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{"created":"2022-01-31T12:23:34.529259+00:00","id":"lit30206","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"K\u00fclpe, O.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 15: 144-146","fulltext":[{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nLitteraturb ericht.\ndes Tastsinnes unternommenen messenden Untersuchungen zusammen mit besonderer Ber\u00fccksichtigung jener F\u00e4lle, \u201ein denen durch die jeweils vorausgesetzten Bedingungen die Schwellenwerte verringert oder ver-gr\u00f6fsert werden.\u201c Die Kritik der Theorie von den Empfindungskreisen f\u00fchrt zu dem Ergebnis, dafs der Begriff der anatomischen Empfindungskreise, der im Laufe der Zeit verschiedene Wandlungen erfahren hat, am ehesten im Sinne der MEissNERSchen Irradiationskreise beibehalten werden k\u00f6nne. Hingegen wird man den Begriff der physiologischen Empfindungskreise in seinen verschiedenen Fassungen verwerfen m\u00fcssen, um an dessen Stelle einen komplizierten Vorgang der Unterscheidung und Vergleichung von Empfindungsqualit\u00e4ten zu setzen.\nDie vorliegende Arbeit verdient um so gr\u00f6fsere Beachtung, als sie deutlich zeigt, wie dringend die \u00e4lteren Untersuchungen \u00fcber die Baumwahrnehmungen im G-ebiete des Tastsinnes, welche noch heute vielfach kritiklos zitiert werden, einer Bevision bed\u00fcrfen.\nTheodor Heller (Wien).\nSante de Sanctis. L\u2019attenzione e i suoi disturbi. Saggio di psicopato-logia clinica. Atti della Soc. Rom. di Antropol. IV. 1. 46 S. 1896.\nDie Aufmerksamkeit verdient nach dem Verfasser bei Geisteskranken sorgf\u00e4ltiger als bisher studiert zu werden. Zum Beleg daf\u00fcr werden die Ansichten von Esquirol, Baillarger, Bibot u. a. S. 6\u201413 durchgegangen. Es folgt eine kurze Darlegung der Lehren der physiologischen Psychologie \u00fcber das Wesen der Aufmerksamkeit, deren anatomischen Sitz und physiologischen Prozefs. Von den hier ge\u00e4ufserten Anschauungen h\u00e4lt der Verfasser folgende fest: Es giebt keine Aufmerksamkeit ohne Muskelspannung; wer nicht seine Muskeln spannen kann, der ist auch unf\u00e4hig zur Aufmerksamkeit. Sie hat ferner ihre Wurzeln im Affektzustand des Individuums, und ihre willk\u00fcrliche Form setzt die spontane als die urspr\u00fcngliche voraus. Sie mufs endlich als eine Funktion der Hirnrinde angesehen werden, die in einer Hinwendung der Pers\u00f6nlichkeit (Adaptation) zu einer Vorstellung oder einem Bilde besteht, mit notwendigen und unver\u00e4nderlichen physiologischen Bedingungen (Modifikationen des Blutumlaufs, Muskelspannung) und einem histochemischen Parallelprozefs in der Hirnrinde (S. 18). Hiernach unterscheidet der Verfasser zwischen einer nat\u00fcrlichen und einer konativen Aufmerksamkeit; jene ist die in der gew\u00f6hnlichen Unterhaltung, dem ungezwungenen Handeln und Benehmen hervortretende, diese die bei k\u00fcnstlicher Anwendung der Willenskraft auf eine bestimmte Empfindung oder Th\u00e4tigkeit zur Geltung gelangende Aufmerksamkeit. Jene l\u00e4fst sich nur nach der Methode der Beobachtung, diese nur nach der Methode des Experiments untersuchen. Dabei mufs jedoch m\u00f6glichst der Einfiufs des Automatismus der \u00dcbung und des Bhythmus vermieden werden, .was bei den einfachen Beaktionsversuchen nicht m\u00f6glich ist. Sodann stellt der Verfasser zwei F\u00e4higkeiten innerhalb der Aufmerksamkeit einander gegen\u00fcber, die Konzentration oder Fixation und die Distri-","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n145\nbution oder ein gleichzeitiges Erfassen mehrerer