnitt angebracht, welch letzter durch einen Fallschirm mit ebenso grofsem Ausschnitt verdeckt oder offen gelassen werden kann. Der Fallschirm kann durch einen Elektromagneten festgehalten werden, und in diesem Falle ist der Ausschnitt und die hinter demselben befindliche Silbe verdeckt. Soll eine Silbe vorgezeigt werden, so wird ein mit dem Elektromagneten in Verbindung stehender Kommutator ge\u00f6ffnet, der Fallschirm f\u00e4llt und die Versuchsperson kann durch den nun offenen Ausschnitt die betreffende Silbe sehen.\nDie Bestimmung der Reproduktionszeit wurde in folgender Weise ausgefuhrt. Ein von einer Meidinger Batterie gelieferter Strom wurde in einen Kommutator eingef\u00fchrt, ging dann zu einem Quecksilbernapf, in welchen, wenn der Fallschirm festgehalten war, ein Kontakt eintauchte, von diesem Kontakt zu einem Hippschen Chronoskop, von diesem zu einem zweiten Kommutator und dann zum ersten Kommutator zur\u00fcck. Dieser erste Stromkreis war also geschlossen, wenn die eben erw\u00e4hnten zwei Kommutatoren, von welchen der erstgenannte von der Versuchsperson, der zweite vom Versuchsleiter bedient wurde, geschlossen waren, und wenn der Fallschirm vom Elektromagneten festgehalten war. \u00d6ffnete dagegen der Versuche-leiter den zum Elektromagneten geh\u00f6rigen Kommutator, so fiel der Fallschirm herunter und hob im Fallen den oben erw\u00e4hnten Kontakt aus dem Quecksilbemapf heraus. Die Versuchsperson sah also die unter dem Ausschnitt stehende Silbe und zu gleicher Zeit wurde der durch das Chronoskop gehende Stromkreis ge\u00f6ffnet.\nWie sich aus dem soeben Bemerkten ergiebt, war bei diesen Versuchen das Chronoskop stets so eingerichtet, dais die Zeiger im Falle des Stromschlusses festgehalten waren. Ein zweiter Stromkreis gew\u00e4hrte nun die M\u00f6glichkeit, die Zeiger des Chronoskopes wieder zum Stillstand zu bringen. Von dem erw\u00e4hnten Kommutator, in welchen der Strom eintrat, ging","page":448},{"file":"p0449.txt","language":"de","ocr_de":"Die Assozia tionsfestigkei t.\n449\neine Verbindung zu einem, Lippenschl\u00fcssel, mit welchem die Versuchsperson reagierte. Von diesem lief der Strom wieder zum Chronoskop und dann durch den zweiten Kommutator zum ersten zur\u00fcck. Der \u00e4ufsere Verlauf eines Versuches ist also einfach folgender. Zu Anfang des Versuches sind alle drei Kommutatoren geschlossen, der Fallschirm ist vom Elektromagneten festgehalten und verdeckt den Ausschnitt. Der erste Stromkreis ist infolge dessen ebenfalls geschlossen. Die Versuchsperson sitzt so vor dem Fallschirm, dafs sie im gegebenen Falle gerade den Ausschnitt und die hinter demselben stehende Silbe bequem sehen kann, und h\u00e4lt mit den Lippen den unteren Arm des Lippenschl\u00fcssels nach oben. Der zweite Stromkreis ist hierdurch ge\u00f6ffnet. Jetzt setzt der vor dem Chronoskop sitzende Versuchsleiter das Uhrwerk in Gang, \u00f6ffnet dann den zum Elektromagneten geh\u00f6rigen Kommutator und der Fallschirm f\u00e4llt herunter. Einerseits wird nun der erste Stromkreis ge\u00f6ffnet und das Zeigerwerk der Uhr in Gang gesetzt, andererseits sieht die Versuchsperson die hinter dem Ausschnitt erscheinende Silbe. Sie \u00fcberlegt nun eine gewisse Zeit, welche die n\u00e4chstfolgende Silbe war, spricht dieselbe aus, und schliefst durch die Sprechbewegung den zweiten Stromkreis. Die Zeiger bleiben stehen und der Experimentator kann nun die Gr\u00f6fse der abgelaufenen Zeit ablesen. (Da in der abgelesenen Zeit nat\u00fcrlich nicht blofs die Reproduktionszeit, sondern auch verschiedene physikalische Zeiten enthalten sind, so wird die Reproduktionszeit auf diese Weise nicht wirklich gemessen, sondern nur eine exakte Vergleichung derartiger Zeiten erm\u00f6glicht. F\u00fcr unsere Zwecke war dies aber aus naheliegenden Gr\u00fcnden vollst\u00e4ndig ausreichend.) Hierauf wird der Fallschirm wieder in die H\u00f6he gehoben, durch Drehung des Prismas kommt die n\u00e4chste Silbe vor den Ausschnitt und das ganze Verfahren wiederholt sich, bis die Reihe der vorzuzeigenden Silben abgeschlossen ist.\nDie Konstanz der Latenzzeit des Lippenschl\u00fcssels, der in der Versuchsreihe zur Anwendung kam,, war nat\u00fcrlich vorher gepr\u00fcft worden. Den Wechsel der Stromesrichtung besorgte die Versuchsperson mittelst des von ihr bedienten Kommutators. Zu Anfang und Ende jedes Versuchstages wurde das Chronoskop mittelst des in den Stromkreis eingef\u00fcgten Kontroll-hammers gepr\u00fcft. Der Kontrollhammer selbst wurde in bezel isehrift f\u00fcr Psychologie XIV.\t29","page":449},{"file":"p0450.txt","language":"de","ocr_de":"k&nnter Weise von Zeit zu Zeit durch eine Stimmgabel von bekannter Schwingungszahl kontrolliert, welche beim Fall des Hammers ihre Schwingungen auf einer mit letzterem fest verbundenen berufsten Platte aufsohrieb.\nWas das Vorzeigen der Silben endlich anbetrifit, so waren f\u00fcr dasselbe folgende Regeln mafsgebend. Aus jeder Seihe wurden immer nur die ersten Silben der sechs stets troch\u00e4isch gelesenen Takte vorgezeigt, und zwar in variabler Seihenfolge, damit die Versuchsperson nicht leicht in die Lage kommen konnte, sich auf die sp\u00e4ter kommenden Silben irgendwie vorzubereiten. Nehmen wir an, bei einer Seihe w\u00e4re zuerst der \u00f6. Takt gepr\u00fcft worden, so kam dann der 3., 1., 6., 4., 2. Takt an die Seihe. Das n\u00e4chste Mal kam dann der 3. Takt an die erste, der 5. Takt an die letzte Stelle, beim \u00fcbern\u00e4chsten Mal der 1. Takt an die erste, der 3. an die letzte Stelle, und so fort, bis alle sechs M\u00f6glichkeiten der Reihenfolge ersch\u00f6pft waren, worauf der Wechsel in derselben Weise von neuem begann.\nWas endlich die Bedeutung der ganzen Methode angeht, so leuchtet auf den ersten Blick ein, dafs dieselbe eine sehr n\u00fctzliche Erg\u00e4nzung des Ersparnisverfahrens darstellt. Da beide Methoden auf prinzipiell durchaus verschiedenen Wegen dasselbe Ziel, die Bestimmung der mittleren Assoziationsst&rke anstreben, so d\u00fcrfen wir von vornherein aus einer Vereinigung beider die Gewinnung wertvoller Gesichtspunkte f\u00fcr die Theorie des Ged\u00e4chtnisses erwarten. Im speziellen giebt die Treffer\u00bb und Zeitmethode betr\u00e4chtlich feinere Unterschiede wieder als das Erspamisverfahren. F\u00fcr den Nachweis gewisser, sonst schwer zu konstatierender assoziativer Unterschiede, wie sie s. B. bei der Untersuchung der mittelbaren Assoziation, der Assoziation im Unbewussten1 etc. eventuell auftreten, ist dieselbe daher besonders geeignet. Aufserdem hat die Treffermethode den Vorteil, dafs sie bei derselben Zahl von Versuchstagen eine bedeutend gr\u00f6fsere Zahl von Ergebnissen liefert als die bisherige Untersuchungsweise. Auf die Bedeutung des Verfahrens f\u00fcr unsere spezi alle Frage, sowie auf die sich daraus ergebenden methodologischen Konsequenzen werde ich an geeigneter Stelle noch zu sprechen kommen.\n1 \u00dcber diese Frage siehe M\u00fcller-Schumann S. 164ff.","page":450},{"file":"p0451.txt","language":"de","ocr_de":"Die As\u00eaoeiat\u00fbmifestigkeit.\n461\n\u00a75-\nVersuchsreihen IV, V und VI.