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{"created":"2022-01-31T12:29:34.895972+00:00","id":"lit30316","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Liepmann","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 16: 237-238","fulltext":[{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n237\nin Spiegelschrift. Der sinnliche optische Eindruck fehlt hier, und die blossen Erinnerungsbilder des Aussehens der Buchstaben sind offenbar vielfach schon zu schwach geworden zu der entsprechenden Regulirung der Handbewegungen.\tEbbinghaus.\nr. v. Krafft-Ebing. Lehrbuch der Psychiatrie auf klinischer Grundlage f\u00fcr praktische Aerzte und Studirende. Sechste vermehrte und verbesserte Auflage. Stuttgart. F. Enke- 1897. XII u. 634 S.\nWenn in unserer an psychiatrischen Lehrb\u00fcchern reichgesegneten Zeit von einem der umfangreichsten dieser Werke in Zwischenr\u00e4umen von wenigen Jahren (vergl. diese Zeitschr. Bd. VII, S. 236) stets eine neue Auflage n\u00f6thig wird, so sind wir damit der weiteren Empfehlung \u00fcberhoben. Es ist dem Verfasser gelungen, in der verwirrenden Mannigfaltigkeit der Erscheinungen, wie sie die Klinik der \u201eKrankheiten der Person\u201c aufweist, sowohl die Gesetzm\u00e4ssigkeiten wie auch empirisch klare Krankheitsbilder heraustreten zu lassen.\tArthur K\u00f6nig.\nK. Heilbronner. Ueber Asymholie. Psychiatr. Abhandlungen. Hgg. v. Prof. C. Wernicke. Heft 3/4. Breslau. Schletter\u2019sche Buchhandlung. 1897. 60 S.\nUnter Asymbolie versteht H. das, was Freud \u201eAgnosie\u201c genannt hat: Das Mehterkennen von Gegenst\u00e4nden trotz erhaltener Sinnesfunktion in pr\u00fcfbarem Bewusstseinszustande.\nEr berichtet ausf\u00fchrlich \u00fcber 3 solcher F\u00e4lle, in denen organische, d. h. grobanatomische Gehirnerkrankungen Vorlagen, was bei allen aus den klinischen Erscheinungen hervorging, bei Fall II und III noch durch die Autopsie best\u00e4tigt wurde.\nDie drei Patienten wissen mit vielen Gegenst\u00e4nden, die ihnen gereicht werden, entweder gar nichts anzufangen, oder gebrauchen sie in verkehrter Weise.\nI will in ein St\u00fcck Seife heissen, verh\u00e4lt sich g\u00e4nzlich ver-st\u00e4ndnisslos gegen\u00fcber den ihm zum Anziehen dargebotenen Str\u00fcmpfen, desgl. Cigarre und Z\u00fcndholz gegen\u00fcber, bis ihm erstere in den Mund gesteckt wird.\nBei Pat. II' findet sich dasselbe in noch h\u00f6herem Grade, er beisst in viele ungeniessbare Dinge (Thermometer, Licht), k\u00fcsst Besen, Stiefel, B\u00fcrste u. s. w.\nDer III. Fall ist \u00fcberhaupt tief benommen, reagirt sehr wenig und dann falsch.\nAlle Drei haben daneben Sprachst\u00f6rungen. III ist total aphasisch (sowohl Sprache, wie Verstehen erloschen), II sensorisch aphasisch, I zeigte eine komplizirtere unvollst\u00e4ndige Sprachst\u00f6rung, die sich vor Allem in Paraphasie kundgab.\nDie Sektion ergab bei II beiderseitige Erweichungsherde in Folge von Gef\u00e4ssverstopfung und zwar, rechts : wesentlich II. Schl\u00e4fen Windung und Marklager des Schl\u00e4fenhinterhauptslappen befallen. Links : geringerer,","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238\nLiteraturbericht.\nhaupts\u00e4chlich die erste Schl\u00e4fenwindung und das untere Scheitell\u00e4ppchen betreffender Herd.