Bilder. Beide F\u00e4higkeiten k\u00f6nnen getrennt voneinander Vorkommen und sich in verschiedenem Grade entwickeln. Die h\u00f6chste Leistung der Aufmerksamkeit erblickt S. nicht in der st\u00e4rksten Konzentration, sondern in der ausgedehntesten Distribution, weil dazu ein gr\u00f6fserer Wille geh\u00f6re und weil dadurch mehr Objekte in k\u00fcrzerer Zeit erkennbar w\u00fcrden. Auch geht der Prozefs der fixativen Aufmerksamkeit in der Psychogenesis dem der distributiven voraus. Endlich werden noch eine extraspektive und eine introspektive Form der Aufmerksamkeit unterschieden, je nachdem sie sich auf \u00e4ufserlich gegebene Gegenst\u00e4nde oder auf rein subjektive Prozesse richtet.\nDie pathologischen St\u00f6rungen der Aufmerksamkeit teilt Verfasser in drei Gruppen, in solche der Konzentration, der Distribution und in qualitative St\u00f6rungen. W\u00e4hrend die letzte Klasse F\u00e4lle von Parapro-sexie umfafst, werden jeder der beiden anderen die bekannten F\u00e4lle von Aprosexie, Hyperprosexie und Hypoprosexie untergeordnet, je nachdem v\u00f6lliger Mangel oder ein \u00dcbermafs oder ein Defekt an konzentrativer bezw. distributiver Aufmerksamkeit vorliegt. Analogien zu diesen Ver\u00e4nderungen finden sich auch im normalen Bewufstsein; so sind die muskul\u00e4re Beaktion, die hypnotische Versunkenheit, die Konzentration auf das Leere Beispiele f\u00fcr die konzentrative Hyperprosexie. Dieser letztere Fall und sein Gegensatz, die konzentrative Hypoprosexie, l\u00e4fst sich bei denselben Personen antreffen. Die fixen Ideen repr\u00e4sentieren die chronische Form der konzentrativen Hyperprosexie, w\u00e4hrend extatische Zust\u00e4nde ihre akute Form darstellen. Eine krankhaft akute Hypoprosexie der Konzentration tritt in F\u00e4llen von geistiger und Muskelerm\u00fcdung, sowie im Affekt auf. Zu einer habituellen Form wird sie bei Halluzinanten, Neurasthenischen, Hysterischen, Paralytikern u. a. Bei der Degeneration schwindet zuerst der Widerstand der konzentrativen F\u00e4higkeit und zuletzt, bei vollst\u00e4ndiger Demenz, das Verm\u00f6gen \u00fcberhaupt aufmerksam zu sein. Von Interesse ist die Beobachtung an F\u00e4llen von seniler Hypochondrie und progressiver Paralyse, dafs f\u00fcr jede neue Besch\u00e4ftigung ein besonderer Anstofs notwendig war. Distributive Hyperprosexie erscheint nach dem Verfasser besonders bei Maniakali-schen. Eine nat\u00fcrliche Hypoprosexie dieser Art l\u00e4fst sich oei Kindern und beim weiblichen Geschlecht beobachten, in krankhafter Form bei Hysterischen, Psychast benikern und Imbecillen, w\u00e4hrend die Idioten an distributiver Aprosexie leiden. Unter dem Namen der Paraprosexie fafst S. solche F\u00e4lle zusammen, wo ein zu rascher oder zu intensiver oder unad\u00e4quater Akt willk\u00fcrlicher Aufmerksamkeit sich w\u00e4hrend eines Prozesses oder einer Eeihe von Prozessen der nat\u00fcrlichen Aufmerksamkeit st\u00f6rend zur Geltung bringt, wo also in einem gegebenen Moment die \u201eplastische und die automatische Aktivit\u00e4t\u201c mit einander in Konflikt geraten. So k\u00f6nnen zwei Arten von St\u00f6rungen entstehen, eine der Form und eine des Inhalts. Bei jener entstellt das unzeitige Erscheinen der willk\u00fcrlichen Aufmerksamkeit die \u00e4ufsere Form eines Prozesses der nat\u00fcrlichen, so dafs etwa die regelm\u00e4fsige Gehbewegung der unteren Extremit\u00e4ten durch das Hinzutreten intermittierender Spannungen und Erschlaffungen der\n10\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XV.","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146\nLitteraturbericht.