\nDer Zweck dieser mit stud. math. 0. Blumenthal, stud. phys. E. Pb\u00fcmm und, cand. hist. B. M\u00fclles unternommenen Versuchsreihen war die Vergleichung der Verteilungsformen (3,8), (8,4), (12,2) (vergl. S. 446). Die Experimente begannen mit B. am 12. November 1896, mit P. am 7. November 1896 und mit M. am 24. November 1896 und umfafsten je 28 Versuchstage, die mit Ausnahme der Zeit zwischen 14. und 16. Versuchstag ohne Unterbrechung aufeinander folgen mufsten.\nDie Experimente beanspruchten t\u00e4glich etwa 85\u201445 Minuten und wurden mit B, gew\u00f6hnlich um 7 Uhr 30 Minuten abends, mit P. in den ersten 14 Tagen um, 2 Uhr 30 Minuten nachmittags, in, den felgenden 14 Tagen um 9 Uhr 35 Minuten morgens begonnen. In Versuchsreihe VI konnten \u00e4ufserer Umst\u00e4nde wegen die Versuche an den verschiedenen Tagen nicht immer zu gleicher Zeit begonnen werden. Die Zeit der Versuche variierte infolge dessen an den verschiedenen Tagen gew\u00f6hnlich in einem Intervalle von 1 Stunde. Die Versuche begannen in den ersten 14 Tagen zwischen 97* und 10l/t Uhr, in der zweiten Versuchsserie zwischen 107* und 117* Uhr vormittags.\nDie Anordnung der Silbenreihen war folgende:\nI. Tag:\nTT// r 1\tV' \u00a5 i\tV\u201c\tV 8 r 1\tyu yt\ty it 8\t8\t4\tv w 8\ty\\\ty* \u00a5 s\tyu \u00a5 0*\n\t\t\t\tn. Tag:\t\t\t\t\ny\\\tTTH w 8\tPi\tW/t r 8\tY< V\" V r \u00bb\t'\t4\tya r 5\ty\\\tjrtt \u00a5 \u2022\tyt \u00a5 V\n\t\t\t\tIII. Tag:\t\t\t\t\nv\\\tvt\ty\\\tv* r 8\ty\\ y, y\\\tyt r s\tyu\ty\\\tF' \u00a5 V\n\t\t\t\tIV. Tag:\t\t\t\t\nK (Pr.) F\",\t\ty\\\tv\\\tFs(Pr.) Y\\\trrt \u00a5 8\tyu w i\ty\\\tyt yu \u00a5 1 \u00a5 8\nVH. Tag:\nv\\ V\\ Y\\ F'j (Pr.) V\\ V\" V\\ (Pr.) V\\ F, Y\\ Y\\ (Pr.).\nvm. Tag:\nP* (Pr.) V\\ V\\ Y\\ Y\\ Y\\ F\", F, (Pr.) V\\ Y\\ Y\\.\nL(Pr.) V\nii\n5\nXII. Tag: Y\" v\\ Y%\nYt (Pb.) Y\\ F'b Y\\\n29*","page":451},{"file":"p0452.txt","language":"de","ocr_de":"452\nXIH. Tag:\nV\\ (Pr.) V\\ (Pr.) V\\ V\\ (Pr.) Ve V\\ (Pr.) V\\ V\\ (Pr.)\nr5 v\\ (Pr.).\nXIV. Tag:\nV\\ V\\ (Pr.) V\\ V\\ Y\\ (Pr.) V% V6 V\\ F'5 (Pr.) P\"4 F5.\nVt V\\ F\" bedeuten hier die Beihen von den Formen (3,8), (6,4), (12,2). W\u00e4hrend jeder solchen Serie von 14 Tagen wurden sechs Beihen von jeder dieser Formen gelesen und 24 Stunden nach der letzten Lesung mit dem Treffer- und Zeit verfahren gepr\u00fcft, was das Zeichen (Pr.) hinter der betreffenden Beihe besagen soll.\nDie Zeitlage f\u00fcr den ersten Tag glaubte ich am besten so zu w\u00e4hlen, dafs ich die P- und F'-Beihen regelm\u00e4fsig zwischen die zahlreichen P\"-Beihen einschob. Der Zeitlagenwechsel vollzieht sich nach vorstehendem Schema durch zyklische Vertauschung bis zum 12. Versuchstage. Da an diesem Tage wieder die erste Zeitlage h\u00e4tte auftreten m\u00fcssen, so zog ich es vor, f\u00fcr diesen und die folgenden zwei Tage das Los f\u00fcr eine der elf m\u00f6glichen Anordnungsweisen entscheiden zu lassen.\nDa das Durchpr\u00fcfen einer Beihe mit dem Trefferverfahren etwa 3 Minuten in Anspruch nimmt, so ist der 13. Tag der Bunde besonders stark belastet, welcher Umstand zu Ungunsten der ausgedehntesten Verteilung ins Gewicht f\u00e4llt. Um die Belastung hinsichtlich der Lesearbeit f\u00fcr alle Tage m\u00f6gliohst gleich zu halten, liefs ich am 13. und 14. Tage die bereits gepr\u00fcften F- bezw. F\"-Beihen wieder in der alten Weise durchlesen. Die Pause zwischen dem Lesen zweier Beihen betrug ungef\u00e4hr 2 Minuten.\nIch gebe nun zun\u00e4chst die Besultate der Versuchsreihen IV und VI an.\n\t} T.\t7 m. Z.\t\\ T.\tr/ m. Z.\tV T.\tM m. Z.\nB.\t18\t2496\t39\t2213\t53\t2007\nM.\t7\t2429\t31\t1570\t55\t1675\nFs waren im ganzen 12 Beihen bezw. 72 Takte von jeder Form gepr\u00fcft worden. T. bedeutet die Gesamtzahl der bez\u00fcglichen Treffer, m. Z. die mittlere Beproduktionszeit der Treffer.","page":452},{"file":"p0453.txt","language":"de","ocr_de":"Die Associationsfestigkeit\n453\nDie Resultat\u00a9 der Versuchsreihe V gingen mir zum grofsen Teile durch ein Versehen, das ich erst sp\u00e4ter bemerkte, verloren, aulserdem zeigte die Versuchsperson P. ein relativ schlechtes Ged\u00e4chtnis, so dafs die Zahl der Treffer eine minimale wurde. Aus 36 gepr\u00fcften Takten jeder Form ergaben sich f\u00fcr Vu 9, f\u00fcr V4 5 und f\u00fcr F nur 2 Treffer. Selbstverst\u00e4ndlich sind diese kleinen Zahlen an sich in keiner Richtung beweisend, ich teile sie nur deshalb mit, um zu zeigen, dafs, soweit Resultate sich ergaben, diese \u00fcberall dieselbe qualitativ\u00a9 Gesetzm\u00e4fsigkeit aufweisen.\nDie Trefferzahlen der Versuchsreihen IV und VI, mit welchen auch die eben genannten \u00fcbereinstimmen, bed\u00fcrfen keiner weiteren Erl\u00e4uterung. Sie zeigen deutlich, dafs die ausgedehntest\u00a9 Verteilungsform das g\u00fcnstigste Resultat nach 24 Stunden liefert. Insbesondere fallt die grofse \u00dcberlegenheit der Form (6,4) \u00fcber die Form (3,8) auf. Obwohl beide Reihen gleich oft wiederholt worden waren, traten doch bei der ausgedehnteren Verteilung bedeutend mehr Treffer auf als bei der weniger ausgedehnten. Auch die zweite Differenz zwischen V' und F/# ist hinreichend grofs, um zu zeigen, dafs wir an dieser Stelle die Grenze des Verteilungseinflusses noch nicht zu suchen haben, ja es scheint nach diesen Ergebnissen (die nat\u00fcrlich zun\u00e4chst nur f\u00fcr das von uns gebrauchte Zeitintervall von 24 Stunden gelten), dafs eine solch\u00a9 Grenze \u00fcberhaupt nicht existiert, dafs vielmehr die ausgedehntest\u00a9 Verteilung di\u00a9 g\u00fcnstigsten Resultate ergiebt. Da aber ferner bei vier Wiederholungen, die nicht einmal $/i Minuten Zeit beanspruchen, von Abstumpfung der Aufmerksamkeit, Abnahme des Interesses u. dergl. m, wohl kaum die Rede sein kann, so ist offenbar jede Ansicht zur Erkl\u00e4rung der VerteilungsWirkung unzureichend, welche die hier untersuchten Erscheinungen darauf zur\u00fcckf\u00fchrt, dafs die sp\u00e4teren Wiederholungen einer Reihe im Vergleich zu den fr\u00fcheren f\u00fcr das Aneignen und Behalten von geringerem Wert sei.\nAber auch in praktischer Hinsicht k\u00f6nnen di\u00a9 hier mitgeteilten Ergebnisse zu weiteren, interessant\u00ean Konsequenzen f\u00fchren. Welche die g\u00fcnstigste Art sei, sich eine Vorstellungsreihe ged\u00e4chtnism\u00e4fsig einzupr\u00e4gen, ist gewifs eine Frage, welche die Praxis des Lebens direkt ber\u00fchrt. In der That ist ja wohl, auch das Prinzip der Verteilung im allgemeinen kein","page":453},{"file":"p0454.txt","language":"de","ocr_de":"unbekanntes. Sollten aber die Ergebnisse unserer Experimente nooh weitere Best\u00e4tigungen erfahreny so wird uns auch in der Praxis die ausgedehnteste Verteilung als g\u00fcnstigste Lem-methode erscheinen m\u00fcssen, also diejenige Art, bei welcher auf einen Tag etwa eine Wiederholung kommt\u00bb nat\u00fcrlich unter der Voraussetzung\u00bb dafs diese Verteilungsart nicht durch besondere Zwecke oder Umst\u00e4nde ausgeschlossen ist. Dies aber ist wohl auch dem Praktiker auf diesem Gebiete durchaus neu. Man frage einmal jemanden, von welcher Form der Verteilung er das g\u00fcnstigste Resultat erwarte, so wird man wohl h\u00e4ufig eine der mittleren Formen bezeichnet h\u00f6ren, fast nie aber die ausgedehnteste Verteilung. Ich habe den Versuch selbst mit mehreren Personen, auch Schulm\u00e4nnern gemacht, im wesentlichen immer mit demselben Ergebnis. In