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{"created":"2022-01-31T12:37:26.541268+00:00","id":"lit30217","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Martius, Goetz","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 15: 213-214","fulltext":[{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\nKurd Lasswitz. G. TK Feclmer. Stuttgart. 1896. Friedr. Frommanns Verlag (E. Hauff). Erster Band von: Frommanns Klassiker der Philosophie, herausgegeben von Richard Falckenbero. M. 1.75.\nDas Unternehmen, die Klassiker der Philosophie in Leben und Wirken durch EinzeldarStellungen einem weiteren Leserkreise vorzuf\u00fchren, h\u00e4tte nicht gl\u00fccklicher begonnen werden k\u00f6nnen, als es durch die Monographie des verdienstvollen Geschichtsschreibers der Atomistik \u00fcber G. Th. Fechner geschehen ist. In gew\u00e4hlter, anschaulicher und im besten Sinne des Wortes gemeinverst\u00e4ndlicher Sprache wird uns hier ein umfassendes und zutreffendes Bild der Pers\u00f6nlichkeit und der Weltanschauung des Leipziger Philosophen geboten, das auch auf diejenigen anziehend wirken wird, welche den Ansichten Fechners innerlich ferner stehen.\nDas Buch zerf\u00e4llt in zwei Teile. Der erste (S. 7\u2014110) handelt \u00fcber das \u201eLeben und Wirken\u201c. Die Lebensskizze, die hier entworfen wird, enth\u00e4lt alles Wesentliche, ohne in den Einzelheiten mit der ausf\u00fchrlichen Biographie Kuntzes, die f\u00fcr das Thats\u00e4chliche als Hauptquelle gedient hat, in Wettbewerb zu treten. Eine vorbereitende Einf\u00fchrung in das Schrifttum Fechners ist in ansprechender Weise mit der Darstellung seines Lebens verwoben.\nDer zweite Teil giebt unter der \u00dcberschrift \u201edas Weltbild\u201c einen Abrifs der Philosophie Fechners. Er gliedert sich in zwei Abschnitte, \u201edie Bewegung\u201c und \u201edas Bewufstsein\u201c. In eindringlicher Weise wird durch diese Zweiteilung und die Leichtigkeit, mit welcher der zweite Teil dem ersten sich eingliedert, das Harmonische des Weltbildes, wie es sich im Geiste Fechners darstellte, zur Anschauung gebracht. Dabei tritt die enge Beziehung, in welcher die Psychophysik, der bekanntere Teil der Lebensarbeit Fechners, zu seinen allgemeinen philosophischen \u00dcberzeugungen steht, deutlich hervor. Zutreffend wird auch von dem Verfasser mehrfach hervorgehoben, dafs das Verdienst Fechners als Begr\u00fcnders der experimentellen Psychologie kein geringeres ist, wenn schon die G\u00fcltigkeit der Psychophysik, so wie er sie verstand und auszuf\u00fchren suchte, heute nicht mehr anerkannt werden kann. Der Verfasser selbst versucht zwar durch die Unterscheidung der \u201ephysiologischen\u201c und der \u201epsychologischen Empfindung\u201c den Begriff der FECHNERSchen Psychophysik aufrecht zu halten (S. 87); jedoch wird 6r, glaube ich, in diesem Punkte wenig Zustimmung finden.","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214\nLitteraturbericht.