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{"created":"2022-01-31T12:23:57.133751+00:00","id":"lit30204","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Brahn, Max","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 15: 141-142","fulltext":[{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"Litter a tu rberich t.\n141\nnervenfaser hat nur eine bestimmte Art der Funktion und vermittelt uns demgem\u00e4fs nur eine bestimmte Art der Empfindung. Ob diese Spezifizit\u00e4t das Prim\u00e4re oder ein ontogenetisch oder phylogenetisch bedingter Erfolg der Reizverschiedenheiten sei, ist dann eine weitere Frage, die nicht nur Rau und der von ihm zitierte Meyer, sondern auch schon sehr viele andere im Sinne der zweiten Eventualit\u00e4t beantwortet haben. Damit ist aber das M\u00fcLLERSche Gesetz nicht beseitigt, sondern nur erkl\u00e4rt. Und deswegen ist es auch durchaus unberechtigt, wenn Rau behauptet, Helmholtz habe in dem Augenblick das Gesetz der spezifischen Energien verlassen, da er die Perzeption der Verschiedenheit von Tonh\u00f6hen auf die physikalischen Gesetze des Mitschwingens zur\u00fcckf\u00fchrte. Im Gegenteil, hier ist das Gesetz, das bei M\u00fcller sich nur auf die Sinnesmodalit\u00e4ten bezieht, auf die Abstufung der Qualit\u00e4ten innerhalb einer Modalit\u00e4t \u00fcbertragen und dadurch unermefslich erweitert worden. \u2014 \u00dcbrigens sind die RA\u00fcschen Ausf\u00fchrungen \u00fcber die spezifischen Sinnesenergien, selbst dort, wo sie Richtiges enthalten, \u00fcberfl\u00fcssig gemacht durch die vortrefflichen theoretischen Untersuchungen, welche Weinmann in seiner 1895 erschienenen Monographie \u00fcber das Thema bietet.\nJene Anschauung, welche die Spezifizit\u00e4t der Empfindungen aus der Verschiedenheit der Reize abzuleiten sucht, f\u00fchrt nach Rau notwendig zu einer naiv-realistischen Erkenntnistheorie, indem die Empfindungen Abbilder der Reize sein m\u00fcfsten, welche so, wie wir sie empfinden, objektiv existieren. Die HELMHOLTzsche Zeichentheorie wird abgelehnt.\nDas Buch schliefst mit einer Apotheose des Gesichtssinnes und Feuerbachs.\tW. Stern (Breslau).\nA. Forel. Un aper\u00e7u de psychologie compar\u00e9e. L'ann\u00e9e psychologique. II. S. 18\u201444. 1896.\nBei der Beobachtung des Tierlebens begehen die Forscher meist den Fehler des \u201eAnthropismus\u201c, d. h. sie legen den Handlungen des Tieres die geistigen Vorg\u00e4nge entsprechender Art bei Menschen zu Grunde. Dazu giebt haupts\u00e4chlich die Vermischung des Instinktes mit den plastischen d. h anpassungs- und ver\u00e4nderungsf\u00e4higen Vernunfthandlungen Anlafs. Wir beobachten nur Handlungen, nicht den Mechanismus der Neurokyme noch die geistigen Vorg\u00e4nge, es ist daher besser an Stelle der vergleichenden Psychologie eine vergleichende Biologie zu setzen; eine partielle Ausnahme sollte man nur bei den h\u00f6chsten S\u00e4ugern machen. Die Grundfrage ist hier die Scheidung von Instinkt und Vernunft.\nAuf zwei Arten wirkt das Nervensystem: 1. automatisch, d. h. nach ganz bestimmten Gesetzen, in fester Ordnung, nach Einwirkung bestimmter Reize; 2. in plastischer, d. h. anpassungsf\u00e4higer Art, die wir Vernunft nennen, und die sich den unvorhergesehenen, pl\u00f6tzlichen Ereignissen anpafst. Zwischen beiden Arten giebt es \u00dcberg\u00e4nge. Diese beiden Formen des Geschehens stehen dauernd im Streit miteinander. Urspr\u00fcnglich haben wir es stets mit den plastischen Formen zu thun, die automatischen sind erst Fixationszust\u00e4nde der ersteren, die beim","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nLitteraturbericJit.