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{"created":"2022-01-31T12:55:09.197721+00:00","id":"lit30484","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Martinak","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 17: 303-304","fulltext":[{"file":"p0303.txt","language":"de","ocr_de":"Literaturbericht\n303\nund dafs sich gerade bei solchen Worten bezw. Dingen, mit denen wir sehr vertraut sind, diese Erscheinung besonders lebhaft einstellt.\nZur Erkl\u00e4rung f\u00fchrt der Verf. an, dafs wir uns auch in unserer \u2014 aufsersprachlichen \u2014 Auffassung von Gegenst\u00e4nden analog verhalten: je vertrauter wir mit ihnen sind, desto leichter wissen wir, \u201ewas sie bedeuten\u201c, und k\u00f6nnen sie daher richtig gebrauchen, ohne uns explicite ihrer Eigenschaften und ihres Zweckes bewufst zu werden. Durch Uebung also werde der urspr\u00fcnglich nothwendige Weg der associativen Verkn\u00fcpfung verk\u00fcrzt; wo Anfangs von der fl\u00fcchtigen Vorstellung zur detaillirteren Vorstellung von Zweck, Bedeutung u. dergl., und von letzterer Vorstellung erst zur richtigen Handhabung und Anwendung geschritten werden mufste, werde nach und nach das Mittelglied entbehrlich.\nIch sehe in diesem Erkl\u00e4rungsversuch nichts wesentlich Neues, sondern nur wieder einmal einen Hinwreis auf den schon zur Gen\u00fcge beobachteten und besprochenen Vorgang der Associationsverk\u00fcrzung. F\u00fcr die Sprachpsychologie als thats\u00e4chliches Material werthvoll erscheint mir nur die Anfangs gebrachte klare Beschreibung des noch nicht allerorts gen\u00fcgend gew\u00fcrdigten Sachverhaltes bei raschem und doch verst\u00e4ndnisvollem Lesen, das thats\u00e4chlich vielfach der dinglich-anschaulichen Vorstellung entrathen kann, und ferner der methodisch gl\u00fcckliche Hinweis darauf, dafs sich diese Verwischung des Mittelgliedes mehr oder weniger parallel mit der H\u00e4ufigkeit und Vertrautheit des Wortes bezw. der Sache vollzieht.\tMartinas (Graz).\nA. Marty. Heber ile Scheidung ?oa grammatischem, logischem und psychologischem Sibject resp. Pridicat Archiv f. syst Philos. Bd. IH (2 u. 3),\n8. 174\u2014190 u. 294\u2014333. 1897.\nDie scharfsinnige Untersuchung Marty\u2019s f\u00e4llt mehr in die Interessensph\u00e4re der Logik und Grammatik als in die der Psychologie. M. sucht gegen\u00fcber B. Erbmann, Steinthal, Lipps, Wegener und v. d. Gabelbntz nachzuweisen, dafs die in so breitem Baum angenommene Discrepanz von logischem und grammatischem Subject und Pr\u00e4dicat thats\u00e4chlich durchaus nicht so h\u00e4ufig vorkomme; mit Sorgfalt und tief eindringender Analyse zeigt er die widersprechenden Con-sequenzen, zu denen die Ansichten der obgenannten Forscher f\u00fchren; M. faXst ihnen gegen\u00fcber den Begriff der Pr\u00e4dicirung enger und wahrt somit den directen sprachlichen Mitteln zur Bezeichnung des Pr\u00e4dicationsver-h\u00e4ltnisses ihr\u00a9 volle Bedeutung, w\u00e4hrend Wortstellung und Betonung nur als secund\u00e4re, gelegentlich hierzu herangezogene Mittel anzusehen seien.\nMartinak (Graz).\nW. Reichel. SrachpiychologUche Studien. Vier Abhandlungen \u00fcber Wortstellung und Betonung des Deutschen in der Gegenwart, Sparsamkeit, Begr\u00fcndung der Normalsprache. Halle a. S., Max Niemeyer, 1897. 337 S.\nDer Verf. sagt im Vorworte, seine Studien wollten \u201evor allem einen Schritt weiter thun in der Erforschung der geistigen Vorg\u00e4nge beim Sprechen\u201c. Ein Einblick in das Buch selbst aber belehrt uns, dafs das","page":303},{"file":"p0304.txt","language":"de","ocr_de":"304\nLiteraturbcrieh t.