Open Access
{"created":"2022-01-31T12:32:40.109908+00:00","id":"lit30342","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Lange, Konrad","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 16: 409-417","fulltext":[{"file":"p0409.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n409\ndieser Form ergeben k\u00f6nnen, in sich. Ich bemerke, dass ich diese hier nur anzudeutende Thatsache in meinen \u201eGrundthatsachen des Seelenlebens\u201c unter dem Namen der kombinatorisch reproduktiven Th\u00e4tigkeit des Geistes etwas genauer bezeichnet habe. Zum vollen Verst\u00e4ndniss der Tragweite dieser Thatsache ist zugleich vorausgesetzt die Einsicht, dass psychische Vorg\u00e4nge und noch mehr Zusammenh\u00e4nge von solchen in weitem Umfange solche Eigenth\u00fcmlichkeiten, Beziehungen, Formen an sich tragen und solche Uebereinstimmungen und Verschiedenheiten besitzen k\u00f6nnen, die sich in den ihnen entsprechenden Bewusstseinsinhalten nicht repr\u00e4sentirt finden.\nIm folgenden, dem siebenten Kapitel, besch\u00e4ftigt sich Stout mit dem Streben und der cognitive synthesis, in den darauf folgenden der Reihe nach mit der Apperzeption; mit Vergleichung und Begriff; mit Gedanken und Sprache; mit Glauben und Einbildungskraft; endlich mit Lust und Unlust. Unter Apperzeption wird verstanden der Prozess, durch welchen ein psychisches System neue Elemente sich aneignet, oder eine neue Determination erf\u00e4hrt. Den Inhalt der beiden letzten Kapitel habe ich bereits ber\u00fchrt.\nIch habe hervorgehoben, was mir im ganzen Buche der Grundgedanke scheint. Es ist der, dass wenn auch ein Glasmosaikgem\u00e4lde aus Glasstiften sich zusammensetzt, doch das Gem\u00e4lde etwas v\u00f6llig anderes ist als eine Menge oder ein Nebeneinander von Glasstiften, n\u00e4mlich ein sinnvolles Ganze. Der Sinn ergiebt sich nicht aus den Glasstiften, wohl aber bestimmt er umgekehrt das Nebeneinander derselben. Dieser Vergleich, der nicht aus Stout stammt, hinkt stark. Die Glasstifte bleiben Glasstifte, auch wenn sie aus dem Gem\u00e4lde genommen werden; eine aus dem Zusammenhang des psychischen Lebens herausgenommene Vorstellung ist nichts mehr. \u2014 Im Rahmen oder auf der Basis seines Grundgedankens ber\u00fchrt Stout noch gar manche weitere Einzelprobleme, auf die ich aber nicht mehr im Einzelnen hinweisen kann. Ich empfehle das werthvolle Buch der ernstlichen Beachtung der Psychologen.\nTheodor Lipps.\nPaul Iwan Helwig: Eine Theorie des Sch\u00f6nen. Mathematisch-psychologische Studie. Amsterdam. Delsman u. Nothenius, Akademische Buchhandlung 1897, 87 S.\nSeitdem Adolf Zeising 1854 seine von der Wissenschaft l\u00e4ngst zu den Todten gelegte Theorie vom goldenen Schnitt als kosmischem Proportionsprinzip auf gestellt hat, ist kein Versuch gemacht worden, das zentrale Problem der formalen Aesthetik in so streng mathematischer Weise zu l\u00f6sen wie in der vorliegenden Abhandlung. Sie ist vielleicht die scheinbar strengste wissenschaftliche Untersuchung, die im Gebiet der idealistischformalen Aesthetik bisher \u00fcberhaupt geschrieben worden ist, und man kann","page":409},{"file":"p0410.txt","language":"de","ocr_de":"410\nBesprechungen.\nvon vornherein sagen, dass eine Kritik dieses Versuches gleichzeitig eine Kritik der ganzen \u00e4sthetischen Richtung sein wird, der er angeh\u00f6rt.\nAuch in der HELWi&\u2019schen Schrift handelt es sich um die Frage nach dem sch\u00f6nsten Verh\u00e4ltniss einfacher r\u00e4umlicher Gr\u00f6ssen, insbesondere grader Linien, zu einander. Dieses Problem ist bisher von der experimentellen Aesthetik zweimal behandelt worden, zuerst von G. Th. Fechner, dem Begr\u00fcnder dieser Wissenschaft, in seiner klassischen Abhandlung; \u201eZur experimentalen Aesthetik, erster Theil, Abhandlungen der mathematisch - physikalischen Klasse der K\u00f6niglich S\u00e4chsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Leipzig 1871, dann von einem Sch\u00fcler Wundt\u2019s, Lightner Witmer in seiner Schrift: Zur experimentellen Aesthetik einfacher r\u00e4umlicher Formverh\u00e4ltnisse. Wundt\u2019s Philosophische Studien, IX, 1894, S. 96 ff. und 209 ff.