der Praxis pflegt man sogar h\u00e4ufig nooh alle diesbez\u00fcglichen Erfahrungen als Konsequenzen der Erm\u00fcdung aufzufassen, und sucht demgem\u00e4\u00df erst dann eine weitere Anh\u00e4ufung von Wiederholungen zu vermeiden, wenn dieselbe bereits eine deutlich merkbare Abstumpfung des Interesses und der Aufmerksamkeit zur Folge haben w\u00fcrde. Aus unseren bisherigen Experimenten geht dagegen hervor, dafs ein derartiges Verfahren, wenigstens so lange es sich blofs um ged\u00e4chtnism\u00e4\u00dfige Aneignung eines Stofles handelt, im\u00f6konomisch und deshalb unzweckm\u00e4\u00dfig ist Was ferner die oben mitgeteilten Werte der Reproduktionszeiten f\u00fcr die verschiedenen Formen anbetrifft, so bieten dieselben wenig Interesse. Dafs diese Zahlen f\u00fcr Reihen, die 24 Stunden nach der letzten Lesung gepr\u00fcft wurden, ziemlich gro\u00df ausfallen mu\u00dften, lie\u00df sich wohl voraussehen. Andererseits ist aber durch diesen Umstand den variablen Fehlem ein so gro\u00dfer Spielraum gelassen, da\u00df man bei der relativ geringen Zahl von Resultaten Differenzen im Sinne einer strengen Gesetzm\u00e4\u00dfigkeit von vornherein nicht erwarten konnte. Nur die Differenz, welche zwischen der Zeit bei der Form (3,8) und der Zeit bei den \u00fcbrigen Formen besteht, ist sicher nicht rein zuf\u00e4lliger Art und steht auch mit den anderen Resultaten, welche mittelst der Treffermethode hier gefunden worden sind, in Einklang. Dafs aber im allgemeinen die Differenzen der Reproduktionszeiten f\u00fcr die verschiedenen Formen nicht gro\u00df ausfielen, erkl\u00e4rt sich leicht aus folgendem Umstande. F\u00fcr die Gr\u00f6\u00dfe der Reproduktionszeit sind in unseren F\u00e4llen zwei\n;.i ji","page":454},{"file":"p0455.txt","language":"de","ocr_de":"Die A**o*iati<m*f\u00abstigkeit.\n465\neinander entgegen wirkende Faktoren, mafsgebend. Erstens hat sich n\u00e4mlich bei anderen, im hiesigen Laboratorium ansgef\u00fchrten Versnoben gezeigt, dafs, ceteris paribus, der gr\u00f6fseren Trefferzahl die k\u00fcrzere Beproduktionszeit entspricht; zweitens aber ist, wie sich bei denselben Versuchen gezeigt hat, innerhalb gewisser Grenzen, mit \u00e4lteren Assoziationen, selbst bei gleicher Trefferzahl, die gr\u00f6fsere Beproduktionszeit verbunden. In unseren Versuchen waren nun aber gerade die \u00e4ltesten, n\u00e4mlich die seit 12 Tagen gelesenen F\"- Beihen zugleich die Beihen mit der gr\u00f6fsten Anzahl von Treffern, so dafs sich die genannten Einfl\u00fcsse ganz oder teilweise kompensieren mufsten.\nI 6.\nIm vorstehenden ist eine M\u00f6glichkeit, den Wert der verschiedenen unmittelbar aufeinander folgenden Wiederholungen einer Beihe gegeneinander zu bestimmen, noch nicht erw\u00e4hnt worden. Bei unseren fr\u00fcheren Erw\u00e4gungen trat uns vielfach die Frage entgegen, ob aie unmittelbar aufeinander folgenden Wiederholungen einer Beihe den gleichen Wert f\u00fcr Erlernen und Behalten der Beihe haben, ob also z. B. die f\u00fcnfte Wiederholung f\u00fcr die Erlernung sozusagen den gleichen Beitrag liefere wie die erste Wiederholung. Man k\u00f6nnte nun fragen, warum wir es nicht versucht haben, den Wert der ersten Wiederholung mit dem der zweiten, diesen mit dem der dritten u. s. w. direkt zu vergleichen, und zwar etwa so, dafs z. B. die Trefferzahl einerseits f\u00fcr die erste und andererseits f\u00fcr die zweite Wiederholung bestimmt worden w\u00e4re. Sind dann T% und Tt die bez\u00fcglichen Zahlen und bei weiterer Fortsetzung Ts.......Tn die Treffer-\nzahlen bis zur nten Wiederholung, so k\u00f6nnte man vielleicht auf den ersten Blick meinen z. B. in T%\u2014Tt ein Mafs f\u00fcr den Wert oder den Nutzeffekt der zweiten Wiederholung, in Tn\u2014 ein Mafs f\u00fcr den Wert' der nten Wiederholung vor sich zu haben. Doch zeigt bereits eine kurze \u00dcberlegung die Unrichtigkeit einer solchen Auffassung. Denken wir uns einmal zur gr\u00f6fseren Anschaulichkeit die St\u00e4rkegrade der sechs einzelnen Assoziationen, welche im Trefferverfahren gepr\u00fcft werden, als vertikale Strecken auf einer Geraden aufgetragen. Baben einzelne dieser Strecken eine gewisse Grenze \u00fcberschritten, so stellen sie uns","page":455},{"file":"p0456.txt","language":"de","ocr_de":"456\ndie Treffer der Reihe dar, wie etwa ixt der folgenden Zeichnung die Strecken a und b.\nDie einzelnen Assoziationen sind in einer solchen Reihe nat\u00fcrlich nicht gleich stark, teils infolge der verschiedenen Schwierigkeit der Silben, teils infolge der ungleichm\u00e4\u00dfigen Verteilung der Aufmerksamkeit. Denken wir uns nun auf die vorstehende Reihe noch eine weitere Wiederholung verwandt, so werden diese H\u00f6hen um ein gewisses St\u00fcck wachsen. Ob aber dieser Zuwachs durch die neue Wiederholung uns noch andere Glieder \u00fcber die Treffergrenze bringt, das h\u00e4ngt nicht nur von der Summe der bereits fr\u00fcher vorhandenen H\u00f6hen und von dem Nutzeffekt der neuen Wiederholung ab, sondern auch von den Differenzen, welche zwischen den H\u00f6hen unmittelbar vor der neuen Wiederholung bestanden haben. Bei gleichem Durchschnittswert jener H\u00f6hen kann ein und derselbe Zuwachs, je nach der Art und Weise, wie die einzelnen H\u00f6hen von dem Durchschnittswerte abweichen, einen ganz verschiedenen Effekt hinsichtlich der Trefferzahl haben. Nun sind uns aber jene Abweichungen, und was noch wichtiger ist, die Assoziationen, die noch unter der Treffergrenze liegen, selbst im einzelnen Falle ihrer St\u00e4rke nach v\u00f6llig imbekannt. Deshalb ist aber die Bestimmung des Nutzeffektes einer Wiederholung nach dieser Methode unausf\u00fchrbar. Zur Veranschaulichung der Fehlerhaftigkeit einer derartigen Methode m\u00f6ge folgendes Beispiel dienen. Wir betrachten eine Reihe nach einer bestimmten Zahl von Wiederholungen und versinnbilden uns ihre Assoziationen in \u00e4hnlicher Weise wie fr\u00fcher in folgender Zeichnung:","page":456},{"file":"p0457.txt","language":"de","ocr_de":"Die Assoziationsfestigkeit.\n457\nTrefifergTeue\n\t\t\t\t\t\na\tb\tc\td\te\tf\nDie Reihe wurde nun noch einmal wiederholt und diese neue Wiederholung m\u00f6ge z. B. folgenden Effekt haben:\nTreffergTens\u00ab\nDie H\u00f6hen haben einen betr\u00e4chtlichen Zuwachs erhalten\u2019 Trotzdem liefert die Reihe, wie wir sehen, in diesem Stadium nicht mehr Treffer, als vor der neuen Wiederholung. Wird die Reihe nun noch einmal gelesen, so gen\u00fcgt, wie wir an unserer Zeichnung sehen k\u00f6nnen, ein sehr geringer Zuwachs, um sofort alle f\u00fcnf Assoziationen a, 6, d, ef f \u00fcber die Treffergrenze zu bringen. Diese zweite neue Wiederholung braucht also gar keinen grofsen Nutzeffekt zu haben, trotzdem sie die Trefferzahl pl\u00f6tzlich stark vergr\u00f6fsert. Wir sehen aus einem solchen Beispiele, zu welch* falschen Konsequenzen die Anwendung der oben erw\u00e4hnten Methode f\u00fchren k\u00f6nnte.