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{"created":"2022-01-31T12:23:24.868432+00:00","id":"lit30284","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Ebbinghaus, Herm.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 16: 152-154","fulltext":[{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"Bemerkung zu der Abhandlung M. Meyer\u2019s \u201eZur Theorie\nder Differenzt\u00f6ne u. s. w.\u201c\n(S. 1 des vorliegenden Bandes dieser Zeitschrift.)\nVon\nHerm. Ebbinghaus.\nF\u00fcr die kritischen Bemerkungen Meyer's zu der von mir vorgeschlagenen Ab\u00e4nderung der Helmholtz\u2019sehen Theorie des H\u00f6rens (Grundz\u00fcge der Psychologie I, S. 318 ff.) w\u00fcrde ich sehr dankbar sein, wenn ich nicht eins dabei vermisste : n\u00e4mlich das Zutrauen, dass ich mir meine Vermuthungen einigermaassen im Zusammenh\u00e4nge \u00fcberlegt habe. Der erste Halbband meiner Psychologie bricht aus \u00e4usseren Gr\u00fcnden gerade in der Mitte der Theorie des H\u00f6rens ah; er kann also noch nicht auf alle aufzuwerfenden Fragen mit einer Antwort ger\u00fcstet sein. Ausserdem ist f\u00fcr meine allgemein gehaltene Darstellung ein allzu weites Eingehen auf Einzelheiten naturgem\u00e4ss \u00fcberhaupt nicht m\u00f6glich, ohne dass doch deshalb meine Vorstellung von der Sache f\u00fcr die Erkl\u00e4rung dieser Einzelheiten keine Handhabe b\u00f6te. Indem ich eine eingehendere Er\u00f6rterung der von Meyer hervorgehobenen Schwierigkeiten einer anderen Gelegenheit Vorbehalte, beschr\u00e4nke ich mich hier darauf, seinen mir an erster Stelle (S. 13) gemachten Einwand ahzuwehren, weil ihm ein allgemeineres Interesse zukommt.\nAuf S. 316 meiner Darstellung hebe ich hervor, dass die HELMHOLTz\u2019sche Resonatorentheorie neuerdings durch die Beobachtungen \u00fcber das Vorkommen von Tonl\u00fccken und Toninseln eine kr\u00e4ftige St\u00fctze erhalte. Nichtsdestoweniger haften","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"\u00ef\u00efkmerhmgm m der Abhtmdhmg M. Megmr*$.\tIgS\nihr verschiedene M\u00e4ngel an, und zn deren Behebung schlage ich dann auf S. 320 eine Erg\u00e4nzung vor, n\u00e4mlich die Annahme, dass eine die Basilarmembran treffende einfache Tonwelle nicht nur die direkt auf sie abgestimmten Fasern in Mitschwingung setze, sondern bis zu einer gewissen Grenze auch die auf harmonische Untert\u00f6ne abgestimmten, und zwar diese in TheilSchwingungen unter Bildung von Knotenpunkten. Offenbar kann ich beim Niederschreiben dieses Vorschlags die wenige Seiten vorher erw\u00e4hnten Thatsachen noch nicht vergessen haben ; indes Meyer findet zwischen beiden einen Widerspruch. Gesetzt, die Resonatoren f\u00fcr 800 bis 2500 Schwingungen seien in einem Ohre zerst\u00f6rt und es werde nun ein Ton von 1000 Schwingungen zugeleitet. Dann m\u00fcsste dieser gleichwohl vernommen werden. Denn \u201eder Resonator 500 ist ja unverletzt\u201c, er braucht nur einen einzigen Knoten zu bilden, um sich der Schwingungszahl 1000 anzupassen, und die ihm anliegenden Nervenzellen sind ebenfalls auf den Rhythmus 1000 ausserordentlich gut einge\u00fcbt. Kurz, das thats\u00e4chliche Vorkommen von Tonl\u00fccken werde durch meine Erg\u00e4nzung der Resonatorentheorie, die es doch st\u00fctzen solle, v\u00f6llig r\u00e4thselhaft.