\nWahrend das Hauptverdienst der FucHNER\u2019schen Abhandlung darin besteht, dass Fechner zum ersten Mal dem unwissenschaftlichen Operiren mit den niemals recht zu fassenden Verh\u00e4ltnissen des menschlichen K\u00f6rpers und architektonischer Kunstwerke ein Ende gemacht und die L\u00f6sung des ganzen Problems auf das Experiment, d. h. die Methode der Wahl zwischen einfachen geometrischen Verh\u00e4ltnissen gegr\u00fcndet hat, ist das Verdienst der WiTMER\u2019schen Untersuchung besonders darin zu sehen, dass in ihr die immer noch ziemlich ungenaue Methode der Wahl durch die sehr sorgf\u00e4ltig ausgedachte Methode der paar weisenVergleic hung erg\u00e4nzt und dadurch eigentlich erst wissenschaftlich nutzbar gemacht worden ist. Diese Methode besteht in Folgendem.\nEine kontinuirlich geordnete Reihe von geometrischen Verh\u00e4ltnissen, sagen wir einmal Rechteckformen von verschiedenem Verh\u00e4ltniss der Seiten, wird einer Anzahl von Versuchspersonen vorgelegt. Und zwar werden diese Verh\u00e4ltnisse paarweise mit einander gruppirt und jede Versuchsperson gefragt, welches der beiden Verh\u00e4ltnisse eines Paares ihr besser gefalle. Die einzelnen Vorzugsurtheile werden in eine sehr \u00fcbersichtlich geordnete Tabelle eingetragen und danach der relative Sch\u00f6nheitswerth jedes Verh\u00e4ltnisses im Vergleich zu allen anderen berechnet.\nNat\u00fcrlich war das Sch\u00f6nheitsmaximum nicht bei allen Versuchspersonen dasselbe. Immerhin bewegte es sich innerhalb gewisser Grenzen. Und indem nun die Sch\u00f6nheitsmaxima aller Versuchspersonen zusammengeworfen und das Mittel aus ihnen genommen wurde, ergab sich f\u00fcr jede der in Betracht gezogenen Formen ein durchschnittliches Sch\u00f6nheitsmaximum. Bei den Versuchen mit dem Rechteck z. B. war das Sch\u00f6nheitsmaximum ein doppeltes. Das \u25a0eine lag bei dem Verh\u00e4ltniss 1 : 1, also mit anderen Worten beim Quadrat, das andere bei dem Verh\u00e4ltniss 1 : 1,651. Dagegen wurden die dem Quadrat benachbarten Rechtecke, deren Seiten sich nur ann\u00e4hernd wie 1:1 verhielten, allgemein als besonders h\u00e4sslich empfunden, wahrscheinlich weil man sie als verungl\u00fcckte Quadrate auffasste. Von da an stieg der Sch\u00f6nheitswerth in kontinuirlicher Weise bis zu dem Verh\u00e4ltniss 1 : 1,651, von wo er sich wieder ebenso kontinuirlich senkte. So konnte Witmer eine \u201eSch\u00f6nheitskurve\u201c oder eine \u201eKurve des \u00e4sthetischen Gef\u00fchls\u201c konstruiren, deren einzelne Punkte durch die auf der hozizontalen Achse aufgetragenen Gr\u00f6ssen des Verh\u00e4ltnissnenners (nur dieser war als variabel angenommen, der Z\u00e4hler","page":410},{"file":"p0411.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n411\ndagegen blieb konstant = 1) und die auf der senkrechten Achse aufgetragenen Zahlen der Vorzugsurtheile bestimmt waren.\nDiese Experimente wurden nun ausser mit Rechteeksverh\u00e4ltnissen auch mit anderen Verh\u00e4ltnissen gemacht, n\u00e4mlich mit der Theilung einer geraden Linie in zwei ungleiche Theile, der Fortsetzung einer Linie durch eine Reihe von Punkten, der Entfernung eines Punktes von einer darunter befindlichen senkrechten Linie (die sogenannten ^-Versuche Fechner\u2019s), beiden Schenkeln eines rechten Winkels, zwei senkrecht aufeinander stehenden Linien, zwei Armen eines Kreuzes, den beiden Achsen einer Ellipse, mit Kreissegmenten, gleichschenkligen Dreiecken u. s. w.