\nWir haben nun noch eine k\u00fcrzlich von Smith1 angewandte Methode zur Bestimmung des Wertes der verschiedenen Wiederholungen einer Reihe zu besprechen. Smith operierte ebenfalls mit Reihen von sinnlosen Silben, pr\u00fcfte aber den Erfolg\n1 Siehe W. Q. Smith, \u201eThe Place of Repetition in Memory\u201c. Psych. Mev. 1896.","page":457},{"file":"p0458.txt","language":"de","ocr_de":"der verschiedenen Lesungen in anderer Weise, als es hier geschehen ist. Er liefs die Versuchsperson die betreffende Reihe frei reproduzieren und alles niederschreiben, was sie von derselben noch wufste. Er pr\u00fcfte nun die Reihen in verschiedenen Stadien des Erlemens, und zwar nach 1, 3, 6, 9 oder 12 Wiederholungen. In der Zahl der nach einer gewissen Zahl von Wiederholungen richtig reproduzierten Silben einer Reihe glaubt nun Smith ein Mals f\u00fcr den Wert der vorausgegangenen Wiederholungen gefunden zu haben. Es kehren jedoch gegen\u00fcber dieser Methode ganz dieselben Einw\u00e4nde wieder, die wir gegen das analoge Verfahren mit der Treffermethode erhoben hatten. Dieselbe Rolle, die eben dort die Assoziation spielte, spielt hier die Bereitschaft der einzelnen Silben selbst. Wenn etwa nach der ersten Lesung zwei Silben richtig reproduziert worden sind, so liegt doch die Wirkung der ersten Lesung nicht bloJGs in der Reproduktion dieser zwei Silben, sondern auch jedenfalls in einer gewissen Hebung der Bereitschaft der anderen Silben, also in einer Vorarbeit f\u00fcr die sp\u00e4teren Wiederholungen. Die Ghr\u00f6fse dieses letztgenannten Teiles der Gesamtwirkung aber k\u00f6nnen wir im einzelnen Falle gar nicht beurteilen.\nEbenso ist das Ersparnisverfahren nicht geeignet, uns in dieser Frage des Wiederholungswertes Aufschlufs zu geben. Wenn p Wiederholungen nach 24 Stunden eine Ersparnis von q Wiederholungen ergeben und p -f- m eine solche von q + n Wiederholungen, so kann man aus einem derartigen Ergebnisse auf den Wert der p + 1\u00ab bis p -f- wten Wiederholungen keinen Sohluf8 ziehen, der uns irgendwie unserem Ziele n\u00e4her br\u00e4chte. Bei der Ersparnis bezw. der n\u00f6tigen Wiederholungszahl am n\u00e4chsten Tage, auf die diese Wertbestimmung gegr\u00fcndet werden m\u00fcfste, kehrt eben einfach die Frage nach dem Wiederholungswerte bei den neuen Wiederholungen in derselben Form wieder wie beim ersten Lesen. Das Erspamisverfahren ist also ebensowenig geeignet, uns eine Wertbestimmung der verschiedenen aufeinanderfolgenden Wiederholungen einer Reihe zu liefern, wie das Trefferverfahren. Die Versuche von Ebbinghaus \u00fcber \u201eDas Behalten als Funktion der Anzahl der Wiederholungen\u201c,1 d\u00fcrfen demnach unbesohadet ihres empirischen\n1 Siehe Ebbinghaus S. 70 ff.","page":458},{"file":"p0459.txt","language":"de","ocr_de":"Die A 88osiationsfe8 tigkeit.\n459\nWertes dock nie als eine L\u00f6sung der hier gestellten Aufgabe angesehen werden. Eine solche L\u00f6sung ist eben mit unseren derzeitigen Methoden der Assoziationspsychologie nicht zu erreichen.\n\u00a7 7.\nWir haben in den vorhergehenden Abschnitten gesehen, dafs das \u00dcberwiegen der F- \u00fcber die C-Reihen eine eigenartige Gesetzm\u00e4fsigkeit ist, dafs bekannte Nebeneinfl\u00fcsse, wie Erm\u00fcdung, Abnahme des Interesses u. dergl. m. nicht hoc. st\u00e4nde sind, die Thatsaehen vollst\u00e4ndig zu erkl\u00e4ren. Der Umstand, dafs wir bei so starker Herabsetzung der Kumulation, wie sie die letzten Versuchsreihen zeigen, das \u00dcberwiegen der ausgedehnteren Verteilung noch immer vorfinden, l\u00e4fst die Vermutung auf komm en, dafs der Vorzug der ausgedehnteren Verteilung vor der Kumulation der Hauptsache nach nicht in der bei letzter stattfindenden Anh\u00e4ufung von Wiederholungen seinen Grund hat. Es scheint, dafs wir nicht sowohl in der Kumulation ein besonders nachteiliges Moment zu suchen haben, als vielmehr in der Verteilung der Arbeit ein besonders g\u00fcnstiges. Was aber unterscheidet eigentlich die F- von den O-Reihen? In erster Lime jedenfalls das Alter der Assoziationen, und es ist naheliegend, daran zu denken, ob nicht vielleicht allgemein \u00e4ltere Assoziationen, selbst bei gleicher Assoziationsst\u00e4rke und sonst gleichen Bedingungen sich neuen Wiederholungen gegen\u00fcber wesentlich anders verhalten als j\u00fcngere Assoziationen.\nDie Assoziationen in den F-Reihen waren nun, abgesehen von den ersten Wiederholungen, bei jeder neuen Wiederholung \u00e4lter als die Assoziationen der Kumulationsreihen. Da ferner die Verteilungsreihen schliefglich einen h\u00f6heren St\u00e4rkegrad ergaben als die Kumulationsreihen, so w\u00e4hlte ich als vorl\u00e4ufige Hypothese, welche zun\u00e4chst ausreichend ist, die bisherigen Experimente zu erkl\u00e4ren, folgenden Satz:\nI. Sind zwei Assoziationen von gleicher St\u00e4rke, aber verschiedenem Alter, so hat f\u00fcr die \u00e4ltere eine Neuwiederholung gr\u00f6fseren Wert.\nIst dieser Satz richtig, so mufs er sich jedoch auoh in ganz anderer Weise verifizieren lassen als in Experimenten \u00fcber Verteilung und Kumulation. Es mufs sich n\u00e4mlich dann ein","page":459},{"file":"p0460.txt","language":"de","ocr_de":"460\nFall konstatieren lassen, bei welchem Ersparnis- und Treffermethode einander widersprechende Resultate ergeben m\u00fcssen, also sozusagen ein psychologisches Paradoxon. Die Treffermethode geht verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig direkt zu Werke, sie pr\u00fcft einfach, was an Reproduktionstendenzen einer Reihe zu einer gewissen Zeit \u00fcber eine gewisse Grenze hinausgeht. Das Ersparaisverfahren geht dagegen einen indirekten Weg, es pr\u00fcft, wie viele neue Wiederholungen f\u00fcr eine Reihe n\u00f6tig sind, um bis zu einer gewissen St\u00e4rke zu gelangen. Bei der Treffermethode kommen also nur die St\u00e4rkegrade der vorher gestifteten Assoziationen zur Geltung, bei der anderen Bestimmungsweise aber auch die Werte von Neuwiederholungen. Eine Verschiedenheit dieser letztgenannten Werte je nach dem Alter der Assoziationen, welche durch Neu Wiederholungen aufgefrischt werden, behauptet aber gerade obiger Satz. Ist er richtig, so mufs nun folgender Versuch m\u00f6glich sein. Wir lassen Reihen von bestimmter Art nx mal lesen und pr\u00fcfen dann nach einer gewissen Zwischenzeit teils nach dem Ersparnis-, teils nach dem Trefferverfahren. Daneben lassen wir Reihen von gleicher Art \u00bb8 mal lesen, wo n# kleiner als nx ist, und pr\u00fcfen dieselben nach einer anderen, k\u00fcrzeren Zwischenzeit gleichfalls zum Teil mittelst dieser, zum Teil mittelst jener der beiden Methoden. Es m\u00fcssen sich nun die Werte von nly w*, tiy tt so w\u00e4hlen lassen, dafs die ersten Reihen (mit der l\u00e4ngeren Zwischenzeit tx) bei Anwendung des Ersparnisverfahrens ein g\u00fcnstigeres, mittelst der Treffermethode dagegen ein img\u00fcnstigeres Resultat ergeben als die zweiten Reihen. Die betreffende Versuchsperson wei\u00df dann von der einen Art von Reihen nur wenig, braucht aber nur wenig Wiederholungen, um sie vollst\u00e4ndig zu erlernen, von der anderen Art von Reihen weifs sie relativ viel, braucht aber noch viel Wiederholungen, um sie zu lernen.\nVersuchsreihe VII.\nZweck dieser Versuchsreihe war es, die eben aus theoretischen Betrachtungen gewonnene Idee zu pr\u00fcfen. Versuchsperson war Herr Dr. phil. A. Pilzeckeb. Die Versuchsreihe dauerte vom 14. Januar bis zum 10. Februar 1896 und umfa\u00dfte 21 Versuchstage. Die Versuche begannen jeden Tag um etwa 61/* Uhr abends und beanspruchten gew\u00f6hnlich etwa 50 Minuten. Die Anordnung der Reihen war folgende.","page":460},{"file":"p0461.txt","language":"de","ocr_de":"Die Assoziationsfestigkeit.