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{"created":"2022-01-31T12:36:47.361903+00:00","id":"lit30268","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Meumann","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 15: 323-325","fulltext":[{"file":"p0323.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturberich t.\n323\n2.\tInfolge der epileptischen Konvulsion zeigt sich eine sehr betr\u00e4chP liehe Verz\u00f6gerung, sowohl in Bezug auf die periphere Verlangsamung, als auf die cerebrale Verl\u00e4ngerung.\n3.\tBei l\u00e4ngerem Gebrauch von Bromkali ergiebt sich f\u00fcr die Re-\naktionszeit, im Vergleich zu der dazwischen liegenden Pause, eine leichte Verl\u00e4ngerung, fast ausschliefslich in Bezug auf die peripherische Verlangsamung.\tFraenkel.\nFelix Wattendorf. Hysterischer Mutismus. Inaugural-Dissertation. Erlangen 1897. 26. S.\nDer hysterische Mutismus ist charakterisiert durch die Unf\u00e4higkeit, irgend einen Laut hervorzubringen bei Integrit\u00e4t aller zur Stimmbildung notwendigen Organe. Das Sprachverst\u00e4ndnis ist v\u00f6llig erhalten. Die Heilung kann auf affektivem oder reflektorischem Weg erfolgen. In letzterem Falle scheint aber gleichfalls der Affekt das eigentlich Wirksame zu sein. In \u00dcbereinstimmung mit Str\u00fcmpell spricht sich Verfasser gegen die Anwendung der Hypnose zur Heilung hysterischer Zust\u00e4nde aus. Zwei ausf\u00fchrlich mitgeteilte Krankheitsgeschichten erl\u00e4utern Wesen und Therapie des hysterischen Mutismus.\tTheodor Heller (Wien).\n1.\tEdm. B. Delabarre. Interpretation of the Phenomena of Double Consciousness.\nThe Progress of the World. Dez. 1895. S. 21 \u2014 26.\n2.\tSchrenck-KoTziNG. \u00dcber Spaltung der Pers\u00f6nlichkeit (sogenanntes Doppel-Ich). Wien, Alfr. Holder, 1896. 23 S.\n3.\tMax Dessoir. Das Doppel-Ich. Zweite verm. Aufl. Leipzig, Ernst G\u00fcnther, 1896. 82 S.\n1.\t\u00dcber das Doppel-Ich (Doppelbewufstsein etc.) handeln die Verfasser der drei obengenannten Schriften von sehr verschiedenem Standpunkt aus. Delabarre fufst mit seinem Erkl\u00e4rungsversuch vollst\u00e4ndig auf der jAMEs\u2019schen Psychologie, speziell auf der Theorie von dem \u201efringe\u201c des Bewuftseins und von den \u201emarginalen Assoziationen\u201c. Nach einem kurzen Referat \u00fcber die Thatsachen, unter denen ihm die Ph\u00e4nomene des automatischen Schreibens die wichtigsten zu sein scheinen, erkl\u00e4rt Delabarre, so lange die Hypothese des Doppel-Ichs vermeiden zu wollen, als die gew\u00f6hnlich in diesem Sinne gedeuteten Thatsachen \u201emit den allgemeinen Prinzipien der modernen Psychologie\u201c erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnten. Die Erkl\u00e4rung, auf die der Verf. hinauskommt, ist nun freilich weniger eine Erkl\u00e4rung mit den Mitteln der modernen Psychologie, als vielmehr eine einfache Ersetzung der Doppel-Ich-Hypothese durch die jAMEs\u2019sche Hypothese von den marginalen Assoziationen. Die Thatsachen eines alternierend oder gleichzeitig auftretenden Doppelbewmlstseins, des automatischen Schreibens, automatischen Sprechens u. s. w. sollen nach Delabarre darauf zur\u00fcckzuf\u00fchren sein, dafs der f\u00fcr gew\u00f6hnlich unterbewufste \u201eStrom\u201c der marginalen Assoziationen durch abnormes Funktionieren gewisser Gehirnpartieen zeitweise die Rolle des Oberbewufstseins \u00fcbernimmt.\n2.\tAuch Schrenck-Notzing- erkl\u00e4rt sich gegen die Hypothese des Doppelbewufstseins. Allen vermeintlichen Thatsachen gegen\u00fcber, auf welche sich die Verfechter des Doppel-Ichs zu st\u00fctzen pflegen, betont er","page":323},{"file":"p0324.txt","language":"de","ocr_de":"Lit ter a turberich t.