\nDie Resultate waren der Theorie vom goldenen Schnitt nicht g\u00fcnstig. W\u00e4hrend noch Fechner wenigstens bei seinen Rechteckversuchen ein Sch\u00f6nheitsmaximum gefunden hatte, das dem Verh\u00e4ltniss des goldenen Schnitts 1 : 1,618 . . . sehr nahe stand, weichen die Resultate Witmer\u2019s s\u00e4mmtlich mehr oder weniger davon ab. Auch unter einander variiren sie (ebenso wie diejenigen Fechner\u2019s) ziemlich stark, n\u00e4mlich zwischen 1 : 1,527 und 1 : 1,872. Dass das Verh\u00e4ltniss des goldenen Schnitts innerhalb dieser beiden Extreme liegt, erkl\u00e4rt Witmer gewiss mit Recht f\u00fcr Zufall. Nicht der goldene Schnitt ist das gesuchte sch\u00f6nste Verh\u00e4ltniss, um welches alle Sch\u00f6nheitsmaxima n\u00e4her oder ferner oscilliren, sondern das sch\u00f6nste Verh\u00e4ltniss ist ungef\u00e4hr ein Mittelwerth zwischen zwei Extremen, in dessen N\u00e4he zuf\u00e4llig auch der goldene Schnitt liegt. Denn dasselbe stellt ungef\u00e4hr die Mitte dar zwischen den dem Quadrat nahestehenden Rechtecken einerseits und den langgestreckten Rechtecken, die auf keinen Fall mehr sch\u00f6n gefunden werden, andererseits.\nDen schon von Wither, wrenn auch nur fl\u00fcchtig, ausgesprochenen Gedanken, dass das Sch\u00f6nheitsmaximum ein Mittelwrerth sei, hat nun Helwig aufgegriffen und zun\u00e4chst mathematisch genauer zu beweisen gesucht. Die Mathematik kennt bekanntlich verschiedene Arten der Mittelwerthbildung, unter denen besonders die arithmetische, die geometrische und die harmonische von Bedeutung sind. Helwig sucht nun nachzuweisen, dass die Sch\u00f6nheit ein geometrischer Mittelwerth sei. Der geometrische Mittelwerth (M) zweier Gr\u00f6ssen a und h wird bekanntlich durchs die Gleichung ausgedr\u00fcckt :\n2\na\nM = b\noder allgemeiner gefasst der geometrische Mittelwerth zwischen n verschiedenen Gr\u00f6ssen einer Variablen x (dies w\u00fcrde der Nenner des Verh\u00e4ltnisses sein, dessen Z\u00e4hler konstant = 1 ist), stellt sich in folgender Gleichung dar:\nn\nx' 1/ \u2018\nM = J/ Xl X2 . . \u00e6\u00ab_l Xn = V\u00ab {xt X2 \u2022 \u2022 Xn\u20141 Xn).\nXn f\nIch kann auf die Einzelheiten des HELWi\u00f6\u2019schen Bewreises hier nicht\n\u00ab\neingehen, zumal da ich mir \u00fcber die Richtigkeit oder Unrichtigkeit seiner . mathematischen Entwickelung als Nichtmathematiker kein Urtheil erlauben","page":411},{"file":"p0412.txt","language":"de","ocr_de":"412\nBesprechungen.\nkann. Doch will ich wenigstens mittheilen, dass mir von mathematischer Seite die lebhaftesten Bedenken gegen diese ganze Art der Beweisf\u00fchrung\u00bb sowohl im Allgemeinen als auch im Einzelnen ausgesprochen worden sind. Die Mathematiker, denen ich das Problem vorlegte, erkl\u00e4rten \u00fcbereinstimmend, dass der von Helwig angeblich mathematisch bewiesene Satz, das sch\u00f6nste Yerh\u00e4ltniss sei ein geometrischer Mittelwerth, sich mathematisch \u00fcberhaupt nicht beweisen lasse. Es hiesse das Wesen der Mathematik geradezu verkennen, wenn man ihr die F\u00e4higkeit eines solchen Beweises Zutrauen wollte. H\u00f6chstens k\u00f6nne es sich um die mathematische Forinuli-rung eines vielleicht anderweitig \u2014 in diesem Falle also experimentell-\u00e4sthetisch \u2014 zu beweisenden Satzes handeln.\nDiese Verbindung mit der experimentellen Aesthetik stellt nun aber Helwig sonderbarer Weise erst im zweiten Theil seiner Schrift her, nachdem er im ersten den seiner Meinung nach mathematischen Beweis f\u00fcr die Theorie gef\u00fchrt hat. Das experimentelle Material ist also f\u00fcr ihn nicht die Grundlage des Beweises, sondern nur die Best\u00e4tigung einer auf anderem, d. h. mathematischem Wege gefundenen Wahrheit. Muss schon dies methodisch die gr\u00f6ssten Bedenken erregen, da es sich doch hier um ein psychologisches, nicht ein mathematisches Problem handelt, so wachsen diese Bedenken, wenn man in R\u00fccksicht zieht, dass die Experimente Fechner\u2019s und Witmeb\u2019s, die Helwig dabei zu Grunde legt, ihrer ganzen Natur nach nur ann\u00e4hernde Resultate ergeben konnten. Wenn also Helwig nackweisen will, dass die von Fechner und Wither gefundenen Seh\u00f6nheits-maxima mit dem geometrischen Mittelwerthe zwischen zwei gleichsch\u00f6nen oder gleichh\u00e4sslichen Formen \u00fcbereinstimmen, so hat. das \u2014 abgesehen von der Berechtigung der Fragestellung, die ich gerade hier bezweifeln m\u00f6chte \u2014 schon deshalb keinen wissenschaftlichen Werth, weil diese Uebereinstimmung nur ein ann\u00e4herndes Zusammentreffen mit ganz ungef\u00e4hren Ann\u00e4herungswerthen ist. Gerade in diesem Falle aber, wo es sich darum handelt, welcher von verschiedenen mathematisch m\u00f6glichen Mittelwerthen in Betracht kommt, m\u00fcsste die Uebereinstimmung eine genaue sein, wenn \u00fcberhaupt etwas bewiesen werden sollte.