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{"created":"2022-01-31T12:31:35.146972+00:00","id":"lit30365","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Paszkowski, W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 16: 449-450","fulltext":[{"file":"p0449.txt","language":"de","ocr_de":"Li ter a turbericht.\n449\n\u00fcberkommen, bestimmt wird. Auch der religi\u00f6se Instinkt erf\u00fcllt in der biologischen Entwickelung des Menschengeschlechts eine werthvolle Aufgabe : er bef\u00f6rdert die Wohlfahrt des Geschlechts, in welchem er hervortritt. \u2014-Im zweiten Artikel zeigt der Verf. nun n\u00e4her, wie die mannigfachen religi\u00f6sen Impulse, Aeusserungen und Gewohnheiten, wenn auch nicht selten f\u00fcr das Individuum von Nachtheil, doch f\u00fcr den Bestand der Gesammtheit als h\u00f6chst wirksam sich erweisen. So werden die Wirkungen des Eremitenlebens, des Fastens, der Askese, des Gebets und Opfers als f\u00f6rderlich f\u00fcr die Wohlfahrt der Gattung dargelegt. Alle solche Aeusserungen religi\u00f6sen Lebens seien in hohem Grade dazu angethan, die individuellen Instinkte zu Gunsten der sozialen zu beherrschen, n\u00f6thigenfalls zu unterdr\u00fccken. Die Aufmerksamkeit dessen, der sie \u00fcbt, werde von den zerstreuenden Reizen der Aussenwelt abgelenkt; und m\u00e4chtige Gef\u00fchle, die zur Anerkennung der eigenen Beschr\u00e4nktheit und der Erhabenheit des wahrhaft Grossen, was ausserhalb unser selbst liegt, f\u00fchren, werden in uns geweckt und rege erhalten. So k\u00f6nne es geschehen, dass schliesslich die Vernunft dem einf\u00e4ltigen Glauben sich unterwirft. Durch den religi\u00f6sen Instinkt solle zwar nicht unser moralischer Kodex bestimmt werden, \u2014 das sei mehr Sache der individuellen Entwickelung und selbstth\u00e4tiger Arbeit, \u2014 aber wenn wir jenem folgen, so st\u00e4rken wir das, was im sozialen Sinne Gutes in unserer Natur angelegt ist.\nWenn man \u2014 im Sinne vollkommener Wissenschaftlichkeit \u2014 von bestimmten Begriffen \u00fcber Religion und Moral, Individualismus und Sozialismus ausgehen d\u00fcrfte, so kann man dem Verf. wohl Recht geben. Aber das ist eben auf diesem Gebiete das Missliche, dass hier mehr als irgendwo sonst der Begriff nicht durch Feststellung von Thatsachen und durch Einheitlichkeit des Sprachgebrauchs bedingt, sondern in die Wechselwirkung beider miteinander und mit dem subjektiven Geschmack oder Willensideal verflochten ist. Die Vertreter der \u201eethischen Kultur\u201c sind der Meinung, dass die Moral es ist, welche die sozialen Instinkte beg\u00fcnstigt, w\u00e4hrend die Religion mehr Privatsache, Mittel subjektiver Befriedigung sei. Und Schleiermacher\u2019s Religionsbegriff, der doch auch auf feiner Beobachtung und Analyse des Gef\u00fchlslebens beruht, kommt dieser Auffassung entgegen. Um ein endgiltiges Urtheil \u00fcber den Werth der Religion zu f\u00e4llen, dazu reicht der Rahmen eines bloss auf diese oder jene Erscheinung des geschichtlichen Lebens R\u00fccksicht nehmenden Essay nicht aus : es geh\u00f6rt dazu eine erkenntnisstheoretisch-kritische Stellungnahme zu dem Problem der Wechselbeziehungen zwischen den psychichen Vorg\u00e4ngen, den geschichtlichen Thatsachen und dem stets wechselnden und schillernden Sprachgebrauch.\tG. Runze (Gr.-Lichterfelde).\nEnw. D. Starbuck. Psychology of Religion I. A Study of Conversion. American\nJournal of psychology. Vol. Ill (2), S. 267\u2014308. 1897.\nDer Versuch, die empirische Methode, die sich auf so vielen Gebieten der Forschung erfolgreich erwiesen hat, auch bei Untersuchungen \u00fcber die Natur des religi\u00f6sen Bewusstseins und die mannigfachen Aeusserungen religi\u00f6sen Lebens anzuwenden, ist nicht neu. Gleichwohl bietet der vorliegende Aufsatz manches Anregende und Belehrende. Der Verfasser will\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie XYI.