\npait Recht die Unzuverl\u00e4ssigkeit zahlreicher bisheriger Beobachtungen und die Un Vollst\u00e4ndigkeit der Mitteilung selbst bei dem besser beglaubigten Material. Die wirklich vorkommenden Spaltungen des Ich\u2019s sind nach Schrenck-Notzing immer krankhafter Natur, \u201esie werden in der Regel begleitet von k\u00f6rperlichen St\u00f6rungen und gehen mitunter direkt in irgend eine Form der Psychosen \u00fcber\u201c; ebenso giebt es nach Schrenck-Notzing zahlreiche \u00dcbergangserscheinungen von Zust\u00e4nden des Doppel-bewufstseins zu Psychosen der verschiedensten Art, in denen \u00e4hnliche partielle oder totale, mehr oder weniger vor\u00fcbergehende Abspaltungen von Vorstellungsgruppen, Gedankenzusammenh\u00e4ngen, Handlungskomplexen vor sich gehen. \u00dcberall aber ist das Leben des zweiten Ich\u2019s nicht m\u00f6glich ohne das erste, es baut sich in irgend einem Mafse auf diesem auf, und in den meisten F\u00e4llen ist es ein inferiores geistiges Leben (was namentlich gegen\u00fcber den \u00dcbertreibungen von Dessoir hervorgehoben werden mufs). Ebenso wie Delabarre ist Schrenck-Notzing der Ansicht, dafs die Annahme eines Doppelbewufstseins in allen F\u00e4llen eine \u00fcberfl\u00fcfsige ist. In den scheinbar am meisten das Doppel-Ich beglaubigenden F\u00e4llen, in denen \u2014 wie im Falle Barkworth \u2014 zwei gleichzeitige Th\u00e4tigkeiten nebeneinander vollzogen werden, handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um ein blofses Alternieren der Aufmerksamkeit zwischen zwei Th\u00e4tigkeiten, oder aber die eine der beiden Th\u00e4tigkeiten ist eine festassoziierte Reihe, die mit einem Minimum von Bewufstsein ablaufen kann. Immer aber reichen Erkl\u00e4rungen, wie die mittels unbewufster Vorg\u00e4nge, automatischer psychisch bedingter Handlungen, oder mittels der Annahme eines raschen Wechsels der Geistesth\u00e4tigkeiten, aus, um psychische Thatsachen zu erkl\u00e4ren, \u201edie eine Vielf\u00e4ltigkeit der Pers\u00f6nlichkeit Vort\u00e4uschen\u201c.\n3. In der dritten Schrift vertritt Dessoir die Annahme eines Doppel-Ichs im vollen Sinne des Wortes, und zwar setzt sich nach Dessoir auch der normale Mensch, also \u201edie menschliche Pers\u00f6nlichkeit\u201c \u00fcberhaupt, \u201eaus mindestens zwei deutlich trennbaren Sph\u00e4ren zusammen, die jede f\u00fcr sich durch eine Erinnerungskette zusammengehalten werden.\u201c Der Gedankengang der ersten Auflage des \u201eDoppel-Ichs\u201c ist mit wenigen Ver\u00e4nderungen in die zweite Auflage aufgenommen worden. Das Beweismaterial ist im grofsen und ganzen dasselbe geblieben; es verteilt sich in drei Gruppen, von denen die erste vorwiegend automatische Handlungen, Erfahrungen an Tr\u00e4umen und Trunkenheitszust\u00e4nden, am \u201enat\u00fcrlichen Somnambulismus\u201c, an Zust\u00e4nden von epileptischem \u00c4quivalent u. a. m. behandelt. Die zweite Thatsachengruppe wird haupts\u00e4chlich von Beobachtungen an Hysterischen gebildet (Binet, Janet etc.), die dritte von Ergebnissen hypnotischer Experimente. Die Resultate der Schrift in der ersten Auflage waren in der Hauptsache diese beiden : die oben erw\u00e4hnte Ansicht von der Vielf\u00e4ltigkeit der menschlichen Pers\u00f6nlichkeit, und sodann eine Erkl\u00e4rung der Hpnose, die mit jener Ansicht eng zusammenh\u00e4ngt, \u201edie Hypnose besteht in einem k\u00fcnstlich herbeigef\u00fchrten \u00dcbergewichts des sekund\u00e4ren Ich\u201c. Auch an diesen Hauptresultaten ist nichts wesentliches ge\u00e4ndert; trotzdem ist der Umfang der Schrift von 42 auf 82 Seiten gewachsen, und die Zuthaten bestehen fast ausschliefslich in sehr gewagten allgemein psychologischen Ausf\u00fchrungen rein theoretischer Art. Der Verf. schliefst seine Schrift mit","page":324},{"file":"p0325.