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{"created":"2022-01-31T12:32:32.154359+00:00","id":"lit30475","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Heller, Theodor","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 17: 294-296","fulltext":[{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\nLi fera turberich t.\nDie Ohrger\u00e4usche werden bei ihrem ersten Auftreten h\u00e4ufig objectivirt, ihr subjectiver Charakter wird in der Regel erst durch das Fehlen jeder wahrnehmbaren \u00e4ufseren Ursache erkannt. Nicht immer tritt der T. a. bei \u00e4ufserer Ruhe deutlicher hervor. Vielfach verst\u00e4rken \u00e4ufsere Ger\u00e4usch\u00ab den Tinnitus und es entsteht hierdurch eine sehr eigent\u00fcmliche Hyper* acusis. Von psychologischem Interesse sind die F\u00e4lle subjectiven Echos, die Wiederholung \u00e4ufserer Ger\u00e4usche in ver\u00e4nderter Tonlage and das Hinzutreten einer bestimmten Tonqualit\u00e4t als constante Begleiterscheinung aller Geh\u00f6rseindr\u00fccke. Qualvolle Sensationen werden durch die subjective Verst\u00e4rkung der letzteren herbeigef\u00fchrt.\nEine sehr h\u00e4ufige Complication subjectiver Geh\u00f6rsempfindungen ist der Schwindel. Sofern derselbe durch Reizung der Bogeng\u00e4nge entsteht, kann man hierin einen Beweis f\u00fcr die Solidarit\u00e4t der Labyrinthfunctionen erblicken. In manchen F\u00e4llen scheint jedoch die unertr\u00e4gliche Steigerung der Ohrger\u00e4usche die unmittelbare Ursache des Schwindels zu sein. Bisweilen tritt bei deutlich ausgesprochener einseitiger Labyrinthtaubheit ein pulsirendes Ger\u00e4usch auf, das stets auf die Schwindelanf\u00e4lle beschr\u00e4nkt bleibt. Diese pl\u00f6tzlichen Paroxysmen innerhalb eines allm\u00e4ligen oder station\u00e4ren Processes erinnern an die blitzartigen Schmerzen bei Tabes. F\u00fchren diese St\u00f6rungen zu Bewufstlosigkeit, so kann eine Verwechslung derselben mit epileptischen Anf\u00e4llen Vorkommen.\nDie bei Labyrinthtaubheit eintretenden Ohrger\u00e4usche afficiren h\u00e4ufig derart das Centrum, dafs auch von letzterem subjective Geh\u00f6rsempfindungen ausgehen, die sich zu den peripher bedingten summiren. Hierdurch kommen Geh\u00f6rswahrnehmungen zustande, die in ihrer complexen Beschaffenheit Aehnlichkeit mit Hallucinationen auf weisen, jedoch stets subjectivirt werden.\nUeber die pathologischen Ver\u00e4nderungen, welche den subjectiven Geh\u00f6rsempfindungen zu Grunde liegen, ist noch wenig bekannt. Man wird dieselben haupts\u00e4chlich im Labyrinth suchen m\u00fcssen, worauf insbesondere das h\u00e4ufige Vorkommen subjectiver Geh\u00f6rsempfindungen bei Labyrinthtaubheit hinweist. Dieselben Symptome werden bei prim\u00e4rer Atrophie des H\u00f6rnerven erzeugt, doch ist die Zur\u00fcckf\u00fchrung der Labyrinthtaubheit auf Acusticusatrophie \u2014 insbesondere bei Tabes \u2014 nicht immer berechtigt. Die functionelle Ursache der subjectiven Geh\u00f6rsempfindungen ergiebt die continuirliche, normalerweise nicht wahrnehmbare Th\u00e4tigkeit des Nerven, \u201ewelche denselben f\u00fcr eine pl\u00f6tzliche Action in completer Bereitschaft erh\u00e4lt\u201c. Eine exacte Therapie der subjectiven Geh\u00f6rsempfindungen bleibt der Zukunft Vorbehalten. Die Unkenntnifs der Bedingungen, unter welchen die subjectiven Geh\u00f6rsempfindungen zu Stande kommen, hat bereits zu folgenschweren therapeutischen Mifsgriffen gef\u00fchrt, \u00fcber welche der Verfasser einen sehr lehrreichen Fall mittheilt.\nTheodor Heller (Wien).\nVictor Urbantschitsch. Ueber Stsfimget des Gleichgewichtes ul Scheit-\nbewegltget. Zeitschrift f\u00fcr Ohrenheilkunde, Band XXXI, S. 234\u2014294. 1897.