\t23","page":449},{"file":"p0450.txt","language":"de","ocr_de":"450\nLiteratur bericht.\ndas Problem der \u201eBekehrung\u201c studiren. Er versteht darunter aber nicht bloss die Bekehrung im religi\u00f6sen Sinne, sondern die scheinbar pl\u00f6tzliche Umwandlung im Charakter, die Umst\u00e4nde, die ihr vorangehen, die seelischen Affekte, < von denen sie begleitet ist und die Ver\u00e4nderungen, die sie f\u00fcr das Individuum nach sich zieht, freilich mit besonderer R\u00fccksicht auf die Ver\u00e4nderung in religi\u00f6sen Anschauungen. Um typische F\u00e4lle pl\u00f6tzlichen \u201eErwecktwerdens\u201c zu beschreiben, sie miteinander zu vergleichen und zu untersuchen, welche lebendigen Kr\u00e4fte dabei wirksam sind, versandte der Verf. einen Fragebogen, der Aufschluss verlangte \u00fcber die religi\u00f6sen Gewohnheiten der Befragten, die Art ihres Unterrichts und ihrer Erziehung, die Einfl\u00fcsse des Hauses und der Freundschaft, die K\u00e4mpfe gegen L\u00fcge und Versuchung, die Wandlungen im Glauben an Ideale, die physischen und psychischen Zust\u00e4nde vor der \u2018conversion\u2019 und nachher, die Art wie die \u201eErl\u00f6sung\u201c kam, ob die Wandlung sich in Folge eigner Denkarbeit oder durch Einfl\u00fcsse oder gar Wunder vollzog u. s. f. Von der Zahl der eingelaufenen Antworten hat der Verf. 137 F\u00e4lle als typisch untersucht. In allen handelt es sich um conversions bis zum Alter von 25 Jahren. (51 entfallen auf das m\u00e4nnliche, 86 auf das weibliche Geschlecht.) Schon aus dieser Einschr\u00e4nkung ergeben sich f\u00fcr die empirischpsychologische Untersuchung viele Unzutr\u00e4glichkeiten. Einmal ist die Zahl der ausgew\u00e4hlten F\u00e4lle zu gering, um allgemeing\u00fcltige S\u00e4tze aufzustellen, andererseits k\u00f6nnen sich junge Leute im Alter von 14\u201425 Jahren schwerlich zuverl\u00e4sslich \u00fcber jene Fragen \u00e4ussern. Der Verf. kommt denn auch \u00fcber Raisonnements allgemeinerer Natur einstweilen nicht hinaus. Dass diese conversions im Alter der Pubert\u00e4t am h\u00e4ufigsten sind, dass die F\u00e4lle, wo das Streben nach Idealen sie hervorruft, beim m\u00e4nnlichen Geschlecht zahlreicher sind als beim weiblichen, ergiebt sich ohne Weiteres ; viel mehr wird man auf der Grundlage eines so wenig F\u00e4lle umfassenden Materials nicht schliessen k\u00f6nnen. Die Zahl derselben muss bedeutend vermehrt, die Zahl der Fragen dagegen kann unseres Erachtens bei genauerer Fassung vermindert werden, vor Allem aber m\u00fcssten Individuen befragt werden, die sich zuverl\u00e4ssig \u00fcber ihre seelischen Ver\u00e4nderungen Rechenschaft ablegen k\u00f6nnen.\nTrotzdem wird man dem Verf. f\u00fcr seine Anregung dankbar sein und gerne seinen am Schluss des Artikels ge\u00e4usserten warmen Appell, ihm weiteres Material zur Verf\u00fcgung zu stellen, unterst\u00fctzen m\u00fcssen.\nW. Paszkowski (Berlin.)\nLeon M. Solomons and Gertrude Stein. Normal Motor Automatism. Psychol.\nRev. III. (5). S. 492\u2014512. 1896.\nDie Untersuchung besch\u00e4ftigt sich in Aufnehmung verwandter Versuche von Paulhan, Janet, Binet (1887, 1889) mit automatischen Bewegungen, hergestellt durch Uebung, und ihren besonderen Verh\u00e4ltnissen. Die Aufmerksamkeit ist dabei durch Lesen von direkt sich ab wickelnden Erz\u00e4hlungen, in einem Falle auch durch Hinh\u00f6ren besch\u00e4ftigt. Der bewegte Arm ruht auf einer auf Metallkugeln montirten und eine Schreibvorrichtung enthaltenden Glasplatte. Erste Reihe von Versuchen: Der Arm des Reagenten","page":450}],"identifier":"lit30365","issued":"1898","language":"de","pages":"449-450","startpages":"449","title":"Edw. D. Starbuck: Psychology of Religion I. A Study of Conversion. American Journal of psychology. Vol. III (2), S. 267-308. 1897","type":"Journal Article","volume":"16"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:31:35.146977+00:00"}