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{"created":"2022-01-31T12:38:17.224156+00:00","id":"lit30221","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Fraenkel","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 15: 218-220","fulltext":[{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"218\nLitteraturbericht.\nsteigern kann. Ein ganz \u00e4hnliches Verhalten zeigt der Hund, und auch Kaninchen und Fr\u00f6sche reagieren auf subkutane Kokaininjektionen mit motorischer Erregung. Diese ist, wie Danini zeigte, die Folge einer Heizung der Medulla oblongata und, nach Beobachtungen von y. Anrep zu urteilen, auch der Beflexzentra des B\u00fcckenmarkes. \u00dcber den Ein-flufs des Kokains auf die psychomotorischen Zentren stellte zuerst Tumass spezielle Experimente an. Er bepinselte direkt die motorische Begion des freigelegten Hundehirns mit verschieden starken Kokainl\u00f6sungen und fand danach stets eine Herabsetzung der faradischen Beiz-barkeit. Spritzte er das Kokain den Hunden ein, so folgte eine bis zu Kr\u00e4mpfen erh\u00f6hte Muskelth\u00e4tigkeit, aber eben auf Grund gr\u00f6fserer Beizbarkeit der niederen Zentra, nicht der Binde. Starke hat nun dieselben Versuche an Kaninchen wiederholt. Das Kaninchen verh\u00e4lt sich gegen Kokaineinspritzungen wie der Hund; nur ist es etwas weniger empfindlich gegen das Gift. Die Bepinselung der noch von der Pia mater \u00fcberzogenen Cortex hat meist vermehrte Erregbarkeit zur Folge, zuweilen verminderte. Kommt das Kokain nach einer Verletzung der Pia direkt mit der grauen Substanz in Ber\u00fchrung, so sinkt stets deren Beizbarkeit betr\u00e4chtlich. \u2014 Von Hyoscin sah Verfasser, ebenso wie vorher Kobert, keinerlei Wirkung auf die psychomotorischen Zentra.\nSchaefer (Bostock).\nE. Belmondo. Contribute critico e sperimentale alio studio dei rapporti tra le funzioni cerebrali e il ricambio. Biv. sperim. di freniatria. Vol. XXII (4). S. 657\u2014748. 1896.\nEs giebt auch in dem Gebiete der heutigen Hirnphysiologie gewisse Glaubenss\u00e4tze, die als sogenannte Wahrheiten von Mund zu Mund und von Geschlecht zu Geschlecht sich fortpflanzen und nichts weniger als gewifs sind. Derartig ist beispielsweise die (schon wieder veraltete) Phrase, dafs die Psyche ein Absonderungsprodukt des Hirnes, \u00e4hnlich wie die Galle Produkt der Leber sei, oder besser, dafs die Geistesfunktionen, Wahrnehmungen, Gef\u00fchle und Willen \u00c4ufserungen einer wirklichen Hirnarbeit seien. Arbeit setzt, nach dem Gesetz der Erhaltung der Kraft, in dem tierischen Organismus den Umsatz der Nahrungsmittel, die Oxydierung der Bestandteile, die Entwickelung von W\u00e4rme, von Bewegung mannigfaltigster Art im Nervensystem voraus. Mit der Frage, ob dergleichen Vorg\u00e4nge beim Denken u. s. w., die man f\u00fcr die vorausgesetzte Hirnarbeit h\u00e4lt, wirklich stattfinden, beginnt der Verfasser den ersten kritischen Teil seiner Arbeit, in welchem er nachzuweisen sucht, dafs die zahlreichen Untersuchungen \u00fcber die W\u00e4rmeentwickelung im Gehirn grofsenteils verfehlt, zum Teil mit ungen\u00fcgenden Mitteln angestellt worden sind. Aus den zuverl\u00e4ssigsten gehe hervor, dafs die geistige Th\u00e4tigkeit von einer erheblichen W\u00e4rmeentwickelung nicht begleitet sei. Mosso hat sogar Abk\u00fchlung dabei beobachtet. Ebenso stimmen die neuesten Forscher bez\u00fcglich des Stoffwechsels dahin \u00fcberein, dafs keine der \u00c4ufserungen des psychischen Lebens eine \u2014 durch unsere bisherigen Mittel \u2014 nachweisliche Spur hinterlasse. Was man daf\u00fcr angesehen hat, beruht auf (Muskel-) Bewegungen.","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"L\u00fcteraturbericht.