\nGleichgewichtsst\u00f6rungen werden sehr h\u00e4ufig bei den verschiedensten Ohrenerkrankungen beobachtet, entstehen aber auch durch Druckeinwirkung","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht\n295\nauf das Ohr; ferner sind einige Beobachtungen \u00fcber das Auftreten von Schwindel in Folge acustischer Einwirkungen angestellt worden. Verfasser hat \u00fcber diesen Gegenstand umfassende Untersuchungen angestellt, die vielfach neue, zum Theile \u00fcberraschende Resultate ergaben, deren urs\u00e4chliche Beziehungen zu ermitteln Gegenstand weiterer Forschungen sein d\u00fcrfte.\nDen Gleichgewichtsst\u00f6rungen, welche unmittelbar in die Erscheinung treten, stehen solche gegen\u00fcber, welche als die Folge von Scheinbewegungen anzusehen und h\u00e4ufig auf pl\u00f6tzlich auftretende Nystagmusbewegungen zu beziehen sind. Doch treten Scheinbewegungen auch ohne nachweisbare Aogenbewegungen auf; ihre Intensit\u00e4t ist jedoch vielfach so gering, dafs sie ohne experimentelle Hilfen nicht beobachtet werden k\u00f6nnen. Verfasser bediente sich hierzu einer Tafel mit einer Reihe senkrecht stehender Kreuze, einer Kreistafel, der neben dem verticalen und horizontalen Durchmesser Radien in einem Abstande von je 5\u00b0 eingezeichnet waren, ferner einer Kreisfl\u00e4che, in welcher den schwarz gezeichneten Durchmessern je 10 Radien derart angereiht wurden, dafs innerhalb jedes Quadranten ein Raum von 50\u00b0 leer blieb. Zur Markirung der Nebenradien wurden verschiedene Farben verwendet. Diese Anordnung, welche Verfasser mit den vier Fl\u00fcgeln eines Windmotors vergleicht, erm\u00f6glicht die Erkennung von selbst geringen Scheinbewegungen und dient auch zur Bestimmung und Contr\u00f4le des von der Versuchsperson angegebenen Ablenkungsgrades.\nDie Versuche ergaben zun\u00e4chst, dafs geringe Scheinbewegungen ohne Schwindelgef\u00fchle, gew\u00f6hnlich auf 1\u20144\u00b0 beschr\u00e4nkt, sehr h\u00e4ufig auftreten. Die Gr\u00f6fse der Ablenkung wechselt nach der St\u00e4rke der Einwirkung auf 4as Ohr und nach der Disposition der Versuchsperson. In Bezug auf die Richtung der Ablenkung ergeben sich die mannigfachsten Verschiedenheiten. Dieselben beziehen sich nicht blofs auf Ann\u00e4herung und Entfernung, sondern auch auf Form Ver\u00e4nderungen der Radien im Sinne von Ausbauchungen, schl\u00e4ngelnden Bewegungen etc. Hierbei sind bald s\u00e4mmt-liche Radien in die T\u00e4uschung einbezogen, bald nur ein gr\u00f6fserer oder kleinerer Theil derselben. Die Scheinbewegungen verhalten sich nach Intensit\u00e4t und Richtung verschieden, je nachdem die Reizeinwirkung das rechte oder linke Ohr betrifft, wobei sich auch bei monocularer Untersuchung den Augen verschieden gelagerte oder verschiedenartige Scheinbilder darbieten.\nVon besonderem Interesse ist der Umstand, dafs bei monocularem Sehen deutliche Scheinbewegungen durch Oeffnen des anderen Auges zum Schwinden gebracht werden k\u00f6nnen, was in jenen F\u00e4llen, in welchen f\u00fcr beide Augen verschieden gerichtete Scheinbewegungen bestehen, als Compensation der entgegengesetzten Bewegungstendenzen gedeutet werden k\u00f6nnte. Doch erfolgt diese Correctur auch dann, wenn die Ablenkung nur f\u00fcr das eine Auge besteht oder beide Augen die Verschiebung in gleicher Richtung wahrnehmen. Es kommt auch vor, dafs beid\u00e4ugiges Sehen keine oder eine nur geringe Correctur, bisweilen sogar eine Verst\u00e4rkung der T\u00e4uschung bewirkt. Doppelbilder erscheinen beim monocularen, h\u00e4ufiger beim binocularen Sehen ; bei letzterem beruhen dieselben in einzelnen F\u00e4llen vielleicht auf einer nicht zu Stande gekommenen oder nur theilweise","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"296\nLi teraturberich t.