\nDass die von Helwig benutzten Experimente Fechner\u2019s und Wither\u2019\u00bb nur ganz ungef\u00e4hre Ann\u00e4herungswerthe geben, ist sehr leicht nachzu-wTeisen. Helwig selbst bringt eine Reihe von Bedenken sogar gegen die verfeinerte WiTMER\u2019sche Methode vor, ohne aber die n\u00f6thigen Konsequenzen daraus zu ziehen. Eine Kritik dieser experimentellen Untersuchungen liegt nun allerdings ausserhalb des Rahmens dieser Anzeige. Doch m\u00f6chte ich wenigstens soviel sagen, dass meiner Ansicht nach Wither das, worin er nach der einen Seite \u00fcber Fechner hinausgekommen ist, nach der anderen Seite wieder durch sehr zweifelhafte Manipulationen einb\u00fcsst. Sehr bedenklich ist in dieser Beziehung z. B. die Beschr\u00e4nkung der Versuchspersonen auf 8\u201410, und zwar lauter junge Gelehrte aus Wcndt\u2019s psychologischem Institut, also auf ein psychologisch ohne Zweifel pr\u00e4okkupirtes Versuchsmaterial. Vor allen Dingen aber ist bedenklich der systematische Ausschluss derjenigen Versuchspersonen, deren Urtheil sich als von dem der Uebrigen stark abweichend oder auch schwankend erwies. Denn das ist ja gerade das interessanteste Resultat der WiTMER\u2019schen Experimente, dass das","page":412},{"file":"p0413.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n413\nUrtheil \u00fcber das sch\u00f6nste Verh\u00e4ltnis selbst innerhalb des engen Kreises einer gleichen Interessen- und Bildungszielen zustrebenden Gesellschaft so stark schwankt, dass Witmer sich ge-n\u00f6thigt sah, die am meisten abweichenden Personen ganz aus der Rechnung auszuschliessen !\nAllein damit hat er das Resultat, wie mir scheint, geradezu vorweggenommen. Denn es handelt sich ja bei dieser ganzen Untersuchung gerade um die Frage, ob es \u00fcberhaupt zwischen einer Reihe gleichartiger Formen von verschiedenen Verh\u00e4ltnissen eine giebt, die als die sch\u00f6nste, die normale Form bezeichnet werden kann, d. h. mit anderen Worten, ob das Abweichen und Schwanken des Urtheils, wie es sich selbst bei wenigen Gebildeten findet, wirklich wie Fechner und Witmer annahmen, eine fehlerhafte Unsicherheit, einen Mangel an Geschmack bekundet, oder ob wir nicht gerade darin das Normale, die Regel zu erkennen haben, w\u00e4hrend die Uebereinstimmung erst ein Zeichen der Gew\u00f6hnung, der Konvention u. s. w-ist. Es ist nat\u00fcrlich sehr leicht, aus einer gr\u00f6sseren Zahl von Urtheilen, die alle innerhalb gewisser Grenzen von einander abweichen, einen Mittelwerth zu berechnen. Das ist zun\u00e4chst nur eine rein mathematische Operation. Um aber diesem Mittelwerth eine \u00e4sthetische Bedeutung zusprechen zu k\u00f6nnen, m\u00fcsste man doch erst nachweisen, dass gerade dieses genaue mathematische Mittel die h\u00f6chste Sch\u00f6nheit repr\u00e4sentire. Das ist aber einfach unm\u00f6glich ; das Einzige, was man sagen kann, ist, dass die Sch\u00f6nheitsmaxima einer gr\u00f6sseren Zahl von Personen sich innerhalb gewisser Grenzen bewegen und dass die sch\u00f6nsten Formen jedenfalls nicht ausserhalb dieser Grenzen zu suchen sind. Es giebt also in Bezug auf das Sch\u00f6ne wohl ein Zuviel und Zuwenig, aber die h\u00f6chste Sch\u00f6nheit l\u00e4sst sich nicht auf einen bestimmten Punkt zwischen diesem Zuviel und Zuwenig fixiren. Sie ist etwas Individuelles und die verschiedenen Sch\u00f6nheitsmaxima haben alle die gleiche subjektive Berechtigung.