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n325\neindringlichen Ermahnungen an die Psychologen, endlich gegen\u00fcber der Frage des Doppel-Ichs von dem unfruchtbaren Theoretisieren zu lassen: \u201eSicherlich m\u00fcssen wir gegenw\u00e4rtig der genauen Beschreibung des Einzelnen den Vorzug geben vor einer meist mit erstaunlicher K\u00fchnheit durchr gef\u00fchrten Er\u00f6rterung oberster Gattungsbegriffe\u201c. Und dabei besteht die Erweiterung seiner Brosch\u00fcre fast ausschliefslich in einem sehr freien Wirtschaften mit Hypothesen \u00fcber absolutes und relatives Bewufstsein, \u00fcber die Identit\u00e4t von Empfindung und Bewegung, \u00fcber die Entwickelung des synthetisierten aus dem nieht-synthetisierten Bewufstsein u. s. w., auch nicht ein einziger von diesen in den letzten vier Abschnitten behandelten \u201eGattungsbegriffen\u201c ist aus einem zureichenden Thatsachenmaterial gewonnen. Da ferner der Hauptmangel der ersten Auflage des Doppel-Ichs auch hier beibehalten ist, n\u00e4mlich das Verfahren Dessoir\u2019s die zahlreichen naheliegenden anderweitigen Erkl\u00e4rungsm\u00f6glichkeiten neben der Doppel-Ich-Hypothese so gut wie gar nicht in Betracht zu ziehen, so wird niemand behaupten k\u00f6nnen, dafs die Frage des Doppel-Ichs durch die zweite Auflage der DESSoi\u00df\u2019schen Schrift weiter gekommen ist.\nMeumann (Z\u00fcrich).\nSalg\u00f6. Noch einmal Paranoia and Schwachsinn. Allg. Zeitschrift f\u00fcr Psych. Bd. 53. S. 897\u2014912. (1897.)\nS. bezeichnet als erstes, oft unbemerkt bleibendes Symptom der Paranoia die initiale Einengung des Bewmfstseins, die Verarmung des Bewufstseins-inhaltes. \u201eDie intakte Intelligenz bedeutet erstens eine Summe von erworbenen Elementen des psychischen Lebens, und zweitens die M\u00f6glichkeit einer unbehinderten wechselseitigen Wirkungsf\u00e4higkeit dieser Elemente.\u201c Diese beiden Grundbedingungen geben zusammen erst den vollen psychischen Mechanismus. Das freie unbehinderte Zusammenspiel aller derjenigen Elemente des psychischen Lebens, die durch zeitliche Kongruenz oder andere gemeinsame Merkmale innere Gemeinschaft haben, \u2014 nennen wir Bewufstsein. Alles was dieses freie Zusammenspiel hindert, f\u00fchrt eine St\u00f6rung des Bewufstseins herbei. Eine Einengung des Bewufstseins k\u00f6nnte herbeigef\u00fchrt werden durch die gr\u00f6fsere und herrschende Kraft eines Bewufst-seinselementes oder einiger weniger (\u201e\u00fcberwertige Ideen\u201c), oder aber durch die herabgeminderte F\u00e4higkeit der Wechselwirkung der anderen Bewufst-seinselemente. Die Einengung des Bewmfstseins w\u00e4re also entweder sekund\u00e4r oder prim\u00e4r. Salg\u00f6 entscheidet sich, wenigstens auf pathologischem Gebiet, f\u00fcr den letzteren Modus, d. h. die freie Wechselwirkung des \u00fcbrigen Be-wufstseinsinhaltes hat gelitten. Die Einengung des Bewufstseins ist eine Folge der Herabminderung der wechselwirkenden assoziatorischen Kr\u00e4fte, die den psychischen Elementen innew'ohnen. Einengung des Bewufstseins ist gleichbedeutend mit Verarmung des Bewufstseinsinhaltes. Die untere Grenze der Einengung ist die Bewufstseinsleere, der Stupor, der nicht Folge einer \u201eHemmung\u201c ist, sondern eine organisch bedingte Verarmung des Bewufstseinsinhaltes. Vor\u00fcbergehende Einengung des Bewufstseins kommt oft vor, noch innerhalb der Breite psychischer Gesundheit. Z. B. wenn einem eine Melodie nicht aus dem Kopf wrill, wenn man einen augenblicklichen Erinnerungsdefekt nicht decken kann, einem ein Name u. dgl. nicht","page":325}],"identifier":"lit30268","issued":"1897","language":"de","pages":"323-325","startpages":"323","title":"1. Edm. B. Delabarre: Interpretation of the Phenomena of Double Consciousness. The Progress of the World. Dez. 1895. S. 21-26 / 2. Schrenck-Notzing: \u00dcber Spaltung der Pers\u00f6nlichkeit (sogenanntes Doppel-Ich). Wien, Alfr. H\u00f6lder, 1896. 23 S. / 3. Max Dessoir: Das Doppel-Ich. Zweite verm. Aufl. Leipzig, Ernst G\u00fcnther, 1896. 82 S.","type":"Journal Article","volume":"15"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:36:47.361909+00:00"}