\nerfolgten Correctur von monocular verschiedenen Scheinablenkungen. Lufb Verdichtungen und Luftverd\u00fcnnungen in der Paukenh\u00f6hle bewirken nicht selten Gleichgewichtsst\u00f6rungen, die nach entgegengesetzter Einwirkung h\u00e4ufig auch in entgegengesetzter Richtung erfolgen.\nSt\u00f6rungen des Gleichgewichtes lassen sich auch durch Zuleitung von T\u00f6nen ausl\u00f6sen; die ersteren k\u00f6nnen bei derselben Person abgesehen von individuellen Verschiedenheiten von der H\u00f6he des Tones abh\u00e4ngig sein und in sehr verschiedener St\u00e4rke auftreten\u2019, wobei der Umstand wesentlich ist, ob die Versuche bei offenen oder geschlossenen Augen angestellt werden. Auch Scheinbewegungen der mannigfachsten Art treten unter dem Einflufs von T\u00f6nen auf. Von besonderem Interesse ist hierbei die Beobachtung, dafs zwei in der Tonreihe weiter von einander entfernte T\u00f6ne differente Scheinbewegungen ergeben, w\u00e4hrend sich bei einer Verbindung dieser T\u00f6ne durch die chromatische Tonleiter das Bestreben zeigt, \u201edie einmal aufgetretene subjective Ver\u00e4nderung des Gesichtsobjectes bei-zubehalten\u201c. Bestimmte T\u00f6ne bewirken bisweilen eine Verdunkelung des Gesichtsfeldes oder gewisse subjective Erscheinungen, wie in einem Falle Regenbogenf\u00e4rbung des Gesichtsfeldes, in einem anderen eine intensivere rothe Farbenempfindung. Durch Sch\u00fctteln des Kopfes sowie durch l\u00e4ngere Fixation eines Gegenstandes k\u00f6nnen bei Personen, die an Schwindel leiden, betr\u00e4chtliche Gleichgewichtsst\u00f6rungen ausgel\u00f6st werden.\n\u201eAuf St\u00f6rungen des Gleichgewichtes wirken die verschiedenen Farben in einer individuell sehr verschiedenen Weise ein.\u201c Die durch T\u00f6ne hervorgerufenen Gleichgewichtsst\u00f6rungen k\u00f6nnen durch Vorhalten farbiger Gl\u00e4ser gehemmt oder in eine andere Richtung gelenkt werden. Verschiedene Farben veranlassen oder beeinflussen Scheinbewegungen und wirken auf das Erscheinen von Doppelbildern, ferner auf die Ver\u00e4nderung und Unterdr\u00fcckung einer bestehenden Diplopie und Polyopie in sehr charakteristischer Weise ein.\nVerfasser bemerkt, dafs er seine Versuche \u201eanf\u00e4nglich an ohrenkranken Personen angestellt, besonders an solchen, bei denen eine Trommelfelll\u00fccke bestand und demnach die Paukenh\u00f6hle den verschiedenen Einwirkungen frei zug\u00e4nglich w\u2019ar\u201c. Weitere Versuche belehrten den Verfasser, \u201edafs die meisten der fr\u00fcher beschriebenen Erscheinungen von St\u00f6rungen des Gleichgewichtes und optischen Scheinvorg\u00e4ngen auch an ohrengesunden Personen und \u00fcberhaupt als physiologische Erscheinungen Vorkommen k\u00f6nnen\u201c. Allerdings m\u00fcssen die Versuchspersonen \u201eeine gewisse Eignung diesen Versuchen entgegenbringen\u201c, sie m\u00fcssen sich \u201ein einer Art von labiler Empfindungserregbarkeit befinden, wo Schwankungen und Ver\u00e4nderungen der Sinnesempfindung leichter eintreten\u201c.\nIn einem Anh\u00e4nge werden die Ergebnisse der Untersuchungen an den einzelnen Versuchspersonen mitgetheilt.\nTheodor Heller (Wien).\nE. V. Cyo.v. Bogeng\u00e4nge und Raimsinn. Arch. f. Anal u. Physiol Physiol.\nAbtheilg. 1897. S. 29\u2014111.\nJ. Breuer. Ueber Bogeng\u00e4nge und Ranme&nn. Pel\u00fcger\u2019s Arch. f. d. gts.\nPhysiol. Bd. 68, S. 596-648. 1897.","page":296}],"identifier":"lit30475","issued":"1898","language":"de","pages":"294-296","startpages":"294","title":"Victor Urbantschitsch: Ueber St\u00f6rungen des Gleichgewichtes und Scheinbewegungen. Zeitschrift f\u00fcr Ohrenheilkunde, Band XXXI, S. 234-294. 1897","type":"Journal Article","volume":"17"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:32:32.154365+00:00"}