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{"created":"2022-01-31T14:44:43.190433+00:00","id":"lit30236","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Umpfenbach","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 15: 239-240","fulltext":[{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"Litteratnrbericht\n239\nsehen Melancholie, wo dann nur einfache (Geh\u00f6rs-) T\u00e4uschungen \u00fcbrig-bi eiben, die dem Inhalt des Wahnes entsprechen.\nDer Antagonismus zeigt sich zumeist bei den Geh\u00f6rs-, seltener bei den Gesichts- und noch seltener bei den Geruchs- und sonstigen Sinnest\u00e4uschungen. Der Zeitenlauf zwischen den beiden Halluzinationen ist ungleich; bald treten sie fast gleichzeitig (simultan) auf, bald nach einer Pause (succesiv).\nNicht selten erscheinen die antagonistischen Geh\u00f6rst\u00e4uschungen auf beiden Seiten (so dafs z. B. das linke Ohr [Fall IV und VII] die Stimme des Teufels, das rechte die der Madonna h\u00f6rt) einfach oder doppelt. Sind zwei Sinnesorgane, etwa Auge und Ohr, gleichzeitig betroffen, so giebt das f\u00fcr die systematische Einteilung homonyme und heteronyme antagonistische Halluzinationen.\nDer Antagonismus zeigt sich nicht blofs in rein psychischer Gestaltung, sondern auch in physischer. (In Fall IX und XII sehen die Kranken ein schwarzes und ein weifses Kreuz, einen schwarzen Schatten und ein weifses Licht als \u00fcble und g\u00fcnstige Bedeutung).\nDie Erkl\u00e4rung der antagonistischen Halluzinationen finden die Verfasser in dem bei den Kranken abnorm gesteigerten Kontrast, der \u2014 nach de Sanctis\u2019 fenomeni di contrasto \u2014 bei jeder sich einstellenden Idee die ihr widerstrebende Idee auf dem Wege der Assoziation entwickelt.\tFraenkel (Dessau).\nMeschede. \u00dcber Echolalie und Phrenolepsie. Allgem. Zeitschr. f. Psychiatrie.\nBd. 53. S. 443\u2014455. (1896.)\nDie sogenannte Echolalie wird gew\u00f6hnlich aufgefafst als Analogon des Nachsprechens der kleinen Kinder und der Papageien (Kraeet-Ebino). Es handelte sich also um eine Beth\u00e4tigung des Nachahmungstriebes, wozu das kindliche Gehirn und dasjenige des Bl\u00f6dsinnigen besonders disponiert ist. Dem Kinde fehlt noch ein vollbewufstes, selbst\u00e4ndig die Sichtung der Aufmerksamkeit bestimmendes und die motorische Aktion leitendes geistiges Ich, \u2014 beim Bl\u00f6dsinnigen ist das bereits gebildete Ich wieder defekt und zur einheitlichen Leitung der Vorsteilungsth\u00e4tig-keit und des motorischen Gebietes unf\u00e4hig und unzul\u00e4nglich geworden. Meschede h\u00e4lt f\u00fcr die typischen F\u00e4lle von Echolalie eine andere Erkl\u00e4rung f\u00fcr n\u00f6tig. Bei dem hier n\u00e4her geschilderten Fall yon Echolalie handelt es sich nicht um einen Bl\u00f6dsinnigen, sondern um eine Verr\u00fcckte, vielleicht sekund\u00e4r Verr\u00fcckte, indem die Wahnideen zum grofsen Teil Folge der Echolalie sind. Das Nachsprechen beruht dabei auf einer inneren N\u00f6tigung, die bedingt war durch eine vom bewufsten Willen unabh\u00e4ngige und disparate Erregung sensorieller und psychokinetischer Zentra. \u2014 Meschede glaubt \u201edas Nachsprechen bedingt, nicht sowohl durch einen Ausfall hemmender Kr\u00e4fte, als vielmehr wesentlich auch durch ein aktives Eingreifen fremdartiger Motive durch halluzinatorische und psychomotorische, nach dem Schema krampfhafter (automatischer) Bewegungsimpulse sich abspielender Vorg\u00e4nge im Seelenorganismus.\u201c Es ist also keine Ausfallerscheinung, sondern geh\u00f6rt zu denjenigen Vorg\u00e4ngen auf dem Gebiete des Vorstellens, des Denkens und zum Teil auch","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240\nLitteraturbericht.