\n461\nI. Tag:\nRx (10) Ri (10) Rt (10) Rt (10) Rx (10) R* (10).\nn. Tag:\nRi (E) R, (T) Rs (4) R3 (E) R4 (4) R< (T).\nR1 Rx (Lesung wie bei Rl Ri am vorigen Tage).\nIII. Tag:\nRt (E) Rt (T) Rs (4) Rs (T) R4 (4) Ri (E).\nRt Rt (Lesung wie fr\u00fcher).\nIY. Tag:\nRi (T) R, (E) Rs (4) R, (E) R4 (4) R4 (T)\nRx (Lesung).\nY. Tag:\nRi (T) R, (E) R3 (4) Rg (T) R4 (4) R4 (E)\nRt R2 (Lesung).\nVI. Tag:\nRx (E) R2 (T) Rg (4) Rs (E) R4 (4) R4 (T)\nJ?2 (Lesung).\nDer Gang der Versuche war also im wesentlichen folgender: Zwei Reihen, Rt und Rit waren an einem Tage je 30 mal wiederholt worden in der Weise, wie es das Schema des ersten Tages ausf\u00fchrlich zeigt. Nach 24 Stunden wurde die eine Reihe mit dem Ersparnisverfahren (E), die andere mit dem Trefferverfahren gepr\u00fcft. Dann wurde eine neue Reihe 4 mal gelesen und nach einer Minute mit einer der beiden Methoden gepr\u00fcft. Dann kam die zweite neue Reihe mit ebenfalls vier Lesungen und wurde nach einer Minute mit der anderen Methode gepr\u00fcft.1 Am Schl\u00fcsse des Versuchstages las die Versuchsperson wieder zwei Reihen (Rt R2) je 30 mal, die dann am n\u00e4chsten Tage als Reihen R1 und R2 gepr\u00fcft wurden. Nat\u00fcrlich fand, im Verlaufe der Versuchstage, wie obiges Schema zeigt, \u00fcberall der n\u00f6tige Zeitlagenwechsel statt. Der Gedanke liegt nahe, dafs die Zahl der Resultate durch eine kleine \u00c4nderung der Versuchsweise h\u00e4tte verdoppelt werden k\u00f6nnen.\nMan k\u00f6nnte ja jede alte und jede junge Reihe nach beiden Methoden untersuchen, also zuerst f\u00fcr jede die zugeh\u00f6rige Trefferzahl bestimmen und gleich darauf die Reihe lernen\n1 Die Reihen Rj und Rt und solche, welche bei weiteren Versuchen eine analoge Rolle spielen, werde ich immer der K\u00fcrze halber als alte Reihe, und entsprechend die Reihen R, und R4 und solche, die ihnen weiterhin analog sind, als junge Reihen bezeichnen.","page":461},{"file":"p0462.txt","language":"de","ocr_de":"lassen. Die scheinbar irregul\u00e4re teilweise Auffrischung der Reihe duroh das Trefferverf\u00e4hren selbst w\u00fcrde voraussichtlich dem Gesamtresultat nicht schaden. Sind nat\u00fcrlich die Wiederholungszahlen zweckentsprechend gew\u00e4hlt, so m\u00fcssen ja die Trefferzahlen der jungen Reihen durchschnittlich gr\u00f6fser sein als die der alten. In diesem Falle wirkt aber nat\u00fcrlich die Auffrischung durch die Pr\u00fcfung in erster Linie f\u00fcr das Erlernen der jungen Reihen g\u00fcnstig. W\u00fcrden dann trotzdem die alten Reihen schneller erlernt werden, wie wir es vom Standpunkte unserer Hypothese aus ja erwarten m\u00fcfsten, so h\u00e4tten unsere Resultate nur umso gr\u00f6fseres Gewicht. Doch giebt es leider einen anderen stichhaltigen Grund, von der hier angedeuteten Versuchsweise abzusehen, und das ist der rasche Abfall junger Reihen1 in kurzer Zeit. Da das Trefferverfahren f\u00fcr eine Reihe doch etwa 3 Minuten beansprucht, so w\u00fcrde die junge Reihe bei der Pr\u00fcfung durch das Ersparnis verfahren bereits in einem viel weiteren Stadium des Vergessens sein als bei der Pr\u00fcfung nach der Treffermethode. Wie weit aber vielleicht die mit dem Trefferverfahren verbundene Auffrischung den Einflufs des Vergessens kompensieren w\u00fcrde, k\u00f6nnen wir nicht beurteilen.\nAus diesem Grunde ist es unm\u00f6glich, die Zahl der Resultate in der angedeuteten Weise zu vermehren. Sonst ist \u00fcber die \u00e4ufsere Anordnung der Versuche wenig zu sagen. Die Pausen zwischen den Reihen waren im allgemeinen gleich 2 Minuten, nur nach Lesung der Reihen mit vier Wiederholungen war, wie schon erw\u00e4hnt, eine Pause von einer Minute, und vor der Lesung von Rt R% liefs ich die Versuchsperson 5 Minuten ruhen. Schon in den ersten Tagen der Versuchsreihe merkte die Versuchsperson, die den Zweck der Experimente nicht kannte, die grofse Verschiedenheit des Verhaltens der alten und jungen Reihen gegen\u00fcber den beiden Methoden und gab ihre diesbez\u00fcgliche Beobachtung zu Protokoll. Seitdem hatte dieselbe nat\u00fcrlich eine Ahnung von dem Ziele der Versuche, doch zeigt dieser Umstand gerade, wie grofs die Differenzen waren.\nVon den alten und von den jungen Reihen wurden im ganzen je 20 nach dem Ersparnisverfahren und ebenso 20 andere nach dem Trefferverfahren gepr\u00fcft. Die Resultate sind in\n1 Siehe hierzu S. 467 ff.","page":462},{"file":"p0463.txt","language":"de","ocr_de":"Die AtsotiaUonsfestigkeit.\n463\nfolgender Tabelle enthalten, in welcher T. die durchschnittlich auf eine Reihe entfallende Zahl von Treffern und W. die f\u00fcr das Erlernen einer Reihe durchschnittlich n\u00f6tige Wiederholungszahl bedeutet (m. Z. bedeutet wie fr\u00fcher die durchschnittliche Reproduktionszeit f\u00fcr die Treffer).\nAlte Reihen\t\t\tJunge Reihen\t\t\nT.\tm. Z.\tW.\tT.\tm. Z.\tW.\n0.9\t4508\t5.85\t2.7\t1725\t9.6\nDie Resultate sind eine vollst\u00e4ndig\u00a9 Best\u00e4tigung unseres obigen Satzes \u00fcber die Bedeutung des Alters einer Assoziation. Die Zahlen f\u00fcr di\u00a9 Treffer1 beweisen, dafs die mittlere Assoziationsst\u00e4rke der jungen Reihen zur Zeit der Pr\u00fcfung eine viel gr\u00f6fsere war als die der alten. Trotzdem wurden durch dieselbe Gesetzm\u00e4fsigkeit, die fr\u00fcher den Vorteil der F-Reihen verursacht hatte, die alten Reihen nach.viel geringerer Wiederholungszahl gelernt als die neuen. Der Umstand, dafs jene Gesetzm\u00e4fsigkeit hier noch deutlicher zu Tage tritt als in den Versuchen mit den F- und C-Reihen, erkl\u00e4rt sich in erster Linie wohl daraus, dafs bei der letzten Anordnung der Einflufs des Vergessene nicht wie fr\u00fcher als ein Faktor in Betracht kommt, der dem Hervortreten jener Gestzm\u00e4fsigkeit entgegenwirkt, wie \u00fcberhaupt unsere letzte Versuchsreihe den hier untersuchten Einflufs am reinsten zur Darstellung bringt.\nDi\u00a9 Bedeutung dieser Versuch\u00a9 liegt also:\n1.\tin der Verifizierung unserer obigen Hypothese;\n2.\tin der Darstellung der unseren Resultaten zu Grund\u00a9 liegenden Gesetzm\u00e4fsigkeit in einer von den fr\u00fcheren durchaus verschiedenen und von Nebeneinfl\u00fcssen freieren Form;\n3.\tdarin, dafs wir hier zwei voneinander durchaus verschiedene Beth\u00e4tigungsweisen des Ged\u00e4chtnisses kennen gelernt haben. Man kann, wie wir gesehen haben, von einem bestimmten Stoffe relativ sehr viel noch wissen, aber trotzdem\n1 Auf dasselbe weisen auch die Werte von m. Z. hin, doch ist bei denselben nat\u00fcrlich auch der fr\u00fcher erw\u00e4hnte Einflufs des Alters auf die Reproduktionszeit im Spiele.","page":463},{"file":"p0464.txt","language":"de","ocr_de":"464\nnoch ziemlich viel Wiederholungen brauchen, bis man denselben wieder vollst\u00e4ndig eingepr\u00e4gt hat. Andererseits giebt es F\u00e4lle, in welchen wir von irgend einer Sache nur noch sehr wenig wissen, dessen ungeachtet aber eine bedeutend k\u00fcrzere Zeit zur Wiedererlernung n\u00f6tig haben als im ersten Falle.\nZur weiteren Best\u00e4tigung der obigen Resultate habe ich noch eine Versuchsreihe durchgef\u00fchrt, welche, abgesehen von einigen \u00e4ufserlichen \u00c4nderungen der Versuchsanordnung, der Versuchreihe VII hinsichtlich des Schemas vollst\u00e4ndig gleich war.