\n219\nUm das Geschehene im Hirne denn doch zu erkl\u00e4ren, mufs man zu einer anderen Hypothese greifen. Belmondo hat im Verein mit B. Oddi auf experimentellem Wege gefunden, dafs infolge von (Kokain-) L\u00e4hmung der hinteren (Empfindungs-) Wurzeln im B\u00fcckenmark auch die Th\u00e4tig-keit der vorderen (Bewegungs-) Wurzeln herabgesetzt werde, ein Vorgang, der sich gleicherweise auf den psycho-motorischen Zonen der Hirnrinde abspielt. Folgert man daraus, dafs im Normalzust\u00e4nde eine best\u00e4ndige automatische Bewegung von der sensitiven Peripherie aus vermittelst der nerv\u00f6sen Zentren stattfindet, weifs man ferner, dafs bei den wichtigsten Punktionen des Gehirns viele unbewufste Vorg\u00e4nge statthaben, so m\u00fcssen diese, und das gilt besonders von der Grofshirnhemisph\u00e4re, kurz gesagt, einen trophischen Einflufs auf alle K\u00f6rpergewebe aus\u00fcben. Daher ist das Gesetz, dafs der chemische Umsatz aller Gewebe bei den h\u00f6heren Tieren vom zentralen Nervensystem aus reguliert wird, kaum bestreitbar. Der Stoffwechsel ist mithin eine Funktion der Nerven.\nAls Beweise dieses Gesetzes gelten dem Verfasser folgende den Litteratur entnommene Thatsachen, die er dem experimentellen Teil seiner Abhandlung vorausschickt.\n1.\tJede Beizung der Sinnesorgane wirkt beschleunigend auf den Stoffwechsel. So die Beizung des Auges durch Licht. Autoren: Moleschott, Selmi und Piacentini, von Platen 1875. Dabei vermehrte Absorption des 0. und Ausscheidung von CO2. Lecercle, vermehrte Ausscheidung von Phosphaten im Urin unter Einflufs der B\u00f6ntgenstrahlen. Paalzow und Wartanoee. Hautreize und Beizung des Ohres (durch Musik) wirken analog dem Licht.\n2.\tVerlangsamung des Umsatzes in den Geweben, w\u00e4hrend des Schlafes. Quincke. Bespiration und Oxydation minimal bei den Winterschl\u00e4fern.\n3.\tNervenerregende Substanzen beschleunigen die Destruktion der Gewebe, wobei Phosphors\u00e4ure vermindert, Stickstoff vermehrt wird. Zuelzer. Str\u00fcbing. Narkotika wirken umgekehrt.\n4.\tDer Stoffwechsel kurarisierter Tiere ist aufserordentlich verlangsamt (Zuntz und B\u00f6hrig).\n5.\tDie Durchschneidung der Nervenst\u00e4mme f\u00fcr Dr\u00fcsen und Muskeln verursacht akute Degeneration derselben, was bei langdauernder absoluter Buhe nicht geschieht.\n6.\tGlykosurie entsteht nicht blofs bei Cl. Bernards Zuckerstich, sondern auch bei Verletzungen des Kleinhirns, B\u00fcckenmarks, der peripherischen Nerven, Sympathicus, Ganglien (Luciani, Munk etc.). Acetonuri e auf Exstirpation des Plexus coeliacus an Hunden und Kaninchen (Lustig, Oddi).\n7.\tDurchschneidung des B\u00fcckenmarkes in H\u00f6he der letzten Nacken-und ersten B\u00fcckenwirbel hindert die Desoxydation; vermehrt die Kohlenhydrate (Zucker, Glykogen, Boehm und Hoffmann); die des verl\u00e4ngerten Markes vermehrt den Harnstoff im Blute (Conty).\n8.\tVerletzung und Beizung der Mitte des Corpus striatum steigert die Temperatur fieberhaft (Aronsohn und Sachs).","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220\nLitteraturbericht.