\nMuskeln gest\u00f6rt wird. Bei dieser bewirkt die Intervention der plastischen Aktivit\u00e4t ein Resultat, entgegengesetzt dem, welches nat\u00fcrlicher Weise entstehen m\u00fcfste und welches die Verst\u00e4rkung des Erkenntniseffektes ist. Hinsichtlich des zweiten interessanteren Ealles weist Verfasser darauf hin, dafs es Ausnahmen von der Regel gebe, nach der die Aufmerksamkeit die Vorstellung, auf die sie gerichtet ist, verst\u00e4rkt oder verdeutlicht. Die anregende Abhandlung schliefst mit einer kurzen \u00dcbersicht der wesentlichsten in ihr vertretenen Gesichtspunkte und Unterscheidungen, unter denen die Gegen\u00fcberstellung der Konzentration und der Distribution, das System der Aufmerksamkeitsst\u00f6rungen (das vollst\u00e4ndigste, das wir kennen) und die Einf\u00fchrung der Paraprosexie die meiste Beachtung verdienen.\t0, K\u00fclpe (W\u00fcrzburg).\nR. Mac Dougall. The Physical Characteristics of Attention. (Studies from the Harvard Psychological Laboratory.) Psychol. Review. III. 2. S. 158-180. 1896.\nAn 5\u20147 Versuchspersonen wurden folgende Begleiterscheinungen der Aufmerksamkeit studiert: Atmung, Puls, Volumen (des linken Vorderarms) und Muskelspannung (des Zeigefingers der rechten Hand). Bei den sp\u00e4teren Versuchen wurden zwei Pneumographen angewandt, um neben dem Kostaltypus auch den Abdominaltypus zu verzeichnen, in der Mitteilung der Resultate ist jedoch der Unterschied beider Atmungstypen garnicht ber\u00fccksichtigt. Der Luftplethysmograph lieferte in der Volumkurve zugleich die Pulsbewegungen. Zur Registrierung der Muskelspannung diente ein DELABARREscher Muskelzeichner. Auch die Signale und Reize wurden auf der horizontal rotierenden Trommel verzeichnet, so dafs im ganzen 5 Kurven gleichzeitig aufgenommen wurden, abgesehen von den durch den Zeitmarkierer angegebenen Werten. Die Versuche zerfielen in 4 Gruppen: in der ersten und zweiten wurde die sinnliche Aufmerksamkeit, in der dritten und vierten die intellektuelle untersucht. In allen wurde nach einer vorbereitenden Periode von 80 Sekunden, w\u00e4hrend deren jede Bewegung und geistige Anstrengung vermieden werden sollte, die Aufmerksamkeit durch einen Reiz erregt und eine eben so lange Zeit in einer bestimmten Richtung th\u00e4tig erhalten, worauf die R\u00fcckkehr in die urspr\u00fcngliche Verfassung einzutreten hatte.\nDie Resultate f\u00fcr die Aufmerksamkeitsperiode lassen sich kurz folgendermafsen zusammenstellen :\nI.\tAufmerksamkeit auf das nur mit betr\u00e4chtlicher Anstrengung h\u00f6rbare Ticken einer Taschenuhr, a) Atmung: Verk\u00fcrzung der Inspirationszeit, Verl\u00e4ngerung (?) der Exspirationszeit, Beschleunigung der Respiration in toto, geringe Verflachung, betr\u00e4chtliche Vergr\u00f6fserung der mittleren Variation f\u00fcr Dauern und Tiefen ; b) Puls und Volumen: zun\u00e4chst eine auffallende Beschleunigung des Pulses, die allm\u00e4hlich einer Verlangsamung weicht; zun\u00e4chst eine Abnahme des Volumens und darauf stetige R\u00fcckkehr in die urspr\u00fcngliche Lage; c) Muskelspannung: Tendenz zur Ausdehnung und Erschlaffung der Muskeln.\nII.\tAufmerksamkeit auf geometrische Figuren, die mit der Spitze eines Pinsels auf die Wange der Versuchsperson gezogen wurden","page":146}],"identifier":"lit30206","issued":"1897","language":"de","pages":"144-146","startpages":"144","title":"Sante de Sanctis: L'attenzione e i suoi disturbi. Saggio di psicopatologia clinica. Atti della Soc. Rom. di Antropol. IV. 1. 46 S. 1896","type":"Journal Article","volume":"15"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:23:34.529265+00:00"}