\nVersuchsreihe VIII.\nDie Experimente wurden mit Herrn cand. math. Auhbkx als Versuchsperson am 22. April 1896 begonnen und am 16. Mai geschlossen. Die Versuchsreihe umfafste 20 Versuchstage. An jedem Tage wurden die Versuche circa um bl/i Uhr abends begonnen und beanspruchten gew\u00f6hnlich 50 Minuten. Was die \u00e4ufsere Anordnung betrifft, so war dieselbe, wie schon bemerkt, wenig verschieden von der in Versuchsreihe VII angewandten. Nur die Differenz der Wiederholungszahlen der alten und jungen Reihen machte ich hier bedeutend kleiner. Ich liefs die alten Reihen nur 20 mal, und zwar auf einmal, und die jungen Reihen 6 mal lesen. Ferner war die Pause nach Beendigung der Lesung einer jungen Reihe hier gleich 30 Sekunden. Die Zahl der Resultate ist dieselbe wie in Versuchsreihe VII.\n\u2022 Alte Reihen\t\tJunge Reihen\t\nT.1\tW.\tT.\tw.\n0.2\t13.6\t2,\t17.85\nDiese Zahlen sind wieder eine vollst\u00e4ndige Best\u00e4tigung der Resultate aus Versuchsreihe VII. Trotzdem die Differenz der Wiederholungszahlen fast auf die H\u00e4lfte reduziert worden war und die alten Reihen infolge dieses Umstandes und wegen des schlechten Ged\u00e4chtnisses der Versuchsperson in der Regel nach 20 Lesungen noch nicht erlernt waren, so sehen wir doch\n1 Von den alten Reihen erhielt ich Oberhaupt nur 4 Treffer, weshalb auch die Zahlen f\u00fcr m. Z. hier als \u00fcberfl\u00fcssig weggelassen sind.","page":464},{"file":"p0465.txt","language":"de","ocr_de":"Die \u00c4moziaUomfestigkeit\n465\nunsere Gesetzm\u00e4fsigkeit in derselben St\u00e4rke wie in Versuchsreihe VII wiederkehren.\nIch halbe hier nun noch einen im wesentlichen wohl nur formellen Einwand zu ber\u00fccksichtigen, der gegen unsere Besultate erhoben werden kann. Man k\u00f6nnte meinen, die alten Reihen unterschieden sich von den jungen zur Zeit der Pr\u00fcfung auch durch die Art der Verteilung der Aufmerksamkeit. Durch 30 Wiederholungen, wie z. B. in Versuchsreihe VH, wird je eine Reihe \u00fcber die zur Erlernung n\u00f6tige St\u00e4rke hinaus wiederholt. Infolge dessen ist es wahrscheinlich, dafs die Assoziationen der Reihe allm\u00e4hlich in ihrer St\u00e4rke einander n\u00e4her kommen, dafs also die Differenzen zwischen den einzelnen Assoziationsst\u00e4rken kleiner werden. Man kann nun annehmen, dafs auch am n\u00e4chsten Tage die Assoziationen der 30 mal gelesenen alten Reihen noch immer gleichm\u00e4fsiger sind als die der jungen.\nDieser Faktor k\u00f6nnte nun aber ebenfalls im Sinne unser obigen Differenzen wirken, da das Trefferverfahren innerhalb gewisser Grenzen den Reihen mit ungleichm\u00e4fsigeren Assoziationsst\u00e4rken, das Ersparnis-verfahren dagegen den Reihen mit gleichm\u00e4fsigeren Assoziationsst\u00e4rken g\u00fcnstiger ist. Bedenkt man freilich, dafs andererseits auch der Abfall der Assoziationen der alten Reihen in den 24 Stunden wahrscheinlich nicht ganz gleichm\u00e4fsig vor sich ging, so wird man kaum geneigt sein, unsere grofsen Differenzen nur als eine Folge dieses Einflusses anzusehen. Trotzdem versuchte ich zuerst, auch diese Fehlerquelle vollst\u00e4ndig zu eliminieren. Da dieselbe n\u00e4mlich auf dem grofsen Unterschied der Wiederholungszahlen f\u00fcr die alten und f\u00fcr die jungen Reihen beruht, so ersetzte ich die grofse Wiederholungszahl der alten Reihen durch die Verteilung einer geringen Anzahl von Wiederholungen auf mehrere Tage. Es wurden zwei Versuchsreihen mit den Herren Dr. Pilzecker und cand. phys. Berkenbusch angestellt. Die Anordnung in den beiden Versuchsreihen war folgende. Die alten1 Reihen wurden in der Weise mit Verteilung der Wiederholungszahlen gelesen, dafs in der Versuchsreih\u00a9 mit P. jede alte Reihe an drei Tagen je einmal, in der Versuchsreihe mit B. an den ersten beiden Tagen je zweimal und am dritten Tage einmal gelesen wurde. Die letzte Lesung fand an demselben Tage statt, an welchem die jungen Reihen gelesen und alle Reihen gepr\u00fcft wurden. Die Wiederholungszahl f\u00fcr die jungen Reihen war bei P. gleich 4, hei B. gleich 5. Ich brach jedoch nach einiger Zeit diese beiden Versuchsreihen wieder ah, da sie nur sehr variable und in jeder Hinsicht unsicher\u00a9 Resultate lieferten. Der Grund hiervon mag zum Teil wohl darin liegen, dafs die letzt\u00a9 Lesung der alten Reihen vor der Lesung der jungen Reihen keinen Altersvorzug mehr hatte und infolge dessen die fr\u00fcher beobachteten Differenzen zwischen den Resultaten der Ersparnis- und Treffermethode nicht in gen\u00fcgendem Mafse hervortreten konnten. Trotzdem scheint mir aber unsere fr\u00fchere Deutung dieser Differenzen noch immer durchaus haltbar zu sein, insbesondere im Hinblick auf die Resultate von Ver-\n1 Siehe Anmerkung auf S. 461. Zeitachrlft f\u00fcr Psychologie XIV.\n30","page":465},{"file":"p0466.txt","language":"de","ocr_de":"466\nsuchsreihe VIII. Dort war ja gerade die Differenz der Wiederholung\u00bb\u00bb zahlen f\u00fcr alte und junge Reihen eine bedeutend kleinere als in Versuch\u00bb-reihe VII, dessenungeachtet traten aber die bez\u00fcglichen Resultate in beiden Versuchsreihen in gleicher St\u00e4rke auf.\n\u00a7 8.\nDa nach dem Vorhergegangenen die Richtigkeit des S. 459 aufgestellten Satzes \u00fcber die Bedeutung des Alters der Assoziationen sichergestellt zu sein scheint, so ist es nat\u00fcrlich interessant, nachzusehen, ob nicht auch andere Erscheinungen auf diesem Gebiete als Funktionen des Alters einer Vorstellungsreihe aufzufassen sind. In der That giebt es einige Experimente von Ebbinghaus,1 aus deren Ergebnissen man einen zweiten Satz \u00fcber den Einflufs des Alters der Assoziationen ableiten kann. Ebbinghaus liefs an einem Tage eine Anzahl von Reihen bis zur Erlernung wiederholen und an den n\u00e4chsten f\u00fcnf Tagen immer wieder erlernen, um die successive Arbeitsersparnis zu berechnen. Seine Resultate f\u00fcr zw\u00f6lfsilbige Reihen sind folgende:\nI. Tag\tII. Tag\tIII. Tag\tIV. Tag\tV. Tag\tVL Tag\n16.5\t11.0\t7.6\t6.0\t8.0\t2.5\nDie Zahlen stellen uns die f\u00fcr die Erlernung durchschnittlich n\u00f6tigen Wiederholungszahlen an jedem der sechs Tage dar. Machen wir nun die gewifs zul\u00e4ssige Voraussetzung, dais eine solche Reihe an den verschiedenen Tagen, an welchen sie immer wieder gelernt worden war, nach der letzten zur Erlernung n\u00f6tigen Wiederholung immer die gleiche mittlere Assoziationsst\u00e4rke hatte, so erhebt sich die Frage, warum die Arbeits-erspamisse vom zweiten bis sechsten Tage immer mehr zunehmen. Man k\u00f6nnte nun zun\u00e4chst meinen, diese Resultate von Ebbinghaus einfach darauf zur\u00fcckf\u00fchren zu k\u00f6nnen, dafs im Sinne des von uns aufgestellten Satzes ein und dieselbe Anzahl von Wiederholungen eine umso gr\u00f6fsere Verst\u00e4rkung einer gegebenen Reihe von Assoziationen bewirke, je \u00e4lter diese Assoziationen bereits seien. Die mittlere Assoziationsst\u00e4rke der obigen Reihen ist ja am Ende jedes Tages die gleiche, ihr Alter aber und\n1 Siehe Ebbixohaus S. 110 ff.","page":466},{"file":"p0467.txt","language":"de","ocr_de":"Die Assogiatiomfestigkeit.