\neigentlich lebendige Interesse des Verf. durchaus nicht auf psychologische Thatsachen gerichtet ist; Sprachreform vielmehr ist es, die \u201eNormalsprache\u201c, in deren Dienst alles, was der Verf. bringt, gestellt wird. Dies allein macht eine eingehendere Besprechung dieses Buches in der vorliegenden Zeitschrift unthunlich. Aber auch die Sprachwissenschaft d\u00fcrfte sich vorerst dem Buche gegen\u00fcber recht ablehnend verhalten, da zwischen der jetzt herrschenden Methode sprachwissenschaftlicher Forschung und einer gesetzgebenden \u201eBegr\u00fcndung der Normalsprache\u201c ein wohl kaum \u00fcberbr\u00fcckbarer Gegensatz besteht. Aufserdem hat der Verf. Unarten, die als durchaus unstatthaft vom Leser einfach zur\u00fcckgewiesen zu werden verdienen: Reformvorschl\u00e4ge, betreffend Accentsetzung im Drucke, Wortstellung, Differenzierung durch Wahl und Stellung der Lettern u. dgL werden in dem Buche zugleich mit, ja schon vor der theoretischen Begr\u00fcndung und Besprechung praktisch durchgef\u00fchrt. Der Autor wartet also nicht ab, wie sich die Kritik, wie sich die Gesammtheit der Sprachgenossen seinen Vorschl\u00e4gen gegen\u00fcber verhalten werde. Zu dieser R\u00fccksichtslosigkeit stimmt auch sonst der etwas burschikose Ton der Darstellung. Und trotz alledem kann Ref. \u00fcber das Buch nicht einfach zur Tagesordnung \u00fcbergehen; in einer Beziehung ist es werthvoll, ja kaum zu umgehen. Der Verf. hat n\u00e4mlich mit vollster Strenge die Forderung auf gestellt und auch durchgef\u00fchrt, das Material f\u00fcr seine Untersuchungen ehrlich und rein der Wirklichkeit zu entnehmen, Augenblicksbilder zu bieten und nicht k\u00fcnstlich geschaffene Schemen. Er kn\u00fcpft also die Er\u00f6rterung \u00fcber irgend eine Spracheigent\u00fcmlichkeit nicht an gemachte Beispiele, wie etwa \u201eder Baum bl\u00fcht\u201c, sondern er bringt aus seinem reichen Skizzenbuche S\u00e4tze, die er frisch aus dem vollen Leben gesch\u00f6pft und sogleich schriftlich fixirt haben mufs.\nF\u00fcr das Studium der lebendigen Sprache bietet daher Reichel eine F\u00fclle von werthvollstem Materiale. Auch vom Sprachpsychologen werden seine reich gesammelten Beispiele mit Erfolg benutzt werden k\u00f6nnen. Der Verf. ist bei aller Sonderbarkeit ein scharf analysirender Sprachkritiker und hat vielleicht gerade Dank seiner oben erw\u00e4hnten steten Ber\u00fchrung mit dem wirklichen Leben der Sprache sich eine Freiheit und Unmittel- \u25a0 barkeit der Auffassung sowie eine Feinheit der Beobachtung gewahrt, von der nur gelernt werden kann. Wer insbesondere \u00fcber Bedeutungsentwickelung, Namengebung und die psychologischen Motive zu diesen Vorg\u00e4ngen, ferner \u00fcber das Problem der Ad\u00e4quatheit von Sprechen und Denken zu arbeiten gedenkt, dem sei Reichel\u2019s Buch warm empfohlen.\nMabtinak (Graz).\nde la Grasserie. De Tlnvolution et de Tordre respectif des id\u00e9es r\u00e9v\u00e9l\u00e9s per le langage. Rev. Philos. Bd. 41, S. 602\u2014620. Juni 1896.\nDer Verf. erhebt die Frage, inwieweit die so auffallenden Verschiedenheiten der Wortfolge in den einzelnen Sprachen auf Unterschiede des Denkens und des psychischen Lebens \u00fcberhaupt zur\u00fcckgef\u00fchrt werden k\u00f6nnen. Indem er seine Untersuchung absichtlich auf concret-anschauliches Denken einschr\u00e4nkt, gelangt er vorerst zu dem Ergebnisse, dafs unser Gesichtsbild nie der Wirklichkeit voll gerecht werde, sondern dafs letztere","page":304}],"identifier":"lit30484","issued":"1898","language":"de","pages":"303-304","startpages":"303","title":"W. Reichel: Sprachpsychologische Studien. Vier Abhandlungen \u00fcber Wortstellung und Betonung des Deutschen in der Gegenwart, Sparsamkeit, Begr\u00fcndung der Normalsprache. Halle a. S., Max Niemeyer, 1897. 337 S.","type":"Journal Article","volume":"17"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:55:09.197726+00:00"}