\nDiese Erkenntniss, die z. B. unserem D\u00fcrer schon vollkommen aufgegangen war,1 macht aber jeden Versuch, das Sch\u00f6ne als einen geometrischen Mittelwerth nachzuweisen, von vornherein illusorisch. Denn dieser ganze Nachweis setzt ein mathematisch genau zu formulirendes Verh\u00e4ltnis\u00bb voraus, wo in Wirklichkeit vielmehr ein ziemlich grosser Spielraum f\u00fcr den individuellen Geschmack gelassen ist.\nDen richtigen Kern in der \u00dcELwio\u2019schen Untersuchung sehe ich vielmehr in etwas ganz anderem als worin Helwig ihn zu sehen scheint, n\u00e4mlich in der entschiedenen Betonung der Thatsache, dass dieses ganze Problem in erster Linie ein individuelles Problem ist. In der That handelt es sich f\u00fcr Helwig durchaus nicht darum \u2014 wie noch f\u00fcr Fechner und Witmer \u2014 nachzuweisen, dass irgend ein Mittelwerth aus allen \u00fcberhaupt m\u00f6glichen Formen eine bestimmte f\u00fcr alle Menschen g\u00fcltige Sch\u00f6nheitsnorm sei, sondern vielmehr darum, zu zeigen, dass sich jeder einzelne Mensch auf Grund seiner gewohnten Anschauung, aus zahl-\n1 Vgl. K. Lange, D\u00fcrer\u2019s \u00e4sthetisches Glaubensbekenntniss. Zeitschr\u201e f. bild. Kunst 1898 (im Druck).","page":413},{"file":"p0414.txt","language":"de","ocr_de":"414\nBesprechungen.\nreichen Formen, die er im Verlaufe seines Lebens gesehen hat oder st\u00e4ndig yor Augen sieht, einen Durchschnitt, einen Mittelwerth bildet, der f\u00fcr ihn eine gewisse \u00e4sthetische Bedeutung hat. Andere Menschen k\u00f6nnen andere Erfahrungen, eine andere Anschauungsmasse haben und sich in Folge dessen auch andere Mittelwerthe, andere \u00e4sthetische Maassst\u00e4be bilden.\nUm aber das Zusammenfallen des Sch\u00f6nheitsmaximums mit dem Durchschnitt der gewohnten Formen nachzuweisen, gen\u00fcgen die Fechner-schen und WiTMER\u2019schen Experimente nicht. Denn weder Fechner noch Witmer haben einen solchen Zusammenhang nachgewiesen. Gerade dies aber w\u00e4re die Aufgabe gewesen, um die es sich f\u00fcr Helwig in erster Linie gehandelt h\u00e4tte. Fechner und Witmer konstatirten nur die That-sache der Geschmacksverschiedenheit und suchten durch Berechnung des Durchschnitts die nach beiden Seiten bestehenden Abweichungen auszugleichen. Dabei zeigt sich von Fechner zu Wither schon eine interessante Entwickelung. Fechner benutzte bei seinen ber\u00fchmten Rechtecksversuchen nicht weniger als 347 Versuchspersonen. Nat\u00fcrlich, denn er wollte ja ein allgemein g\u00fcltiges normales Durchschnittsverh\u00e4ltniss ermitteln. Witmer dagegen benutzte nur 8\u201410 und glaubte dabei wunderbarer Weise immer noch eine allgemeing\u00fcltige Norm zu finden, w\u00e4hrend er doch thats\u00e4ehlich nur eine Norm f\u00fcr diese wenigen Personen \u2014 und, wegen der Ausschliessung der stark abweichenden Urtheile, noch nicht einmal f\u00fcr diese \u2014 fand. Helwig geht noch einen Schritt weiter, indem er am liebsten nur mit einer Versuchsperson operiren m\u00f6chte. Sein Satz, dass sich der Geschmack jedes Menschen bis zu einem gewissen Grade als Durchschnitt aus seinen gewohnten Anschauungen ergiebt, enth\u00e4lt zweifellos einen wahren Kern, aber Helwig macht nicht den mindesten Versuch, ihn f\u00fcr einzelne Individuen zu beweisen. Was er beweist oder beweisen will, ist streng genommen nur, dass zwischen zwei f\u00fcr einen Menschen gleich sch\u00f6nen oder gleich h\u00e4sslichen Formen (Prinzip der \u201e\u00e4sthetischen Gleichwerthig-keit\u201c) eine geometrische Mitte zu nehmen ist und dass diese geometrische Mitte das Sch\u00f6nheitsideal des betreffenden Menschen repr\u00e4sentirt. Aber das ist ja f\u00fcr seine eigene Theorie vollkommen gleichg\u00fcltig. Um diese zu beweisen, h\u00e4tte er vielmehr zeigen m\u00fcssen, dass das f\u00fcr jeden Menschen experimentell zu erwreisende Sch\u00f6nheitsmaximum in einer gesetzlichen Verbindung mit dem geometrischen Durchschnitt derjenigen Formen steht, die dieser selbe Mensch im Laufe seines Lebens gesehen hat oder gegen-w\u00e4rtigbesonders h\u00e4ufig sieht. Auf das Problem des sch\u00f6nsten Rechteckes angewendet, w\u00fcrde das also \u2014 da nat\u00fcrlich nicht