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{"created":"2022-01-31T12:23:47.308222+00:00","id":"lit30239","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Fraenkel","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 15: 245-246","fulltext":[{"file":"p0245.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n245\nPersonen legt er besondere Akten an (dossier), die ihre Personalbeschreibung und sonstigen Eigenschaften enthalten und die er im Verlaufe seiner Arbeit stets aufs neue zu Pate zieht. Auch auf den Namen wird ein besonderer Wert gelegt, und er sucht ihn mit Sorgfalt aus dem Adrefsbuche aus. Endlich ist er soweit in seiner Arbeit vorgeschritten, um n\u00e4her auf die einzelnen Kapitel einzugehen, und erst wenn er auch dies gethan, giebt er sich an das Schreiben seines Werkes.\nNunmehr aber, steht der Plan seines Werkes so fest und unverr\u00fcckbar vor seinen Augen, dafs er von nun an in einem Zuge arbeitet, ohne das Geschriebene nachzulesen und ohne an Stil und Inhalt das Mindeste zu \u00e4ndern. Dabei ist er Sklave seiner Ordnungsliebe und diese Ordnungsliebe erleichtert ihm seine Arbeit.\nTag f\u00fcr Tag sitzt er zur gewohnten Stunde an seinem Arbeitstisch und arbeitet ohne Unterbrechung etwa 3 Stunden. Hat er diese Arbeit gethan, dann ist das Werk den Pest des Tages f\u00fcr ihn nicht mehr vorhanden, er denkt nicht mehr daran und nie hat er davon getr\u00e4umt.\nIch hoffe, dafs es mir gelungen ist, meiner \u00dcberzeugung von dem besonderen Werte des vorliegenden Buches den entsprechenden Ausdruck zu geben, und wir werden den in Aussicht gestellten ferneren Untersuchungen mit Spannung entgegen sehen.\tPelman.\nBombarda (Lissabon). Un fait d\u2019anarchisme. Berne neurologique. A\u00df- 4. No. 19. 15 Octobre 1896.\nDie wahrhaft \u201er\u00fchrende\u201c Geschichte, die der Verfasser vortr\u00e4gt, dient ihm zum Beweise, dafs man Anarchist und K\u00f6nigsm\u00f6rder sein kann, ohne an Geisteskrankheit zu leiden, dafs P\u00e9gis also mit Unrecht die Einsperrung der Anarchisten in Irrenh\u00e4user bef\u00fcrwortet. \u2014 Die Aufstellung eines typischen Anarchistenwahnes, den man auf physische und psychische Degeneration und auf die Analogie mit dem Verbrechertum zur\u00fcckf\u00fchre, sei ebenso ungerechtfertigt, da man nicht einmal die Grenzen zwischen einem physiologischen und pathologischen Gehirnzustande festzustellen vermag. Der betreffende L., ein unverschuldet herabgekommener, sonst unbescholtener Landmann, tr\u00e4gt allerdings ererbte k\u00f6rperliche Stigmata.\nSein Vater war ein Trinker. Er selbst hat einen abnormen, skaphoke-phalen, asymmetrischen, dolichokephalen Sch\u00e4del, sein linkes Ohr zeigt einen stark ausgesprochenen DARwixschen H\u00f6cker, das rechte an derselben Stelle einen tiefen Einschnitt im Knorpel; die Weisheitsz\u00e4hne sind nie erschienen. (L. ist ca. 36 Jahre alt.) Die linke Pupille ist enger als die rechte; das Gesichtsfeld differiert zwischen 45 und 70\u00b0. Das Dynamometer zeigt an der rechten Hand 45\u2019, an der linken 38 . Sonst ergiebt die genaue physikalische Untersuchung, aufser einem leichten Zittern der H\u00e4nde, betreffs der Peflexe und der Sensibilit\u00e4t nichts Erhebliches, so dafs auch von der M\u00f6glichkeit einer Paralyse abgesehen wurde. \u2014 Von Charakter sanftm\u00fctig, h\u00fclfreich, vertr\u00e4glich, wegen seines Fleilses ein beliebter Arbeiter, als Soldat gehorsam, als Gatte und A ater von drei Kindern pflichtgetreu, ist sein Geist zwar ungebildet (er lernte erst als Soldat lesen und schreiben), aber folgerichtig im Denken. Die exzentrische","page":245},{"file":"p0246.txt","language":"de","ocr_de":"246\nLitteraturberichh\nBichtung seines Wesens/' die den L. zu dem Attentat vom 29. Januar auf den K\u00f6nig trieb, dem er zwei Steine entgegenschleuderte mit dem Bufe : Es lebe die Anarchie, die soziale Bevolution, die Guillotine! datiert erst seit zwei Jahren infolge Umgangs mit sozialistischen Kameraden und der Lekt\u00fcre anarchistischer Schriften, in denen die Chicagoer Anarchisten, die Bavachol und Cas er io als M\u00e4rtyrer f\u00fcr eine heilige Sache verehrt werden. Die Lehre, dafs das allgemeine soziale Elend nicht durch langsame Erziehung, sondern nur durch gewaltsame Aufr\u00fcttelung des Volkes mittelst des Opfertodes der Berufenen gehoben werden k\u00f6nne, hat den schlichten Verstand eines in seinem Privatleben gutm\u00fctigen und gef\u00fchlvollen Mannes so sehr verr\u00fcckt, dafs er, ohne pers\u00f6nlichen Groll und Interesse, das Leben des Staatsoberhauptes angreift, \u00fcberzeugt, dafs er damit f\u00fcr die Gesellschaft der Zukunft arbeitet. \u2014 Wenn Prof. Bombarda einen derartig \u00fcberspannten Geisteszustand, ebenso wenig wie denjenigen religi\u00f6ser Schw\u00e4rmer, als Geisteskrankheit anzusehen vermag, weil keine der in das System aufgenommenen Formen darauf pafst, so ist doch im speziellen Falle zu bedenken, dafs das Verbrechen auf dem Boden eines durch jahrelanges Elend, Mifshandlung und Hohn und zuletzt durch Hunger \u00fcberreizten, jedenfalls ungesunden Gehirns erwachsen, mithin ein Zweifel an der Zurechnungsf\u00e4higkeit des aus der Irrenanstalt als nicht geisteskrank Entlassenen berechtigt ist.\nFraenkel (Dessau).","page":246}],"identifier":"lit30239","issued":"1897","language":"de","pages":"245-246","startpages":"245","title":"Bombarda: Un fait d'anarchisme. Revue neurologique. A\u00e9. 4. No. 19. 15 Octobre 1896","type":"Journal Article","volume":"15"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:23:47.308228+00:00"}