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{"created":"2022-01-31T12:39:10.126113+00:00","id":"lit30375","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pelman","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 16: 458-459","fulltext":[{"file":"p0458.txt","language":"de","ocr_de":"458\nLiteraturbericht.\nnorme Charaktere beschr\u00e4nken kann. Der Geisteskranke gleicht einem enragirten Politiker, der blind f\u00fcr alle Einw\u00e4nde nur das h\u00f6rt, f\u00fchlt, sieht,, was zu Gunsten der von ihm verfochtenen Anschauungen spricht.\nAehnliche Anschauungen finden sich u. A. schon hei Sandberg, Linke -der Erstere h\u00e4lt hei dem Zustandekommen von Wahnideen das Misstrauen f\u00fcr die Gem\u00fcthsStimmung, die unbedingt vorhanden sein muss ; nach Linke ist es die mit dem Gef\u00fchl des Unbehagens verbundene gespannte Erwartung. Nur insofern weicht T. von ihnen ab, als er in dem Misstrauen bezw. der eben geschilderten Erwartung nicht das erste Zeichen der sich entwickelnden Krankheit erblickt, sondern vielmehr eine person* liehe Eigent\u00fcmlichkeit des sp\u00e4ter Erkrankenden, die mit anderen mehr' positiven Eigenschaften wie Eitelkeit, Ehrgeiz vereint ist, w\u00e4hrend andere, insbesonders altruistische fehlen.\nDamit f\u00e4llt denn auch der schroffe Gegensatz, der bei der fr\u00fcher \u00fcblichen Klassifikation der Psychosen zwischen Manie und Melancholie auf der einen, Paranoia auf der anderen Seite bestand; die ersteren fasste man als prim\u00e4re Affekt- und Gef\u00fchlsst\u00f6rungen auf, die Paranoia aber als die prim\u00e4re Erkrankung des Intellekts, als Yerstandesst\u00f6rung.\nSodann bespricht T., der weiteren Entwickelung der Paranoia folgend,, die Halluzinationen, die sich in den meisten Krankheitsf\u00e4llen vorfinden-Manche Autoren meinen, die Halluzinationen seien nichts anderes wie die intensivsten Wahnvorstellungen, zwischen ihnen bestehe nur ein quantitativer, kein qualitativer Unterschied. Dieser Ansicht vermag sich T. nicht an-zuschliessen ; sie sind etwas grundverschiedenes, wie das u. A. daraus hervorgeht, dass die Halluzinationen viel mehr Mannigfaltigkeit und Abwechslung bieten gegen\u00fcber den einf\u00f6rmigen, sich meist gleich bleibenden Wahnideen, sowie daraus, dass die Verr\u00fccktheit nach dem Hinzutreten von Halluzinationen ein ganz anderes Bild darbietet, einen anderen Verlauf nimmt wie vordem. Nach T. handelt es sich bei den Halluzinationen mehr um Illusionen: durch wirkliche Sinneseindr\u00fccke werden sie veranlasst und hervorgerufen, nicht durch unmittelbar vorausgegangene Gedankenvorg\u00e4nge. Der Gesunde nimmt von diesen Sinneseindr\u00fccken keine Notiz ; der Kranke aber lauscht etwa gespannt auf Laute, die an sein Ohr dringen, sucht darin eine geheimnissvolle Bedeutung und findet sie schliesslich auch. Sp\u00e4ter bedarf es dieser Ausl\u00f6sung durch wirkliche Sinneseindr\u00fccke nicht mehr; dann kann jeder unvermittelte Gedanke, der seinen Inhalt aus dem weiten Kreise des ganzen Bewusstseinsinhaltes, aus Erinnerungsbildern und deren Karrikaturen sch\u00f6pft, zu einem geh\u00f6rten, gesehenen, gef\u00fchlten werden; sie werden nicht mehr als Eigenthum anerkannt und imponiren somit als etwa fremdes, von aussen Kommendes.\tErnst Schultze (Bonn).\nDidier. Kleptomanie nnd Hypnotherapie. Halle a. d. S. 1896 Verlag des Verfassers. (Leipzig, Kr\u00fcger u. Co.). 13 S.\nEs muss von vornherein auf grosse und gerechte Bedenken stossen, wenn man den l\u00e4ngst in das Reich der Schatten versetzten Monomanien aufs Neue Athem einhauchen und sie ins Leben zur\u00fcckrufen will. Jedenfalls w\u00fcrde es hierzu etwas mehr Geist bed\u00fcrfen, als sich in dem vorliegenden kleinen Aufsatz entdecken l\u00e4sst, und wenn wir statt dessen auf","page":458},{"file":"p0459.