alle rechteckigen Formen, die ein Mensch im Laufe seines Lebens gesehen hat, ermittelt werden k\u00f6nnen \u2014, die Aufgabe enthalten, diejenigen rechteckigen Gegenst\u00e4nde zu messen, die er gegenw\u00e4rtig besonders h\u00e4ufig vor Augen hat, also z. B. die Fenster, Th\u00fcren, Schr\u00e4nke, Oefen, B\u00fccher u. s. w. seines Studirzimmers, aus diesen Formen das geometrische Mittel zu nehmen und damit das experimentell zu konstatirende Sch\u00f6nheitsmaximum desselben Menschen zu vergleichen. W\u00fcrden beide mit einander \u00fcbereinstimmen, so erg\u00e4be sich daraus, dass in der That das individuelle Sch\u00f6nheitsmaximum zun\u00e4chst dieser Person ein geometrischer Mittelwerth w\u00e4re. Ob ein solcher Beweis","page":414},{"file":"p0415.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n415\npraktisch zu f\u00fchren ist, oder \u2014 was ich glauben m\u00f6chte \u2014 durch den tr\u00fcbenden Einfluss der Assoziation sowie durch zahlreiche andere Schwierigkeiten ebenso unsicher oder problematisch gemacht werden w\u00fcrde wie alle Beweise der experimentellen Aesthetik, das will ich hier dahingestellt sein lassen. Jedenfalls w\u00e4re dies methodisch der einzig m\u00f6gliche Weg, zu dem Resultat zu kommen, zu dem Helwig kommen will. Erst von da k\u00f6nnte man weitergehen und eine gr\u00f6ssere Zahl von Versuchspersonen in derselben Weise untersuchen. Liesse sich auch bei ihnen \u00fcberall derselbe Zusammenhang zwischen dem Sch\u00f6nheitsmaximum und dem Durchschnitt der gewohnten Anschauungsformen nachweisen, so k\u00f6nnte man wenigstens hypothetisch von einem Gesetz sprechen. Die Ermittelung eines normalen Sch\u00f6nheitsmaximums dagegen h\u00e4tte nur dann ein Interesse, wenn man irgendwie wahrscheinlich machen k\u00f6nnte, dass das gewohnte Anschauungsmaterial aller Menschen ungef\u00e4hr das Gleiche w\u00e4re. Das ist aber bekanntlich nur bei eng zusammenlebenden Menschen desselben Kulturkreises der Fall, bei denen ja auch in der That eine gewisse lieber-einstimmung des Geschmacks zu herrschen pflegt. Hat also auch Helwig das Problem nicht richtig erfasst, so wird doch sein Hinweis auf die individuelle Form der Untersuchung, wie ich glaube, zuk\u00fcnftig von einigem Nutzen sein. Man kann schon jetzt sagen, dass man in diesen Fragen,, wenn \u00fcberhaupt, nur auf diesem Wege zu greifbaren Resultaten kommen kann. Die experimentelle Aesthetik wird individualistisch sein oder sie wird nicht sein.\nSehr beachtenswerth und wie mir scheint richtig ist auch die theoretische Erkl\u00e4rung, die Helwig f\u00fcr die psychische Thatsache der Mittelwerthbildung giebt. Gerade in dieser Beziehung war ja die WiTMEK\u2019sche Untersuchung, wie alle experimentell - \u00e4sthetischen Untersuchungen, ziemlich resultatlos geblieben. Helwig erkl\u00e4rt die Thatsache, dass wir uns unwillk\u00fcrlich aus einer Anzahl gesehener Formen einen Mittelwerth bilden, als eine \u201eFolge des geistigen Strebens, viele Dinge derselben Art zu gleicher Zeit, als ein Ding, im Bewusstsein zu haben.\u201c Die Mittelwerthbildung w\u00e4re also gewissermaassen eine Folge der Enge unseres Bewusstseins. Da wir nun einmal nicht viele Eindr\u00fccke \u00e4hnlicher Art gleichzeitig in der Erinnerung haben k\u00f6nnen, m\u00fcssen wir aus ihnen nothwendig den Durchschnitt ziehen, indem wir sie zu einem mittleren Eindruck verschmelzen.\nDie f\u00fcr die Aesthetik wichtigste Frage ist nun die, ob dieser Mittelwerth \u2014 vorausgesetzt dass er in der skizzirten Weise als Prinzip erwiesen werden k\u00f6nnte \u2014 auch f\u00fcr die Kunst im h\u00f6heren Sinne eine Bedeutung haben w\u00fcrde. Das ist n\u00e4mlich das Charakteristischste an der HELwiG\u2019schen Beweisf\u00fchrung \u2014 ausser ihrer mathematischen Formulirung \u2014 dass in ihr der geometrische Mittelwerth nicht nur f\u00fcr einfache r\u00e4umliche Verh\u00e4ltnisse, sondern f\u00fcr alle Gebiete des Kunst- und Natursch\u00f6nen als maassgebend angesehen wird. Das Sch\u00f6ne \u00fcberhaupt ist nach Helwig\u2019s Ansicht ein geometrischer Mittelwerth. Ueberall wo die Sch\u00f6nheit auftritt, beruht sie auf quantitativen Eigenschaften, seien es nun r\u00e4umliche Gr\u00f6ssen, oder Luft- oder Aetherschwingungen. Bei jedem \u00e4sthetischen Reiz k\u00f6nnen wir ein Zuviel oder ein Zuwenig und dazwischen eine richtige Mitte konstatiren. Jedes Sch\u00f6nheitsurtheil charakterisirt sich als ein Mittel","page":415},{"file":"p0416.txt","language":"de","ocr_de":"416\nBesprechungen.