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{"created":"2022-01-31T12:28:25.633877+00:00","id":"lit30235","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Fraenkel","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 15: 238-239","fulltext":[{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238\nLitteraturbericht.\nliehe Selbstmordversuche macht. In einem derartigen Anfalle, den der Patient als \u201erelig\u00f6sen Wahn\u201c bezeichnet, hatte er seinen milit\u00e4rischen Posten verlassen und eine Wallfahrt nach einer 24 Meilen entfernten Kirche gemacht, war noch zweimal gefl\u00fcchtet, wurde aus dem Dienst entlassen u. s.w. Dafs er an Angst-und Zwangsvorstellungen mehr als an Willensschw\u00e4che litt, ging aus den mit voller Einsicht in seinen Krankheitszustand gemachten eigenen Mitteilungen des Kranken hervor, der den lebhaften Wunsch zu genesen hatte. Das qu\u00e4lendste Symptom aber war, dafs Patient, der gut beanlagt und noch neuerdings das Englische mit Erfolg erlernt hatte, in seiner letzten Stellung sich in ungew\u00f6hnlicher Weise zerstreut und vergefslich zeigte. Er verwechselte die Briefe, Adressen und Packete an die Kunden des Schuhmachers, und vergafs den Namen der Strafse, in der er wohnte, sodafs er sich nicht wieder nach Hause finden konnte, obgleich er Eom, wo er geboren ist, durch und durch kannte. \u2014 Je mehr er sich anstrengte, die Dinge zu entwirren, desto mehr verwirrte er sie; im G-egenteil, je weniger er \u00fcber den zu nehmenden Weg nachdachte, desto eher fand er sich zurecht, indem er sich willenlos den einge\u00fcbten Bewegungen \u00fcberliefs. Der Eall spricht also nicht f\u00fcr Mangel an Aufmerkamkeit, sondern f\u00fcr eine Art der Anstrengung derselben, wodurch eine sofortige Ersch\u00f6pfung der Binde, daraus Verwirrung und als Gef\u00fchls\u00e4quivalent die Angst entstand. \u2014 Verfasser will aber diese Episode in dem Zustande seines an konstitutioneller Willenschw\u00e4che leidenden Degenerierten als charkteristische tiefe Aufmerksamkeitsst\u00f6rung, Dysprosessia, angesehen wissen, aber weder f\u00fcr Aprosessia, noch f\u00fcr Hyperprosessia \u2014 Ausdr\u00fccke f\u00fcr mangelnde und \u00fcberspannte Aufmerksamkeit, die Verfasser aus dem Griechischen\titalienisiert hat.\tFraenkel (Dessau).\nSante de Sanctis e Maria Montessori \u2014 Bulle cosidette Allucinazioni antagonistiche. 11 Policlinico. Vol. IV. 1897. 17 S.\nTrotz der reichhaltigen Litteratur \u00fcber Halluzinationen und Illusionen ist diejenige Spezies, die man hallucinations contraires, doppelte Stimme, und neuerdings hallucinations antagonistiques (Magnan und S\u00e9glas) benannt hat, zwar klinisch gen\u00fcgend, aber psychologisch wenig bekannt und nicht definiert und klassifiziert. Diese L\u00fccke auszuf\u00fcllen unternehmen die Verfasser, nachdem sie die wichtigsten hierher geh\u00f6rigen F\u00e4lle aus der Litteratur angef\u00fchrt haben, auf Grund einer Beihe (19) eigener Beobachtungen in der psychiatrischen Klinik zu Bom.\nAls antagonistisch gelten ihnen nur die F\u00e4lle, in denen 2 Halluzinationen sich schroff gegen\u00fcb erstehen, wie in Fall 1, wo die Kranke bald gut, bald schlecht von sich sprechen h\u00f6rte, \u2014 nicht aber die F\u00e4lle, wo eine Halluzination einerseits mit einer besonderen Wahnidee oder dem Grundcharakter des Kranken kontrastiert.\nDie antagonistischen Sinnest\u00e4uschungen kommen nicht nur vor in dem rein halluzinatorischen Wahnsinn und bei der chronischen Verr\u00fccktheit, sondern auch in dem Ausgangsstadium, bei psychischer Schw\u00e4che, in degenerativen und melancholischen Zust\u00e4nden, verschwinden aber zumeist in der Periode des reinen Verfolgungswahnes und in der typi-","page":238},{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"Litteratnrbericht\n239\nsehen Melancholie, wo dann nur einfache (Geh\u00f6rs-) T\u00e4uschungen \u00fcbrig-bi eiben, die dem Inhalt des Wahnes entsprechen.