\nSeine eigenen, mit minuti\u00f6sester Sorgfalt an 11 Tauben, denen er die Grofshirnhemisph\u00e4re exstirpierte, ausgef\u00fchrten Experimente \u2014 die auf 23 Tabellen \u00fcber K\u00f6rpergewicht und chemische Ausscheidungen graphisch dargestellt sind \u2014 f\u00fchren den Verfasser zu folgenden Schl\u00fcssen:\n1.\tDas Hirn hat einen sehr grofsen Einflufs auf den Stoffwechsel des gesamten Organismus, dessen Ern\u00e4hrung es \u2014 in Gemein-schaft mit den niederen Nervenzentren \u2014 reguliert vermittelst der erheblichen Th\u00e4tigkeit, die es auf die Zersetzung des Eiweifses aus\u00fcbt und infolgedessen auf die fortdauernde Erneuerung der Elemente, aus denen die verschiedenen Gewebe bestehen.\nDieser trophische Einflufs erstreckt sich bei den Grofshirn-hemisph\u00e4ren \u2014 vermutlich auf dem Wege durch das Mittelhirn \u2014 auf den ganzen K\u00f6rper, w\u00e4hrend die Spinalzentren beschr\u00e4nkte Gebiete versorgen.\nEr ist aber unabh\u00e4ngig vom Bewufstsein und wird angefacht durch die von der Peripherie aus l\u00e4ngs der Sinnesnerven zur Hirnrinde best\u00e4ndig fliefsenden Reizwellen.\n2.\tDagegen ist unerwiesen, dafs das Nervensystem an sich, ein-schliefslich des Gehirns, irgendwo und wie der Sitz sehr lebhafter Umwandlungsprozesse sei.\n3.\tEs l\u00e4fst sich nicht beweisen, dafs auch die psychischen Prozesse an die Vermehrung der chemischen Produkte im Gehirn gebunden sind.\n4.\tEs~scheint nicht einmal, dafs die reinen psychischen Prozesse, d. h. die einfachen Ver\u00e4nderungen des Bewufstseins, entsprechende \u00c4nderungen im allgemeinen Stoffwechsel verursachen oder dadurch bedingt sind.\n\u201eWenn ein psychischer Prozefs an motorische \u00c4ufserungen ankn\u00fcpft, so k\u00f6nnen wir die beiden Momente nicht voneinander trennen,\u201c mit einem Wort, \u201ewir haben keine einzige positive Thatsache, um zu behaupten, dafs ein psychischer Akt \u2014 d. h, eine Bewegung oder eine mit Bewufstsein ausgef\u00fchrte Reihe von Muskelkontraktionen \u2014 an gr\u00f6fsere Stoffwechselver\u00e4nderungen gebunden ist oder verschieden ist von solchen, die ohne Bewufstsein, d. h. durch einen Reflex oder automatischen Akt, geschehen.\u201c\tFraenkel (Dessau).\nS. Tonnini. Semejotica delle lesioni corticali nei cani in rapporto con alcune questioni di Fisio-Patologia umana. Biv. di fren. XXII (4).\nS.\t749\u2014787. 1896.\nIm Anschlufs an den in dieser Zeitschrift (Bd. XIV, H. 1 u. 2, S. 146) besprochenen Gegenstand ist als besonders auff\u00e4lliges Symptom bei den Canes sigmoid, bilater. (worauf Ltjgaro in Biv. di Patol. nerv. Vol. II f. 3 aufmerksam macht) hervorzuheben das Sichb\u00e4umen der Hunde in den ersten Tagen nach der Operation, wobei die Kontraktion der R\u00fccken-und Nackenmuskeln so stark ist, dafs sie nicht selten hinten\u00fcberfallen. Es bedeutet ein Mifsverh\u00e4ltnis zwischen der angewendeten Kraft und dem beabsichtigten Ziel des Aufstehens und spricht f\u00fcr Mangel an Muskelsinn.\nDasselbe ist bei dem Symptom des Schwimmens der Fall, wo die","page":220}],"identifier":"lit30221","issued":"1897","language":"de","pages":"218-220","startpages":"218","title":"E. Belmondo: Contributo critico e sperimentale allo studio dei rapporti tra le funzioni cerebrali e il ricambio. Riv. sperim. di freniatria. Vol. XXII (4). S. 657-748. 1896","type":"Journal Article","volume":"15"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:38:17.224162+00:00"}