\nAuch, \u00fcber die endgiltige Bewertung der Philosophie Fechners werden die Meinungen naturgem\u00e4fs auseinandergehen. Der Verfasser glaubt mit einigen Einschr\u00e4nkungen, dafs von Fechner die Grundlinien einer Philosophie der Zukunft, deren Aufgabe die Vers\u00f6hnung des Wissens mit den Bed\u00fcrfnissen des Glaubens sei, richtig gezeichnet seien. Wir m\u00f6chten unsererseits diese Anerkennung mehr auf die Art, wie diese Aufgabe von Fechner erfafst wurde, als auf die Art ihrer L\u00f6sung einschr\u00e4nken. Wir k\u00f6nnen uns des Eindrucks nicht erwehren, dafs bei der Ausgestaltung seiner Weltanschauung im Einzelnen dem Philosophen Fechner der liebensw\u00fcrdige und feinsinnige, aber den theologischen Erinnerungen zug\u00e4nglichere und weniger systematische Dr. Mises doch im Wege gestanden hat.\nLasswitz schliefst sein Buch mit den folgenden Worten: \u201eDie Erfahrung als Ausgangspunkt der menschlichen Erkenntnis, die Erkenntnis selbst aber ein unendlicher Prozefs, der in der Weltentwicklung sich sch\u00f6pferisch vollzieht, die Weltentwicklung endlich ein gesetzlicher Fortschritt des Alllebens zur Harmonie des Welt-bewufstseins, das sind Grunds\u00e4tze FECHNERScher Philosophie. Der Mensch, verpflichtet zur ernsten Arbeit der eigenen Kraft, berechtigt zum edlen und heitern Genufs des Daseins, hingewiesen auf die grofsen Aufgaben des Diesseits und doch bestimmt, durch eigenen Willen in der diesseitigen Arbeit sein unendliches pers\u00f6nliches Leben sich zu gestalten, eingekn\u00fcpft als ein selbstschaffendes Organ in Gottes Sch\u00f6pfergeist, verbunden mit allem Seienden und Werdenden in der Liebe Gottes und aufgerichtet in aller Not durch diesen Glauben \u2014 das sind w\u00fcrdige Ergebnisse FECHNERScher Welt auffas sung. Sie sind der allgemeinverst\u00e4ndliche Inhalt aus der Denkerarbeit, in welcher Fechner als echter Philosoph des neunzehnten Jahrhunderts Spekulation und Erfahrung, Glauben und Wissenschaft, Metaphysik und Naturforschung, Idealismus und Eealismus, Jenseits und Diesseits verbindet, nicht ihre Eechte und Grenzen unklar verwischend, sondern von h\u00f6herer Warte sie \u00fcberschauend, bewahrend und nutzend. Auf dem festen Boden der Wirklichkeit fufsend, weist er, ein prophetischer Seher, der unruhig hastenden Zeit die von ihm geschauten Wege zum Ideal.\u201c\nGoetz Martius (Bonn).\nLeDantec: 1. Th\u00e9orie nouvelle de la vie. Paris 1896. F\u00e9lix Alcan. 320 S. \u2014 2. Le D\u00e9terminisme biologique et la personnalit\u00e9 consciente. Paris, 1897. F\u00e9lix Alcan. 156 S.\nEs d\u00fcrfte heutzutage schwer sein, ohne Herbeischaffung eines umfangreichen neuen Thatsachenmaterials oder wenigstens ohne Eine neue Entdeckung von einiger Tragweite, unsere Anschauungen vom Wesen des Lebens in neue Bahnen zu lenken. Die bisher gewonnenen That-sachen, auf denen sich unsere allgemeinen Vorstellungen \u00fcber die Lehensprozesse und Lebenserscheinungen aufbauen, sind so oft und so gr\u00fcndlich von Tausenden begeistert nach Erkenntnis strebender Forscher durchdacht und in ihre Konsequenzen verfolgt worden, dafs es sehr unwahrscheinlich ist, ohne wesentliche Erweiterung des vorhandenen Materials zu neuen","page":214}],"identifier":"lit30217","issued":"1897","language":"de","pages":"213-214","startpages":"213","title":"Kurd Lasswitz: G. Th. Fechner. Stuttgart. 1896. Friedr. Frommanns Verlag (E. Hauff). Erster Band von: Frommanns Klassiker der Philosophie, herausgegeben von Richard Falckenberg","type":"Journal Article","volume":"15"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:37:26.541273+00:00"}