\nzwischen mehr oder weniger h\u00e4sslichen Extremen. Dieses Mittel aber ist das subjektiv Normale. Es bildet eine Sch\u00f6nheitsregel, an der jeder neue Eindruck derselben Art nach seinem Sch\u00f6nheitsw\u2019erth gemessen wird. Das Sch\u00f6nheitsgef\u00fchl entsteht, wenn ein Eindruck mit dieser Sch\u00f6nheitsregel \u201ehaupts\u00e4chlich oder ganz\u201c zusammenf\u00e4llt. So beruht z. B. f\u00fcr Helwig auch der Beiz der Naturnachahmung, den er \u00fcbrigens nicht ganz genau unter den Begriff der \u201eSymbolisation\u201c subsumirt, darauf, dass die Nachahmung mit dem Durchschnittswerth der aus der Natur gewonnenen Eindr\u00fccke \u00fcbereinstimmt.\nMan sieht leicht, dass diese Theorie in ihrer Anwendung auf die h\u00f6heren Gebiete der Kunst, speziell der nachahmenden Kunst nichts anderes als eine psychologische Begr\u00fcndung der idealistischen Theorie vom Typus, von der Sch\u00f6nheitsnorm ist. Offenbar kann diese idealistische Theorie resp. der richtige Kern, den sie in sich birgt, wenn \u00fcberhaupt, nur auf diesem psychologischen Wege begr\u00fcndet werden. Das bei der Antike und der italienischen Benaissance bemerkbare Streben, nicht die einzelne Naturerscheinung, sondern ihren Typus, ihre Gattungsform darzustellen, w\u00fcrde sich danach einfach aus der Enge des menschlichen Bewusstseins erkl\u00e4ren, d. h. aus der Unf\u00e4higkeit, die einzelnen Eindr\u00fccke als solche in der Erinnerung festzuhalten. Aber die Frage ist eben die, ob dieses Hinneigen zum Gattungstypus, diese Ausscheidung des Individuellen wirklich den H\u00f6hepunkt der Naturnachahmung darstellt, ob sich darin nicht vielmehr ein niederes Stadium derselben, eine Schw\u00e4che der formalen Anschauung ausspricht. Zum mindesten haben wir mit der Thatsache zu rechnen, dass die deutsche Kunst (D\u00fcrer!) und speziell die moderne (B\u00f6cklin !) durchaus individualistisch ist. Und bleiben wir auch nur bei der \u00e4lteren italienischen Kunst stehen. Soll man wirklich annehmen, dass Michel Angelo\u2019s \u00fcber das nat\u00fcrliche Maass hinaus gesteigerter Menschentypus ein Mittelwerth von all den Menschen war, die der K\u00fcnstler in seinem Leben gesehen hatte ? Und soll man die faszinirende Wirkung, die seine Biesengestalten auf die Menschen des 16. Jahrhunderts aus\u00fcbten, wirklich daraus erkl\u00e4ren, dass sie den Durchschnitts werth der Natureindr\u00fccke aller Menschen jener Zeit repr\u00e4sentirten ?\nSchon diese Erw\u00e4gung zeigt, dass die HELWio\u2019sehe Theorie ein Loch haben oder in irgend einer Bichtung einseitig sein muss. Und diese Einseitigkeit besteht einfach darin, dass Helwig von den beiden \u00e4sthetischen Faktoren der Gew\u00f6hnung und des Wechsels nur den einen, die Gew\u00f6hnung, in Betracht gezogen hat. Seine Theorie ist nicht eine Theorie der k\u00fcnstlerischen Wirkung, sondern des philistr\u00f6sen Geschmacks. Es ist ja wohl richtig, dass bis zu einem gewissen Grade das Gewohnte mehr gef\u00e4llt als das Ungewohnte. Aber nur bis zu einem gewissen Grade. Dann tritt die Erm\u00fcdung und das Bed\u00fcrfniss des Wechsels ein. Und alle grossen K\u00fcnstler haben ihre h\u00f6chsten Wirkungen noch dadurch erzielt, dass sie \u00fcber das Gewohnte hinausgegangen sind, d. h. den ihnen selbst und ihren Zeitgenossen gel\u00e4ufigen Mittelwerth durch ihre k\u00fcnstlerische Kraft nach der einen oder anderen Seite hin verschoben haben. Allerdings entsteht ja dann wieder ein neuer Mittelwrerth \u00e4sthetischer Art, aber dieser beh\u00e4lt seine Bedeutung nur so lange, bis das Bed\u00fcrfniss des Wechsels wieder wach wird und andere grosse K\u00fcnstler auftreten, die ihm Gen\u00fcge thun.","page":416},{"file":"p0417.