\n467\nnach unserem Satze der damit zusammenh\u00e4ngende Wert jeder neuen Wiederholung w\u00e4chst von Tag zu Tag. Auf diese Weise k\u00f6nnte man die von Ebbinghaus beobachtete Erscheinung auf eine uns bereits bekannte Gesetzm\u00e4fsigkeit zur\u00fcckf\u00fchren. Trotzdem scheint mir dies nicht gen\u00fcgend zu sein, die vorliegenden Thatsachen vollst\u00e4ndig zu erkl\u00e4ren. Lassen wir n\u00e4mlich eine Reihe so lange immer wieder erlernen, bis, was wir schliefs\u00fcch wohl immer erreichen k\u00f6nnen,1 24 Stunden nach der letzten Lesung gar keine neue Wiederholung mehr n\u00f6tig, ist, um die Reihe auswendig herzusagen, so versagt unsere eben gegebene Erkl\u00e4rung.\nMan k\u00f6nnte gegen die Widerlegung dieser Erkl\u00e4rung noch einen Einwand erheben. Wenn n\u00e4mlich eine Reihe gelernt wird, so werden die Assoziationen im allgemeinen ein wenig fester werden, als zum Hersagen unbedingt erforderlich ist. Man k\u00f6nnte nun, sagen, dafs bei Versuchen der hier in Rede stehenden Art dieser \u00dcberschufs an den letzten Lesungen wegen des hohen Wertes der neuen Wiederholungen f\u00fcr die Reihe so bedeutend sei, dafs dieselbe aus diesem Grunde am n\u00e4chsten Tage noch frei hergesagt werden kann. Doch ist nach allem, was wir\nbisher von dem erw\u00e4hnten Alterseinflufs wissen, derselbe doch nicht so\n_\t\u00bb \u25a0\ngrofs, als dafs etwa 0.9 Wiederholungen (denn dieser \u00fcberschufs mufs ja im allgemeinen kleiner sein als eine ganze Wiederholung) den Einilufa des Vergessens von 24 Stunden vollst\u00e4ndig kompensieren k\u00f6nnten.\nNachdem wir die obige Deutung der E\u00dfBiNGHAUSschen Experimente abgelehnt haben, scheint mir der Grund der erw\u00e4hnten Resultate in einem anderen Einflufs des Alters zu liegen, der seinen Ausdruck in folgendem Satze findet:\nII. Sind zwei Assoziationen von gleicher St\u00e4rke, aber verschiedenem Alter, so f\u00e4llt die \u00e4ltere in der Zeit weniger ab.\nDieser Satz k\u00f6nnte auch einer direkten experimentellen Pr\u00fcfung unterzogen werden, und zwar in folgender 'Weise.\nEs werden zwei Reihen je m mal gelesen und die eine wird etwa nach 1 Stunde, die andere nach 25 Stunden mit dem Trefferverfahren gepr\u00fcft. Dann werden zwei andere Reihen je nmal gelesen und die eine nach etwa 10 Minuten, die andere nach 24 Stunden + 10 Minuten gepr\u00fcft. Durch geeignete Wahl der Zahlen m und n liefse es sich nun jedenfalls erreichen, dafs die n mal gelesene und nach 10 Minuten gepr\u00fcfte Reihe\n1 Dieser Versuch ist auch von Ebbinghaus mit sinn vollem Material durch gef\u00fchrt worden.\nSO*","page":467},{"file":"p0468.txt","language":"de","ocr_de":"468\nein\u00a9 etwas, aber nicht sehr viel h\u00f6here Zahl von Treffern aui-wiese als die m mal gelesene und nach 1 Stunde -f- 10 Minuten gepr\u00fcfte Reihe. Zeigt es sich dann, dafs umgekehrt die nach 25 Stunden gepr\u00fcfte mmal gelesene Reihe mehr Treffer h\u00e4tte, als die nach 24 Stunden + 10 Minuten gepr\u00fcfte nmal gelesene, so w\u00e4re damit unser zweiter Satz \u00fcber den Einflu\u00df des Alters der Assoziationen bewiesen. Die Pr\u00fcfung m\u00fcftte durchaus nach dem Trefferverfahren erfolgen, da bei Anwendung des Erspamisverfahrens beide Alterseinfl\u00fcsse eine Rolle spielen w\u00fcrden.\nIn der eben angedeuteten Versuchsanordnung k\u00e4me der oben aufgestellte Satz in der einfachsten Form zur Geltung Komplizierter ist die Sache, wenn (was auch bei den Ebbfng-HAUS8chen Experimenten, von welchen wir ausgegangen sind, der Fall ist) bei einer Reihe nicht alle auf sie verwandten Wiederholungen auf einen Zeitpunkt fallen, sondern etwa auf verschiedene Tage verteilt sind. Wird etwa eine Reihe an drei Tagen je p mal wiederholt und fallen die letzten p Wiederholungen zeitlich nahezu zusammen mit q Wiederholungen einer ganz neuen Reihe, so kann man die Frage erheben, ob auch jetzt noch bei gleicher mittlerer Assoziationsst\u00e4rke der beiden Reihen die Assoziationen der \u00e4lteren Reihe langsamer abfallen werden als die der j\u00fcngeren. (Thats\u00e4chlich ist ein \u00e4hnlicher Fall bei den E\u00dfBiNGHAUSschen Experimenten verwirklicht, denn dort ist die Reihe, obwohl sie jeden Tag \u00e4lter wird, doch auch jeden Tag durch die gleiche Zeit von ihrer j\u00fcngsten Lesung getrennt.) Die direkte experimentelle Pr\u00fcfung, ob unser zweiter Satz auch in diesem Falle gilt, w\u00e4re ebenfalls leicht zu bewerkstelligen. Wir nehmen eine Reihe mit je p Wiederholungen an drei Tagen und pr\u00fcfen dieselbe etwa zwei Minuten nach der letzten Lesung. Ferner wird eine Reihe mit unmittelbar aufeinanderfolgenden Wiederholungen ebenfalls nach zwei Minuten gepr\u00fcft. Die Wiederholungszahlen sind so zu w\u00e4hlen, daft die Reihe mit q Wiederholungen eine etwas, aber nicht viel h\u00f6here Trefferzahl ergiebt als die erstgenannte Reihe. Dann werden zwei andere Reihen, die in ganz gleicher Weise gelesen worden sind wie die beiden ersten, 24 Stunden nach der letzten Lesung gepr\u00fcft. Ergiebt nun in diesem Falle umgekehrt die Reihe mit je p Wiederholungen an drei Tagen eine h\u00f6here Trefferzahl als die Reihe mit #Wiederholungen, so ist unser zweiter","page":468},{"file":"p0469.txt","language":"de","ocr_de":"Die Associations festigkeil.\n469\nSalz \u00fcber den Einfiufs des Alfers der Assoziationen auch f\u00fcr den komplizierten Fall bewiesen.\n\u00a7 9.\nVersuchsreihe IX.\nZweck dieser Versuchsreihe war es, die Gesetzm\u00e4fsigkeit, welche in Satz I ihren Ausdruck findet, noch in einer dritten Form darzustellen, n\u00e4mlich durch direktes Lernen nach verschiedenen Verteilungsformen. Die Fragestellung war also nicht die, welche Form nach einem gewissen, seit der letzten Lesung verflossenen Zeitintervall sich als die g\u00fcnstigste bei der Pr\u00fcfung herausstelle, sondern die, nach welcher Art zu lernen, man mit dem. geringsten Aufwand an Wiederholungen ans Ziel komme. Prinzipiell unterscheidet sich die jetzige Anordnung z. B. von der in den Versuchsreihen IV, V und 'VI angewandten dadurch, dafs in der letzten nicht nur der erste Alterseinflufs zur Geltung kommt, sondern auch der zweite in erheblichem Mafse an dem Resultate mitwirkt, w\u00e4hrend die Bedeutung des zweiten Einflusses nicht in demselben Mafse zur Geltung kommt. In dieser Versuchsreihe war ich selbst Versuchsperson. Meine Kollegin Fr\u00e4ulein L. Mabtin hatte die Freundlichkeit, die Versuche zu leiten. Dieselben erstreckten sich auf 31 Versuchstage und dauerten vom 16. April bis 17. Mai 1896. Die Versuche wurden gew\u00f6hnlich um 3 7* Uhr nachmittags begonnen und beanspruchten etwa 20 Minuten. Die Anordnung der Reihen war folgende:\nI.\tTag:\n*i (4) R\u2018 (2) R, (4) R' (2) Rz (4) Rs\u2018 (2) R, (4) Rj (2) Rs (4) Rb\u2018 (2)\nR6 (4) R\u2018 (2).\nII.\tTag:\nR8'(2)R6(4)...............R/ (2) R, (4).\nEs wurden also einfach Reihen mit je vier Wiederholungen an einem Tage hinsichtlich der Schnelligkeit des Lernens mit solchen verglichen, die nur je zwei Wiederholungen%an einem Tage hatten. Die Pause zwischen den einzelnen Reihen betrug eine Minute. Als ich sp\u00e4ter bemerkte, dafs die Reihen mit vier Wiederholungen in weniger Tagen erlernt wurden als die","page":469},{"file":"p0470.txt","language":"de","ocr_de":"470\nmit zwei Wiederholungen, ersetzte ioh sp\u00e4ter einzelne Beihen der ersten Art, nachdem sie gelernt worden waren, durch Beihen zweiter Art. Dadurch kam allerdings eine kleine Irregularit\u00e4t in den Zeitlagenwechsel, doch glaubte ich diese Fehler im Hinblick auf die geringe Gesamtzahl der Wiederholungen eines Tages vernachl\u00e4ssigen zu d\u00fcrfen. W\u00e4hrend dieser 31 Tage lernte ich nun 24 Beihen jeder Art.1 Es folgen nun die f\u00fcr die Erlernung durchschnittlich n\u00f6tigen Wiederholungszahlen.