\nBei III ebenfalls beiderseitiger Erweichungsherd in der Schl\u00e4fenhinterhauptsgegend mit erheblicher Betheiligung des tiefen Markes und Herd im rechten Armcentrum.\nZur Erkl\u00e4rung der Asymbolie nimmt H. mit Wernicke an, dass die f\u00fcr den Begriff des Gegenstandes erforderlichen Erinnerungsbilder verloren gegangen sind. Sie setzt sich aus einer Mehrheit von Ausfallssymptomen zusammen, einem optischen, taktilen, akustischen u. s. w., verh\u00e4lt sich also zu Lissauer\u2019s Seelenblindheit, Wernicke\u2019s Tastl\u00e4hmung wie ein Ganzes zu einem Theil.\nEs brauchen nun aber nicht besonders s\u00e4mmtliche Rindenbezirke, welche Sitz der genannten sensorischen Funktionen sind, erkrankt zu sein \u2014 was ja auch bei den beiden sezirten F\u00e4llen mit relativ eircumseripten Herden nicht der Fall war \u2014 sondern das Bild der Asymbolie kommt auch zu Stande, wenn neben einzelnen Rindentheilen die Associationsfaserungen im Mark in gr\u00f6sserem Umfange gesch\u00e4digt sind.\nDass in den vorliegenden F\u00e4llen auch Unf\u00e4higkeit durch Tasten zu erkennen trotz unversehrter Tastregion bestand, erkl\u00e4rt H. mit dem Hinweise darauf, dass vermuthlich \u00fcberhaupt viele Tasteindr\u00fccke erst vermittelst optischer und akustischer Associationen verstanden werden. Die F\u00e4lle beweisen dem Verf., dass eine umschriebene Erkrankung des Gehirns einen Zustand tiefsten Bl\u00f6dsinns bedingen kann. Die geschilderten Defekte lassen sich ausschliesslich aus dem definitiven Ausfall von Gehirnsubstanz erkl\u00e4ren (bed\u00fcrfen also weder der Annahme von Fernwirkungen noch der Sch\u00e4digung eines ideogenen Centrums).\nDie Asymbolie ist prinzipiell von dem tiefsten Bl\u00f6dsinn nicht verschieden. Die Verbl\u00f6dung im gew\u00f6hnlichen Sinne macht meist Halt vor den einfachsten Erinnerungsbildern. Jedoch nicht immer, zuweilen kommt es auch zu deren Verlust und damit zur Asymbolie. Die geschilderten F\u00e4lle unterscheiden sich von den F\u00e4llen gew\u00f6hnlicher Verbl\u00f6dung, welche diesen h\u00f6chsten Grad erreichen, nur dadurch, dass das, was in letzteren Folge eines allgemeinen progressiven Degenerationsprozesses ohne grobe Herde ist, hier durch doppelseitige Herderkrankung zu Stande kommt. Zum Schluss versucht H. die Erkl\u00e4rung gewisser Kategorien von Fehlreaktionen, die bei seinen F\u00e4llen, aber auch sonst h\u00e4ufig Vorkommen. Besonders be-merkenswerth ist seine Hypothese zur Erkl\u00e4rung des allen Psychiatern wohl-bekannten Symptoms des \u201eHaftenbleibens\u201c. Kann eine Erregung in Folge Ausfalls von nerv\u00f6ser Substanz nicht an ihr Ziel gelangen, so wird sie die vor Kurzem erregte und daher im Zustand erh\u00f6hter Erregbarkeit befindliche Bahn beschreiten.\nAuf \u00e4hnliche Weise erkl\u00e4rt H. auch die Wiederkehr gewisser elementarer Reaktionen, wie das Hineinbeissen in Gegenst\u00e4nde, Weinen u. Aehnl.\tLiepmann (Breslau).","page":238}],"identifier":"lit30316","issued":"1898","language":"de","pages":"237-238","startpages":"237","title":"K. Heilbronner: Ueber Asymbolie. Psychiatr. Abhandlungen. Hgg. v. Prof. C. Wernicke. Heft 3/4. Breslau. Schletter'sche Buchhandlung. 1897. 60 S.","type":"Journal Article","volume":"16"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:29:34.895981+00:00"}