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht.\n459\nzahllose stilistische Unm\u00f6glichkeiten und auf geradezu unverst\u00e4ndliche Satzbildungen stossen, so wissen wir nicht recht, was wir mit dem Ganzen anfangen sollen.\nDes Pudels Kern ist bald enth\u00fcllt.\nEin junger Mensch stiehlt was er bekommen kann, und soll durch Hypnotismus geheilt werden. Es folgen dann einige nicht ganz klare Auseinandersetzungen \u00fcber Hysterie und Entartung und \u00fcber den Einfluss der Tr\u00e4ume auf unser Verhalten im wachen Zustande, oder wie sich der Verfasser auszudr\u00fccken beliebt, dass sie ganz besonders den Impulsionsausgangspunkt f\u00fcr den erwachten Lebenszustand werden k\u00f6nnen. In \u00e4hnlicher Weise k\u00f6nne man umgekehrt den Impulsionen entgegen wirken.\n\u201eSobald die onirische Idee das Gebiet des Bewusstseins ganz und gar zerst\u00f6rt, so ist sie eine Art Mono\u00efde\u00efsmus, der in der Weise eines Behaftetseins das Subjekt bis zur Unterw\u00fcrfigkeit im Gehorsam beherrscht u. s. w.\u201c\nIch denke, man wird den Vorwurf der Unklarheit auch ohne weitere Belege gelten lassen, und man kann die gute Absicht des Verfassers anerkennen, solche F\u00e4lle zur Kenntniss des grossen Publikums zu bringen, damit jugendliche Personen, die zum Stehlen neigen, nicht ohne Weiteres dem Gerichte ausgeliefert werden, ohne ihn deshalb der Verpflichtung zu entbinden, die Gr\u00fcnde f\u00fcr seine Ansicht in einer verst\u00e4ndlichen Sprache vorzubringen.\tPelman.\nL. L\u00f6wenfeld. Uefeer musikalische Zwangsvorstellungen. Centralblatt f\u00fcr Nervenheilkunde u. Psych. N. F. Bd. VIII, S. 57\u201462. 1897.\nEine an periodischer Melancholie leidende Patientin des Verf. hatte w\u00e4hrend ihrer Anf\u00e4lle, vom Beginne ihrer Verstimmung ab, Melodien im Kopf und zwar vorzugsweise solche heiteren Charakters, die sehr bel\u00e4stigend wirkten; mit der Besserung oder Verschlimmerung des geistigen Befindens machten sie sich auch weniger oder mehr geltend ; bei der definitiven Heilung schwanden sie endg\u00fcltig; die Melodien waren bald leicht zu spielen, bald wieder so schwer, dass die Kranke sich nur mit M\u00fche den betreffenden Fingersatz vorstellen konnte.\nSolche musikalische Zwangsvorstellungen hat Verf. mehrfach beobachtet, aber dauernd und intensiv nur bei Kranken; immer handelte es sich um musikaus\u00fcbende Individuen, ohne dass indess jedesmal eine Ueberanstrengung Vorgelegen haben m\u00fcsste. Der Inhalt ist von sehr wechselndem Charakter und verschiedener musikalischer Dignit\u00e4t. Es sind nicht immer Geh\u00f6rsvorstellungen, sondern auch Bewegungsvorstellungen, darauf hinzielend, sich den Fingersatz vorzustellen, letzteres besonders dann, wenn die Technik das musikalische Geh\u00f6r und Gef\u00fchl \u00fcberwiegt. Die Vorstellungen k\u00f6nnen sehr hartn\u00e4ckig sein, Tag und Nacht dauern, den Schlaf verschlechtern, ja peinliche Zuf\u00e4lle anderer Art herbeif\u00fchren.\nLiegt Ueberanstrengung vor, so kann man von einem \u201edurch funktionelle Hyper\u00e4mie bedingten andauerndem Reizzustande gewisser Elemente der: kortikalen H\u00f6rsph\u00e4re\u201c reden; indess bedarf es, wie schon gesagt, nicht immer der Ueberanstrengung; es gen\u00fcgt neben der Besch\u00e4ftigung mit der Musik \u00fcberhaupt, die eine gewisse Disposition schafft, ein gleichg\u00fcltig wie bedingter Ersch\u00f6pfungszustand des Gehirns oder eine vor\u00fcbergehende","page":459}],"identifier":"lit30375","issued":"1898","language":"de","pages":"458-459","startpages":"458","title":"Didier: Kleptomanie und Hypnotherapie. Halle a. d. S. 1896 Verlag des Verfassers. (Leipzig, Kr\u00fcger u. Co.). 13 S.","type":"Journal Article","volume":"16"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:39:10.126119+00:00"}