\nDabei ist eine Eigenth\u00fcmlichkeit der in Rede stehenden pathologischen Erscheinung ausser Acht gelassen, die aus dem sie behandelnden Bezold\u2019sehen Buche (das H\u00f6rverm\u00f6gen der Taubstummen) mit grosser Deutlichkeit hervorgeht, und die ich in meiner Psychologie gleich bei der ersten Erw\u00e4hnung der Tonl\u00fccken (S. 282) gestreift habe, um sp\u00e4ter daran anzukn\u00fcpfen. Die mit L\u00fccken behafteten Ohren funktioniren nicht etwa im Uebrigen normal, sondern sie sind zun\u00e4chst im Ganzen erkrankt und zeigen demnach auch in den noch zur Wahrnehmung gelangenden Parthien der Tonskala durchweg eine stark herabgesetzte H\u00f6rsch\u00e4rfe. Wenn also Jemand den Ton 500 noch einigermaassen perzipirt, den Ton 1000 (in der mit einer Stimmgabel hervorzubringenden St\u00e4rke) aber nicht, so bildet das f\u00fcr meine Anschauung durchaus keine Schwierigkeit. Der mechanisch-nerv\u00f6se Apparat, der der Vermittelung von 500 dient, kann ganz wohl den ihm am meisten ad\u00e4quaten Reiz noch in eingeschr\u00e4nkter Weise mit einer Empfindung beantworten, und kann sich trotzdem dem Reiz 1000, der ihm weit weniger ad\u00e4quat ist und also viel schw\u00e4cher zur Geltung kommt, schon v\u00f6llig versagen. Dabei kann, soviel wir orientirt sind, die Unempfindlichkeit ebensogut dem mechanischen Theil des Apparates","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154 Ebbinghaus, Bemerkungen zu der Abhandlung M. Meyer\u2019s.\nzur Last fallen (die Fasern k\u00f6nnen schlechter mitschwingen) wie dem nerv\u00f6sen (die Nervenzellen k\u00f6nnen schwerer in Erregung gerathen). Ist das erste der Fall, so w\u00fcrden Prim\u00e4rt\u00f6ne, die in die L\u00fccke fallen, auch keine Differenzt\u00f6ne erzeugen k\u00f6nnen, in dem zweiten Falle dagegen w\u00fcrden solche Differenzt\u00f6ne unter Umst\u00e4nden wohl noch wahrnehmbar sein.\nUnter 57 von Bezold untersuchten Geh\u00f6rorganen, in denen eine ausgefallene Parthie der Tonskala nach unten von einer noch erhaltenen begrenzt wird, finden sich nur 2 Ausnahmen von dieser allgemeinen H\u00f6rschw\u00e4che (Taf. 3). F\u00fcr das Ohr 44 r. bezeichnet Bezold die H\u00f6rsch\u00e4rfe in der nach unten an die L\u00fccke angrenzenden Oktave (in Zehnteln der seinigen) als 0,8, f\u00fcr das Ohr 19 1. gar als 1,0. Da ich die Richtigkeit dieser Zahlen, neben der grossen Menge der \u00fcbrigen, viel kleineren, in Zweifel z\u00f6g, bat ich Hrn. Bezold um eine Nachpr\u00fcfung. Leider liess sich diese f\u00fcr das Ohr 19 1. nicht mehr erm\u00f6glichen, f\u00fcr 44 r. war sie (mit schwereren Stimmgabeln) bereits geschehen. Wie Hr. Bezold die Freundlichkeit hatte, mir mitzutheilen, hatte sie f\u00fcr die T\u00f6ne d, a und nicht mehr wie fr\u00fcher die H\u00f6rsch\u00e4rfen 0,9, 0,9 und 0,8 geliefert, sondern nur noch 0,8, 0,7 und 0,57. Also ganz im Sinne meiner Vermuthung: in der an die L\u00fccke zun\u00e4chst angrenzenden eingestrichenen Oktave war die H\u00f6rsch\u00e4rfe nur noch etwa halb so gross wie bei einem normalen Individuum.","page":154}],"identifier":"lit30284","issued":"1898","language":"de","pages":"152-154","startpages":"152","title":"Bemerkung zu der Abhandlung M. Meyer's \"Zur Theorie der Differenzt\u00f6ne u. s. w.\" (S. 1 des vorliegenden Bandes dieser Zeitschrift)","type":"Journal Article","volume":"16"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:23:24.868437+00:00"}