\nDer Antagonismus zeigt sich zumeist bei den Geh\u00f6rs-, seltener bei den Gesichts- und noch seltener bei den Geruchs- und sonstigen Sinnest\u00e4uschungen. Der Zeitenlauf zwischen den beiden Halluzinationen ist ungleich; bald treten sie fast gleichzeitig (simultan) auf, bald nach einer Pause (succesiv).\nNicht selten erscheinen die antagonistischen Geh\u00f6rst\u00e4uschungen auf beiden Seiten (so dafs z. B. das linke Ohr [Fall IV und VII] die Stimme des Teufels, das rechte die der Madonna h\u00f6rt) einfach oder doppelt. Sind zwei Sinnesorgane, etwa Auge und Ohr, gleichzeitig betroffen, so giebt das f\u00fcr die systematische Einteilung homonyme und heteronyme antagonistische Halluzinationen.\nDer Antagonismus zeigt sich nicht blofs in rein psychischer Gestaltung, sondern auch in physischer. (In Fall IX und XII sehen die Kranken ein schwarzes und ein weifses Kreuz, einen schwarzen Schatten und ein weifses Licht als \u00fcble und g\u00fcnstige Bedeutung).\nDie Erkl\u00e4rung der antagonistischen Halluzinationen finden die Verfasser in dem bei den Kranken abnorm gesteigerten Kontrast, der \u2014 nach de Sanctis\u2019 fenomeni di contrasto \u2014 bei jeder sich einstellenden Idee die ihr widerstrebende Idee auf dem Wege der Assoziation entwickelt.\tFraenkel (Dessau).\nMeschede. \u00dcber Echolalie und Phrenolepsie. Allgem. Zeitschr. f. Psychiatrie.\nBd. 53. S. 443\u2014455. (1896.)\nDie sogenannte Echolalie wird gew\u00f6hnlich aufgefafst als Analogon des Nachsprechens der kleinen Kinder und der Papageien (Kraeet-Ebino). Es handelte sich also um eine Beth\u00e4tigung des Nachahmungstriebes, wozu das kindliche Gehirn und dasjenige des Bl\u00f6dsinnigen besonders disponiert ist. Dem Kinde fehlt noch ein vollbewufstes, selbst\u00e4ndig die Sichtung der Aufmerksamkeit bestimmendes und die motorische Aktion leitendes geistiges Ich, \u2014 beim Bl\u00f6dsinnigen ist das bereits gebildete Ich wieder defekt und zur einheitlichen Leitung der Vorsteilungsth\u00e4tig-keit und des motorischen Gebietes unf\u00e4hig und unzul\u00e4nglich geworden. Meschede h\u00e4lt f\u00fcr die typischen F\u00e4lle von Echolalie eine andere Erkl\u00e4rung f\u00fcr n\u00f6tig. Bei dem hier n\u00e4her geschilderten Fall yon Echolalie handelt es sich nicht um einen Bl\u00f6dsinnigen, sondern um eine Verr\u00fcckte, vielleicht sekund\u00e4r Verr\u00fcckte, indem die Wahnideen zum grofsen Teil Folge der Echolalie sind. Das Nachsprechen beruht dabei auf einer inneren N\u00f6tigung, die bedingt war durch eine vom bewufsten Willen unabh\u00e4ngige und disparate Erregung sensorieller und psychokinetischer Zentra. \u2014 Meschede glaubt \u201edas Nachsprechen bedingt, nicht sowohl durch einen Ausfall hemmender Kr\u00e4fte, als vielmehr wesentlich auch durch ein aktives Eingreifen fremdartiger Motive durch halluzinatorische und psychomotorische, nach dem Schema krampfhafter (automatischer) Bewegungsimpulse sich abspielender Vorg\u00e4nge im Seelenorganismus.\u201c Es ist also keine Ausfallerscheinung, sondern geh\u00f6rt zu denjenigen Vorg\u00e4ngen auf dem Gebiete des Vorstellens, des Denkens und zum Teil auch","page":239}],"identifier":"lit30235","issued":"1897","language":"de","pages":"238-239","startpages":"238","title":"Sante de Sanctis e Maria Montessori: Sulle cosidette Allucinazioni antagonistiche. Il Policlinico. Vol. IV. 1897. 17 S.","type":"Journal Article","volume":"15"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:28:25.633883+00:00"}