\ndes Wollens, welche sich durch den Charakter eines abnormen Zwanges auszeichnen, welche also nicht durch normale Ideenassoziation motiviert sind, ohne bewufsten Willen und selbst gegen den Willen des Ichs zwangsweise sich vollziehen, auch nicht emotiver, triebartiger Natur, auch keine Reflexaktionen sind. Dahin geh\u00f6rt z. B. die Fragesucht, Zwangsvorstellungen, die antagonistischen und kontr\u00e4ren Zwangsbewegungen. Meschede bezeichnet diese Vorg\u00e4nge als phrenoleptische.\nUmpfenbach (Bonn).\nHavelock Ellis und J. A. Symonds. Das kontr\u00e4re Geschlechtsgef\u00fchl. Deutsche Original-Ausgabe, besorgt unter Mitwirkung von Dr. Hans Kurella. Leipzig. Gr. H. Wigand. 1896. 308 S. (Bibliothek f\u00fcr Sozialwissenschaft. 7. Band.) M>. 6.\u2014.\nDas vorliegende Werk spricht aus verschiedenen Gr\u00fcnden unser Interesse an und nicht zum wenigsten darum, weil es von Engl\u00e4ndern verfafst und geschrieben, dennoch zuerst in deutscher Sprache erscheinen mufste. Denn in England hat, wie Ellis bemerkt, die sexuelle Inversion zwar stets sehr gebl\u00fcht, ein wissenschaftliches Werk dar\u00fcber ist aber bisher nicht verlegt worden. Es gilt als anst\u00f6fsig, den Gegenstand zu er\u00f6rtern, und der englische Verleger ziehe sich in der Regel sofort zur\u00fcck, sobald eine derartige Arbeit genannt werde.\nEs ist die alte Pr\u00fcderie, die alte Scheinheiligkeit, und die Theorie vom Vogel Btraufs, dem nur leider allzuh\u00e4ufig, und dann mit einer geradezu erschreckenden Brutalit\u00e4t durch diese oder jene Skandalgeschichte der Kopf aus dem Sande gezogen wird. In dem vorliegenden Falle m\u00fcfsten wir dieser Scheinheiligkeit eigentlich Dank wissen, da unsere Litteratur dadurch um einen wertvollen Beitrag bereichert wurde, den man, und das will bei derartigen B\u00fcchern etwas besagen, nicht ohne Anregung aus der Hand legen wird.\nGanz besonders gilt das mit Bezug auf das von J. A. Symonds ausgearbeitete dritte Kapitel, die Homosexualit\u00e4t in Griechenland betreffend, dessen historische Bedeutung nicht hoch genug anzuschlagen ist und das uns einige ganz neue Gesichtspunkte er\u00f6ffnet.\nAuch Ellis ist mehr als Psychologe denn als Arzt an die Frage herangetreten, und er baut seine Schl\u00fcsse auf eine Reihe von bestimmten Thatsachen auf, die er ermittelt hat. Es ist hier nicht der Ort, um ihm auf seinen verschiedenen Wegen zu folgen, und es soll nur kurz auf die von Ellis ermittelten Schl\u00fcsse hingewiesen werden.\nEllis betrachtet die sexuelle Inversion als einen im wesentlichen angeborenen Zustand, bei dem die Umgebung allerdings von grofsem Einflufs sei, im wesentlichen aber doch nur die Rolle der Ausl\u00f6sung einer angeborenen Anomalie spielen k\u00f6nne, ln dieser Weise wirken Schule, Verf\u00fchrung und get\u00e4uschte Liebe.\nAls angeborene Anomalie kann sie unter Umst\u00e4nden ein Teil eines Zustandes sein, der als degenerativ bezeichnet werden darf. In den g\u00fcnstigsten F\u00e4llen bedeutet eine derartige Anomalie eine Anlage zur Inversion. M\u00f6glicherweise gehen viele Menschen mit einer angeborenen Pr\u00e4disposition dieser Art durch das Leben, die immer latent und ruhend","page":240}],"identifier":"lit30236","issued":"1897","language":"de","pages":"239-240","startpages":"239","title":"Meschede: \u00dcber Echolalie und Phrenolepsie. Allgem. Zeitschr. f. Psychiatrie. Bd. 53. S. 443-455. 1896","type":"Journal Article","volume":"15"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:44:43.190439+00:00"}