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n417\nAber auch abgesehen von der historischen Entwickelung vertr\u00e4gt sich Helwig\u2019s Theorie nicht mit den Kunstformen des Anmuthigen und Zierlichen, des Erhabenen und Wunderbaren. Denn bei ihnen allen handelt es sich um ein Hinausgehen \u00fcber den Mittelwerth nach irgend einer Dichtung hin. Sie vertr\u00e4gt sich auch nicht mit der Forderung des Individuellen, der Berechtigung des Abnormen und H\u00e4sslichen in der Kunst, wie sie besonders im Portrait und in gewissen Arten des Genres unbestreitbar ist. W\u00e4re die HELwiG\u2019sche Theorie richtig, so w\u00fcrde die Kunst nichts Uebermensehliches oder Wunderbares, nichts H\u00e4ssliches, nichts Individuelles darstellen d\u00fcrfen. Denn die Art, wie Helwig den \u00e4sthetischen Werth des \u201eUeberm\u00e4ssigen\u201c mit seiner Theorie in Einklang zu bringen sucht, ist durchaus nicht einleuchtend.\nSo k\u00f6nnen wir also dem Mittelwerth \u2014 einerlei nun ob dem geometrischen oder dem arithmetischen \u2014 nur eine beschr\u00e4nkte \u00e4sthetische Bedeutung zusprechen. Gerade die h\u00f6chsten Wirkungen der Kunst \u2014 und auch des Natursch\u00f6nen \u2014 werden nicht durch die Uebereinstimmung mit einem Mittelwerth, sondern im Gegentheil durch die Abweichung von ihm erzeugt.\tKonrad Lange (T\u00fcbingen).\nHeinrich von Stein. Vorlesungen \u00dcber \u00c4esthetik. Nach vorhandenen Aufzeichnungen bearbeitet. Stuttgart, Cotta, 1897. 145 S.\n\u201e\u00c4esthetik bedeutet \u00bb Lehre vom Gef\u00fchl\u00ab. Man hat das Wesen der \u00c4esthetik nur unvollst\u00e4ndig erfasst, wenn man sie als Lehre vom Sch\u00f6nen definirt... Die Aufgabe der \u00c4esthetik ist eine K\u00fchnheit. Man muss gleichsam das Senkblei von der Oberfl\u00e4che in die Tiefe hinablassen. Denn es handelt sich um das innere Menschenwesen . .\u201c Mit diesen Er\u00f6ffnungss\u00e4tzen der Einleitung ordnet sich Stein\u2019s \u00c4esthetik selbst der Psychologie ein. \u2014 Es m\u00f6gen zun\u00e4chst einige charakteristische S\u00e4tze (die kursiv gedruckten sind Paragraphentitel) den Gedankengang erkennen lassen.\n\u00a7 1.\t> Der Eindruck kommt zu Stande durch innere Th\u00e4tigkeit.\u00ab\n\u00a7 2. \u00bbIn der F\u00fclle dieser Th\u00e4tigkeit besteht das Aesthetische eines Eindrucks.\u00ab \u201eJede normale Th\u00e4tigkeit, auch die einfachste, wie das Athemholen, ist, wenn sie ungehemmt verl\u00e4uft, von Wohlgef\u00fchl begleitet. . . Das Aesthetische selbst ist die normale Aeusserung unseres inneren Lebens, die eine Mitbewegung in der Tiefe des geistigen Bereiches in sich schliesst ; die \u00e4sthetische Funktion verh\u00e4lt sich zu den anderen geistigen Th\u00e4tigkeiten wie das Aufwogen aus dem Innern einer fl\u00fcssigen Kugel zur blossen Kr\u00e4uselung ihrer Oberfl\u00e4che (S. 5). . . \u00bbDie \u00e4sthetische Hingenommenheit ist eine h\u00f6chste Kraftbeth\u00e4tigung unseres inneren Lebens.\u00ab \u00bbIn einem grossen Eindruck klingt die Unendlichkeit unseres inneren Verm\u00f6gens an, rein als Gef\u00fchl, ohne dass sie noch als M\u00fche und Arbeit an Hinderungen sich zu bew\u00e4hren h\u00e4tte.\u00ab \u00bbWir f\u00fchlen uns ganz uns selbst, wenn wir uns in einem Eindruck zu verlieren scheinen, wir besitzen uns nie so v\u00f6llig,\u00ab Zeitschrift f\u00fcr Psychologie XVI.\t27","page":417}],"identifier":"lit30342","issued":"1898","language":"de","pages":"409-417","startpages":"409","title":"Paul Iwan Helwig: Eine Theorie des Sch\u00f6nen. Mathematisch-psychologische Studie. Amsterdam. Delsman u. Nothenius, Akademische Buchhandlung 1897, 87 S.","type":"Journal Article","volume":"16"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:32:40.109913+00:00"}