\nR\tR'\nto.\tto.\n18.5\t17.9.\nWir sehen ein geringes \u00dcbergewicht f\u00fcr die Beihen mit zwei Wiederholungen. Dies gen\u00fcgt zwar f\u00fcr den Nachweis, dais auch bei diesen geringen Wiederholungszahlen der Ver* teilungseinilufs wirksam ist, es gen\u00fcgt aber nicht, um mit Sicherheit sagen zu k\u00f6nnen, dafs auch hier die ausgiebigste Verteilung ein Arbeitsminimum ergiebt. Der Grund, warum die Differenz hier eine verh\u00e4ltnism\u00e4fsig geringe ist, d\u00fcrfte in zwei Umst\u00e4nden zu suchen sein. Erstens mag hier \u00fcberhaupt die Gesamtzahl der Wiederholungen eine zu kleine gewesen sein, um bei direktem Lernen den Einfluls der gr\u00f6fsten Verteilung so recht zur Geltung zu bringen. Zweitens aber habe ich als Versuchsperson selbst beobachtet, dafs es bei noch so guter Vorbereitung durch fr\u00fchere Wiederholungen aufserordent-lich schwierig ist, die Beihe nach der ersten Wiederholung in dem vorgeschriebenen raschen Tempo frei herzusagen. Man mufs sich beim Lernen doch erst durch zwei bis drei Wiederholungen in die betreffende Silbenfolge mit der Aufmerksamkeit sozusagen wieder hineinfinden. Ich denke mir deshalb die Anordnung k\u00fcnftiger Versuche dieser Art so, dafs zwar in den vorbereitenden Tagen die Zahl der Wiederholungen fur die verschiedenen Verteilungsformen verschieden ist, dafs aber an den letzten Tagen die Zahl der Wiederholungen f\u00fcr alle Formen die gleiche ist und jedenfalls gr\u00f6fser als zwei.\nAls bemerkenswert hebe ich noch folgendes hervor.\nIch lerne, wie ich aus anderen Versuchsreihen weifs, eine\n1 Ein Resultat der 2?'-Reihen mufste gestrichen werden, so dafs das angegebene Resultat der Mittelwert aus 23 Reihen ist.","page":470},{"file":"p0471.txt","language":"de","ocr_de":"Die \u00c2ssoziationsfestigkeit.\n471\nzw\u00f6lfsilbige Reibe nach etwa sieben bis nenn unmittelbar aufeinanderfolgenden Wiederholungen. Das eigentliche Arbeits-minimum l\u00e4ge also in diesem Falle wohl bei der absoluten Kumulierung der Reihe. Andererseits sehen wir aber auch bei der Verteilungsform von zwei Wiederholungen auf einen Tag ein relatives Minimum gegen\u00fcber den mittleren Arten der Verteilung. Ich vermute deshalb, daJQa bei geringer Gesamtzahl der (unmittelbar aufeinanderfolgenden) Wiederholungen, die f\u00fcr das Erlernen n\u00f6tig sind, die Kumulierung f\u00fcr direktes Erlernen das Arbeitsminimum ergiebt, w\u00e4hrend bei mittlerer Gesamtzahl der Wiederholungen zwei Minima, eines bei der Kumulierung und eines bei der ausgedehntesten Verteilung zu finden sein, werden, und dafs endlich bei noch gr\u00f6fserer Wiederholungszahl die ausgedehnteste Verteilung das .Minimum darstellt. Die experimentelle Pr\u00fcfung dieser Vermutung w\u00e4re durch Anwendung von Reihen verschiedener L\u00e4nge leicht herbeizuf\u00fchren.\nAn Selbstbeobachtungen w\u00e4hrend dieser Versuchsreihe habe ich nur anzuf\u00fchren, dafs ich die durch die Wiederholungen der vorhergehenden Tage bewirkte Steigerung des Wertes der neuen Wiederholungen sozusagen pl\u00f6tzlich, z. B. etwa am neunten Tage, sp\u00fcrte, nicht aber kontinuierlich wachsend von Anfang an.\nZum Schl\u00fcsse bemerke ich noch, dafs diese Versuchsreihe und Versuchsreihe III die einzigen waren, bei welchen mit wissentlichem Verfahren gearbeitet wurde.\nSchlufs.\n*\nFassen wir nun kurz unsere Resultate zusammen, so haben wir\n1. in methodologischer Hinsicht folgende Ergebnisse zu verzeichnen: Nur das Trefferverfahren liefert eine direkte Bestimmung der Reproduktionstendenzen einer Reihe, w\u00e4hrend beim Ersparnisverfahren zwei Faktoren eine Rolle spielen, erstens die mittlere Assoziationsst\u00e4rke, zweitens aber auch der jeweilige Neuwert der Wiederholungen. Daraus folgt zun\u00e4chst, dafs bei der Untersuchung von Reihen verschiedenen Alters Ersparnisverfahren und Trefferverfahren nie permiscue angewandt werden d\u00fcrfen, und vor allem, dafs der Einflufs der Zeit auf das Abklingen der Reproduktionstendenzen eine eindeutige Untersuchung nur durch das Trefferverfahren zul\u00e4fst;","page":471},{"file":"p0472.txt","language":"de","ocr_de":"z. in sacniicner nmsicnt sma wir zur Auisieuung ioigenaer beiden S\u00e4tze gelangt:\nI.\tSind zwei Assoziationen von gleicher St\u00e4rke, aber verschiedenem Alter, so hat f\u00fcr die \u00e4ltere eine Neuwiederholung gr\u00f6fseren Wert.\nII.\tSind zwei Assoziationen von gleicher St\u00e4rke, aber verschiedenem Alter, so fallt die \u00e4ltere in der Zeit weniger ab.\nDie Wirkung des ersten Gesetzes konnten wir nachweisen: 1. in der g\u00fcnstigen Wirkung der ausgedehnten Verteilung gegen* \u00fcber der Kumulierung; 2. in den verschiedenartigen Resultaten des Treffer- und Erspamisverfahrens in den Versuchsreihen VI und VII.\nDie Wirkung des zweiten Gesetzes konnten wir in den Versuchen von Ebbinghaus \u00fcber wiederholtes Erlernen nachweisen, und aufserdem fanden wir no\u00e7h eine andere M\u00f6glichkeit, dieses zweite Gesetz sozusagen direkt zur Darstellung zu bringen.\n3. In Hinsicht auf die Praxis erkannten wir vor allem die grofse, biologisch durchaus begr\u00fcndete Bedeutung der ausgedehnten Verteilung von Wiederholungen. Haben wir z. B. einen gedachten Stoff uns auf l\u00e4ngere Zeit fest einzupr\u00e4gen, so ist es, falls sich unsere Resultate auch bei weiterer Modifikation des Verfahrens und Materials best\u00e4tigen, un\u00f6konomisch, die Sache St\u00fcck f\u00fcr St\u00fcck zu lernen, sondern es ist zweckm\u00e4fsig, den ganzen Stoff m\u00f6glichst gleichm\u00e4fsig im Ged\u00e4chtnis fest werden zu lassen, also die Wiederholungen eines einzelnen Teiles ausgiebig zu verteilen. Es liegt nahe, daran zu denken, dafs durch eingehende derartige Untersuchungen ein fester Boden f\u00fcr eine wissenschaftlich besser begr\u00fcndete Mnemotechnik geschaffen werden kann, als es die heutige ist. Jedenfalls liegt hier ein reiches Feld f\u00fcr praktische Anwendungen der experimentellen Psychologie vor uns.\nIch ergreife am Schl\u00fcsse dieser Arbeit noch die Gelegenheit, Herrn Professor G. E. M\u00fcller, der mir das Thema meiner Arbeit vorgeschlagen hat, f\u00fcr die vielfache Anregung und F\u00f6rderung, die er derselben hat angedeihen lassen, meinen w\u00e4rmsten Dank auszusprechen. Ferner danke ich an dieser Stelle Fr\u00e4ulein Ii. Martin f\u00fcr die g\u00fctige Leitung von Versuchsreihe VIII, sowie allen Herren, welche so freundlich waren, als Versuchspersonen mitzuwirken, auf das herzlichste.","page":472}],"identifier":"lit30182","issued":"1897","language":"de","pages":"436-472","startpages":"436","title":"Die Assoziationsfestigkeit in ihrer Abh\u00e4ngigkeit von der Verteilung der Wiederholungen","type":"Journal Article","volume":"14"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:37:54.359518+00:00"}