\nNichtgebrauch wieder in den anpassungsf\u00e4higen Zustand \u00fcbergehen. Diese beiden Wirkungsarten finden ihren Ausdruck im Nervensystem darin, dafs die zusammengesetzten automatischen Handlungen, die einem Sonderzweck sich angepafst haben, eine viel geringere Zahl von Neuronen brauchen als die F\u00e4higkeit, sich individuell einer zusammengesetzten Handlung anzupassen. Die automatische Handlung wird stets durch einen Beiz in ihrer ganzen Ausdehnung reproduziert, die plastische Th\u00e4tigkeit dagegen geht aus einem Antagonismus von Kr\u00e4ften hervor, die je nach ihrem Zusammentreffen neue Wege bahnen. Tritt einem Automatismus ein Hindernis entgegen, so kann es v\u00f6llig \u00fcberwunden werden oder aber der Automatismus wird ver\u00e4ndert. So k\u00f6nnen auch zwei ganz komplexe Automatismen, aufeinander treffend, zu einem neuen h\u00f6herer Ordnung sich verbinden. Ist ein automatischer Komplex sehr fixiert, hat er sich sogar besondere Organe geschaffen, so heifst ihn vernichten die Art vernichten. Eine Erkl\u00e4rung der Vererbung der Instinkthandlungen nach der Pangenesistheorie weist Forel zur\u00fcck, er h\u00e4lt es vielmehr f\u00fcr nicht absurd zuzulassen, \u201edafs eine unendliche Zahl m\u00f6glicher Pr\u00e4determinationen in den organischen Molek\u00fclen des Keimes m\u00f6glich ist, unter denen die nat\u00fcrliche Auslese nur Auswahl zu treffen hat.\"\n\u00dcberall im Tierreich trifft man zwischen den beiden extremen Formen zahlreiche \u00dcberg\u00e4nge, von der Amoebe, die noch rein plastische Aktivit\u00e4t hat, aufw\u00e4rts bis zum Menschen. Insbesondere lassen die Ameisen viele individuelle Variationen und Anpassungen erkennen, welche neben den grofsen automatisierten sozialen Instinkten einhergehen; Forel f\u00fchrt daf\u00fcr eine Eeihe von sch\u00f6nen Beispielen an. Weiterhin weist er darauf hin, dafs eine vergleichende Biologie, nicht eine vergleichende Psychologie schon darum allein m\u00f6glich sei, weil das Verh\u00e4ltnis der Sinnesorgane zu den verschiedenen Formen der physikalischen Wellenbewegung, welches die Qualit\u00e4t der Sinnesempfindung bestimme, bei den einzelnen Tiergattungen ganz verschieden ist. \u201eWir m\u00fcssen uns mit exakten biologischen Beobachtungen begn\u00fcgen und die Vorg\u00e4nge plastischer und automatischer Th\u00e4tigkeit sorgf\u00e4ltig beachten, sie zu verstehen suchen und sie m\u00f6glichst genau gegeneinander absch\u00e4tzen.\u201c\nViele Teile der Arbeit eignen sich schleckt zum Eeferat, so eingeschobene Betrachtungen \u00fcber das Wesen des Bewufstseins, \u00fcber das Verh\u00e4ltnis von Stoff und Geist, \u00fcber die phylogenetische Entwickelung des Nervensystems, insbesondere der verschiedenen Teile des Zentralsystems. Zusammenfassend bezeichnet Verfasser seine Ansichten als \u201ePanpsychismus, Panatomismus, Pantheismus.\u201c\nMax Brahn (Leipzig).\nCharles Hubbard Judd. \u00dcber Raumwahrnehmungen im Gebiet des Tastsinnes. Inaugural-Dissertation. Leipzig. Philos. Stud. XII. 3. S. 409 bis 463. 1896.\nVerfasser unterzieht zun\u00e4chst die Methoden, welche zur Untersuchung der Baumwahrnehmungen im Gebiete des Tastsinnes angewandt","page":142}],"identifier":"lit30204","issued":"1897","language":"de","pages":"141-142","startpages":"141","title":"A. Forel: Un aper\u00e7u de psychologie compar\u00e9e. L'ann\u00e9e psychologique. II. S. 18-44. 1896","type":"Journal Article","volume":"15"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:23:57.133756+00:00"}