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{"created":"2022-01-31T12:33:58.093562+00:00","id":"lit30344","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Offner, M.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 16: 425-426","fulltext":[{"file":"p0425.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\nJohannes Speck: Bonnet\u2019s Einwirkung auf die deutsche Psychologie des vorigen Jahrhunderts. Archiv f\u00fcr Geschichte der Philosophie. Bd. X (4). S. 504 bis 519. 1897.\nAls der Begr\u00fcnder der physiologischen oder, wie es vor hundert Jahren hiess, mechanischen Psychologie galt im achtzehnten Jahrhundert bei den deutschen Denkern Charles Bonnet. Feder wie seine Sch\u00fcler Sch\u00fctz und Heiners, dann Hissmann, Lossius, Hennings, Ir wing, Rosner und die anderen \u201eFibernpsychologen\u201c schlossen sich mehr weniger eng an Bonnet an und selbst solche, die wie Tetens und Tiedemann der Hirnphysiologie keinen so hohen Werth f\u00fcr die Psychologie beimessen, da nach ihrer Meinung die vorgebrachten Ansichten \u00fcber die physiologischen Vorg\u00e4nge im Gehirne die Grenzen der Erfahrung weit \u00fcberschritten und ihre wahre Deutung erst erhielten durch die viel sicherere rein psychologische Beobachtung, sprechen doch mit gr\u00f6sster Hochachtung von Bonnet. In diesen kurzen Z\u00fcgen schildert der Verf. den Stand der psychologischen Forschung um die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts bis zum Erscheinen von Kant\u2019s Kritik der reinen Vernunft.\nNach dieser allgemeinen Einleitung verfolgt er die Einwirkung Bonnet\u2019s auf die deutsche Philosophie an der Hand der einzelnen Probleme und zwar zuerst in der Lehre von der Empfindung. Hier war der eingreifendste Gedanke die ganz durchgef\u00fchrte Theorie der spezifischen Energie. Vollst\u00e4ndig angenommen wurde sie nur von Meiners, w\u00e4hrend sich die \u00fcbrigen ablehnend oder wenigstens zweifelnd verhielten, Tetens sie aber entschiedenst bek\u00e4mpfte. Eben derselbe trat auch einem anderen Hauptsatz Bonnet\u2019s entgegen, seiner Lehre, dass die Seele sich beim Empfinden nicht passiv verhalte, w\u00fce Locke und Condillac lehrten, sondern aktiv durch ihre Reaktion. Das wenige, was Bonnet \u00fcber die Empfindungen im Einzelnen sagt, wurde wenigstens von Lossius fast wmrtlich her\u00fcbergenommen.\nTiefere Wirkung hatten Bonnet\u2019s Ansichten \u00fcber die Phantasievorstellung. Nach ihm und anderen entsteht eine solche Vorstellung, welche sich von der Empfindung nur durch die geringere Intensit\u00e4t unterscheidet,","page":425},{"file":"p0426.txt","language":"de","ocr_de":"426\nLi ter a turberieh t.\ndurch Wiedererregung der speziell f\u00fcr sie disponirten Nerv\u00e9nfibern im Gehirn. \u201eDiesen Ton hatte Bonnet, wie Tetens sich ausdr\u00fcckt, zwar nicht zuerst angestimmt, aber durch sein Beispiel angenehm gemacht.\u201c Yon den wenigen, welche dagegen Stellung nehmen, traten Platner und besonders Tetens treu der WoLFF\u2019schen Lehre f\u00fcr die immterielle Seele als Sitz des Ged\u00e4chtnisses ein und machten geltend, dass neben den physiologischen Ver\u00e4nderungen auch Ver\u00e4nderungen der Seele selbst unentbehrlich sein.\nSoweit die Arbeit, welche jedenfalls noch einige Fortsetzungen erfahren wird, jetzt vorliegt, zeichnet sie sich aus durch Uebersichtlichkeit der Darstellung und gute Kenntniss der psychologischen Literatur des vorigen Jahrhunderts. Pers\u00f6nlich freut sich der Referent, dass sich die Ergebnisse des Verf. decken mit denjenigen, die er selbst in seiner Arbeit \u00fcber \u201eDie Psychologie Charles Bonnet\u2019s\u201c (1893) geboten hat, und sieht darin eine dankenswerthe Weiterf\u00fchrung seiner eigenen Untersuchung. Vermisst hat Ref. nur die genauen literarischen Belege f\u00fcr jede Mittheilung im Tpxte und bei den Zitaten-aus Bonnet\u2019s Schriften die Bezeichnung der Ausgabe. \u2014\tM. Offner (M\u00fcnchen).\nHenri Joly. Les Saints. Psychologie des Saints. 2e \u00e9dit. Paris 1897. V. Lecoffre. 201 S.\nSicherlich w\u00e4re eine Psychologie der Heiligen von dem gr\u00f6ssten Interesse, und sie zu schreiben h\u00e4tte einen eigenen Reiz. Allerdings w\u00fcrde sie die Feststellung einiger Vorbedingungen voraussetzen, unter denen ganz besonders die Entscheidung der Frage voranzustellen w\u00e4re : wer und was ist ein Heiliger?\nDer Verfasser beantwortet sie dahin, dass der ein Heiliger sei, der sich mit Erfolg bem\u00fche, Gott \u00e4hnlich zu werden. Heiligkeit ist das Heranwachsen der Person in die G\u00f6ttlichkeit. Wenn wir jedoch darauf hin die ganze Schaar von denen durchmustern, in welchen die Kirche ihre Heiligen verehrt, dann k\u00f6nnen wir uns des Gedankens nicht erwehren, dass sich Mancher von ihnen eine recht sonderbare Meinung von Gott gebildet oder zum Mindesten arg in den Mitteln vergriffen haben muss, die ihn zu dieser Gott\u00e4hnlichkeit f\u00fchren sollten.\nDas Einzige, was wir von manchen Heiligen wissen, ist, dass sie sich in ihrem Leben niemals gewaschen oder die W\u00e4sche gewechselt haben, und wenn wie bei Peter von Arbues und anderen die abscheulichsten Greuel gegen Andersgl\u00e4ubige einen Grund zur Heiligkeit abgegeben haben, dann darf man es uns nicht ver\u00fcbeln, wenn wir vor einer solchen Gott\u00e4hnlichkeit bange werden.\nAber selbst dann, wenn wir hiervon absehen und dem Verf. seine Heiligen auf Treue und Glauben hinnehmen wollten, so w\u00fcrden wir \u00fcber eine andere Schwierigkeit schwerlich hin wegkommen.\nDie wissenschaftliche Grundlage n\u00e4mlich, auf welcher der Verfasser seine Schlussfolgerungen aufbaut, ist der Glaube, das feste F\u00fcrwahrhalten alles dessen, was ihm das Leben der Heiligen und andere, gleich sichere und nicht anzuzweifelnde Quellen \u00fcberliefern. Zudem erblickt er in dem Mystizismus nichts als die Liebe zu Gott und den ersten und unvermeidlichen Schritt zur Heiligkeit.","page":426}],"identifier":"lit30344","issued":"1898","language":"de","pages":"425-426","startpages":"425","title":"Johannes Speck: Bonnet's Einwirkung auf die deutsche Psychologie des vorigen Jahrhunderts. Archiv f\u00fcr Geschichte der Philosophie. Bd. X (4). S. 504 bis 519. 1897","type":"Journal Article","volume":"16"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:33:58.093568+00:00"}